Entscheidungsdatum
14.10.2021Norm
ÄrzteG 1998 §136 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Marvin Novak, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von Herrn A, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, gegen das Erkenntnis des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Niederösterreich, vom 18. April 2018, Zlen. ***, D.A. ***, samt dazu ergangenen Berichtigungsbescheid vom 27. August 2018, Zlen. ***, D.A. ***, zu Recht:
1. Den Beschwerden wird insofern stattgegeben als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 12.000,-- Euro herabgesetzt wird.
Im Übrigen werden die Beschwerden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Schuldspruch zu lauten hat:
„Der Disziplinarbeschuldigte A ist schuldig. Er hat am 10.06.2017 ein Bild auf seinem ***-Account gepostet, auf dem eine am Straßenrand stehende Rutsche zu sehen ist, die zur Straße gerichtet ist und an der gerade ein Auto vorbeifährt. Dieses Bild war mit dem Satz „Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet“ kommentiert“.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
ad 1.: § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG)
ad 2.: § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG)
Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)
Entscheidungsgründe:
1. Maßgeblicher Verfahrensgang:
1.1. Das vorliegende Disziplinarverfahren gegen den nunmehrigen Beschwerdeführer, Herrn A, basiert auf dem E-Mail eines Internet-Bloggers an die Österreichische Ärztekammer vom 18. Juni 2017, in dem insbesondere ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer als niederösterreichischer Internist sich an Mordphantasien an Flüchtlingskindern ergötze und Propaganda der nationalsozialistischen Identitären Bewegung verbreite. Dazu wurde auch der Screenshot eines ***-Postings des Beschwerdeführers übermittelt.
Der Beschwerdeführer gab dazu über Aufforderung des Disziplinaranwaltes mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 eine Stellungnahme ab und es fasste in weiterer Folge die Disziplinarkommission für Niederösterreich einen Beschluss zur Einleitung des Disziplinarverfahrens und Anordnung der Disziplinarverhandlung.
Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 6. April 2018 eine Äußerung und einen Antrag auf Einstellung des Disziplinarverfahrens ein. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass er Pflegegeldgutachter für die Pensionsversicherungsanstalt sei und dass diese über ihn bereits die Ordnungsstrafe des Verweises mit einer Geldbuße in Höhe von 15% des im Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzung gebührenden Monatsbezug verhängt habe; dies u.a. wegen des auf *** geposteten Bildes. Er sei daher bereits vom für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt bestraft worden und dürfe auf Grund von § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 nicht weiter disziplinär verfolgt werden.
1.2. Die Disziplinarkommission führte am 18. April 2018 eine Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsanwalt teilnahm. Der Beschwerdeführer wurde eines Disziplinarvergehens für schuldig befunden und er wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 15.000,-- Euro verurteilt. Zusätzlich wurde er zum Ersatz der mit 1.000,- Euro bestimmten Verfahrenskosten verpflichtet.
In der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses wurde der Beschwerdeführer zunächst namentlich als Disziplinarbeschuldigter genannt, es wurde sodann jedoch ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte „C“ schuldig sei. Er habe am 10. Juni 2017 ein Bild auf seinem ***-Account gepostet, auf dem eine am Straßenrand stehende Rutsche zu sehen sei, die zur Straße gerichtet sei und an der gerade ein Auto vorbeifahre. Dieses Bild habe er mit dem Satz „Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet“ kommentiert. Er habe dadurch das Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 begangen und werde gemäß § 139 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG 1998 zu einer Geldstrafe in Höhe von 15.000,-- Euro verurteilt. Gemäß § 163 Abs. 1 ÄrzteG 1998 habe er die mit 1.000,-- Euro bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen. Begründend wurde wörtlich Folgendes ausgeführt:
„Der Disziplinarbeschuldigte hat am 10.6.2017 auf seinem ***-account ein Bild gepostet, auf dem eine am Straßenrand stehende Rutsche zu sehen ist, die zur Straße gerichtet ist und an der gerade eine Auto vorbeifährt. Dieses Bild hat er mit dem Satz ‚Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet‘ kommentiert. Dieses Bild postete er in einer geschlossene ***-Gruppe mit ca 2.000 Teilnehmern, als die Debatte um das Thema ‚Willkommenskultur‘ ging. Der Disziplinarbeschuldigte nahm in dieser ***-Gruppe unter seinem ***-Namen ‚D‘ teil, ohne Angabe von Titel und Beruf (und somit ohne Hinweis auf seine Tätigkeit als Arzt). Der Disziplinarbeschuldigte löschte mittlerweile seinen ***-account. Der Disziplinarbeschuldigte likte auch Postings der Identitären-Bewegung Österreich (IBÖ). Nachdem die IBÖ vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeschätzt wurde, distanzierte sich der Disziplinarbeschuldigte von dieser Bewegung.
