TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/4 91/10/0230

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Veröffentlicht am 04.11.1996
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Index

L40010 Anstandsverletzung Lärmerregung;
L40019 Anstandsverletzung Lärmerregung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
EGVG Art9 Abs1 Z1;
EGVG Art8/Bundesländer ausser Wien Fall1 Anstandsverletzung impl;
EGVG Art8/Bundesländer ausser Wien Fall2 Lärmerregung impl;
EGVG Art8/Wr Fall1 Anstandsverletzung;
EGVG Art8/Wr Fall2 Lärmerregung;
MRK Art5;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art64;
VStG-Übergangsrecht 1991 Anl2 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. September 1991, Zl. MA 62 - III/523/90/Str, betreffend Anstandsverletzung und Lärmerregung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Straferkenntnis vom 31. August 1990 legte die Bundespolizeidirektion Wien der Beschwerdeführerin zur Last, sie habe am 23. April 1990 um 2.15 Uhr in Wien 20, Wallensteinplatz 5, 1.) durch den Gebrauch der ordinären Schimpfworte: "Nazischweine, Arschlöcher, Scheiß österreichische Polizei" den öffentlichen Anstand verletzt,

2.) durch überlautes Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, und habe dadurch zu 1.) den Art. VIII erster Fall EGVG, zu 2.) den Art. VIII zweiter Fall EGVG verletzt. Über die Beschwerdeführerin wurden Geldstrafen von je

S 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von je 50 Stunden gemäß dem Schlußsatz des Art. VIII EGVG verhängt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Im Zuge des Berufungsverfahrens stellte sie unter anderem den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Taxilenkers F zur Frage, ob die Beschwerdeführerin laut geschrien und Schimpfwörter gegenüber Polizeibeamten gebraucht habe. Im gerichtlichen Strafverfahren gegen A (betreffend Sachbeschädigungen an Kraftfahrzeugen) sei nämlich rechtskräftig festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin sich zur Vorfallszeit in keiner Weise besonders auffällig verhalten habe. Dies habe auch vom Zeugen F bestätigt werden können. F wurde sodann am 12. September 1991 als Zeuge vernommen und sagte aus, er selbst habe nur die Sachbeschädigung wahrgenommen und könne bezüglich der Verwaltungsübertretungen keine Angaben machen. Der Beschwerdeführerin wurde zu dieser Zeugenaussage Parteiengehör nicht gewährt.

1.2. Mit Bescheid vom 18. September 1991 bestätigte die belangte Behörde die oben zitierten Spruchpunkte des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe, daß die Beschwerdeführerin zu Punkt 1.) durch den Gebrauch der Schimpfwörter "Arschlöcher" und "Scheiß österreichische Polizei" den öffentlichen Anstand verletzt habe. Die Strafen zu den Punkten 1.) und 2.) wurden auf je S 500,--, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 30 Stunden herabgesetzt.

Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Beschwerdeführerin, eine Medizinstudentin, bei der Einvernahme vom 23. April 1990 angegeben, daß sie zum Tatzeitpunkt leicht alkoholisiert gewesen sei.

Der Zeuge A habe ausgesagt, daß die Beschwerdeführerin die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht begangen habe.

Der Beschwerdeführerin sei die vom Meldungsleger verfaßte Anzeige entgegenzuhalten. Danach habe die Beschwerdeführerin im Zuge einer gegen A gerichteten Amtshandlung wegen Verdachtes der Sachbeschädigung gemeinsam mit A lautstark geschimpft. Deswegen und weil sie nach mehrmaliger Abmahnung weitergeschrien hätte und weil die Beschuldigte bei der Festnahme des A mehrere Passanten auf die Amtshandlung aufmerksam zu machen versucht habe und die Beamten dabei ordinär beschimpft habe, sei sie ebenfalls festgenommen worden. Der Meldungsleger habe im Berufungsverfahren als Zeuge ausgesagt, die Beschwerdeführerin habe zur Tatzeit am Tatort tatsächlich in der angegebenen Art und Intensität lautstark auf das Ordinärste geschimpft und geschrien. Beim Tatort habe es sich um einen Platz gehandelt, an welchem zur Tatzeit der (normale) Lärmpegel bei weitem überschritten worden sei. Das gesamte Verhalten habe bei ca. 10 Personen zu Unmutsäußerungen geführt. Die Beschuldigte habe die Schimpfwörter "Scheiß österreichische Polizei, Nazischweine und Arschlöcher" gebraucht.

