TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/13 W280 2236476-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch


W280 2236476-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX .1988, Staatsangehörigkeit Kosovo, vertreten durch Rast & Musliu, Rechtsanwälte in Wien 1080, Alser Straße 23/14, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .09.2020, ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.09.2021 zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige der Republik Kosovo, reiste Anfang 2013 mit ihrem ebenfalls aus Kosovo stammenden Lebensgefährten erstmals in das österreichische Bundesgebiet ein und hält sich seither – bis auf einen kurzfristigen Aufenthalt im Jahre 2015 - durchgehend im Bundesgebiet auf.

Im Jänner 2013 beantragte die BF erstmals einen Aufenthaltstitel als Studierende, der ihr folglich erteilt und zwei Mal verlängert wurde. Im Oktober 2013 wurde die gemeinsame Tochter der BF und ihres Lebensgefährten und im November 2015 der gemeinsame Sohn geboren.

Die BF legte – abseits der im Sommersemester 2013 besuchten Lehrveranstaltung „Deutsch als Fremdsprache – Grundstufe I“, die diese mit einer negativen Beurteilung abschloss, keine weiteren Sprachprüfungen zur Aufnahme eines Studiums ab und kam es auch nicht zu einer tatsächlichen Aufnahme eines solchen.

Ein im November 2015 gestellter Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte plus wurden folglich im Jänner 2017 ab- der hierauf im Februar 2017 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familiengemeinschaft“ im Oktober 2018 zurückgewiesen.

Mit Rechtskraft des Zurückweisungsbescheides Anfang Dezember 2018 hält sich die BF unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Anfang März 2019 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Rahmen des Parteiengehörs zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben.

Mit Bescheid vom XXXX .09.2020 erteilte das BFA der BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.) und erließ gegen diese eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.). Außerdem stellte das Bundesamt fest, dass ihre Abschiebung nach Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

Gegen ihren Lebensgefährten und die beiden gemeinsamen Kinder ergingen zeitgleich gleichlautende Bescheide.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde beantragte die BF dem Rechtsmittel Folge zu geben und dieser eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, in eventu den Bescheid zu beheben und an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Mit Schreiben vom XXXX .10.2020 legte das BFA die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde samt dem Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte das BVwG möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.

Am 21.09.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt an der die BF und ihr gewillkürter Rechtsvertreter teilnahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die BF ist Staatsangehörige der Republik Kosovo und führt den im Spruch angeführten Namen und das ausgewiesene Geburtsdatum.

In Kosovo geboren und aufgewachsen, besuchte die BF nach der Grundschule ein Gymnasium und absolvierte eine zweijährige Ausbildung an einer Fakultät für Pädagogik zur Volksschullehrerin. Von 2008 bis 2010 ging die BF in ihrem Herkunftsstaat einer Erwerbstätigkeit als Kassiererin in einem Einkaufzentrum nach. Vor ihrer Ausreise nach Österreich lebte die BF für ca. 2 ½ Jahre zusammen mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten zusammen im Haus dessen Eltern.

Der Lebensgefährte der BF studierte, nach Absolvierung der Grund- und Mittelschule, für drei Jahre an der Universität Wirtschaftswissenschaften ohne das Studium abzuschließen. Daneben ging er unregelmäßigen Erwerbstätigkeiten als Bauspengler, Dachspengler sowie im Trockenbau nach.

2. Die BF reiste zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt Anfang Jänner 2013 zusammen mit ihrem Lebensgefährten in den Schengen-Raum ein und hält sich seit XXXX 01.2013 – bis auf einen kurzen Aufenthalt in ihrem Herkunftsstaat im Jahr 2015 – durchgehend im Bundesgebiet auf, wo diese seither auch behördlich gemeldet sind.

3. Am XXXX .10.2013 wurde die gemeinsame Tochter XXXX sowie am XXXX .11.2015 der gemeinsame Sohn XXXX geboren. Die BF lebt mit dem Kindesvater und den beiden Kindern in einem Haushalt. Die erstgeborene Tochter besucht zum Entscheidungszeitpunkt die zweite Klasse Volksschule, der zweitgeborene Sohn besucht seit 2018 einen Kindergarten. Beide Kinder sind in ihrem schulischen Umfeld bzw. im Umfeld des Kindergartens sozial integriert und besitzen einen Freundeskreis. Die BF führt mit ihrem Lebensgefährten und den beiden gemeinsamen Kindern ein Familienleben. Des Weiteren besteht ein sehr enges Verhältnis der BF und ihrer Familie zu den Familienmitgliedern ihrer zwei in Österreich aufhältigen, jedoch von der Familie der BF getrenntlebenden, Brüdern ihres Lebensgefährten.

4. Die BF beantragte am XXXX .01.2013 erstmals einen Aufenthaltstitel als Studierende, der ihr in weiterer Folge nach entsprechenden Verlängerungsanträgen, zuletzt gültig bis XXXX .11.2015, erteilt wurde.

Der BF beantragte zeitgleich am XXXX .01.2013 erstmals einen Aufenthaltstitel als Studierender, der ihm bis XXXX .11.2013 und in weiterer Folge nach entsprechenden Verlängerungsanträgen zweimal, zuletzt gültig bis XXXX .11.2015, erteilt wurde.