Der Disziplinarbeschuldigte ist bei der Pensionsversicherungsanstalt als Pflegegeldgutachter angestellt. Er verdient ca. € 8.200 brutto. Zusätzlich verdient er als Gutachter für die Beamtenversicherung und für die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft monatlich etwas über € 2.000 brutto (= € 26.000 brutto im Jahr 2016). Die Pensionsversicherungsanstalt verhängte am 30.8.2017 über den Disziplinarbeschuldigten eine Ordnungsstrafe gemäß § 99 Abs 1 Z 2 DO.B im Ausmaß von 15% eines Monatsbezuges. Diese Ordnungsstrafe wurde damit begründet, dass der Disziplinarbeschuldigte durch fremdenfeindliche Äußerungen in sozialen Medien (unter anderem durch das Posting mit der Rutsche am 10.6.2017) ein Verhalten gesetzt hat, das geneigt ist, dem Ansehen der Pensionsversicherungsanstalt Schaden zuzufügen. Er hat hiedurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 8 Abs 7 DO.B iVm § 8 Abs 1 und 4 DO.B. begangen.
Diese Feststellungen beruhen auf folgender
Beweiswürdigung:
Das gegenständliche ***-Posting vom 10.6.2017 wurde vom Disziplinarbeschuldigten nicht bestritten. Er führte jedoch aus, dass dies in satirischer Absicht erfolgt sei. Inwiefern ein Posting mit dem Wortlaut ‚Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet‘, samt Bild dieser Rutsche, die auf die Straße und in Richtung eines vorbeifahrenden Fahrzeuges zeigt, satirisch sein soll, erhellte sich für die erkennende Kommission nicht. Bei objektiver Betrachtungsweise ist lediglich die Aufforderung an Asylkinder erkennbar, auf die Rutsche zu klettern und in weiterer Folge zu Schaden zu kommen.
Die Verhängung der Ordnungsstrafe ist durch das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 30.8.2017 dokumentiert.
Die übrigen Feststellungen beruhen auf der Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten.
Rechtlich folgt daraus:
Der Disziplinarbeschuldigte berief sich darauf, dass er bereits von seinem Dienstgeber eine Disziplinarstrafe erhalten habe und er daher gemäß § 136 Abs 6 ÄrzteG nicht nochmals bestraft werden dürfe.
§ 136 Abs 6 ÄrzteG lautet: ‚Die disziplinäre Verfolgung ist jedoch ausgeschlossen, soweit der Arzt oder außerordentliche Kammerangehörige bereits von einem anderen für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt hinsichtlich derselben Tat disziplinär bestraft worden ist. Bis zur Erledigung eines vor diesem anhängig gemachten Verfahrens ist das Verfahren vor dem Disziplinarrat zu unterbrechen.‘
Die von der Pensionsversicherungsanstalt am 30.8.2017 verhängte Ordnungsstrafe ist eine Diziplinarmaßnahme, hat privatrechtlichen Charakter und kann vom zuständigen Arbeits- und Sozialgericht gemäß § 102 ArbVG auf deren inhaltliche und formale Richtigkeit überprüft werden (Reissner in ZellKomm2 § 102 ArbVG Rz 26 mwN).
§136 Abs 1 Z 1 regelt das Disziplinarvergehen eines Arztes, wenn er im Inland oder Ausland das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch sein Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigt. Eine Disziplinarstrafe nach § 139 ÄrzteG hat verwaltungsrechtlichen Charakter und kann auch bei den zuständigen Verwaltungsgerichten bekämpft werden.
Die Verhängung der privatrechtlichen Ordnungsstrafe durch den Dienstgeber steht der Verhängung einer Disziplinarstrafe durch eine bei der Ärztekammer angesiedelten Disziplinarkommission somit im Ergebnis nicht entgegen.
Das gegenständliche Posting des Disziplinarbeschuldigten ist als fremdenfeindlich und menschenverachtend zu werten. Satire war für die erkennende Kommission nicht zu erkennen. Im übrigen genügt gemäß § 136 Abs 7 ÄrzteG für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Der Disziplinarbeschuldigte hat das Disziplinarvergehen des § 136 Abs 1 Z 1 ÄrzteG begangen.
Deshalb ist über ihn gemäß § 139 Abs 1 Z 2 ÄrzteG die tat- und schuldangemessene Geldstrafe von
€ 15.000,-
zu verhängen.
