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82/05 Lebensmittelrecht;Norm
LMG 1975 §28 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. April 1995, Zl. 1-0731/94/E5, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. April 1995 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 16. August 1994, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung und die Übertretungsnormen wie folgt zu lauten haben:
"Herr E hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der Firma F-GmbH, S, nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß am 31. Juli 1992 um 14.50 Uhr
1.
mit einer im Geschäft dieser Gesellschaft aufliegenden Werbebroschüre für das im Lager dieser Gesellschaft in einem Glasfläschchen befindliche Luftverbesserungsmittel (ätherisches Öl) "Wacholder" (Probenummer 903 Kli 8/92) geworben wurde und die Werbebroschüre für "Wacholder" die gesundheitsbezogene Angabe "blutreinigend, schweißtreibend, gegen Energielosigkeit, Husten, Rheuma, Arthritis und Gicht, Muskelkater und Verbrennungen" enthält.
2.
mit einer im Geschäft dieser Gesellschaft aufliegenden Werbebroschüre für das im Lager dieser Gesellschaft in einem Glasfläschchen befindliche Luftverbesserungsmittel (ätherisches Öl) "Eukalyptus" (Probenummer 903 Kli 7/1992) geworben und die Werbebroschüre für "Eukalyptus" die gesundheitsbezogene Angabe "Erkältung, entzündungsberuhigend, schmerzlindernd, fiebersenkend, kühlend und reinigend" enthält.
Bei diesen Angaben handelt es sich nicht um zweckerläuternde, nicht irreführende Hinweise, da gegenständliche Gebrauchsgegenstände nicht geeignet sind, Krankheiten oder Krankheitssymptome zu lindern oder zu heilen bzw. jene pharmakologischen Wirkungen hervorzubringen, die von den Hinweisen, mit denen sie in Verkehr gebracht wurden, indiziert werden.
Herr E hat hiedurch jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 lit. c und zweiter Satz und § 9 Abs. 1 lit. a LMG begangen."
Hiezu wurde - nach Darstellung der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, aus dem Gutachten des im Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen ergebe sich, daß gesundheitsbezogene Angaben vorlägen. Der Amtssachverständige habe dargetan, Eukalyptusöl sei als pharmakologisch wirksame Substanz für kosmetische Erzeugnisse zugelassen. Die pharmakologische Wirkung gemäß Kosmetikverordnung sei bei einer Anwendung im Anwendungsbereich C (Stoffe, die nach Anwendung wieder entfernt werden und die zum Teil auf der Haut, den Haaren und den Nägeln verbleiben) als hauttonisierend umschrieben. Hauttonisierende Stoffe würden durch ihre Wirkung auf die Hautnerven erfrischend wirken. Bei einer Bewertung der Angaben sei auf die empfohlene Einsatzkonzentration abzustellen. Für das gegenständliche Erzeugnis seien für ein Vollbad 10 Tropfen empfohlen, was etwa 0,39 g an ätherischem Öl entspreche. In der Kosmetikverordnung sei für den Anwendungsbereich C (also für Badezusätze) die Mindestmenge 3 g/100 g und die Höchstmenge 10 g/100 g bei einer Dosierung von 10 ml auf 100 l Wasser angegeben. Die gegenständlich empfohlene Dosierung von 10 Tropfen für ein Vollbad verhalte sich somit in ähnlichen Größenordnungen wie die Einsatzkonzentrationen analog der Kosmetikverordnung. Es sei daher für das gegenständliche Produkt lediglich eine hauttonisierende Wirkung anzunehmen. Jede darüber hinausgehende Wirkung und Angabe einer Wirkung sei weder in der Kosmetikverordnung gedeckt noch aus Literaturunterlagen für diese Größenordnung belegbar. Bei einem Einsatz als Gebrauchsgegenstand im Sinne eines Luftverbesserungsmittels sei ebenfalls auf die Anwendungskonzentration abzustellen. In diesem Fall seien die anzunehmenden Konzentrationen an ätherischem Öl noch wesentlich geringer als sie beispielsweise bei einer Anwendung als kosmetisches Erzeugnis auftreten würden. Die gegenständlichen Anpreisungen seien bei Anwendung als Luftverbesserungsmittel aufgrund der Einsatzkonzentrationen nicht zu erwarten und daher irreführend. Das Verbot gesundheitsbezogener Angaben gelte nicht für jene althergebrachten Bezeichnungen, die keinerlei Zweifel über die Beschaffenheit der Ware zulassen würden. Althergebrachte Bezeichnungen seien etwa Magenbitter, Hustenbonbons, weil durch derartige herkömmliche, dem alten Brauch entsprechende allgemein gebräuchliche Anpreisungen und