5. Die BF, welche wie ihr Lebensgefährte in Österreich Wirtschaftswissenschaften studieren wollte, belegte im Sommersemester 2013 an der Universität XXXX einen Sprachkurs „Deutsch als Fremdsprache – Grundstufe I“, den diese mit der Note „Nicht genügend“ abschloss. Weitere Bemühungen sich die für ein Studium in Österreich erforderlichen Sprachkenntnisse anzueignen tätigte diese nicht. Mit der Geburt der Tochter im Herbst 2013 war der Kindesmutter bewusst, dass diese das Studium nicht beginnen werde. Weiterführende Ausbildungen im Hinblick auf eine potentielle künftige Erwerbstätigkeit hat diese nicht getätigt. Nicht festgestellt werden kann, dass diese ein Zertifikat für das Sprachniveau A 1 erlangt hat.

Der Lebensgefährte der BF belegte ebenfalls im Sommersemester 2013 an der Universität XXXX einen Sprachkurs „Deutsch als Fremdsprache – Grundstufe I“, den dieser mit der Note „genügend“ abschloss. Weder absolvierte dieser folglich weitere Sprachkurse zur Erlangung des für das Studium erforderlichen Sprachniveaus noch hat dieser das beabsichtigte Studium jemals aufgenommen. Spätestens im Jahr 2015 war dem Lebensgefährten der BF bewusst, dass er das Studium nicht beginnen wird.

Festgestellt wird, dass die BF als auch ihr Lebensgefährte, spätestens nachdem letzterer erkannt hatte, dass er das Studium nicht beginnen wird, allein aus den in Österreich, gegenüber deren Herkunftsstaat besseren, Lebensbedingungen in Österreich verblieben sind.

6. Ein vom Lebensgefährten der BF am XXXX .11.2015 gestellter Zweckänderungsantrag auf einen Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte (Schlüsselkraft) wurde vom hierfür zuständigen Arbeitsmarktservice (AMS) am XXXX .03.2017 abgewiesen und das Verfahren seitens der zuständigen Aufenthalts- und Niederlassungsbehörde (NAG-Behörde) am XXXX .12.2017 eingestellt. Ein ebenfalls am XXXX .11.2015 gestellter Verlängerungsantrag hinsichtlich eines Aufenthaltstitels Studierender wurde von der zuständigen NAG-Behörde am XXXX .10.2018 zurückgewiesen und ist am XXXX .12.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Der von der BF am XXXX .11.2015 gestellte Zweckänderungsantrag auf einen Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot Karte plus wurde von der zuständigen NAG-Behörde am XXXX .01.2017 bescheidmäßig abgewiesen, der hierauf am XXXX .02.2017 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familiengemeinschaft“ am XXXX .10.2018, rechtskräftig mit XXXX .12.2018 zurückgewiesen.

Für die am XXXX .10.2013 geborene Tochter wurde erstmals am XXXX .12.2013 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit dem Zweck „Familiengemeinschaft“ beantragt und dieser folglich erteilt. Nach einmaliger Verlängerung mit Gültigkeit bis XXXX .11.2015 wurde auch für die Tochter am XXXX .11.2015 ein Zweckänderungsantrag auf Rot-Weiß-Rot plus beantragt, der XXXX .01.2017 ebenfalls bescheidmäßig abgewiesen wurde. Der am XXXX .02.2017 neuerlich gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familieneigenschaft“ wurde sodann am XXXX .10.2018, rechtkräftig mit XXXX .12.2018, zurückgewiesen.

Der BF sowie seine Lebensgefährtin sowie die gemeinsame Tochter halten sich sohin seit XXXX .12.2018, wissentlich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Für den am XXXX .11.2015 geborenen Sohn wurde zu keinem Zeitpunkt ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt und hält sich dieser sohin seit seiner Geburt nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

7. Im Zeitraum vom XXXX .08.2016 bis XXXX .08.2016 sowie vom XXXX .11.2016 bis XXXX .11.2016 war der Lebensgefährte der BF als Arbeiter bei der Sozialversicherung angemeldet. Seit XXXX .11.2016 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG können weder die BF als auch ihr Lebensgefährte und die beiden Kinder keinen Krankenversicherungsschutz nachweisen.

Die BF und ihre Familie haben monatliche Ausgaben in der Höhe EUR 1.500 bis 1.600 zu bestreiten. Weder die BF noch ihr Lebensgefährte verfügen über eigene Einkünfte. Die Familie lebt insbesondere von finanziellen Unterstützungsleistungen der Eltern und eines Bruders des Lebensgefährten der BF, die seit 201 XXXX in den USA leben, sowie von geliehenem Geld und Sachleistungen ihrer beiden im Bundesgebiet aufhältigen Schwägern. Ein Rechtsanspruch auf diese finanziellen Unterstützungsleistungen besteht weder für den Lebensgefährten der BF noch für die anderen Familienmitglieder.