Dabei war gegenständlich besonders zu berücksichtigen, dass der Disziplinarbeschuldigte (obwohl er weder mit Titel noch mit Berufsbezeichnung in der ***-Gruppe teilnahm) mit seinem eigenen Namen postete und daher ein Bezug zur Ärzteschaft leicht hergestellt werden konnte. Überdies befanden sich in der ***-Gruppe ca. 2.000 Teilnehmer und stellt dies bereits eine größere Öffentlichkeit dar. Mildernd war in diesem Zusammenhang die disziplinäre Unbescholtenheit zu berücksichtigen und dass der Disziplinarbeschuldigte in Folge seinen ***-account löschte. Aufgrund des in der Öffentlichkeit hinterlassenen Eindrucks, dass ein Mitglied einer Ärztekammer eine rassistische Aussage in einem sozialen Medium hinterließ, hat er das Ansehen der Ärzteschaft schwer beeinträchtigt. Es war gegenständlich eine doch hohe Geldstrafe zu verhängen, auch um ähnlichen zukünftigen Verhaltensweisen durch den Disziplinarbeschuldigten oder durch andere Mitglieder der Ärzteschaft abschreckend entgegenzutreten.
Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.“
1.3. Der Beschwerdeführer brachte dazu durch seinen Rechtsanwalt fristgerecht eine Beschwerde ein, in der – auf das Wesentlichste zusammengefasst – Folgendes ausgeführt wurde:
Das Erkenntnis beziehe sich nicht auf den Beschwerdeführer, sondern ein vom ihm verschiedenes Rechtssubjekt. Es entfalte somit gegenüber ihm keine normative Wirkung und es erfolge dadurch kein Eingriff in seine Rechtsposition.
Aus anwaltlicher Vorsicht werde aber ausgeführt, dass der Beschwerdeführer das Bild niemals kommentiert habe, der Kommentar sei integrierter Bestandteil des Bildes gewesen und nicht vom Beschwerdeführer hinzugefügt worden. Er habe damit kein Werturteil durch eine persönliche Kommentierung abgegeben, was jedenfalls bei der Strafbemessung mildern zu berücksichtigen gewesen wäre.
Das Erkenntnis sei auch inhaltlich rechtswidrig. Es sei nicht richtig, dass es sich bei der von der Pensionsversicherungsanstalt verhängten Strafe nicht um eine Strafe im eigentlichen Sinn handle. Die DO.B 2005 spreche von Strafen bzw. Ordnungsstrafen, durch welche Disziplinarverletzungen zu ahnden seien. Auch komme es auf den Charakter der Strafe bzw. der Maßnahme an. Es sei völlig irrelevant, ob die Strafe privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Charakter habe und von wem sie überprüft werde. § 102 ArbVG sei auf den gegebenen Sachverhalt nicht anwendbar. § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 stehe einer neuerlichen Bestrafung entgegen.
Zur Strafhöhe habe die Behörde folgende Milderungsgründe nicht herangezogen: Reuiges Geständnis, lange und bis dato unbeanstandete Dienstzeit mit Dienstbeschreibung der Note 1, Gedankenlosigkeit beim Tätigen des Postings, Auftritt auf *** ohne Titel und Hinweis auf die Eigenschaft als Arzt, Posting in einer geschlossenen Gruppe, es sei kein Schaden entstanden, das Bild sei nicht durch den Beschwerdeführer selbst kommentiert worden. Die Schuld sei jedenfalls geringfügig und es bestehe keine Wiederholungsgefahr. Die Geldstrafe sei völlig überzogen und unverhältnismäßig.
Der Beschwerdeführer sei daher freizusprechen, in eventu sei die Strafe herabzusetzen und allenfalls bedingt nachzusehen.
1.4. Der Disziplinaranwalt gab zur Beschwerde eine Stellungnahme ab, in der er im Wesentlichen Folgendes ausführte:
Die Bezeichnung des Disziplinarbeschuldigten sei ein offenbarer Schreibfehler, dem ganz offensichtlich eine Verwechslung zu Grunde gelegen sei. Auch der Beschwerdeführer gehe in seinen weiteren Ausführungen davon aus, dass er selbst als Beschuldigter angesprochen werde und er stelle den Umstand des Postings außer Streit. Wäre tatsächlich die andere Person der Beschuldigte, hätten sich die Beschwerdeausführungen mit dieser Bemängelung zu begnügen gehabt.
Zur Doppelbestrafung sei im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (B 446/09) zu beachten, dass die privatrechtliche (arbeitsvertragliche) Strafe den Schutz eines anderen Rechtsgutes verfolge als die Disziplinarstrafe nach dem ÄrzteG 1998. Das ÄrzteG 1998 schütze das Ansehen der Österreichischen Ärzteschaft, die DO.B 2005 die Interessen und das Ansehen des Dienstgebers. Eine unzulässige Doppelbestrafung liege auf Grund von einander abweichender geschützter Rechtsgüter nicht vor.
