TE OGH 2021/10/20 6Ob166/21m

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Veröffentlicht am 20.10.2021
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Widerrufs, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Juli 2021, GZ 6 R 79/21m-91, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]       1.1. Das Erstgericht hat die auf § 8 Abs 1 VerG gestützte Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs verworfen. Diesen Beschluss bekämpfte der Beklagte mit Rekurs. Außerdem wiederholte er den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs in der Berufung. Auch das Berufungsgericht verwarf den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtswegs; diese Entscheidung unterliegt somit nach § 519 ZPO keinem weiteren Rechtszug (RS0043405).

[2]       1.2. Im Übrigen hat der erkennende Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch Ansprüche nach § 1330 ABGB Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis sein können (6 Ob 194/09m; 6 Ob 80/17h). Allerdings betraf die Entscheidung 6 Ob 194/09m einen Fall, in dem der Beklagte als Präsident eines Sportvereins über den Kläger als Mitglied desselben Sportvereins gegenüber anderen Vereinsmitgliedern wiederholt unwahre, herabsetzende und kreditschädigende Behauptungen erhoben und ihn eines vereinsschädigenden Verhaltens bezichtigt hatte. Im vorliegenden Fall behauptete der Beklagte gegenüber Medienvertretern, die Klägerin habe eine gerichtlich strafbare Vorteilsgewährung im Sinne des § 309 StGB begangen, weil sie mit J***** einen Schenkungsvertrag samt Nebenvereinbarungen geschlossen habe. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage davon ausgingen, dass die angeführten Verträge zwar einen (wirtschaftlichen und sportlichen) Reflex auf Pferdesportvereine hätten, dass aber ein Vereinsverhältnis nicht „Wurzel“ des Rechtsstreits wäre, weil weder die Vertragsschlüsse noch die Weiterleitung der „Sachverhaltsdarstellung“ an Medienvertreter etwas mit einer Vereinsmitgliedschaft irgendeiner am Sachverhalt beteiligten Person etwas zu tun hätten, ist dies nicht zu beanstanden. Zutreffend gingen die Vorinstanzen daher davon aus, dass im vorliegenden Fall keine (temporäre) Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 8 Abs 1 VerG wegen Nichteinhaltung des vereinsinternen Instanzenzugs (vgl 6 Ob 80/17h) vorliegt.

[3]       2.1. Ebensowenig ist zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen den vom Beklagten erhobenen Korruptionsvorwurf auch als Ehrenbeleidigung im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB qualifizierten, sodass den Beklagten die Beweislast für die Richtigkeit der von ihm verbreiteten Tatsachen trifft (RS0031798). Entgegen dem Prozessstandpunkt des Beklagten hat er in seiner „Sachverhaltsdarstellung“ nicht bloß ein „Tatsachensubstrat“ vorgebracht, sondern massive, der Tatsachenebene zuzuordnende Verdächtigungen ausgesprochen. So ist dort von „Korruption“ ebenso die Rede wie davon, dass in offensichtlicher Erfüllung der Auflage aus der Nebenvereinbarung zum Schenkungsvertrag eine Reiterin keinen Startplatz in den Jahren 2015, 2016 und 2017 erhalten habe. In der Folge wird mehrfach die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens von J***** betont und ausgeführt, dieser habe in objektiver und subjektiver Hinsicht den Straftatbestand des § 309 Abs 1 und 3 StGB erfüllt. Außerdem wird behauptet, dass die Klägerin „bewusst“ J***** für die pflichtwidrige Unterlassung einer Rechtshandlung einen Vorteil in Form einer Zahlung von 600.000 EUR auf dessen Privatkonto gewährt habe. Der Motivationszusammenhang zwischen der Überweisung der Schenkungssumme und der eingeforderten Gegenleistung sei evident.

[4]       2.2. Die Richtigkeit dieser Vorwürfe konnte der Beklagte nicht unter Beweis stellen. Entgegen seinen Ausführungen in der Revision hat das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht ausschließlich damit begründet, dass die WKStA die Anzeige mangels Anfangsverdachts zurücklegte. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass der Beklagte konkrete Sachverhaltsbehauptungen aufgestellt hat und nicht eine bloße Verdachtslage an die WKStA übermittelt hat. Insbesondere ist nicht hervorgekommen, dass die Klägerin mit ihrem „Geschenk“ von J***** eine pflichtwidrige Handlung oder Unterlassung verlangt hätte. Damit liegt aber kein unter § 309 StGB („Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten“) zu subsumierender Sachverhalt vor.

[5]       2.3. Nach § 1330 Abs 2 Satz 2 ABGB haftet der Mitteilende für eine nichtöffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit er nicht kennt, nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte. Diese Haftungsprivilegierung kommt dem Beklagten jedoch im vorliegenden Fall nicht zugute. Zweck der Regelung ist, dass in die Ehre oder den wirtschaftlichen Ruf des Prozessgegners eingreifende Parteibehauptungen, Aussagen oder Anzeigen deshalb privilegiert sind, weil das Recht, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB belastet werden darf, sofern kein Rechtsmissbrauch vorliegt (RS0022784 [T1, T8]; RS0105665; RS0114015 [T1]). Diese Überlegung lässt sich jedoch – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht auf außergerichtliche Auseinandersetzungen übertragen (6 Ob 105/17k). Die Klage ist im vorliegenden Fall nicht auf die Anzeigenerstattung bei der WKStA, sondern auf die Weiterleitung dieser Anzeige an mehrere Medienvertreter gestützt.

[6]       3. Zusammenfassend bringt die Revision somit keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Textnummer

E133270

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00166.21M.1020.000

Im RIS seit

15.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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