Der Lebensgefährte der BF absolvierte im Jahr 2019 eine Ausbildung zum Kranfahrer. Darüber hinaus setzte dieser bis dato keine Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahmen hinsichtlich einer potentiellen künftigen Erwerbstätigkeit.

8. Bei der vom Lebensgefährten der BF vorgelegten und mit „Vorvertrag“ übertitelten Vereinbarung zwischen diesem und seinem Bruder, datierend vom Vortag der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, handelt es sich um einen Gefälligkeitsdienst.

Die BF verfügt über einen am XXXX .09.2021 abgeschlossenen Vorvertrag mit dem Verein Kindergarten XXXX mit einem vereinbarten Monatslohn von EUR 1.570,70 brutto.

9. In Kosovo leben die Eltern, zwei Brüder, fünf Tanten und zwei Onkeln sowie ca. acht Cousins und Cousinen der BF. Die BF pflegt regelmäßigen täglichen telefonischen Kontakt zu ihren Eltern, ebenfalls der Lebensgefährte der BF und die beiden Kinder, wenngleich in geringerem Ausmaß. Das Verhältnis des Lebensgefährten der BF zu den Eltern und Geschwistern ist ein Gutes.

Des Weiteren leben noch zwei Cousins des Lebensgefährten der BF, wovon einer in einem Krankenhaus arbeitet und der andere als Professor an einer AHS unterrichtet, in Kosovo. Zu beiden besteht seitens des Lebensgefährten unregelmäßiger Kontakt.

10. Die BF und ihr Lebensgefährte unterhalten sich untereinander in albanischer Sprache. Festgestellt wird, dass der Lebensgefährte der BF über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt um eine normale Unterhaltung in ganzen Sätzen zu führen und kann dieser ein Zeugnis zur Integrationsprüfung, beinhaltend einen Nachweis über das Sprachniveau A 2, vom XXXX .04.2021 vorweisen.

Die BF und Kindesmutter weist nur sehr geringe, bruchstückhafte Kenntnisse der deutschen Sprache auf.

Festgestellt wird, dass die Kinder der BF jedenfalls über Grundkenntnisse der albanischen Sprache verfügen.

11. Die BF hat bis dato keine nennenswerten Bemühungen getätigt, um sich in Österreich zu integrieren. Weder ist diese Mitglied in einem Verein, noch hat diese sich bis dato gemeinnützig oder ehrenamtlich in einer Organisation engagiert. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich – abseits der Familien ihrer Schwäger - im Wesentlichen auf Kontakte zu Mütter von anderen Kindern ihres Sohnes aus dem Kindergarten bzw. ihrer Tochter aus der Schule und sind überwiegend ihrem herkunftsstaatlichen Sozialkreis zuzuordnen.

Bei Kosovo handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat und es liegen keine Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen.

2. Beweiswürdigung:

1. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vom BFA vorgelegten Verfahrensakte betreffend die BF, ihren Lebensgefährten und der gemeinsamen Kinder, die Beschwerden sowie in die von der BF vorgelegten Urkunden und Bescheinigungen, die vom erkennenden Gericht eingeholten Abfragen aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Grundversorgung des Strafregisters sowie der Sozialversicherungsdaten sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten basierend auf den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der vorliegenden Gerichtsakte des BVwG.

2. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit und Familienstand der BF und ihrer Familie getroffen wurden, beruhen diese auf den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, und auf den in den Verfahrensakten einliegenden Urkunden (Kopien) der BF und ihrer Familie sowie auf deren dahingehenden Angaben im Verfahren.

3. Die Feststellungen zur schulischen und weiterführenden Ausbildung der BF in Kosovo und ihrer dortigen beruflichen Erwerbstätigkeiten sowie jener des Lebensgefährten, beruhen auf deren diesbezüglichen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung, ebenfalls jene zum Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet, wobei letztere mit den im Melderegister aufscheinenden behördlichen Meldedaten korrelieren.

4. Die Feststellungen zur Geburt der beiden Kinder gründen in unwidersprochenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides, dass der BF mit seiner Familie in einem Haushalt lebt ergibt sich einerseits aus der Abfrage des Zentralen Melderegisters, andererseits auf den Angaben der BF und ihres Lebensgefährten vor dem BVwG.

Die Feststellungen betreffend den Besuch der Schule respektive eines Kindergartens durch die beiden Kinder der BF sowie deren soziale Integration im schulischen Umfeld sowie im Kindergarten ergeben sich aus den glaubhaften Aussagen der BF und ihres Lebensgefährten in der Verhandlung vor dem BVwG sowie der Vorlage einer Schulbesuchsbestätigung und einer Besuchsbestätigung des Kindergartens.

5. Das enge Verhältnis zu den Familienangehörigen beruht ebenfalls auf den diesbezüglichen Angaben der BF und ihres Lebensgefährten, die mit jenen des zeugenschaftlich einvernommenen Schwagers korrelieren.

6. Die Feststellungen zu den von BF, ihres Lebensgefährten und den gemeinsamen Kindern beantragten und diesen erteilten bzw. nicht erteilten Aufenthaltstiteln respektive deren Verlängerung gründen in der Abfrage der unbedenklichen Daten des Zentralen Fremdenregisters und den in den jeweiligen Verfahrensakten einliegenden und unbestrittenen Bescheiden des AMS respektive der zuständigen NAG-Behörde.