Die Strafhöhe liege im Bereich der in vergleichbaren Fällen verhängten Disziplinarstrafen und orientiere sich am Monatseinkommen unter Berücksichtigung des Existenzminimums. Ein reuiges Geständnis liege nicht vor, weil der Beschwerdeführer das Posting wiederholt als Satire zu rechtfertigen versucht habe, anstatt den fremdenfeindlichen und abwertenden Ton einzugestehen. Aus dem Umstand, dass er das Posting für satirisch halte, folge, dass keine Gedankenlosigkeit, sondern bewusste Stimmungsmache vorgelegen sei. Das Posting habe zahlreiche Leser erreicht und es sei möglich gewesen es ihm zuzurechnen und die Position als Arzt zu erschließen. Die Beschwerdeausführungen sein als Schutzbehauptungen und nachträgliches Kalmieren einer für die Ärzteschaft unzumutbaren Entgleisung anzusehen, die ohne Auswirkungen auf die Strafe sein müssten.
1.5. Mit Berichtigungsbescheid vom 27. August 2018 berichtigte die Disziplinarkommission ihr Erkenntnis dahingehend, dass die Wortfolge „Der Disziplinarbeschuldigte C ist schuldig.“ wie folgt zu lauten habe: „Der Disziplinarbeschuldigte A ist schuldig.“ Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Name des Beschwerdeführers sowohl auf S 1 als auch in der Begründung auf S 2 ersichtlich gewesen sei. Durch ein Versehen sei auf S 1 auch der andere Name angeführt worden. Die versehentliche Bezeichnung sei zu berichtigen.
1.6. Der Beschwerdeführer brachte durch seinen Rechtsanwalt fristgerecht eine Beschwerde ein, in der er ausführte, dass erst durch die Berichtigung ein Eingriff in seine Rechte erfolgt sei. Es werde gegen die „Bescheid-/Erkenntniseinheit“ Beschwerde erhoben. Inhaltlich wurde die Beschwerde im Wesentlichen wie die bereits eingebrachte Beschwerde begründet.
1.7. Der Disziplinaranwalt verzichtete in Folge unter Hinweis auf seine bereits abgegebene Stellungnahme auf weitere Gegenausführungen zur zweiten Beschwerde.
1.8. Der Akt wurde in weiterer Folge dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt und es wurde am 8. Oktober 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. An der Verhandlung nahm der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsanwalt teil. Seitens der Disziplinarkommission und des Disziplinaranwaltes nahm kein Vertreter teil.
Der Verhandlungsleiter nahm in der Verhandlung eine aktuelle Abfrage der Österreichischen Ärzteliste zum Akt sowie einen im *** in der „***“ erschienenen Artikel. Der Beschwerdeführer bzw. sein Rechtsanwalt gaben in der Verhandlung insbesondere an, dass das bisherige Vorbringen aufrechterhalten werde und dass sowohl § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 als auch Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK einer neuerlichen Bestrafung entgegenstünden. Der Unrechtsgehalt der Tat sei bereits durch die Bestrafung durch die Pensionsversicherungsanstalt in jeder Beziehung umfasst und es sei nach der Judikatur des EGMR allein auf die Fakten (derselbe oder zumindest wesentlich derselbe Sachverhalt) abzustellen.
Auf die Verkündung der Entscheidung wurde vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers ausdrücklich verzichtet.
2. Feststellungen und Beweiswürdigung:
2.1. Feststellungen:
Der am *** geborene Beschwerdeführer hat am 10. Juni 2017 ein Bild auf *** gepostet, auf dem eine am Straßenrand stehende Rutsche zu sehen ist, die zur Straße gerichtet ist und an der gerade ein Auto vorbeifährt. Dieses Bild war mit dem Satz „Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet“ kommentiert. Das Bild wurde vom Beschwerdeführer ohne Angabe von Titel und Beruf, aber unter seinem vollen Namen, in einer geschlossenen ***-Gruppe mit ca. 2.000 Teilnehmern im Rahmen einer Debatte zum Thema „Willkommenskultur“ gepostet:
[Abweichend vom Original – kein Bild wiedergegeben]
„…
…“
(Screenshot in Schwarz-Weiß)
Ein Screenshot des Bildes wurde von einem Internet-Blogger an die Österreichische Ärztekammer und an mehrere Medien weitergeleitet (unter Hinweis u.a. darauf, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen niederösterreichischen Internisten handle).
In der „***“ erschien im *** ein Artikel der „***“, indem eine Nähe des Beschwerdeführers zur Identitären Bewegung thematisiert wurde. Im Artikel wurden u.a. auch das vom Beschwerdeführer gepostete Bild sowie sein Name und seine berufliche Tätigkeit als Arzt wiedergegeben.
Der Beschwerdeführer ist als Arzt in die Ärzteliste eingetragen. Er ist langjährig bei der Pensionsversicherungsanstalt angestellt, für die er aktuell als Obergutachter tätig ist, und er ist zusätzlich auch noch gutachterlich tätig.