Warenbezeichnungen kein falscher Eindruck über die besondere gesunderhaltende Wirkung derartiger Mittel gemacht werde. Es sei allerdings auch bei Verwendung dieser althergebrachten Bezeichnungen nicht zulässig, darüber hinaus z.B. Magenbitter als Mittel gegen Magenverstimmung oder Beschwerden des Verdauungstraktes oder beispielsweise ein Hustenzuckerl als Mittel gegen Husten und Heiserkeit oder zur Linderung des Hustenreizes anzupreisen. Die belangte Behörde hege an der Schlüssigkeit dieses Gutachtens keine Bedenken und gelange zur Auffassung, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Taten begangen habe. Insbesondere vermöge die belangte Behörde den in diesem Gutachten herangezogenen Verweis auf die Kosmetikverordnung, in welchem Eukalyptusöl und Wacholderbeeröl als "hauttonisierend" beschrieben würden, nicht als unschlüssig zu erkennen. Bei diesem Ergebnis sei die Einholung des vom Beschwerdeführer beantragten Gutachtens aus dem Gebiet der Pflanzenkunde bzw. Pflanzenheilkunde sowie der Pharmakologie und Physiologie entbehrlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 74 Abs. 1 LMG macht sich, wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit. a, b oder d bezeichneten Art falsch bezeichnet oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt, soferne die Tat nicht nach § 63 Abs. 2 Z. 1 einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.
Gemäß § 6 lit. b LMG zählen zu den Gebrauchsgegenständen unter anderem Luftverbesserungsmittel.
Gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Satz LMG gelten für den Verkehr mit Gebrauchsgegenständen § 8 lit. a und f sinngemäß; § 9 gilt mit der Maßgabe, daß zweckerläuternde, nicht irreführende Hinweise, sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind.
Gebrauchsgegenstände sind daher gemäß dem - sinngemäß anzuwendenden - § 8 lit. f LMG unter anderem dann falsch bezeichnet, wenn sie mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden. § 9 Abs. 1 lit. a LMG verbietet, sich beim Inverkehrbringen auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist nicht zweifelhaft, daß es sich bei den in Rede stehenden Wirkungsbeschreibungen um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des § 9 Abs. 1 LMG handelt. Der Beschwerdeführer bestreitet dies auch nicht. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die Frage strittig, ob es sich bei diesen Angaben um zweckerläuternde, nicht irreführende Hinweise im Sinne des § 28 Abs. 1 zweiter Satz LMG handelt.
Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, die dargestellten Angaben hätten nicht auf die in Verkehr gebrachten Produkte (ätherische Öle) als solche abgestellt, sondern ganz allgemein auf die Wirkung von Eukalyptus und Wacholder. Es sei daher - im Gegensatz zur Auffassung der dem Gutachten des Amtssachverständigen folgenden belangten Behörde - die Frage des Einsatzbereiches und der Einsatzkonzentration unerheblich, wobei aber kein unbefangener Betrachter zur Ansicht gelangen könne, die Anwendung von z. B. Eukalyptusöl in Duftlampen oder Dufthäuschen sei fiebersenkend. Insoweit könne gar keine Irreführung vorliegen. Im übrigen sei die Darstellung, daß jede über eine hauttonisierende Wirkung hinausgehende Wirkung der in Rede stehenden Öle nicht belegbar wäre, durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt. Die Umschreibung der Wirkung von Eukalyptus in der Kosmetikverordnung mit (nur) hauttonisierend besage schon deshalb nichts, weil die Kosmetikverordnung auf kosmetische Artikel abstelle und nicht auf Gebrauchsgegenstände. Der Sachverständige habe überdies zugestehen müssen, daß in der einschlägigen Fachliteratur für Eukalyptus gewisse pharmakologische Wirkungen beschrieben seien. Letztendlich habe er lediglich eine fiebersenkende Wirkung ausschließen können, wobei er noch weiter eingeschränkt habe, daß vom Einsatzbereich und von der Einsatzkonzentration der gegenständlichen Produkte ausgegangen werden müsse. Die Frage, ob die Hinweise bezüglich Wacholder richtig seien oder nicht, sei schließlich überhaupt nicht geklärt worden. Dennoch habe die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer zum Beweis für die Richtigkeit der in Rede stehenden Hinweise beantragte Gutachten eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Pflanzenkunde bzw. Pflanzenheilkunde nicht eingeholt.
