TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/4 96/10/0109

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Veröffentlicht am 04.11.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §64a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck

vom 11. April 1996, Zl. 2-F 575/6-1994, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: F in R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 29. Jänner 1996 wurde der mitbeteiligten Partei die forstrechtliche Bewilligung zur befristeten Rodung von

8.858 m2 Wald auf einer näher bezeichneten Grundparzelle zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung als Damwildgehege nach Maßgabe des vorgelegten und signierten Lageplanes unter Vorschreibung mehrerer Nebenbestimmungen, unter anderem jener, daß die Zäunung an der Südseite mit einem Abstand von 10 m von der Grundgrenze zu erfolgen habe, erteilt.

Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, in der sie sich gegen die Einhaltung des vorgeschriebenen 10 m-Abstandes der Zäunung zur südseitigen Grundgrenze aussprach. Diese Berufung langte nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 12. Februar 1996 ein.

Mit Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 11. April 1996, der mitbeteiligten Partei am 25. April 1996 zugestellt (den übrigen Verfahrensparteien zum Teil auch später), wurde der Bescheid vom 29. Jänner 1996 dahin abgeändert, daß die Zäunung an der Südseite an der Grundgrenze zu erfolgen habe.

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck "vom 29. Jänner 1996, geändert mit Bescheid vom 11. April 1996," - somit gegen die Berufungsvorentscheidung - richtet sich die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 170 Abs. 8 Forstgesetz unter Anschluß der Verwaltungsakten erhobene Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, im wesentlichen mit der Begründung beantragt wird, es fehle an Feststellungen in Ansehung des öffentlichen Rodungsinteresses.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf verwies, daß die Berufungsvorentscheidung verspätet erlassen worden sein könnte und weiters, daß die Rodungsbewilligung als im Einklang mit dem Forstgesetz stehend angesehen werden könne, zumal der Rodungszweck - weil der Mitbeteiligte von der Rinderviehhaltung auf die Damwildhaltung umsteigen wolle - einen Beitrag zur Senkung der Rindfleischüberschüsse darstelle, was "sicherlich im allgemeinen öffentlichen Interesse" liege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 64a AVG kann die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, wenn nur eine der Parteien Berufung erhoben hat oder keine einander widersprechenden Berufungsanträge vorliegen, die Berufung nach Durchführung allfälliger weiterer Ermittlungen binnen zweier Monate nach Einlangen der zulässigen Berufung bei der Stelle, bei der sie einzubringen war, durch Berufungsvorentscheidung erledigen und den von ihr erlassenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, ergänzen oder aufheben.

Die Berufungsvorentscheidung stellt demnach eine neue Entscheidung der Behörde in der Sache dar, die - ebenso wie die Sachentscheidung der Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG - an die Stelle des mit Berufung angefochtenen Bescheides tritt und diesen daher zur Gänze ersetzt (vgl. auch Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6 (1995) (Rz. 534/4)). Dies gilt auch in jenen Fällen, in denen die Berufungsvorentscheidung unzuständigerweise, etwa weil erst nach Ablauf der zweimonatigen Frist, erlassen wurde (vgl. Thienel, ÖGZ 1991/2, 7). Weil die Berufungsvorentscheidung aber erst nach Ablauf der zweimonatigen Frist erlassen wurde, fehlte der belangten Behörde die Zuständigkeit zu deren Erlassung. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet, sodaß er - ohne auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Schlagworte

Maßgebender Zeitpunktsachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996100109.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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