Der Zeuge Inspektor R. habe ausgesagt, die Beschwerdeführerin habe auf das Ordinärste geschimpft und geschrien, und habe dabei die in der Anzeige genannten Schimpfwörter wiederholt. Der Lärm sei über das normale Maß hinausgegangen und sei stark störend gewesen. Auch unbeteiligte Personen (Taxilenker und Leute, die aus den Fenstern umliegender Häuser geschaut hätten) hätten während der gesamten Amtshandlung ihren Unmut über das Verhalten der Beschwerdeführerin kundgetan. Zur Tatzeit habe kein normaler Verkehrslärm bzw. Betriebslärm geherrscht, sodaß das Wohlbefinden von normalempfindenden Menschen beeinträchtigt worden sei. Die Zeugen Inspektor U, Revierinspektor O und der Beamte mit der Dienstnummer nn1, Revierinspektor B, hätten die Angaben der beiden anderen Zeugen bestätigt.

Der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte Zeuge F habe nur die Sachbeschädigung wahrgenommen, hätte aber keine Angaben bezüglich der Verwaltungsübertretungen machen können.

Die Berufungsbehörde sehe keinen Grund, an den Angaben des Meldungslegers in der Anzeige und den weitestgehend übereinstimmenden Angaben der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten zu zweifeln. Außerdem habe der Meldungsleger die Anzeige kurz nach dem Tatgeschehen verfaßt. Die als Zeugen vernommenen Polizisten hätten das Verhalten der Beschwerdeführerin als lautes Schreien beschrieben. Sie hätten auch die von der Beschwerdeführerin verwendeten Worte wiedergegeben. Nach Aussage des Meldungslegers habe die Beschwerdeführerin auf das Ordinärste geschimpft. Im übrigen sei die Beschwerdeführerin zur Tatzeit zwar zurechnungsfähig, aber nach eigenen Angaben leicht alkoholisiert gewesen, sodaß ihr Vermögen, sich an die konkrete Situation zu erinnern, als reduziert angenommen werden könne. Sie sei zurechnungsfähig gewesen, da sie die Polizeibeamten als solche, wie sich aus der Anzeige ergebe, erkannt habe. Die Aussagen der vernommenen Beamten erschienen auch nicht widersprüchlich; jedenfalls ergebe sich, daß unbeteiligte Personen ihren Unmut über das Verhalten der Beschwerdeführerin kundgetan hätten. Es bestehe kein Grund dafür, warum die Beamten eine ihnen unbekannte Person fälschlicherweise einer strafbaren Handlung bezichtigen sollten. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß sie auf Grund ihrer Erziehung das angelastete Verhalten nicht gesetzt habe, betrachte die Berufungsbehörde als Schutzbehauptung, weil der Beschwerdeführerin die zur Last gelegten Verbalinjurien eher unangenehm seien. Daß sie eine gute Erziehung genossen habe, besage nicht, daß sie die zitierten Schimpfwörter nicht gebraucht habe. Nach Ansicht des von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zeugen A, gegen welchen primär die Amtshandlung durchgeführt worden sei, habe die Beschwerdeführerin die Übertretungen nicht begangen; dabei dürfe nicht übersehen werden, daß es sich bei diesem Zeugen um den Freund der Beschwerdeführerin handle und dieser demnach bestrebt sei, ihr Verhalten in ein günstiges Licht zu bringen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Parteiengehör und auf richtige Feststellung des Sachverhaltes verletzt.