Dem Beschwerdeführer ist zunächst entgegenzuhalten, daß der Amtssachverständige in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise ausgeführt hat, daß die Beurteilung, ob die vom Beschwerdeführer gegebenen Wirkungshinweise den Tatsachen entsprechen, vom Einsatzbereich und von der Einsatzkonzentration der gegenständlichen Produkte abhängt. Wenn die belangte Behörde daher, ausgehend davon, daß in der Kosmetikverordnung die Wirkungen von Eukalyptusöl und von Wacholderbeeröl mit "hauttonisierend" umschrieben werden, und weiters, daß im Falle eines Einsatzes als Luftverbesserungsmittel die anzunehmenden Konzentrationen an ätherischem Öl wesentlich geringer seien als bei einer Anwendung als kosmetisches Erzeugnis, zur Auffassung gelangte, die vom Beschwerdeführer für Eukalyptusöl und Wacholderbeeröl beschriebenen Wirkungen seien bei (bestimmungsgemäßer) Anwendung als Luftverbesserungsmittel nicht zu erwarten, so ist dies - unter Schlüssigkeitsgesichtspunkten - nicht zu beanstanden. Daß diese Auffassung unzutreffend wäre, bringt auch der Beschwerdeführer nicht konkret vor; er räumt vielmehr ein, "daß wohl kein unbefangener Betrachter zur Auffassung gelangen kann, die Anwendung von z.B. "Eukalyptusöl "in Duftlampen oder -häuschen sei fiebersenkend".
Für den Standpunkt des Beschwerdeführers wäre aber auch dann nichts gewonnen, wollte man die gegebenen Hinweise - entsprechend seinem Beschwerdevorbringen - als eine "ganz allgemeine" Beschreibung möglicher Wirkungen von Eukalyptus und Wacholder auffassen, die daher beim vorgesehenen Einsatz als Luftverbesserungsmittel nicht zum Tragen kommen müßten. Eine derartige Aussage wäre nämlich keineswegs ein den Zweck des Produkts erläuternder, geschweige denn ein nicht irreführender Hinweis; würden damit doch erklärtermaßen keinerlei Aussagen darüber getroffen, welche Wirkungen das Produkt bei bestimmungsgemäßer Verwendung entfaltet bzw. würde damit auf Wirkungen hingewiesen, die das Produkt überhaupt nicht entfalten kann.
Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, weshalb die verfahrensgegenständlichen Öle nur als Gebrauchsgegenstand im Sinne eines Luftverbesserungsmittels eingesetzt werden sollen und nicht auch - in wesentlich höheren und damit wirksameren Konzentrationen - für Inhalationen, Gesichtsdampfbäder, Saunamischungen sowie für heiße und kalte Kompressen.
Mit diesem Vorbringen ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil damit nicht dargetan wird, daß die in Rede stehenden Angaben bei bestimmungsgemäßem Einsatz der Öle zur "Wohnraumaromatisierung" richtig wären. Die Frage jedoch, ob diese Angaben in Ansehung einer weiteren Zweckbestimmung der Öle "für kosmetische Zubereitungen" als zutreffend anzusehen seien, ist nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995100130.X00Im RIS seit
20.11.2000