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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des J in W, des HL und der IL, beide in I, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Juni 1996, Zl. Ve1-550-2454/1-1, betreffend Feststellung gemäß § 2 Abs. 2 des Tiroler Landesgesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 16. Juni 1994 meldeten die Zweit- und Drittbeschwerdeführer einen Freizeitwohnsitz mit der Adresse S-Weg 12, P, G, Grundstücksnummer 101/1 an. In einem Schreiben vom 27. Juni 1994 an die mitbeteiligte Gemeinde führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer aus, daß das gegenständliche Objekt Altbestand sei, es sei schon mindestens 100 Jahre alt; es sei ständig als Wohnhaus benutzt worden. Es habe daher die gesetzliche Vermutung des gültigen Bestandes für sich; zunächst müßte die Gemeinde beweisen, daß dieses Haus in einer Zeit errichtet worden sei, zu welcher bereits baurechtliche Bestimmungen bestanden hätten, die eine schriftliche Baubewilligung erforderten, und daß diese Baubewilligung nicht erteilt worden sei. Da dieses Gebäude ständig nur Wohnzwecken gedient habe, auch keine bewilligungspflichtigen baulichen Veränderungen vorgenommen worden seien, könne nicht von einem Schwarzbau im Sinne des Landesgesetzes LGBl. Nr. 11/1994 die Rede sein. Die Beschwerdeführer brauchten daher keine im § 1 Abs. 1 LGBl. Nr. 11/1994 vorgesehene Meldung zu erstatten und auch nicht um eine nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung anzusuchen. Es werde vielmehr seitens des Bürgermeisters im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. festzustellen sein, daß das Vorliegen der Baubewilligung für das genannte Haus zu vermuten sei, dies aufgrund des Alters des Gebäudes und deshalb, weil kein Grund zur Annahme bestehe, daß dieses Gebäude seinerzeit ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden sei.
In seinem an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer gerichteten Schreiben vom 30. Juni 1994 führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde aus, es bestehe auch in der mitbeteiligten Gemeinde kein Zweifel darüber, daß der Bestand des Hauses, welches möglicherweise an die 100 Jahre alt sei, rechtmäßig sei. Unter der Bedingung, daß die erstmalige Vermietung nach dem 1. Jänner 1984 stattgefunden hätte, wäre eine Sanierung nach dem sogenannten Schwarzbautensanierungsgesetz nicht möglich gewesen. Es hätten die Zweit- und Drittbeschwerdeführer jedoch darauf hingewiesen, daß das Gebäude bereits vor dem 1. Jänner 1984 von anderen Mietern anders als für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden sei. Diesfalls sei eine Änderung des Verwendungszweckes nach dem Schwarzbautensanierungsgesetz unter Einhaltung verschiedener Bedingungen sanierungsfähig. Die ständige Nutzung für Wohnzwecke auch ohne bauliche Änderung befreie nicht von der Bewilligungspflicht der Änderung des Verwendungszweckes von einem landwirtschaftlichen in ein nichtlandwirtschaftliches Wohnhaus.
In einem weiteren, an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Schreiben vom 3. August 1994 wies der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer darauf hin, es sei zunächst einmal zu erheben, wann es zur Veränderung des angeblichen Verwendungszweckes vom landwirtschaftlichen in ein nichtlandwirtschaftliches Wohnhaus gekommen sei. Diese Änderung sei jedenfalls noch vor dem Inkrafttreten der Tiroler Bauordnung LGBl. Nr. 42/1974 vor sich gegangen. Erst seit der Bestimmung des § 25 lit. d TBO 1974 bedürfe die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen einer Bewilligung der Behörde, soferne diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß habe. Die alte Tiroler Landesbauordnung habe jedenfalls keine Bestimmung vorgesehen, wonach derartige Benützungsänderungen einer vorausgehenden Bewilligung durch die zuständige Baubehörde bedürften. Das "Schwarzbautensanierungsgesetz" könne gewiß nicht im nachhinein eine Bewilligungspflicht für etwas vorsehen, was seinerzeit nicht bewilligungspflichtig gewesen sei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Oktober 1995 stellte dieser gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 fest, daß das gegenständliche Gebäude mit Aufenthaltsraum im Freiland, für das keine baurechtliche Bewilligung bestehe, zu einem anderen als dem bewilligten bzw. aus dem der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werde. Der ursprüngliche Verwendungszweck sei landwirtschaftliches Wohnhaus, der derzeitige Verwendungszweck Freizeitwohnsitz. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, beziehe sich in seinem § 1 Abs. 1 auf bestehende Gebäude mit Aufenthaltsräumen im Freiland, die u.a. ohne Bewilligung zu einem anderen als dem bewilligten oder aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werden. In dieser Formulierung sei ein Sondertatbestand zu sehen, wonach Gebäude, deren Verwendungszweck gegenüber dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck ohne Bewilligung geändert worden sei, wann immer diese Änderung auch stattgefunden habe, der Behörde anzuzeigen sei und gleichzeitig mit der Meldung um nachträgliche Bewilligung für diese Änderung des Verwendungszweckes anzusuchen sei. Schon nach der Tiroler Landesbauordnung sei auf die Verwendung eines Gebäudes Bedacht genommen worden, diese Bauordnung unterscheide grundsätzlich zwischen zwei Arten von Bauführungen, nämlich einerseits solchen in Städten, Märkten und größeren geschlossenen Orten, und andererseits solchen auf dem offenen Lande und im Gebirge. Für die Letztgenannten sehe das Gesetz erleichterte Baubedingungen vor. Daraus sei zu ersehen, daß der Gesetzgeber diese vereinfachten Vorschriften vor allem an eine eigene Bewohnung (wie auch bei Bauernhäusern etc.) und Benützung bzw. sogar an eine landwirtschaftliche Nutzung geknüpft habe. Dies bedeute im Ergebnis aber, daß ein Bauwerber für einen anderen Verwendungszweck als eine der oben näher angeführten Nutzungen nie unter diesen erleichterten Vorschriften hätte bauen können. Vielmehr hätten für diese anderen Bauführungen die weitreichenderen Bauvorschriften bzw. Verfahrensvorschriften gegolten. In weiterer Konsequenz bedeute dies aber, daß es für diese Art der Verwendung einer neuerlichen Bewilligung als neues Bauvorhaben bedürfe.
Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer berufen und neuerlich darauf hingewiesen, daß das Gebäude aus dem 19. Jahrhundert stamme, also vor dem Inkrafttreten der Tiroler Landesbauordnung errichtet worden sei. Mit Rücksicht auf das Alter des Gebäudes könne sohin eine Baubewilligung nicht aufgefunden werden, es sei somit festzustellen, daß für dieses Gebäude die Vermutung der Konsensmäßigkeit spreche. Das im vergangenen Jahrhundert errichtete Gebäude habe immer als Wohnhaus gedient, zunächst im Verbande mit dem geschlossenen Hof "G", der Aufhebung der Hofgemeinschaft sei mit Bescheid der Höfebehörde der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Juli 1984 zugestimmt worden. Die Loslösung dieses Wohngebäudes vom geschlossenen Hof habe in wirtschaftlicher Hinsicht aber bereits in der Zwischenkriegszeit stattgefunden. Der heutige Eigentümer (Erstbeschwerdeführer) habe selbst in dieser Hofstelle nicht mehr gewohnt und gelebt, es hätten verschiedene Mieter dieses Haus benützt und bewohnt. Bestandnahmen durch andere Personen als den Betreiber des landwirtschaftlichen Anwesens hätten bereits seit der Zwischenkriegszeit stattgefunden. Es wäre Aufgabe des Bürgermeisters gewesen, genaue Erhebungen darüber anzustellen, wann die Änderung zwischen dem ursprünglichen und dem derzeitigen Verwendungszweck des Gebäudes eingetreten sei, wenn man davon ausgehe, daß es sich um eine nach der Tiroler Bauordnung relevante Änderung des Verwendungszweckes handle. Da das Gebäude den vermuteten Konsens auf seiner Seite habe, es für die bereits in der Zwischenkriegszeit erfolgte Übernahme der Benützung der Räume durch jemand anderen als den Bewirtschafter des dazugehörigen landwirtschaftlichen Betriebes "G" keiner baubehördlichen Bewilligung bedurfte, könne nicht von einem "Schwarzbau" gesprochen werden. Es liege auch keine konsenslose Benützungsänderung vor.
Mit Bescheid vom 25. Jänner 1996 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 20. Oktober 1995 als unbegründet ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen auf einen Teil (2. Absatz) der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides hingewiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholten die Beschwerdeführer im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und wiesen nochmals darauf hin, daß das Gebäude bereits seit der Zwischenkriegszeit nicht mehr als landwirtschaftliches Wohnhaus genutzt werde. Zu diesem Zeitpunkt sei eine Änderung des Verwendungszweckes aber von keiner Baubewilligungspflicht umfaßt gewesen.
Mit Bescheid vom 24. Juni 1996 hat die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Zur Begündung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe aufgrund des Gesetzes vom 25. November 1993, LGBl. Nr. 11/1994, und seiner Erhebungen zu Recht festgestellt, daß für das verfahrensgegenständliche Haus ein vermuteter Baukonsens für die Verwendung als landwirtschaftliches Wohnhaus vorliege. Ebenfalls habe er zu Recht festgestellt, daß eine Genehmigung zur Änderung des Verwendungszweckes als Freizeitwohnsitz nicht zu vermuten sei. Unbestrittenermaßen hätten weder die Beschwerdeführer noch ihre Rechtsvorgänger um eine diesbezügliche Baubewilligung angesucht. Nach Aussage der Beschwerdeführer sollte das Gebäude in der Zwischenkriegszeit bereits zu nichtlandwirtschaftlichen Wohnzwecken verwendet worden sein, der Bestandvertrag zwischen den Zweit- und Drittbeschwerdeführern mit dem Erstbeschwerdeführer sei im Jahre 1985 abgeschlossen worden. Der Zeitpunkt, wann dies (offenbare Änderung des Verwendungszweckes) geschehen sei, sei für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, da sich bereits nach den Bestimmungen der Tiroler Landesbauordnung für Gebäude eine Festlegung des Verwendungszweckes ergebe und eine diesbezügliche Änderung bewilligungspflichtig gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, daß nach dem ersten Teil der Tiroler Landesbauordnung (§§ 15 ff) die Konstruktion von Gebäuden bestimmten Vorschriften hinsichtlich Festigkeit, Höhe, Konstruktion etc. unterworfen und einer Baubewilligung unterzogen gewesen sei. Nach Teil 2 (§§ 70 ff) habe es Vorschriften für Bauten auf dem offenen Land und im Gebirge gegeben, die ein erleichtertes Bauverfahren für solche Bauten vorsahen, die unter anderem "für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt" und ihrem Zwecke nach nicht eine besondere Festigkeit forderten. Aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen ergebe sich, daß durch die Tiroler Landesbauordnung sehr wohl auch eine Zweckbindung des Gebäudes, nämlich als landwirtschaftliches Wohngebäude, vorgelegen sei. Dies deshalb, weil unbestritten sei, daß das verfahrensgegenständliche Gebäude ursprünglich als landwirtschaftlich genutztes Wohngebäude gedient habe. Eine Verwendung zu anderen Zwecken hätte einer Bewilligung nach der Tiroler Landesbauordnung bedurft, da das Gebäude einem landwirtschaftlichen Verwendungszweck entzogen worden sei. Eine solche Bewilligung sei unbestrittenermaßen nie beantragt und auch nicht erteilt worden. Weshalb eine Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit eines Gebäudes von Einfluß sein könne, ergebe sich daraus, daß die Baubehörde gemäß § 4 der Tiroler Bauordnung unter anderem zu untersuchen habe, ob im Freiland gelegene Gebäude durch Hochwasser, Vermurung, Steinschlag oder andere Gefahren bedroht seien und ob Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar seien. Es sei daher baurechtlich nicht belanglos, ob ein bisher als landwirtschaftliches Wohngebäude verwendetes Gebäude als Freizeitwohnsitz verwendet werde, zumal sich diese Änderung des Verwendungszweckes auch auf die Benützung des Gebäudes auswirken könne, beispielsweise könne das Gebäude zu Ferienaufhalten im Winter dienen, also zu Zeiten, in denen mit einer Lawinengefahr zu rechnen sei, oder zu bestimmten Zeiten der Schneeschmelze, in der mit Hochwasser gerechnet werden müsse. Damit verbunden könnten auch baurechtliche Nebenbestimmungen (z.B. Verstärkung von Mauerwerk etc.) notwendig sein, die die Baubehörde vorzuschreiben hätte.