Nach der Beschwerdebegründung habe die Beschwerdeführerin in ihrem Beweisantrag vom 18. Juni 1991 dargelegt, durch den rechtskräftigen Abschluß des gerichtlichen Strafverfahrens gegen A wegen Übertretung des § 125 StGB sei eindeutig hervorgekommen, daß sich die Beschwerdeführerin zur Vorfallszeit nach der Aktenlage in keiner Weise besonders auffällig verhalten habe; dies sei vor allem auch von F bestätigt worden. Dieser stelle daher einen wesentlichen Entlastungszeugen für die Beschwerdeführerin dar. Die Beschwerdeführerin habe beantragt, diesen Zeugen zu vernehmen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Wenn im Berufungsbescheid ausgeführt werde, daß der Zeuge F nur die Sachbeschädigung wahrgenommen habe, so sei dies unrichtig und aktenwidrig, da aus dem Verwaltungsstrafakt hervorgehe, daß dieser Zeuge jedenfalls unmittelbarer Tatzeuge gewesen sei, und zwar auch hinsichtlich der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Auch aus den Zeugenaussagen der Polizisten ergebe sich, daß sich die Taxilenker durch die Beschwerdeführerin gestört erachtet hätten und der Aufforderer der Amtshandlung beschimpft worden sei. Dieser "Aufforderer" für die Straftatbestände sei der Zeuge F gewesen, auf dessen Aufforderung hin es überhaupt zum Einschreiten der Polizeibeamten gekommen sei. Aus der Anzeige vom 23. April 1990 ergebe sich, daß der Aufforderer F zum Anhaltungsort geleitet worden und bei der Amtshandlung gegen A und die Beschwerdeführerin zugegen gewesen sei. Habe der Zeuge F tatsächlich ausgesagt, daß er keine Angaben hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen der Beschwerdeführerin machen könne, so stehe dies im Widerspruch zu seinen Aussagen im gerichtlichen Strafverfahren gegen A. Die Beschwerdeführerin hätte ihm dann die diesbezüglichen Feststellungen, welche vom Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht bestätigt worden seien, vorhalten können. Außerdem hätte sie auf die Aktenlage im Verwaltungsstrafverfahren, nämlich die Anzeige und die Aussagen der Meldungsleger verweisen können, die sämtliche davon sprächen, daß durch das Verhalten bei den Taxilenkern Ärgernis hervorgerufen worden sei und der Aufforderer (F) bei der Amtshandlung anwesend gewesen sei.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 11 Abs. 1 VwGG gebildeten Strafsenat erwogen:

2.1. Absatz 2 des Übergangsrechts zum VStG 1950 (VStG-Übergangsrecht 1991, Anlage 2 der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 52/1991) lautet:

"(2) Am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren sind nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 358/1990 (1. Jänner 1991) geltenden Rechtslage zu Ende zu führen."

Das Verwaltungsstrafverfahren war am 1. Jänner 1991 anhängig. Zutreffend ist daher die Wiener Landesregierung als Berufungsbehörde (und nicht der seither zuständige unabhängige Verwaltungssenat) tätig geworden.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese verfahrensrechtliche Regelung sind aus Anlaß des Beschwerdefalles nicht entstanden. Im besonderen ergeben sich solche Bedenken auch nicht vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Gradinger gegen Österreich (ÖJZ 1995, 954), weil die hier anzuwendenden materiell-rechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen bereits in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, auf die der österreichische Vorbehalt zu Art. 5 MRK Bezug nimmt, enthalten waren und daher die entsprechende Formulierung dieses österreichischen Vorbehaltes zu Art. 5 MRK den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 64 MRK Rechnung trägt. Auch bestehen keine Bedenken, den österreichischen Vorbehalt einerseits auf Geldstrafen und andererseits auch auf die Organisations- und Verfahrensgarantien des Art. 6 Abs. 1 MRK zu beziehen. Die hier (noch) anzuwendende Regelung des Verwaltungsstrafverfahrens findet somit im österreichischen Vorbehalt zu Art. 5 MRK ihre rechtliche Deckung.

2.2. Art. VIII EGVG stand in Wien sowohl im Zeitpunkt der Begehung der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Straftaten als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz als Landesgesetz in Geltung und lautete:

"Wer den öffentlichen Anstand verletzt oder ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde oder in Orten, für die eine Bundespolizeibehörde besteht, von dieser mit Geld bis S 1.000,-- oder Arrest bis zwei Wochen zu bestrafen."

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

2.3. Die belangte Behörde hat dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin vom 18. Juni 1991 Rechnung getragen und den Zeugen F durch die Erstbehörde vernehmen lassen. Dieser Zeuge verwies vollinhaltlich auf seine Angaben, die er den Wachebeamten gegenüber gemacht habe; er selbst habe nur die Sachbeschädigung wahrgenommen und könne bezüglich der Verwaltungsübertretung keine Angaben machen. Die beauftragte Erstbehörde hielt fest, daß der Akt nach telefonischer Rücksprache mit der belangten Behörde dieser ohne Einräumung des Parteiengehörs vorzulegen war. Die Zeugenaussage wurde der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht.