7. Die Feststellungen betreffend die BF hinsichtlich der Nichterlangeung der für ihr beabsichtigtes Studium erforderlichen Sprachkenntnisse und die Erkenntnis, das Studium folglich gar nicht zu beginnen, gründet in deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung, die als glaubhaft anzusehen sind, sowie der im Verfahrensakt enthaltenen Bescheinigung über die negativ beurteilte Teilnahme an der entsprechenden Lehrveranstaltung.

Mangels Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung, wie dies beispielsweise für den Lebensgefährten erfolgte, konnte eine tatsächliche Ablegung einer Sprachprüfung auf Sprachniveau A 1 nicht festgestellt werden.

8. Die Absolvierung eines Sprachkurses durch den Lebensgefährten beruht auf der im Verfahrensakt der BF einliegenden und vom ehemaligen gewillkürten Rechtsvertreter vorgelegten Bescheinigung über die Absolvierung dieser Lehrveranstaltung sowie den bestätigenden Angaben durch den Lebensgefährten in der mündlichen Verhandlung.

Dass der Lebensgefährte nach dieser einen Lehrveranstaltung keine weitere Veranstaltung zur Erlangung der erforderlichen Sprachkenntnisse an der Universität erfolgreich absolviert hat und dieser zu keinem Zeitpunkt das von ihm der Beantragung eines Aufenthaltstitels Studierender zugrunde gelegte Studium überhaupt aufgenommen hat, gründet in dessen diesbezüglichen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, ebenso dass diesem spätestens im Jahr 2015 bewusst war, dass er dieses nie beginnen wird.

9. Wenn der Lebensgefährte der BF in der Verhandlung seinen Verbleib im Bundesgebiet nach dieser Erkenntnis im Jahre 2015 damit rechtfertigt, dass er seinen Anwalt konsultiert habe und dieser ihm ein „humanitäres Aufenthaltsrecht“ oder ein „Arbeitsvisum“ als Möglichkeit zum Verbleib in Österreich genannt habe, so indiziert dies ein rein aufgrund der in Österreich gegenüber seinem Herkunftsstaat besseren Lebensbedingungen beruhendes Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich.

Dieses Interesse findet sich auch in der Aussage der - in der Verhandlung zu den Verlängerungsanträgen befragten - BF wieder, die hierzu ausführte „Wir sind deshalb nicht zurückgekehrt, weil hier das Leben besser ist, wenn man die Möglichkeit hat hier zu arbeiten“. Auch der Versuch des Lebensgefährten der BF über einen am XXXX .2015 gestellten Zweckänderungsantrag auf einen Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte (Schlüsselkraft) einen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu erlangen stütz diese Feststellung.

10. Dass die BF und ihr Lebensgefährte seit XXXX .12.2018 durchgehend unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sind, gründet darin, dass der Zurückweisungsbescheid betreffend den von der BF zuletzt am XXXX .02.2017 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familieneigenschaft“ von der zuständigen NAG-Behörde zurückgewiesen und an diesem Tag in Rechtskraft erwachsen ist. Am selben Tag erwuchs auch der zurückgewiesene Verlängerungsantrag des Lebensgefährten in Rechtskraft.

Dass der Verbleib im Bundesgebiet im Wissen um die Unrechtmäßigkeit desselben erfolgte, gründet in den Aussagen der BF und ihres Lebensgefährten vor Gericht sowie den von diesen in der Verhandlung dargelegten Bestrebungen unter zu Hilfenahme rechtsfreundlicher Beratung durch einen Anwalt zur Erlangung eines Aufenthaltstitels und nicht zuletzt in der Anzeige des Lebensgefährten wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes und der Verhängung einer Verwaltungsstrafe in Höhe von EUR 500 über diesen aus diesem Anlass.

11. Die Feststellungen zu den Anmeldungen zur Sozialversicherung des Lebensgefährten beruhen auf der diesbezüglichen Abfrage der Sozialversicherungsdaten. Jene zum Fehlen eines alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes seit XXXX .2016 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gründet im Umstand, dass sowohl die vom Lebensgefährten der BF bei dessen Einvernahme vor dem BFA am XXXX .2019 gegenüber der Behörde getätigte Behauptung einer privaten Versicherung als Aktionär als auch die vom BF am XXXX .06.2021 dem Gericht zum Beweise eines ab 01.06.2021 geltenden Versicherungsschutzes für sich und seine Familie übermittelte Versicherungspolizze einer privaten Krankenversicherung sich in der Verhandlung als nicht tragfähig erwies.

