TE Vfgh Erkenntnis 2021/10/7 E3387/2021

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Veröffentlicht am 07.10.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

EMRK Art2, Art3
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Leben und im Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden durch die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten an einen Staatsangehörigen von Afghanistan; Verkennung der spätestens seit 20.07.2021 erkennbaren extremen Volatilität der Sicherheitslage begründet eine reale Gefahr der Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte durch die später ergangene Entscheidung

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen abgewiesen wird, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 EMRK auf Leben sowie gemäß Art3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Hazara angehört und sich zum schiitisch-muslimischen Glauben bekennt. Er ist in der Provinz Daikundi geboren und aufgewachsen. Mit dreizehn Jahren hat er sich mit seiner Familie im Iran niedergelassen.

2. Am 19. Oktober 2015 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 24. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.), und setzte eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise (Spruchpunkt VI.).

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 26. Juli 2021 hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. als unbegründet ab (Spruchpunkt A) I.). Im Übrigen behob das Bundesverwaltungsgericht den bekämpften Bescheid, erklärte die Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan auf Dauer für unzulässig und erteilte dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten (Spruchpunkt A) II.). Das Bundesverwaltungsgericht führt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine individuell gegen seine Person gerichtete asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen habe können. Insbesondere drohe dem Beschwerdeführer auch keine Verfolgung wegen seines schiitisch-muslimischen Glaubens oder seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara.

Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erachtet das Bundesverwaltungsgericht für nicht gegeben. Eine Rückkehr in die Herkunftsprovinz Daikundi könne auf Grund der dort herrschenden Sicherheitslage und der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers in Betracht gezogen werden. Sollte die Erreichbarkeit der Herkunftsprovinz mit einem unzumutbaren Risiko verbunden sein, könne sich der Beschwerdeführer auch in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif niederlassen. Auf Grund der dortigen Gegebenheiten und der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, die das Bundesverwaltungsgericht näher darlegt, stünden diese Städte für eine Ansiedlung offen. Auch die Sicherheitslage sowohl in Herat als auch in Kabul stehe, wie das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausführt, einer Rückkehr nicht entgegen:

"Die Stadt Herat ist die Hauptstadt der vergleichsweise gut entwickelten gleichnamigen Provinz im Westen des Landes. Herat wird als relativ friedliche Provinz gewertet. Aufständische sind in einigen Distrikten der Provinz, nicht jedoch in der Stadt Herat aktiv. Die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle ist vergleichsweise gering. Die Lage in der Stadt Herat kann insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden. Auch ist Herat eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens gut und sicher erreichbare Stadt.

[…]

Dem BF steht jedenfalls eine Rückkehrmöglichkeit nach Kabul zur Verfügung, zumal diese Region relativ sicher ist. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu

verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art3 EMRK verstoßen würde bzw für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist. Die Stadt Kabul ist durch einen internationalen Flughafen sicher erreichbar."

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Spruchpunktes A) I. des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird. Darin bringt der Beschwerdeführer ua vor, dass die Sicherheitslage in Afghanistan zum Entscheidungszeitpunkt auf Grund des schrittweisen Abzuges internationaler Truppen und der zunehmenden Eroberung afghanischer Großstädte durch die Taliban nicht als stabil anzusehen gewesen sei. Wenige Tage später seien sogar Herat, Mazar-e Sharif und Kabul eingenommen worden.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Erwägungen

A. Die – zulässige – Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan und gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen richtet, auch begründet:

1. Das gemäß Art2 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Leben wird durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn es auf einer Art2 EMRK widersprechenden Rechtsgrundlage oder auf einer diesem Grundrecht widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht sowie auch bei groben Verfahrensfehlern.

In gleicher Weise verletzt ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes das gemäß Art3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, wenn eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Anwendung eines der genannten Verfassungsvorschrift widersprechenden Gesetzes ergangen ist, wenn sie auf einer dem genannten Grundrecht widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht oder wenn dem Verwaltungsgericht grobe Verfahrensfehler unterlaufen sind (vgl VfSlg 13.897/1994, 15.026/1997, 15.372/1998, 16.384/2001, 17.586/2005).

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (s etwa EGMR 7.7.1989, Fall Soering, EuGRZ1989, 314 [319]; 30.10.1991, Fall Vilvarajah ua, ÖJZ1992, 309 [309]; 6.3.2001, Fall Hilal, ÖJZ2002, 436 [436 f.]) davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden in welcher Form immer außer Landes zu schaffen, unter dem Blickwinkel des Art3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er gebracht werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (vgl VfSlg 13.314/1992, 13.837/1994, 14.119/1995, 14.998/1997). Nichts anderes ist im Hinblick auf Art2 EMRK anzunehmen, wenn dem Fremden im Zielland mit hoher Wahrscheinlichkeit die Tötung droht (s etwa EGMR 8.11.2005, Fall Bader ua, NLMR 2005/6, 273 [274]; 23.3.2016 [GK], Fall F.G., NLMR 2016/2, 105 [105 f.]).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Erkenntnisses könnte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer in den gemäß Art2 und 3 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten unter anderem verletzen, wenn das Erkenntnis auf einer den genannten Grundrechten widersprechenden Auslegung des Gesetzes beruht.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eine Art2 und 3 EMRK zuwiderlaufende Anwendung des §8 Abs1 AsylG 2005 vorgenommen (vgl VfGH 30.9.2021, E3445/2021):