Zum Zeitpunkt der Bestandnahme durch die Zweit- und Drittbeschwerdeführer - nach deren Angaben im Jahre 1985 - hätten sehr wohl raumordnungsrechtliche und baurechtliche Beschränkungen existiert; so sei nach dem § 15 TROG 1984 im Freiland nur die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesem Betrieb gehörenden Wohnungen für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlchen Betrieb oder eine Neugründung zulässig gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die in der Beschwerde vertretene Rechtsansicht, der Bürgermeister sei zur Feststellung des derzeitigen Verwendungszweckes "Freizeitwohnsitz" nicht zuständig, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen: Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurde nämlich keine Bewilligung im Sinne des § 15 Abs. 3 bzw. 5 TROG 1994 erteilt, sondern eine Feststellung im Sinne des § 2 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 getroffen. Während § 118 TROG 1994 die Vollziehung des § 15 Abs. 3 und 5 TROG 1994 aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ausnimmt, sind nach § 8 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 die Aufgaben der Gemeinde nach dem letztgenannten Gesetz mit Ausnahme jener nach § 4 Abs. 2 solche des eigenen Wirkungsbereiches. Da es sich, wie ausgeführt, um eine Feststellung nach § 2 des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994 handelte, war der Bürgermeister dafür zuständig.
§ 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, lautet:
"§ 2
Feststellungsverfahren
(1) Der Bürgermeister hat unverzüglich nach der Erhebung nach § 1 Abs. 2 hinsichtlich jener Gebäude, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann, mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht. Das Vorliegen der Baubewilligung ist zu vermuten, wenn auf Grund des Alters des betreffenden Gebäudes oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, daß aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und überdies kein Grund zur Annahme besteht, daß das betreffende Gebäude entgegen den zur Zeit seiner Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden ist.
(2) Wird ein Gebäude, für das die Baubewilligung nachgewiesen wird oder das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist, ohne Bewilligung zu einem anderen als dem bewilligten oder aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet, so hat der Bürgermeister dies mit Bescheid festzustellen."
Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid hat weder der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde noch der Gemeindevorstand festgestellt, daß für das Gebäude aufgrund seines Alters von einem vermuteten Konsens auszugehen sei; vielmehr hat der Bürgermeister in seinem Bescheid vom 20. Oktober 1995 festgestellt, daß keine Baubewilligung "bestehe". In den Bescheiden der Baubehörden wurden auch keine Feststellungen über das vermutliche Alter des Gebäudes getroffen. Im Gegensatz dazu geht aber die belangte Behörde davon aus, daß aufgrund des Alters des Gebäudes vom Vorliegen eines vermuteten Konsenses auszugehen sei und aus der anzunehmenden baulichen Zweckbestimmung die Verwendung als landwirtschaftliches Wohnhaus hervorgehe. Da nur der aufsichtsbehördliche Bescheid Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ist, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof an, daß aufgrund des Alters des Gebäudes (ca. 100 Jahre) von einem vermuteten Konsens auszugehen ist. Auch die belangte Behörde stellt nicht in Abrede, daß die Änderung des Verwendungszweckes von einem landwirtschaftlichen Wohnhaus in ein Wohnhaus ohne Bindung an landwirtschaftliche Zwecke während des Geltungsbereiches der Tiroler Landesbauordnung erfolgte.