Weder hat der Lebensgefährte der BF, wie dieser in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, eine gegenüber dem BFA behauptete private Versicherung im Jahr 2019 abgeschlossen, noch handelt es sich bei der von diesem für sich und seine Familie im Mai 2021 abgeschlossenen und ab dem Folgemonat gültigen Versicherung um eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung im Sinne des § 11 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. So bescheinigt der auf der vom Lebensgefährten der BF zum Beweis eines vollen Versicherungsschutzes vorgelegten Polizze aufscheinende Code „ XXXX “, nach der vom erkennenden Richter eingeholten Auskunft des Versicherungsunternehmens, dass Voraussetzung für eine Versicherungsleistung eine Versicherung der versicherten Personen über die gesetzliche Sozialversicherung ÖGK ist. Eine solche liegt jedoch laut Auskunft der ÖGK gegenüber dem erkennenden Gericht seit Verlust des Aufenthaltstitels des Lebensgefährten der BF nicht mehr vor.

12. Die Höhe der von der BF und ihrer Familie zu bestreitenden monatlichen Ausgaben beruhen auf den Angaben ihres Lebensgefährten gegenüber dem Gericht, die sich mit dessen diesbezüglichen Aussage gegenüber der belangten Behörde bei seiner niederschriftlichen Befragung deckt.

Dass die BF über keine eigenen Einkünfte verfügt und sohin von Unterstützungsleistungen der Familie ihres Lebensgefährten, insbesondere dessen in den USA lebenden Eltern und des ebenfalls dort aufhältigen Schwagers angewiesen ist, beruht auf den diesbezüglich korrespondierenden Angaben der BF und ihres Lebensgefährten. Die Feststellung, wonach kein Rechtsanspruch auf diese Unterstützungsleistungen besteht, gründet in der diesbezüglichen Aussage des Lebensgefährten sowie im Umstand, dass keine entsprechenden Belege hierfür vorgelegt wurden.

13. Die Absolvierung einer Ausbildung zum Kranführer durch den Lebensgefährten der BF gründet in der Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung in der mündlichen Verhandlung.

14. Dem vom Lebensgefährten in der Verhandlung vom XXXX .09.2021 vorgelegten und mit XXXX .09.2021 datierenden arbeitsrechtlichen Vorvertrag fehlt nach Ansicht des erkennenden Richters die notwendige Beachtlichkeit und stellt dieser eine Gefälligkeit des potentiellen Arbeitgebers und Bruders des BF gegenüber Letzterem dar.

Voraussetzung für eine entsprechende Berücksichtigung einer derartigen Vereinbarung hinsichtlich einer wirtschaftlichen Integration sowie einer unmittelbar bevorstehenden Erlangung eines erforderlichen Versicherungsschutzes ist neben der hinreichenden Konkretisierung der Vereinbarung unter anderem der Wille beider Vertragsparteien diesen Vorvertrag im relevanten Zeitpunkt tatsächlich in Vollzug zu setzen.

Laut Unternehmensbeschreibung der Firma des Bruders des Lebensgefährten auf der Internetseite XXXX beschäftigt sich diese mit dem Neu- und Umbau von Büros, Wohnungen, Häusern, Geschäften und ähnlichem in Österreich und Deutschland. Sowohl die Berücksichtigung von der energetischen Sanierung bis zur bestmöglichen Raumnutzung wird bei Umbauarbeiten gepriesen. Als vertretene Berufe scheinen Stuckateur und Verputzer, Bauunternehmen, Dachdecker und Gerüstbauer auf.

Im vorliegenden Fall lässt allein schon die unmittelbar einen Tag vor der Verhandlung unterzeichnete und mit „Vorvertrag“ titulierte Vereinbarung Zweifel an einer ernsthaften Absicht der Umsetzung dieser Vereinbarung aufkommen. Auch dass der BF – ohne entsprechende nachweisbare einschlägige fachliche Ausbildung von Anbeginn an als Vorarbeiter angestellt werden soll und hierfür ein Lohn von monatlich EUR 4. XXXX bekommen soll – stützt die Annahme einer Vereinbarung, die aus reiner Gefälligkeit zustande gekommen ist. Der Hinweis des zeugenschaftlich befragten Bruders des Lebensgefährten der BF, wonach dieser in Kosovo eine einschlägige Ausbildung gemacht habe, kann insofern nicht gefolgt werden, als dieser selbst angegeben hat, dass es dort keine Fachschule hierfür gibt. Dem Vorbringen, wonach der Besuch der vom Lebensgefährten besuchten allgemeinen Mittelschule eine derartige Ausbildung im Innenausbau beinhaltet, kann in - Ermangelung entsprechender Bescheinigungen respektive weiterer Anhaltspunkte - nicht gefolgt werden, zumal auch die BF zur Schulbildung ihres Lebensgefährten befragt, angegeben hat, dass dieser nach der Grundschule eine AHS abgeschlossen hätte.

Vor dem Hintergrund, dass der Kollektivvertrag für das Bauhilfsgewerbe (Gerüstverleiher, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmungsbetriebe, Stuckateure und Trockenausbauer, Gipser, Aufstellung und Montage mobiler Trenn- oder Systemwände u.a.) ab 1. Mai 2021 für Vorarbeiter einen Stundenlohn von EUR 15 vorsieht, was einem Monatslohn von EUR 2.406,22 bei einer 39 Stunden Woche entspricht, erscheint die vorgesehene Tätigkeit selbst bei Zugeständnis eines Zuschlages von 50 % weit überbezahlt und unglaubwürdig. Nicht unerwähnt bleiben kann auch der Umstand, dass die unter Punkt II. (Dienstverwendung) der vorgelegten Vereinbarung in den Aufgabenbereich des Lebensgefährten der BF fallenden und zu dessen Aufgabenverrichtung zählenden und zu beschreibenden Arbeiten gänzlich fehlen.