2.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht legt seinem Erkenntnis vom 26. Juli 2021 und folglich seiner Entscheidung, den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, "Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen" mit zahlreichen Quellenangaben zugrunde und führt aus, dass soweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt worden seien, sich die Lage im Herkunftsstaat im Kern nicht wesentlich geändert habe. Dies habe das Bundesverwaltungsgericht durch "ständige Beobachtung der aktuellen Quellenlage (ua durch Einschau in aktuelle Berichte, wie in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in seiner aktuellen Fassung und aktuelle Medienberichte) verifiziert". Dass sich zwischenzeitlich eine entscheidende Lageveränderung ergeben habe, könne – trotz Abzug der internationalen Streitkräfte und umfangreichen Gebietsgewinnen der Taliban – verneint werden. Auf Grund dieser Informationsbasis liege keine besondere, mit Blick auf Art2 und 3 EMRK drohende Gefahr für den Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan vor. Da es nicht ausreiche, sich auf eine allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu berufen, stünde dem Beschwerdeführer angesichts seiner persönlichen Umstände eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Daikundi bzw eine innerstaatliche Fluchtalternative in die Städte Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif zur Verfügung.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt jedoch, dass im Länderinformationsblatt vom 11. Juni 2021 nicht nur von einer vielfach befürchteten massiven Verschlechterung der Sicherheitslage im Falle des Abzuges internationaler Truppen berichtet wird, sondern auch darüber, dass sich die Sicherheitslage nach dem erfolgten Truppenabzug tatsächlich stetig verschlechtert hat. In diesem Sinne halten die genannten Länderinformationen ausdrücklich fest, dass auf Grund des US-Truppenabzuges der Beginn "eine[r] neue[n] Phase des Konflikts und des Blutvergießens", der "Zusammenbruch der afghanischen Regierung" und die "Übernahme durch die Taliban" zu befürchten seien, und verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die "Luftwaffe, vor allem die der Amerikaner, […] in den vergangenen Jahren entscheidend dazu beigetragen [hat], den Vormarsch der Taliban aufzuhalten". Die Kampfhandlungen zwischen Taliban und Regierungstruppen hätten seit dem Abzug der internationalen Truppen im April stark zugenommen, die Taliban "den Druck in allen Regionen des Landes verstärkt" und "seit Beginn des Truppenabzugs am 1.5.2021 bis Anfang Juni mindestens zwölf Distrikte erobert". Zudem gebe es einen "Anstieg von tödlichen Selbstmordattentaten in städtischen Gebieten, die der islamistischen Gruppe angelastet würden" (vgl VfGH 24.9.2021, E3047/2021).

In der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 19. Juli 2021 wird zudem darüber berichtet, dass "die Taliban 223 der 407 Distrikte in Afghanistan" kontrollierten. Zudem seien "[n]ur in vier Provinzen […] die Distriktzentren noch vollständig in Regierungshand". Weiters seien im Juli "[w]ichtige Grenzübergänge zu Turkmenistan und Iran, beide in der Provinz Herat[,] sowie zu Usbekistan in der Provinz Balkh" durch die Taliban erobert worden. Darüber hinaus komme es "weiterhin zu Angriffen auf und gezielten Tötungen von Zivilisten" (vgl VfGH 30.9.2021, E3445/2021).

2.3. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, dass auf Grundlage der länderberichtlichen Informationen vom 11. Juni 2021, insbesondere aber auf Grund der Kurzinformation der Staatendokumentation vom 19. Juli 2021 (und der zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes verfügbaren, breiten medialen Berichterstattung) spätestens ab 20. Juli 2021, dh auch zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, von einer extremen Volatilität der Sicherheitslage in Afghanistan auszugehen war, sodass jedenfalls eine Situation vorliegt, die den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr einer Verletzung seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte gemäß Art2 und 3 EMRK aussetzt (zur Bedeutung dieses Umstandes für die Beurteilung des Vorliegens einer realen Gefahr im Sinne des Art2 und 3 EMRK siehe statt vieler VfSlg 19.466/2011, 20.296/2018, 20.358/2019; VfGH 6.10.2020, E2406/2020).

2.4. Indem das Bundesverwaltungsgericht somit von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zulässigen Rückkehrsituation ausgegangen ist, verstößt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes – soweit sie sich auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daran anknüpfend auf die Nichterteilung des Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen bezieht – gegen das Recht auf Leben gemäß Art2 EMRK sowie das Recht gemäß Art3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, und ist insoweit aufzuheben.

B. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan und gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen abgewiesen wird, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art2 EMRK auf Leben sowie gemäß Art3 EMRK, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese insoweit dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art144 Abs3 B-VG zur Entscheidung abgetreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E3387.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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