TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/4 93/10/0036

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Veröffentlicht am 04.11.1996
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L70701 Theater Veranstaltung Burgenland;
L81701 Baulärm Burgenland;
L82001 Bauordnung Burgenland;
L82201 Aufzug Burgenland;
L82251 Garagen Burgenland;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauO Bgld 1969 §88 Abs1 Z3;
NatLSchV Neusiedlersee 1980 §3;
NatSchG Bgld 1990 §23 Abs2;
NatSchG Bgld 1990 §5;
NatSchG Bgld 1990 §6 Abs1 lita;
NatSchG Bgld 1990 §6 Abs1;
NatSchG Bgld 1990 §81 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 5. Jänner 1993, Zl. IV-2208/19-1992, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingaben vom 24. August und 10. September 1992 ersuchte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde um die Erteilung der naturschutzbehördlichen Genehmigung für die Einzäunung einer Pferdekoppel auf den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken Nr. 3420, 3422, 3423, 3426 und 3427/3 der KG P. Die Einzäunung solle im wesentlichen aus einem grünbeschichteten Maschendrahtgeflecht bestehen und 1,5 m hoch sein.

Die belangte Behörde holte Befund und Gutachten des Sachverständigen für Landschaftsschutz ein. Danach befänden sich die gegenständlichen Grundstücke einige 100 m nördlich außerhalb des bebauten Ortsgebietes von P in naturnaher, landschaftlich sensibler Umgebung an den Hängen des Leithagebirges. Ein enger Maschendrahtzaun mit Stahlprofilen als Steher würde das Landschaftsbild in diesem sensiblen Gebiet zweifellos nachteilig beeinflussen. Für den beabsichtigten Verwendungszweck (Pferdekoppel) würden üblicherweise rohe Holzrundlinge in Form von Stehern mit zwei horizontalen Hölzern verwendet. Eine nachteilige Beeinflussung des Landschaftsbildes werde mit dieser Konstruktion, die der Funktion gerecht werde, hintangehalten. Die Höhe wäre mit 2,50 m zu begrenzen.

In einer Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer dazu vor, beim Altbestand der Einzäunung sei seinerzeit kritisiert worden, daß nur verzinkter, 2 m hoher Maschendrahtzaun zur Ausführung gelangt sei. Die vom Amtssachverständigen vorgeschlagene Einzäunung sei vom Beschwerdeführer bereits einmal verwendet worden, wobei allerdings Spaziergänger seine hochwertigen Zucht- und Turnierpferde mit allen möglichen Nahrungsmitteln gefüttert hätten, was zu schweren Kolikerkrankungen der Pferde geführt habe. Dies hätte nach Errichtung des Maschendrahtzaunes abrupt aufgehört.

Diesem Vorbringen hielt der Amtssachverständige entgegen, daß die darin angeführten Argumente keinerlei Bezug zum Einfluß auf das Landschaftsbild hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 6 der Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee, LGBl. Nr. 22/1980, iVm §§ 51 und 81 Abs. 2, 5 und 6 des Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 27/1991 (NG 1990), die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung (Pferdekoppel) auf den genannten Grundstücken bei planmäßiger Ausführung des Vorhabens und bei Einhaltung nachstehender Auflagen erteilt:

"1. Die Einzäunung ist aus rohen Holzrundlingen (Steher und 2 horizontale Hölzer) herzustellen.

2. Eine max. Höhe von 1,50 m darf nicht überschritten werden."

In der Begründung wurde zunächst darauf hingewiesen, daß die genannten Grundstücke im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Neusiedlersee lägen. Gemäß § 3 dieser Verordnung bedürften Bauvorhaben aller Art einer Genehmigung der Landesregierung. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens und der angewendeten Bestimmungen erklärte die belangte Behörde, sich dem Gutachten des Amtssachverständigen vollinhaltlich anzuschließen. Sie sei der Auffassung, daß durch das gegenständliche Vorhaben bei Einhaltung der im Spruch genannten Auflagen eine nachhaltige Beeinträchtigung des Schutzzweckes ausgeschlossen und "die besondere landschaftliche Eigenart, der Landschaftscharakter oder die Schönheit, der Erholungswert oder die historische Bedeutung des Gebietes nicht beeinträchtigt wird (§ 23 iVm § 6 NG 1990)."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei in seinem Recht, die Pferdekoppel in der von ihm gewünschten Form ohne Erteilung von Auflagen bewilligt zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 16. Juli 1980, mit der der Neusiedlersee und seine Umgebung zum Natur- und Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde (Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee, in der Folge:

LSchV 1980), LGBL. Nr. 22/1980, wurde aufgrund der §§ 15 und 19 des Naturschutzgestzes 1961, LGBl. Nr. 23, erlassen.

Nach § 1 Abs. 1 dieser Verordnung werden der Neusiedlersee und seine Umgebung mit der im Abs. 2 beschriebenen Umgrenzung zum Landschaftsschutzgebiet sowie zum Teilnaturschutzgebiet (Pflanzen-, Tier- und Vogelschutzgebiet) erklärt.

Nach § 3 LSchV 1980 bedürfen in dem im § 1 bezeichneten Gebiet Bauvorhaben aller Art einer Genehmigung der Landesregierung.

Der mit "Übergangsbestimmungen" überschriebene § 81 NG 1990 bestimmt in seinem Abs. 2 unter anderem, daß Verordnungen der Landesregierung aufgrund der §§ 15 und 19 des Naturschutzgesetzes 1961, in der geltenden Fassung bis zur Erlassung von Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes, mit denen diese Verordnungen aufgehoben werden, mit den sich aus Abs. 3 bis 6 ergebenden Änderungen als landesgesetzliche Regelung weitergelten.

§ 81 Abs. 6 NG 1990 hat folgenden Inhalt:

"(6) In Teilnatur- und Landschaftsschutzgebieten gelten Verbote mit Ausnahme von Einschränkungen der Jagd als bewilligungspflichtige Maßnahmen. Neben den Voraussetzungen für Bewilligungen in Landschaftsschutzgebieten (Abs. 5) dürfen Bewilligungen nur erteilt werden, wenn in dem von besonderen Naturschutzinteressen berührten Gebiet des Teilnatur- und Landschaftsschutzgebietes eine nachhaltige Beeinträchtigung des Schutzzweckes ausgeschlossen werden kann."

Der in § 81 Abs. 6 NG 1990 verwiesene Abs. 5 dieses Paragraphen bestimmt:

"(5) In Landschaftsschutzgebieten sind Bewilligungen grundsätzlich nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 zu erteilen. Bisherige Verbote gelten als bewilligungspflichtige Maßnahmen (§ 23 Abs. 2). § 5 findet jedenfalls Anwendung, ebenso § 9 für sämtliche Bauvorhaben aller Art; die in den Verordnungen geregelten Zuständigkeiten bleiben mit der Einschränkung, daß Vorhaben in Wohn-, Dorf-, Geschäfts- und gemischten Baugebieten (§ 14 Abs. 3 lit. a, b, c, e Raumplanungsgesetz 1969 in der geltenden Fassung) keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfen, unberührt."

Der die "Landschaftsschutzgebiete" regelnde § 23 NG 1990 normiert:

"(1) Gebiete, die sich durch besondere landschaftliche Schönheit oder Eigenart auszeichnen, die für die Erholung der Bevölkerung oder für den Tourismus besondere Bedeutung haben oder die historisch bedeutsame Landschaftsteile umfassen, können von der Landesregierung durch Verordnung zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden.

(2) In einer Verordnung nach Abs. 1 ist festzulegen, welche Vorhaben im jeweiligen Landschaftsschutzgebiet einer Bewilligung bedürfen oder anzeigepflichtig sind. Hiebei sind solche Maßnahmen als bewilligungspflichtig festzulegen, die geeignet sind, die besondere landschaftliche Eigenart, den Landschaftscharakter oder die Schönheit, den Erholungwert oder die historische Bedeutung des Gebietes zu beeinträchtigen. Bewilligungen sind von der Landesregierung zu erteilen, wenn eine Beeinträchtigung der mit der Unterschutzstellung verfolgten Ziele nicht zu erwarten ist. § 6 Abs. 1 lit. b und c findet ebenfalls Anwendung, § 6 Abs. 5 und 6 gilt sinngemäß. Einer Anzeigepflicht können solche Maßnahmen unterworfen werden, die geeignet sind, den Zielen der Unterschutzstellung entgegenzustehen und für die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Vereinbarungen und Förderungen gewährt werden können (§§ 4 Abs. 3, 75 Abs. 4)."