Die Pensionsversicherungsanstalt verhängte mit Schreiben des Generaldirektor-Stellvertreters vom 30. August 2017 die „Ordnungsstrafe des Verweises“ mit einer Geldbuße im Ausmaß von 15% des Monatsbezuges gemäß § 99 Abs. 1 Z 2 der Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.B 2005). Dies mit folgender Begründung:
„Sie haben im Rahmen Ihres Auftrittes in sozialen Netzwerken bildliche Darstellungen, die erkennbar einen ausländerfeindlichen bzw. fremdenfeindlichen Inhalt aufweisen, gelikt oder geteilt.
Dieses Verhalten stellt einen Verstoß gegen die Pflicht des Arztes, sich auch außer Dienst tadellos zu verhalten sowie die Interessen und das Ansehen des Versicherungsträgers in jeder Hinsicht zu wahren und zu fördern, dar und erfüllt den Tatbestand einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 8 Abs. 7 DO.B in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und 4 DO.B.
Durch die wiederholten fremdenfeindlichen Äußerungen in sozialen Medien haben Sie ein Verhalten gesetzt, das geneigt ist, dem Ansehen der PVA Schaden zuzufügen und dadurch jedenfalls eine Dienstpflichtverletzung begangen. Die Verhängung einer Rüge oder eines Verweises ohne Geldstrafe wäre auf Grund der Schwere der Dienstpflichtverletzung mit möglicher Aussenwirkung und unter Berücksichtigung der wiederholten einschlägigen getätigten Äußerungen nicht mehr angemessen gewesen. Mildernd wurde allerdings ihre Unbescholtenheit berücksichtigt. Das Ausmaß der Geldbuße wurde daher mit 15% festgesetzt.
Der Betriebsrat der Landesstelle Niederösterreich hat gemäß § 102 ArbVG der Verhängung dieser Ordnungsstrafe am 28.08.2017 zugestimmt.“
Der Beschwerdeführer hat seinen ***-Account mittlerweile gelöscht und er ist auch sonst nicht mehr auf sozialen Medien aktiv. Er ist bislang unbescholten.
Die aktuellen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers stellen sich wie folgt dar:
Monatliches Bruttogehalt von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von
8.600,-- Euro. Zusätzlich Bruttoeinkommen durch die Gutachtertätigkeit in Höhe von ca. 20.000,-- bis 30.000,-- Euro jährlich. Der Beschwerdeführer bewohnt ein Haus, das in seinem Eigentum steht. Im Jänner 2021 hat er einen Kredit in Höhe von 50.000,-- Euro aufgenommen, für den er monatlich 1.000,-- Euro zurückbezahlt und bei dem derzeit ca. 42.000,-- Euro offen sind. Sonst kein relevantes Vermögen, keine sonstigen Schulden und keine Unterhaltsverpflichtungen.
2.2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die vorliegende unbedenkliche Aktenlage und sind als unstrittig zu bezeichnen. Hervorzuheben ist, dass der Screenshot des vom Beschwerdeführer geposteten Bildes dem Behördenakt entnommen wurde. Dass das Bild mit dem Satz „Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet“ kommentiert war, als integrierter Bestandteil des Bildes, ergibt sich aus dem Bild und dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Artikel der „***“ wurde in der Verhandlung zum Akt genommen und wurde bereits in der Beilage der Äußerung des Beschwerdeführers vom 6. April 2018 erwähnt (Beilage./B). Die aktuellen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers basieren auf seinen Angaben in der Verhandlung.
3. Maßgebliche Rechtslage:
3.1. § 136 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 in der sowohl zum Tatzeitpunkt als auch aktuell geltenden Fassung, (im Folgenden: ÄrzteG 1998) lautet:
„Disziplinarvergehen
§ 136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland
1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder“
3.2. § 139 Abs. 1 und Abs. 7 ÄrzteG 1998 lautet:
„Disziplinarstrafen
§ 139. (1) Disziplinarstrafen sind
1. der schriftliche Verweis,
2. die Geldstrafe bis zum Betrag von 36 340 Euro,
3. die befristete Untersagung der Berufsausübung,
4. die Streichung aus der Ärzteliste.
[…]
(7) Bei Bemessung der Strafe ist insbesondere auf die Größe des Verschuldens und der daraus entstandenen Nachteile, vor allem für die Patientenschaft, bei Bemessung der Geldstrafe auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten, Bedacht zu nehmen. Die §§ 32 bis 34 StGB sind sinngemäß anzuwenden.“
3.3. § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 lautet:
„(6) Die disziplinäre Verfolgung ist jedoch ausgeschlossen, soweit der Arzt oder außerordentliche Kammerangehörige bereits von einem anderen für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt hinsichtlich derselben Tat disziplinär bestraft worden ist. Bis zur Erledigung eines vor diesem anhängig gemachten Verfahrens ist das Verfahren vor dem Disziplinarrat zu unterbrechen.“
4. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
4.1. Zur Schuldfrage:
Die vorliegenden Beschwerden wurden fristgerecht erhoben und sind auch sonst zulässig (vgl. etwa VwGH 9.8.2017, Ra 2017/09/0028).