Die Beschwerdeführerin hat die Relevanz dieses Verfahrensmangels in der Beschwerde hinreichend begründet, indem sie dargetan hat, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr das Parteiengehör gewährt worden wäre, und daß dieses Vorbringen zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Ihr Vorbringen läuft nämlich darauf hinaus, daß ihre Stellungnahme zu den Aussagen des Zeugen - hätte sie eine solche erstatten dürfen -, insbesondere durch den Hinweis auf seine im gerichtlichen Strafverfahren gegen A gemachten Aussagen, hätten bewirken können, daß sich die belangte Behörde bei ihrer Beweiswürdigung nicht auf die Aussage dieses Zeugen hätte stützen können. Auch hätte die Beschwerdeführerin - ihrem Beschwerdevorbringen zufolge - darauf hingewiesen, daß sich aus den Aussagen der Polizeibeamten ergebe, daß die Taxilenker die inkriminierten Äußerungen der Beschwerdeführerin wahrgenommen hätten und dies auch für den Zeugen F zutreffen müsse. Die von der Beschwerdeführerin erwähnten Widersprüche, die sie aufgezeigt hätte, wenn man ihr dazu Gelegenheit geboten hätte, hätten aber auch die Behörde veranlassen können, den Zeugen unter Vorhalt seiner angeblich im gerichtlichen Strafverfahren gemachten Aussagen eingehend zu befragen; daraus hätte sich ergeben können, daß sich der Zeuge nicht nur am Tatort der Sachbeschädigung, sondern auch an jenem der bestrittenen Anstandsverletzung und Lärmerregung durch die Beschwerdeführerin oder zumindest in dessen Nähe befunden habe, ohne ein auffälliges Verhalten der Beschwerdeführerin wahrgenommen zu haben.

Bei den Widersprüchen und Ungereimtheiten, die die Beschwerdeführerin aufgezeigt hätte, hätte es sich nicht nur um die angeblichen Aussagen im strafgerichtlichen Verfahren gehandelt. Nach der Aktenlage zutreffend wird nämlich in der Beschwerde auch ausgeführt, der Zeuge F sei jedenfalls unmittelbarer Tatzeuge gewesen, und zwar auch hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin angeblich begangenen Verwaltungsübertretungen. Dies ergebe sich aus dem Verwaltungsstrafakt. Bereits am 2. Mai 1990 habe der Meldungsleger Inspektor R bei seiner zeugenschaftlichen Befragung angegeben, daß das Verhalten der Beschwerdeführerin "bei cirka 10 Personen und bei Taxilenker" auch tatsächlich Ärgernis erregt habe. Ebenso habe Revierinspektor O am 2. Mai 1990 als Zeuge einvernommen ausgesagt, daß die Beschwerdeführerin "sich nicht beruhigen konnte und auch umherstehende Passanten sowie den Aufforderer der Amtshandlung beschimpfte". Der am 31. Jänner 1991 einvernommene Revierinspektor B habe ebenfalls ausgesagt, daß "über das Verhalten der Beschuldigten sich mehrere Taxler vom dortigen Standort aufgehalten ..." hätten. Auch Revierinspektor U habe bei seiner Vernehmung als Zeuge am 12. Dezember 1990 angegeben, "dieser angeführte Lärm war für mehrere Beteiligte störend (Taxilenker ...)" und Revierinspektor R habe die Erwähnung der Störung von Taxilenkern bei seiner Einvernahme am 12. Dezember 1990 wiederholt. Unter "Taxilenker" sei zweifellos F gemeint. Auch ergebe sich aus dem Verwaltungsstrafakt und der Anzeige vom 23. April 1990 eindeutig, daß er der Aufforderer für die Straftatbestände gewesen sei.

Zum einen zieht die Beschwerdeführerin damit den Beweiswert der lapidaren, nicht näher aufgeklärten Aussage des Zeugen F, über die Verwaltungsstraftaten keine Angaben machen zu können, in Zweifel, zum anderen tut sie damit auch - unabhängig von der Frage der Verletzung des Parteiengehörs - einen Begründungsmangel dar, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2.4. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde im Verwaltungsstrafverfahren Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1991100230.X00

Im RIS seit

03.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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