Gemäß § 5 lit. a Z. 2 NG 1990 bedürfen die Errichtung und Erweiterung von Einfriedungen aller Art, soferne diese nicht dem Schutz land- und forstwirtschaftlicher Kulturen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder zur Einfriedung von Hausgeräten dienen, einer Bewilligung.

Gemäß § 6 Abs. 1 NG 1990 sind Bewilligungen im Sinne des § 5 zu erteilen, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme einschließlich des Verwendungszweckes nicht

a)

das Landschaftsbild nachteilig beeinflußt wird,

b)

das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachteilig beeinträchtigt wird oder dies zu erwarten ist oder

c)

der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachteilig beeinträchtigt wird.

Gemäß § 51 Abs. 1 NG 1990 ist eine Bewilligung unter anderem an Auflagen zu binden, wenn dies nach dem Zweck, der Art der Ausführung oder der Beschaffenheit des Vorhabens erforderlich ist.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß die vom Beschwerdeführer beantragte Errichtung einer Einfriedung (Pferdekoppel) einer Bewilligungspflicht nach den zitierten Vorschriften unterliegt. Diese Auffassung erweist sich als zutreffend, werden doch nach der Burgenländischen Bauordnung die Herstellung von bestimmten Einfriedungen als bewilligungspflichtige Bauvorhaben betrachtet (vgl. § 88 Abs. 1 Z. 3). Um von einem "Bauvorhaben" im Sinne der zitierten naturschutzrechtlichen Bestimmungen zu sprechen, bedarf es keiner Bewilligungspflicht nach der Bauordnung (vgl. das bereits zu § 19 Abs. 2 des Burgenländischen Naturschutzgesetzes 1961 ergangene Erkenntnis vom 23. November 1987, Zl. 87/10/0096, mit weiteren Judikaturhinweisen). Strittig ist allerdings die Frage, ob durch die beantragte Einfriedung eine Beeinträchtigung der mit der Unterschutzstellung verfolgten Ziele zu erwarten ist. Die belangte Behörde hat diese Frage im wesentlichen unter Hinweis auf das eingeholte Sachverständigengutachten bejaht, weil ein enger Maschendrahtzaun mit Stahlprofilen als Steher das Landschaftsbild in dem "sensiblen Gebiet" zweifellos nachteilig beeinflussen werde.

Der Beschwerdeführer macht zu Recht geltend, daß den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung eines Bescheides damit nicht entsprochen worden ist.

Die Feststellung, ein Vorhaben störe das Landschaftsbild, bedarf nämlich einer so ausführlichen Beschreibung des Bildes der Landschaft, daß die Schlußfolgerung der Störung dieses Bildes durch das Vorhaben nachvollziehbar gezogen werden kann (vgl. z. B. das zum Oberösterreichischen Naturschutzgesetz ergangene Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 95/10/0014). Diesen Anforderungen entspricht das eingeholte Sachverständigengutachten in keiner Weise, wird doch lediglich festgestellt, daß sich die gegenständlichen Grundstücke einige 100 m nördlich außerhalb des bebauten Ortsgebietes von P in "naturnaher, landschaftlich sensibler Umgebung" an den Abhängen des Leithagebirges befinden.

Aus diesem Grund ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern das Vorhaben bei Einhaltung der im Spruch erteilten Auflagen eine nachhaltige Beeinträchtigung der übrigen Schutzzwecke des Naturschutzgesetzes ausschließt (vgl. etwa zum Begriff des "Landschaftscharakters" das Erkenntnis vom 9. September 1996, Zl. 94/10/0117, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Er war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993100036.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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