In Zusammenschau der Darlegungen sowie unter Berücksichtigung dessen, dass der Vorvertrag im engsten Verwandtenkreis abgeschlossen wurde, ist der Eindruck, dass es sich bei dem vorliegenden Vorvertrag um einen Gefälligkeitsdienst handelt, nicht von der Hand zu weisen. Die Seriosität und Ernsthaftigkeit der Einstellungszusage sowie die tatsächliche Umsetzung desselben kann daher nicht erkannt werden.

15. Dass die BF über einen entsprechenden Vorvertrag mit dem Trägerverein eines Kindergartens verfügt und diesem eine entsprechende Beachtlichkeit zukommt, gründet einerseits in der einschlägigen pädagogischen Ausbildung der BF sowie dem Umstand, dass die in Aussicht genommene Entlohnung (Stundenlohn) dem Mindestlohntarif für Helferinnen und Helfer und Kinderbetreuerinnen und Kinderbetreuer in Privatkindergärten, -krippen und –horten (Privatkindertagesheimen) entspricht.

16. Feststellungen zu in Kosovo lebenden Verwandten und Angehörigen der BF und ihres Lebensgefährten sowie des bestehenden Kontakts zu diesen beruhen auf den diesbezüglichen Angaben der beiden in der mündlichen Verhandlung.

17. Das von der BF und ihres Lebensgefährten beherrschte Niveau der deutschen Sprache und die entsprechenden Feststellungen dazu gründen einerseits auf den vorgelegten bzw. im Akt enthaltenen Prüfungszertifikaten sowie insbesondere auf den vom erkennenden Richter den beiden in deutscher Sprache, ohne Zuhilfenahme einer Unterstützungsleistung durch die anwesende Dolmetscherin, gestellten Fragen. Der BF wurde zudem ein Text von der Website ORF.at / News vom XXXX .06.2021 aus der dortigen Rubrik „einfache Sprache“ zur inhaltlichen Wiedergabe vorgelegt, der von ihr nicht wiedergegeben werden konnte.

Das Vorliegen von Grundkenntnissen der albanischen Sprache bei den Kindern beruht einerseits auf den Angaben des Kindesvaters in der mündlichen Verhandlung, wonach die Kinder mehrsprachig aufwachsen würden. Auch wenn dieser seine diesbezügliche Aussage dahingehend einschränkte, dass diese Albanisch nicht so gut sprechen würden und er und die Kindesmutter mit den Kindern nur Deutsch sprechen würden, so ist dies insofern nicht glaubhaft, als die BF - wie bereits ausgeführt - nur sehr geringe, bruchstückhafte Kenntnisse der deutschen Sprache aufweist und diese - selbst unter Berücksichtigung des Alters von 8 und 6 Jahren der Kinder – sohin eine alltagskonforme Unterhaltung mit den Kindern nicht führen könnte. Da diese selbst auch angegeben hat, mit ihrem Lebensgefährten nur albanisch zu reden, dies schließt auch Unterhaltungen mit diesem vor den Kindern ein, ist sohin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Kinder sehr wohl über entsprechende Kenntnisse der albanischen Sprache verfügen.

Auch dass die Kinder mit den Großeltern mütterlicherseits anlässlich der täglichen Telefonate der Kindesmutter mit denselben auf Albanisch mit diesen sprechen, wurde – wiederum verbunden mit dem Hinweis auf deren geringeres Sprachniveau – bestätigt. Dass eine Kommunikation der Kinder der BF in albanischer Sprache mit den Großeltern mütterlicherseits stattfindet, wurde zudem auch vom Bruder des BF in der Verhandlung bestätigt. Wenn diese Aussage mit dem Hinweis versehen ist, dass eine Unterhaltung schwierig sei, so steht dies der getroffenen Feststellung betreffend die Sprachkenntnisse der Kinder nicht entgegen.

18. Dass bei der BF als auch ihrem Lebensgefährten bis dato keine nennenswerten integrativen Bemühungen erkennbar sind ergibt sich aus deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung. Auch der Beschwerde fehlt es - hinsichtlich der diesbezüglichen Behauptung – an substantiiertem Vorbringen hierzu.

Die BF ist mangels entsprechender Hinweise und Vorbringens weder Mitglied in einem Verein, noch hat diese sich ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet ehrenamtlich bei einer Organisation oder einem Verein engagiert. Diese verweist hinsichtlich ihrer Freizeitaktivitäten darauf, dass sie, wenn die Kinder im Kindergarten bzw. der Schule sind, meistens mit ihrer Schwägerin spazieren gehe. Ein darüberhinausgehender Freundeskreis besteht bei der BF nur in eingeschränktem Ausmaß und beruht dieser ebenfalls auf Treffen und Spaziergängen mit Müttern von anderen Kindern aus dem Bereich Kindergarten und Schule der eigenen Kinder und sind diese überwiegend deren eigenem herkunftsstaatlichen Sozialkreis zuzuordnen.

