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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ZustG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Mai 1996, Zl. VI/4-Fo-48, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Forstrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 1. September 1994 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (BH) die Erteilung der Rodungsbewilligung für das Grundstück Nr. 245/46, KG P, wobei sie als Zustelladresse "p.A. Wien, F-G. 94/2/7" angab. Unter dieser Adresse wurden der Beschwerdeführerin im Verfahren zunächst auch die Schriftstücke der BH zugestellt. Im Februar 1996 wurde ein von der BH an die von der Beschwerdeführerin angegebene Adresse zugestelltes Schriftstück mit dem Vermerk "nicht behoben" zurückgesandt. Die BH richtete eine Anfrage um Bekanntgabe von Meldedaten an die Bundespolizeidirektion Wien. Diese Anfrage ergab, daß die Beschwerdeführerin seit 23. März 1987 mit ordentlichem Wohnsitz in Wien, F-Gasse 51/1/5, gemeldet ist.
Das mit dem Vermerk "nicht behoben" retournierte Schriftstück wurde von der BH der Beschwerdeführerin an die Adresse S, L-Straße 117, zugestellt, wo es vom Vater der Beschwerdeführerin übernommen wurde.
Mit Bescheid vom 12. März 1996 erteilte die BH der Beschwerdeführerin den forstpolizeilichen Auftrag zur Wiederbewaldung des Grundstückes Nr. 245/46. Dieser Bescheid wurde unter der Adresse S, L-Straße 117, zugestellt und vom Vater der Beschwerdeführerin am 18. März 1996 übernommen.
Die Beschwerdeführerin berief mit einem am 29. April 1996 zur Post gegebenen Schriftsatz, in welchem sie u.a. ausführte, die Zustellung unter der Anschrift S, L-Straße 117, sei nicht gesetzmäßig gewesen, da die Beschwerdeführerin seit vielen Jahren ausschließlich in Wien, F-Gasse 51, wohnhaft sei und die Anschrift, unter der die Zustellung erfolgt sei, keinen Tatbestand nach dem Zustellgesetz verwirkliche. Der Bescheid vom 12. März 1996 sei der Beschwerdeführerin im Wege ihres Vaters am 15. April 1996 zugekommen.
Mit Bescheid vom 14. Mai 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als verspätet zurück.
In der Begründung heißt es, der erstinstanzliche Bescheid vom 12. März 1996 sei am 18. März 1996 vom Vater der Beschwerdeführerin übernommen worden. Auf Grund der durchgeführten Ermittlungen habe die BH annehmen dürfen, daß sich die Beschwerdeführerin an der in der Zustellverfügung angeführten Adresse aufhalte, weshalb die Zustellung rechtmäßig erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, die belangte Behörde spreche in ihrem Bescheid von durchgeführten Ermittlungen hinsichtlich der Abgabestelle. Der Beschwerdeführerin seien diese Ermittlungen aber nicht zur Kenntnis gebracht worden und ihr sei auch nicht Gelegenheit gegeben worden, hiezu Stellung zu nehmen. Bei Anhörung der Beschwerdeführerin wäre die belangte Behörde zur Erkenntnis gelangt, daß sich die Beschwerdeführerin nicht an der Anschrift S, L-Straße 117, aufhalte, weshalb die Zustellung an dieser Anschrift nicht gesetzmäßig gewesen sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 13 Abs. 1 erster Satz ZustG ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen.
Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf nach § 16 Abs. 1 ZustG an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Abgabestelle im Sinne des ZustG ist nach dessen § 4 der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort.
Auch eine Ersatzzustellung ist nach § 16 Abs. 1 ZustG nur an einer Abgabestelle zulässig.
Aus dem Akt ergibt sich kein Hinweis darauf, daß der Ort, an dem die BH ihren Bescheid zugestellt hat, eine Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG ist. Die belangte Behörde beruft sich zwar auf "durchgeführte Ermittlungen", ohne aber auch nur den geringsten Hinweis darauf zu geben, worin diese Erhebungen bestanden haben sollen. Überdies wurde auch der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gegeben, zu diesen Erhebungen Stellung zu nehmen. Die in der Gegenschrift geäußerte Auffassung der belangten Behörde, zu solchen Erhebungen hätte kein Parteiengehör gewährt werden müssen, ist schlicht unverständlich.
Der Mangel einer ausreichenden Begründung hindert die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.
Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift erwähnte Umstand, daß die Beschwerdeführerin zu Beginn des Verwaltungsverfahrens eine Zustelladresse angab, unter der sie später nicht mehr erreichbar war, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung. Dies könnte - bei Zutreffen der Voraussetzungen - allenfalls eine Vorgangsweise nach § 8 ZustG rechtfertigen, nicht aber die Zustellung an einem Ort, hinsichtlich dessen kein Anhaltspunkt besteht, daß es sich dabei um eine Abgabestelle handelt.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verorndung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996100133.X00Im RIS seit
20.11.2000