Nach § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 machen sich Ärzte eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen.
Die Festlegung des Disziplinartatbestandes der Beeinträchtigung des Ansehens der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch das Verhalten von Ärzten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der zulässig und mit Art. 18 B-VG vereinbar ist. Der Inhalt des Begriffes der auf diese Weise festgelegten allgemeinen Standespflichten kann aus den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und den gefestigten Gewohnheiten des jeweiligen (Berufs-)Standes festgestellt werden, der Rechtsunterworfene kann sein Verhalten danach einrichten und die Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch die Behörde kann auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden. Dabei ist nicht entscheidend, ob das Verhalten an die Öffentlichkeit gedrungen ist (vgl. etwa VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0044). Ein außerberufliches Verhalten eines Arztes kann eine Verletzung der in § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 normierten allgemeinen Standespflichten darstellen, hat der Arzt nach dieser Vorschrift doch in seinem gesamten Verhalten und auch außerhalb der Ausübung seines Berufs auf die Wahrung des Standesansehens zu achten (vgl. etwa VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0044; 29.10.2019, Ra 2019/09/0010).
Das vom Beschwerdeführer gepostete verfahrensgegenständliche Bild ist menschenverachtend und fremdenfeindlich und jedenfalls geeignet, das Ansehen der Ärzteschaft zu beeinträchtigen.
Es kann nicht mit dem Hinweis auf Satire oder Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt werden (vgl. etwa EGMR 9.2.2012, Fall Vejdeland ua., Appl. 1813/07).
Zur vorgebrachten Unzulässigkeit der Ahnung des Disziplinarvergehens auf Grund von Doppelbestrafung ist Folgendes auszuführen:
Rechtlicher Hintergrund des vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt herangezogenen § 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 ist die Verhinderung der Mehrfachbestrafung von Kammerangehörigen, die auch noch einer anderen Kammer angehören (vgl. RV 150 BlgNR, 20. GP, S 100; RV 1386 BlgNR, 20. GP, S 111). Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Bestimmung ausgesprochen, dass die disziplinäre Verfolgung (nur) dann ausgeschlossen ist, wenn der Arzt bereits von einem anderen für ihn zuständigen Träger der Disziplinargewalt hinsichtlich derselben Tat disziplinär bestraft worden ist (vgl. VwGH 15.7.2015, Ro 2014/09/0064). Die über den Beschwerdeführer von der Pensionsversicherungsanstalt verhängte „Ordnungsstrafe“, zu welcher der Betriebsrat gemäß § 102 ArbVG zuzustimmen hatte, hat aber privatrechtlichen Charakter und es handelt sich dabei nicht um einen Hoheitsakt (vgl. etwa bereits VfSlg. 7578/75). Es handelt sich um Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. etwa OGH 16.9.1992, 9 ObA 184/92; 18.1.1996, 8 ObA 299/95). Dem Arbeitgeber kommt – ungeachtet der verwendeten Terminologie – keine Disziplinargewalt gegenüber dem Arbeitnehmer zu (vgl. etwa Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm3, § 102 ArbVG, Rz 2) und es handelt sich auch um kein „privates Strafrecht“ (vgl. etwa Kneihs, Betriebliches Disziplinarrecht und Verfassung, DRdA 2005, S 136, Punkt 2.2.2.1.aa).
§ 136 Abs. 6 ÄrzteG 1998 steht daher einer Bestrafung nicht entgegen.
Insofern sich die Beschwerdeführer auf Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolles zur EMRK und auf die Rechtsprechung des EGMR bezieht ist darüber hinaus noch festzuhalten, dass die DO.B 2005 die Wahrung und Förderung der Interessen und des Ansehens des Versicherungsträgers vor Augen hat und dass demgemäß im Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 30. August 2017 beanstandet wurde, dass der Beschwerdeführer durch „die wiederholten fremdenfeindlichen Äußerungen in sozialen Medien“ ein Verhalten gesetzt habe, „das geneigt ist, dem Ansehen der PVA Schaden zuzufügen“. § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 verfolgt hingegen einen anderen Zweck, nämlich das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft nicht zu beeinträchtigen. Es kann daher auch deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass das Strafbedürfnis bereits vollständig erschöpft wäre (vgl. etwa VfSlg. 20.246/2018; VwGH 15.7.2015, Ro 2014/09/0064). Darauf hinzuweisen ist, dass der EGMR in seiner bisherigen Judikatur auch nicht pauschal und vorbehaltlos zwei Reaktionen auf ein tadelnswertes Verhalten als konventionswidrig angesehen hat (vgl. etwa EGMR 4.10.2016, Fall Rivard, Appl. 21.563/12; 15.11.2016, Fall A. und B., Appl. 24.130/11).