19. Dass es sich bei Kosovo um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ergibt sich aus § 1 Z 2 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten auf Basis des § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 ifF BGBl. II Nr. 145/2019).

Das Fehlen von Gründen, die einer Rückführung nach Kosovo entgegenstehen, gründet im Umstand, dass die BF, aber auch ihr Lebensgefährte, den weitaus überwiegenden Teil ihres Lebens in deren Herkunftsstaat verbracht haben, diese dort ihre schulische Ausbildung absolviert und beruflichen Tätigkeiten nachgegangen sind. Darüber hinaus leben nach wie vor zahlreiche Verwandte, insbesondere von Seiten der BF, im Herkunftsstaat. Dass derzeit keine bestehende Wohnmöglichkeit vorhanden ist stellt insofern kein entgegenstehender Grund dar, als sowohl die BF und ihr Lebensgefährte beim Zuzug nach Österreich gezeigt haben, mit einer derartigen Situation umgehen zu können. Darüber hinaus sind für das erkennende Gericht keine Umstände zu Tage getreten, wonach die monatlichen finanziellen Unterstützungsleistungen der Eltern des Lebensgefährten der BF auch bei einer Rückkehr nach Kosovo nicht weiterhin - zumindest für die Anfangszeit – zur Verfügung stehen würden, zumal auch der zeugenschaftlich einvernommene Schwager eine Einstellung der Unterstützung im Familienumfeld für nicht vorstellbar hält.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständlichen – zulässigen und rechtzeitigen – Beschwerden gegen Bescheide des BFA richten, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Spruchteil A)

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.):

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der BF weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die BF Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde. Da die BF auch sonst das Vorliegen einen der Gründe des § 57 AsylG nicht behauptet hat und ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen ist, war ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht zu erteilen.

Zur Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 (Spruchpunkt II.):

1. Die belangte Behörde hat die Rückkehrentscheidungen auf die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt. Demnach hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Ist mit einer Rückkehrentscheidung auch ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden verbunden, so ist eine solche nur zur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9) (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).

Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 29.03.2019, Ra 2018/18/0539).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997; ua.) Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

2. Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessenspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, des Weiteren ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

3. Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082; VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120).

4. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielt in der Judikatur des VwGH jedoch nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden, kein massives strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist (vgl E 26. März 2015, 2013/22/0303). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stand die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern nie in Frage (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0121, sowie jüngst EGMR 2.6.2020, Azerkane gg Niederlande, 3138/16).

5. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

6. Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des VfGH und VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

7. Die BF lebt zusammen mit ihrem Lebensgefährten und den beiden Kindern im Alter von 6 und 8 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt, getrennt von den ebenfalls hier niedergelassenen zwei Brüdern ihres Lebensgefährten, in Wien. Es liegt unzweifelhaft ein Familienleben zwischen der BF, ihres Lebensgefährten und den gemeinsamen Kindern vor.

Vor dem Hintergrund, dass eine Rückkehrentscheidung sowohl die BF als auch ihren Lebensgefährten und die Kinder betrifft, führt dies zu keiner Beeinträchtigung dieses Familienlebens, da dieses untereinander weiterhin besteht.

8. Wenngleich zwischen der Familie der BF und den Familien ihre beiden im Bundesgebiet aufhältigen Schwäger ein enges Verhältnis mit regelmäßigen gegenseitigen Besuchen und gemeinsamen Aktivitäten besteht, so sind dennoch keine Umstände hervorgetreten, wonach diesem engen Verhältnis unter erwachsenen Geschwistern - der Lebensgefährte der BF ist 1988 geboren, seine älteren Brüder 19 XXXX und 19 XXXX – der Charakter eines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK beizumessen ist. Die Geschwister und deren Familien sind zu unterschiedlichen Zeiten nach Österreich gekommen, leben in getrennten Haushalten und sind auch sonst keine Anhaltspunkte für eine besondere Abhängigkeit des Lebensgefährten der BF und seiner Familie zu jenen seiner Geschwister, die über eine vertiefte, jedoch nicht außergewöhnliche, emotionale Bindung hinausgehen hervorgekommen. Dass der Lebensgefährte der BF hin und wieder mit Sachleistungen aus dem Kreis seiner beiden hier lebenden Brüder unterstützt wird oder von diesen kurzfristig Geldbeträge geliehen bekommt, steht dem nicht entgegen.

Insofern verletzt die Rückkehrentscheidung nicht das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK.

9. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme betreffend die BF greift jedoch hinsichtlich deren Schwäger und deren Familienangehörigen in ihr Privatleben ein. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Bezüglich der minderjährigen Kinder der BF ist hierbei auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung unter Bezugnahme auf Judikatur des EGMR bereits Folgendes ausgesprochen: Soweit Kinder bzw. Minderjährige von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa die Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei in seiner Rechtsprechung den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46) befinden (vgl. zum Ganzen etwa VwGH vom 21. April 2011, 2011/01/0132).

