RS Vfgh 2021/10/5 E3318/2021

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit der sich äußerst rasch ändernden Situation betreffend die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung und ihren Truppen; mangelhafte Prüfung der laufenden Entwicklung bei extremer Volatilität der Sicherheitslage auch in Orten der innerstaatlichen Fluchtalternative; mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) begründet zunächst hinsichtlich der spezifisch zu den Provinzen Ghazni und Helmand getroffenen Länderfeststelllungen nachvollziehbar, dass die dortige Sicherheitslage einer Rückkehr des Beschwerdeführers mit Blick auf Art2 und 3 EMRK entgegensteht. Demgegenüber geht das BVwG davon aus, dass für den Beschwerdeführer in den Städten Mazar-e Sharif und Herat eine (Neu-)Ansiedlungsmöglichkeit gegeben sei.

Auf Grund der im Zeitpunkt seiner Entscheidung (28.06.2021) verfügbaren Länderinformationen, insbesondere dem Länderinformationsblatt vom 11.06.2021, das das BVwG seinen Feststellungen jedoch nicht zugrunde legt, war mit diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auf Grund der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan die Gefahr einer das ganze Land betreffenden kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Taliban und Regierungstruppen und damit eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes für Angehörige der Zivilbevölkerung, wie dem Beschwerdeführer, gegeben war. Indem das BVwG ausschließlich momentbezogen von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zulässigen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ausgegangen ist, ohne dabei der sich rasch ändernden und durch intensivierende kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Taliban und afghanischen Regierungstruppen gekennzeichneten Sicherheitslage Rechnung zu tragen, ist die Entscheidung des BVwG, mit Willkür behaftet, und insoweit aufzuheben.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E3318.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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