Mit der Problematik, ob die Änderung des Verwendungszweckes von einem landwirtschaftlichen Wohngebäude in ein anderes Wohngebäude von der Bewilligungspflicht nach der Tiroler Landesbauordnung erfaßt war, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt befaßt. So hat er in seinem Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/06/0265, ausgeführt, daß in einem vor Inkrafttreten der Tiroler Landesbauordnung errichteten Wohngebäude (ohne Beschränkung des Verwendungszweckes) die verschiedensten Wohnzwecke gedeckt waren. Änderungen von Hauptwohnung in "Freizeitwohnung" seien irrelevant gewesen, weil beide in dem Begriff "Wohnzweck" ihre Deckung fänden. Erst wenn der erkennbare Zweck überschritten sei, sei gemäß § 56 Abs. 7 TBO eine Baubewilligung erforderlich gewesen. Diese Bestimmung sei aber erst am 1. März 1989 in Kraft getreten. Schon in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß sich eine Bewilligungspflicht für Veränderungen des Verwendungszweckes aus der Tiroler Landesbauordnung nicht aus den Vorschriften über das Erfordernis einer Bewilligung zur Vornahme wesentlicher Abänderungen an bestehenden Gebäuden ableiten ließe und auch nicht aus dem Umstand, daß § 70 leg. cit. gewisse Erleichterungen in bezug auf die Statik vorsehe, da sich diese Erleichterungen nur auf die HERSTELLUNG des Gebäudes bezogen, aber nicht auf Änderungen des Verwendungszweckes. Auch in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 1996, Zl. 95/06/0184, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß während des Geltungsbereiches der Tiroler Landesbauordnung der Umstand, daß ein ehemaliges landwirtschaftliches Wohngebäude als Freizeitwohnsitz oder Ferienwohnung benützt werde, von keiner Baubewilligungspflicht nach der Tiroler Landesbauordnung erfaßt sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken.
Der Hinweis auf § 4 der Tiroler Bauordnung vermag im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis zu führen, weil sich auch diese Bestimmung nur auf die Errichtung von baulichen Anlagen bezieht - wie schon aus der Verwendung der Wortfolge "bauliche Anlagen dürfen nur auf Grundstücken errichtet werden hervorgeht - und nicht auf die Änderung des ..."
Verwendungszweckes, die ohne Bezug auf die Errichtung erfolgt. Auch § 15 des TROG 1984, auf den die belangte Behörde verweist, bezieht sich auf die Errichtung von Baulichkeiten und nicht auf die Änderung des Verwendungszweckes.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist das Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, auf den Beschwerdefall nicht in dem von der belangten Behörde angenommenen Umfang anwendbar: Es handelt sich nämlich nicht um ein Gebäude mit Aufenthaltsräumen im Freiland, für das eine Baubewilligung nicht vorliegt, weil, auch nach den Ausführungen der belangten Behörde, das Gebäude so alt ist, daß vom Vorliegen eines vermuteten Konsenses auszugehen ist. Wie bereits dargelegt wurde, wird das Gebäude auch nicht für einen anderen als den bewilligten oder aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Zweck verwendet. Im Beschwerdefall ist daher sowohl davon auszugehen, daß für das Gebäude ein vermuteter Konsens vorliegt, als auch, daß das Gebäude für einen Zweck verwendet wird, der aus der Zweckbestimmung hervorgeht.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift widerspricht das Beschwerdevorbringen nicht dem aus § 42 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot, da die Beschwerdeführer sowohl hinsichtlich des Alters des Gebäudes als auch der Änderung des Verwendungszweckes in der Zwischenkriegszeit schon vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, in der Berufung und in der Vorstellung diesbezügliche Ausführungen gemacht haben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da im pauschalierten Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung die Umsatzsteuer bereits berücksichtigt ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996060192.X00Im RIS seit
23.05.2001