Die Strafbarkeit des Beschwerdeführers ist daher – zumal für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht und ein fehlendes Verschulden im Verfahren nicht hervorgekommen ist – zu bejahen und es ist der Schuldspruch zu bestätigen.
Der Beschwerdeführer ist daher schuldig, das Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 begangen zu haben.
Entsprechend den getroffenen Feststellungen ist klarzustellen, dass das vom Beschwerdeführer gepostete Bild mit dem Satz „Ich habe dem Asylheim eine Rutsche gespendet“ kommentiert war (der Kommentar war integrierter Bestandteil des Bildes).
4.2. Zur Strafbemessung:
Gemäß § 139 Abs. 1 ÄrzteG 1998 reichen die in Betracht kommenden Disziplinarstrafen vom schriftlichen Verweis und einer Geldstrafe bis zum Betrag von 36.340,-- Euro bis zur befristeten Untersagung der Berufsausübung und der Streichung aus der Ärzteliste. Gemäß § 139 Abs. 7 ÄrzteG 1998 ist bei der Strafbemessung insbesondere auf die Größe des Verschuldens und der daraus entstandenen Nachteile, vor allem für die Patientenschaft, bei Bemessung der Geldstrafe auch auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten, Bedacht zu nehmen. Die §§ 32 bis 34 StGB sind sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde ist bei ihrer Strafbemessung zu Recht davon ausgegangen, dass es sich um kein Bagatelldelikt handelt und dass ein derartiges menschenverachtendes und fremdenfeindliches Posting eines Arztes das Ansehen der Ärzteschaft schwer beeinträchtigt. Ein bloß geringes Verschulden ist nicht gegeben. An Milderungsgründen liegen die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vor und dass er seinen ***-Account mittlerweile gelöscht hat und auch sonst nicht mehr auf sozialen Medien aktiv ist. Erstmals sind auch die insgesamt lange Dauer des Disziplinarverfahrens und das nach Aktenlage gegebene seitherige Wohlverhalten zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Hinsichtlich der aktuellen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers ist auf die getroffenen Feststellungen zu verweisen (Einkommen: 8.600,-- Euro brutto monatlich plus weitere 20.000,-- bis 30.000 Euro brutto jährlich; eigenes Haus; offener Kredit in Höhe von ca. 42.000,-- Euro mit monatlicher Kreditrate von 1.000,-- Euro; sonst kein relevantes Vermögen, keine sonstigen Schulden und keine Unterhaltsverpflichtungen). Von Bedeutung ist darüber hinaus, dass nicht nur auf den Beschwerdeführer spezialpräventiv eingewirkt werden soll, sondern es soll durch die Strafe vor allem auch generalpräventive Wirkung erzielt werden.
Die Beschwerdeausführungen zur Strafbemessung vermögen das Vorliegen zusätzlicher zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigender Umstände nicht aufzuzeigen.
Zum behaupteten reumütigen Geständnis ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer im Verfahren durchaus einsichtig gezeigt hat, er hat allerdings im Schreiben vom 28. Dezember 2017 davon gesprochen, dass er das Bild in „rein satirischer Absicht“ gepostet habe und dass er die Regeln auf *** nicht übertreten und die „Grenzen des allgemein Verträglichen niemals überschritten“ habe. In der Verhandlung vor der belangten Behörde gab er außerdem an, dass es sich um eine „Gedankenlosigkeit“ gehandelt habe und er sprach von „Sarkasmus“. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem reumütigen Geständnis nur dann gesprochen werden, wenn der Beschuldigte das Vorhandensein sämtlicher Tatbestandsmerkmale zugegeben hat, also sowohl in Ansehung der objektiven wie der subjektiven Tatseite uneingeschränkt geständig ist. Das bloße Zugeben des Tatsächlichen ist hingegen nicht schon als mildernd zu werten (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ro 2015/09/0013). Auch kann eine erst im Rechtsmittelverfahren bekundete Schuldeinsicht nicht (mehr) als Milderungsgrund herangezogen werden (vgl. etwa VwGH 30.1.2015, 2011/17/0081). Davon abgesehen ist auch zu sagen, dass angesichts der gegebenen Sachlage Leugnen kaum Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (vgl. etwa VwGH 21.9.2005, 2005/09/0042).
Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer die Unbescholtenheit ohnehin zu Gute gehalten und es ist – schon auf Grund der angegebenen satirischen Absicht – nicht von Gedankenlosigkeit bzw. Unbesonnenheit auszugehen. Dass der Beschwerdeführer ohne Titel und Hinweis auf die Eigenschaft als Arzt gepostet hat, ist angesichts des offenkundig ohne besondere Schwierigkeiten herstellbaren Zusammenhangs zur Ärzteschaft nicht maßgeblich zu berücksichtigen. Ebensowenig kann maßgeblich Berücksichtigung finden, dass das Bild lediglich in einer geschlossenen Gruppe gepostet wurde, zumal die Gruppe ca. 2.000 Teilnehmern aufwies. Auch wird in der Beschwerde überhaupt nicht darauf eingegangen, dass das Bild Eingang in einen Artikel der „***“ fand. Dem Umstand, dass das Bild nicht vom Beschwerdeführer kommentiert wurde, sondern schon mit dem Kommentar versehen war, kann ebenso keine maßgebliche Bedeutung für die Frage der Strafhöhe beigemessen werden.
In einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände ist die verhängte Geldstrafe – insbesondere unter erstmaliger Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer und des seitherigen Wohlverhaltens – auf den Betrag von
12.000,-- Euro herabzusetzen (vgl. dazu etwa VfGH 6.6.2013, B 1376/2012). Die Verhängung einer noch geringeren oder bloß bedingten Strafe kommt fallbezogen nicht in Betracht, zumal durch die Strafe insbesondere auch generalpräventive Wirkung erzielt werden soll. Die nunmehrige Strafhöhe ist im Übrigen auch unter Bedachtnahme auf die von der Pensionsversicherungsanstalt verhängte „Ordnungsstrafe“ nicht unverhältnismäßig und sie steht auch nicht im Widerspruch zu den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers. Die Strafe bewegt sich zudem jedenfalls im unteren Bereich des Strafrahmens (vgl. etwa VwGH 16.10.2001, 2000/09/0015; 28.2.2012, 2010/09/0018).
4.3. Zu den Kosten des Disziplinarverfahrens:
Gemäß § 163 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ist im Falle eines Schuldspruchs zugleich auszudrücken, dass der Disziplinarbeschuldigte auch die Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen hat. Die Kosten sind unter Berücksichtigung des Verfahrensaufwandes und der besonderen Verhältnisse des Falles unter Bedachtnahme auf die Vermögensverhältnisse des Beschuldigten von der Disziplinarkommission nach freien Ermessen mit einem Pauschalbetrag festzusetzen, wobei im Falle, dass sich das Verfahren auf mehrere strafbare Handlungen bezog, die Kosten hinsichtlich jener Handlungen, deren der Disziplinarbeschuldigte nicht für schuldig erkannt wird, soweit es tunlich ist, vom Ersatz auszuscheiden sind (vgl. auch etwa VwGH 20.6.2016, Ra 2015/09/0090).
Im angefochtenen Erkenntnis wurden die Kosten des Disziplinarverfahrens mit 1.000,-- Euro festgesetzt. Unter Berücksichtigung des behördlichen Verfahrensaufwandes in Form insbesondere einer durchgeführten Verhandlung und unter Bedachtnahme auf die Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers ist dieser Betrag nicht zu beanstanden. Die Kosten wurden im Verfahren auch nicht als überhöht bekämpft.
4.4. Ergebnis:
Der Beschwerde ist somit insoweit stattzugeben, als die im angefochtenen Erkenntnis festgesetzte Geldstrafe auf den Betrag von 12.000,-- Euro herabgesetzt wird. Im Übrigen ist die Beschwerde mit der Maßgabe zur Tatbeschreibung (Kommentar als integrierter Bestandteil des Bildes) als unbegründet abzuweisen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde durchgeführt, wobei von einer Verkündung der Entscheidung auf Grund von § 29 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden konnte (vgl. etwa VwGH 11.9.2019, Ra 2019/02/0110) und weil an der Verhandlung als Partei nur der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter teilgenommen und auf eine Verkündung ausdrücklich verzichtet hat (vgl. etwa VwGH 5.9.2018, Ra 2018/11/0037).
4.5. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Derartige Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen. Die Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich folgen der eindeutigen Rechtslage und der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Eine mündliche Verhandlung wurde durchgeführt. Darauf hinzuweisen ist, dass es sich bei der Strafbemessung und der Kostenentscheidung um Ermessensentscheidungen handelt (vgl. zur Strafbemessung etwa VwGH 9.3.2021, Ra 2019/09/0104).
Schlagworte
Freie Berufe; Ärzte; Disziplinarvergehen; Disziplinarstrafe; allgemeine Standespflichten; Doppelbestrafung;Anmerkung
VwGH 13.01.2022, Ra 2021/09/0259-3, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1207.001.2018Zuletzt aktualisiert am
26.01.2022