Führt die Überprüfung des Kriteriums nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG zu dem Ergebnis, dass eine Minderjährige zum Heimatland keine oder nur mehr äußerst geringe Bindungen aufweist, wird das - vorausgesetzt, sie ist unbescholten und hat in Österreich einen ausreichenden Grad an Integration erreicht - in der Regel dafür sprechen, ihr den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, und zwar jedenfalls dann, wenn nicht - in zumutbarer Weise - erwartet werden kann, dass sie sich im Falle einer Rückführung an die Verhältnisse im Heimatland, etwa das Erlernen der dortigen Sprache, den Aufbau neuer Kontakte, die Fortsetzung einer begonnenen Ausbildung, usw., wieder anpassen kann.

In einem solchen Fall kommt auch bei einer verhältnismäßig kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich den fehlenden Bindungen der Minderjährigen zum Heimatstaat im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung großes Gewicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH vom 30. Juli 2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Allerdings hat er auch betont, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (siehe das soeben zitierte Erkenntnis; weiters etwa VwGH vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/22/0119, vom 10. Mai 2016, Ra 2015/22/0158, und vom 15. März 2016, Ra 2016/19/0031).

10. Wie bereits festgestellt, reiste die BF und ihr Lebensgefährte im März 2013 in das österreichische Bundesgebiet ein. Das erstgeborene Kind wurde am XXXX .10.2013 und das zweitgeborene Kind am XXXX .11.2015 in Österreich geboren wurden. Diese halten sich sohin seit ihrer Geburt durchgehend im Bundesgebiet auf.

Demnach hält sich die BF, der Kindesvater sowie das erstgeborene Kind jeweils ca. acht Jahre, das zweitgeborene Kind ca. sechs Jahre in Österreich auf.

Die BF lebt mit dem Kindesvater und den Kindern im gemeinsamen Haushalt. Zur Rechtmäßigkeit der Aufenthalte ist unter Heranziehung der Feststellungen auszuführen, dass dieser bei der BF und ihrem Lebensgefährten sowie beim erstgeborenen Kind auch rechtmäßig war, aufgrund der Nichterteilung weiterer Aufenthaltstitel jedoch mit längstens mit XXXX .12.2018 unrechtmäßig wurde. Folglich ist der Aufenthalt der BF und ihrer Familie seit 2 Jahren und 10 Monaten unrechtmäßig. Schließlich übersteigt die Aufenthaltsdauer der BF und ihrer Familie in keinem Fall die in der Judikatur erwähnte Zehn-Jahres-Grenze, wonach bei Übersteigen dieser Grenze regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist.

Die BF besuchte in ihrem Herkunftsstaat neben der Grundschule ein Gymnasium und absolvierte eine zweijährige Ausbildung an einer Fakultät für Pädagogik zur Volksschullehrerin.

Das in Österreich beabsichtige Studium, zu dessen Zwecke sie einen Aufenthaltstitel als Studierende beantragte und erhalten hat, hat diese nie begonnen. Die BF geht im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach und hat seit dem Beginn ihres Aufenthaltes in Österreich keine weiterführenden Kurse oder Ausbildungen im Hinblick auf eine potentielle künftige Erwerbstätigkeit absolviert. Die Sprachkenntnisse der BF sind als äußerst gering einzustufen. Die BF ist weder sozial, gesellschaftlich noch kulturell in einem Verein oder einer Organisation engagiert oder ehrenamtlich tätig. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich im Wesentlichen auf Kontakte zu Mütter von anderen Kindern ihres Sohnes aus dem Kindergarten bzw. ihrer Tochter aus der Schule und sind überwiegend ihrem herkunftsstaatlichen Sozialkreis zuzuordnen.

11. Hinsichtlich der Integration der minderjährigen Kinder ist auf nachstehende Entscheidung des VwGH hinzuweisen: Um von einem - für die Abwägungsentscheidung relevanten - Grad an Integration (§ 9 Abs. 2 Z 4 BFA-VG 2014) ausgehen zu können, muss sich die Minderjährige während ihrer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet bereits soweit integriert haben, dass aus dem Blickwinkel des Kindeswohles mehr für den Verbleib im Bundesgebiet als für die Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht, und dieses private Interesse mit dem öffentlichen Interesse eines friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und damit des Zusammenhalts der Gesellschaft in Österreich korreliert. Aus der Sicht der Minderjährigen bedeutet dies vor allem, dass sie sich gute Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, ihre Aus-und/oder Weiterbildung entsprechend dem vorhandenen Bildungsangebot wahrnehmen und sich mit dem sozialen und kulturellen Leben in Österreich vertraut machen, um - je nach Alter fortschreitend - am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilnehmen zu können (VwGH am 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).

Die beiden minderjährigen Kinder besuchen derzeit die Volksschule bzw. den Kindergarten und sprechen beide Deutsch. Der Schulbesuch in Österreich und das Erlernen der deutschen Sprache ist jedenfalls als integrationsbegründende Schritte zu werten. Auch sind diese in ihrem Umfeld sozial verankert.

Unbeschadet dessen ist es – der Rechtsprechung des EGMR folgend – Kindern in einem jungen oder anpassungs

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten