TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/13 W202 2246968-1

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Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch


W202 2246968-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Schlaffer als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Albanien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2021, Zl. 1283226302-211196787, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 24.08.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgrund des erhärteten Verdachts der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nach Rücksprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festgenommen.

2. Noch am selben Tag wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für Albanisch vom BFA zur Prüfung der Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme niederschriftlich einvernommen, wobei der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll gab:

Er sei vor zwei Tagen nach Österreich gekommen, er sei das erste Mal hier. Er wohne in einem Hotel in Wien, er wisse aber nicht welches. Auf der Baustelle, auf der er betreten worden sei, habe er Hilfsarbeiten ausgeführt und heute sei sein erster Tag. Er habe keine Arbeitserlaubnis für Österreich. In Albanien habe der Beschwerdeführer als Fahrer sowie Eisenbieger gearbeitet und er habe eine Berufsmittelschule für Mechaniker abgeschlossen. Seine Eltern und drei Schwestern würden im Heimatland leben, sein Bruder wohne in Griechenland. Der Beschwerdeführer sei gesund, nehme keine Medikamente und wolle Österreich sofort verlassen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.08.2021 hat das BFA dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Zur Begründung des Einreiseverbotes wurde erwogen, dass der Beschwerdeführer eine illegale Erwerbstätigkeit ausgeübt habe und dies die Annahme, ein weiterer Aufenthalt in Österreich würde die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden, rechtfertige. Es sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer wieder der Schwarzarbeit nachgehen werde. Dies würde dem wirtschaftlichen Wohl Österreichs schaden. Private oder familiäre Anknüpfungspunkte habe der Beschwerdeführer in Österreich nicht, weshalb die Erlassung eines dreijährigen Einreiseverbotes geboten sei.

4. Am 30.08.2021 gab der Beschwerdeführer betreffend die Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides des BFA vom 25.08.2021 einen Rechtsmittelverzicht ab.

5. Am 03.09.2021 verließ der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet per Flugzeug nach Albanien.

6. Mit Bescheid des BFA vom 13.09.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, dem Bund die Kosten der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie die Dolmetschkosten in Höhe von insgesamt 111 Euro zu ersetzen.

7. Mit Schriftsatz seiner rechtsfreundlichen Vertretung vom 20.09.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt IV. des im Spruch genannten Bescheides vom 25.08.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , ist albanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in Albanien geboren.

Am 23.08.2021 reiste der Beschwerdeführer nach Österreich ein, nachdem er sich zuvor in Deutschland aufgehalten hat. Er war zu keinem Zeitpunkt im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer Arbeitsbewilligung für Österreich oder einen anderen Mitgliedsstaat der EU. Zumindest am 24.08.2021 ging der Beschwerdeführer einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nach, indem er auf einer Baustelle für die Firma des XXXX tätig wurde. Er reiste nach Österreich ein, um Geld zu verdienen, und ihm war bewusst, dass er in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen darf.

Gemäß Art. 20 (1) Schengener Übereinkommens - Durchführung (SDÜ) war der Beschwerdeführer zum Aufenthalt in Österreich für drei Monate berechtigt, wobei er aber nur aus touristischen Zwecken einreisen und somit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen durfte. Sein Aufenthalt wurde durch die Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit folglich unrechtmäßig.

Am 03.09.2021 verließ der Beschwerdeführer das österreichische Bundesgebiet freiwillig per Flugzeug nach Albanien.

In Österreich oder in den sonstigen Ländern des Schengen-Raums hat der Beschwerdeführer keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte, lediglich in Griechenland lebt der Bruder des Beschwerdeführers. Zu diesem besteht kein besonderes Abhängigkeits- oder Naheverhältnis. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers ist in Albanien und seine Eltern sowie Schwestern leben dort.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf der im Akt einliegenden Kopie seines Reisepasses.

Der Zeitpunkt der Einreise ins österreichische Bundesgebiet ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers. Dass der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel oder eine Arbeitsbewilligung für Österreich oder einen Mitgliedsstaat der EU verfügt, kam im Verfahren nicht hervor bzw. wurde eine dahingehende Frage vom Beschwerdeführer vor dem BFA verneint.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachging, beruht auf dem im Akt vorliegenden Polizeibericht und den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. So gab er an, dass er am Tag seiner Festnahme seit sieben Uhr vormittags Hilfsarbeiten auf der Baustelle für XXXX ausgeführt habe und er keine Arbeitserlaubnis für Österreich habe.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach Österreich kam, um Geld zu verdienen, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA, vor dem er unter anderem angab, dass er aus Deutschland nach Österreich gekommen sei, da ihn ein Freund aus Albanien an XXXX für einen Arbeitsplatz vermittelt habe. Deswegen sei er nach Österreich gekommen.

Dass dem Beschwerdeführer die Unrechtmäßigkeit seiner Arbeitstätigkeit entgegen seiner Ausführungen bewusst war, ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht aus der allgemeinen Lebenserfahrung und den Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA. So wurde der Beschwerdeführer zunächst nach einer Arbeitserlaubnis für Österreich befragt, diese Frage verneinte er. Später gab er an, er habe nicht gewusst, dass er hier nicht arbeiten dürfe. Dies stellt einen Widerspruch dar, da ihm sehr wohl bewusst war, dass er keine Arbeitserlaubnis für Österreich hat, weswegen er die Frage der belangten Behörde klar verneinte. Der Beschwerdeführer brachte auch nicht vor, dass sein Auftraggeber ihm eine Zusicherung gegeben habe, dass er für den Beschwerdeführer eine Arbeitserlaubnis besorge bzw. über eine solche verfüge. Vielmehr begann der Beschwerdeführer einen Tag nach seiner Einreise nach Österreich mit der Arbeit auf der Baustelle. In Gesamtbetrachtung ist es folglich nicht glaubhaft, dass er von der Rechtmäßigkeit seiner Arbeitsleistung ausging. Ihm war bewusst, dass er ohne Arbeitserlaubnis keiner Arbeit nachgehen darf.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich war unrechtmäßig, da er zwar mit einem gültigen albanischen Reisepass in den Schengen-Raum einreiste, er jedoch bei der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit betreten wurde. Eine für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderliche Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 FPG ist die Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 52 FPG 2005, Rz 16). Der Beschwerdeführer hielt folglich während seines Aufenthalts im Bundesgebiet die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts, der nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht ein. Sein Aufenthalt wurde unrechtmäßig.

Die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers ergibt sich aus der im Akt einliegenden Ausreisebestätigung.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich oder in den sonstigen Ländern des Schengen-Raums - mit Ausnahme seines in Griechenland lebenden Bruders - familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte hat, kam im Verfahren nicht hervor bzw. wurden entsprechende Fragen des BFA vom Beschwerdeführer verneint. Eine spezifische Nahebeziehung zu seinem Bruder - wie zum Beispiel ein gemeinsamer Haushalt - kam ebenso wenig hervor wie ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Die Feststellung zum Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers beruht auf seinen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides - Erlassung eines dreijährigen Einreiseverbotes:

Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

§ 53 Abs. 2 FPG lautet:

„Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.“

Ein Einreiseverbot ist zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt eines Fremden stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/ Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH Ra 2016/21/0289).

Mit gegenständlich angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Spruch angeführten Bescheides der belangten Behörde wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Im Fall des Beschwerdeführers steht zweifelsfrei fest, dass er in Österreich einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Er hatte als Drittstaatsangehöriger keine Arbeitsgenehmigung und wurde von der Polizei bei der Schwarzarbeit betreten. Er gab zu, dass er am Tag der Betretung durch die Polizei auf einer Baustelle einer Arbeitstätigkeit nachgegangen ist. Zudem reiste der Beschwerdeführer - wie er selbst in der niederschriftlichen Einvernahme zu Protokoll gab - nach Österreich ein, um hier Geld zu verdienen, obwohl die visafreie Einreise nur zu touristischen Zwecken gestattet ist. Er hätte sich folglich um etwaige Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen vor der Einreise kümmern müssen.

Wie bereits festgestellt und beweiswürdigend dargelegt wurde, war es dem Beschwerdeführer auch bewusst, dass er ohne Arbeitserlaubnis in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen darf, wobei eine vorsätzliche Vorgehensweise zudem keine Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG wäre. Auf die subjektive Sicht des Drittstaatsangehörigen kommt es nicht an. Von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Drittstaatsangehörigen muss verlangt werden können, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es etwa auch nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311; vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 60 Abs. 2 Z 8 idF vor dem FrÄG 2011 VwGH 21.6.2012, 2011/23/0146, mwN).

Der Beschwerdeführer reiste zur Ausübung einer illegalen Erwerbstätigkeit nach Österreich ein und übte eine solche aus. Dem Beschwerdeführer ist vorzuwerfen, dass er unter Umgehung der Bestimmungen des österreichischen Aufenthalts- und Ausländerbeschäftigungsrechts zur Schwarzarbeit nach Österreich gekommen ist. Schwarzarbeit stellt als solches - wie vom Verwaltungsgerichtshof mehrfach betont - eine wesentliche Störung der öffentlichen Ordnung dar (VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088; 12.03.2020, 98/18/0260). Es ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer, wäre er nicht betreten worden, weiterhin und wiederholt eine unerlaubte Erwerbstätigkeit ausüben würde. Da der Beschwerdeführer in Österreich keine Bindungen hat, nicht integriert ist und über keine nachhaltigen finanziellen Mittel verfügt, würde ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer neuerlichen illegalen Beschäftigung und damit zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Auch meldete der Beschwerdeführer nie seinen Wohnsitz in Österreich, was darauf hindeutet, dass er solange wie möglich unbemerkt in Österreich der Schwarzarbeit nachgehen wollte.

In die Gefährdungs- und Zukunftsprognose ist auch einzubeziehen, dass sich der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde durchaus geständig zeigte und zugab, auf der Baustelle gearbeitet zu haben. Als gänzliche Reue kann dies jedoch nicht gewertet werden, da der Beschwerdeführer sowohl vor dem BFA als auch in der Beschwerde sein Fehlverhalten damit zu rechtfertigen versuchte, indem er angab, dass er nichts von der Unrechtmäßigkeit seiner Arbeitstätigkeit gewusst habe. Wie beweiswürdigend dargelegt kann diesen Ausführungen kein Glauben geschenkt werden, zumal er vom Institut der Arbeitserlaubnis Kenntnis hat und über eine solche in Österreich nicht verfügte, wobei ihm dies bekannt war. Es wird vom Bundesverwaltungsgericht durchaus gewürdigt, dass der Beschwerdeführer ein Fehlverhalten seinerseits nicht gänzlich leugnet, doch ist die fehlende, gänzliche Reue ebenso in die Zukunftsprognose miteinzubeziehen, da fehlende Einsicht von einer bestehenden Wiederholungsgefahr zeugt.

Aufgrund der dargelegten Umstände kann dem Beschwerdeführer keine positive Zukunftsprognose ausgestellt werden. Er reiste nach Österreich ein, wo er unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachging, ohne dass er etwaige Aufenthaltstitel oder Arbeitsgenehmigungen einholte. Der Beschwerdeführer gab zwar zu, dass er auf der Baustelle gearbeitet habe, zeigte sich jedoch uneinsichtig hinsichtlich den Vorwurf, dass ihm sein Fehlverhalten bewusst war. In Zusammenschau mit seinen fehlenden Anknüpfungspunkten in Österreich bzw. im Schengen-Raum ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer baldigen Wiedereinreise erneut der Schwarzarbeit nachgehen würde. Es besteht folglich eine Tatbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr, weshalb die Erlassung eines Einreiseverbotes dem Grunde nach geboten ist.

Bei der Erlassung eines Einreiseverbotes und der Entscheidung über die Dauer eines solchen ist auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, dies jedoch nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich, sondern es ist auch die Situation in den anderen "Schengen-Staaten" in den Blick zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0236; 30.04.2020, Ra 2019/21/0244).

Wie bereits dargelegt wurde, wurde ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu Personen bzw. Verwandten in Österreich oder einem anderen Staat des Schengen-Raumes nicht vorgebracht. Vielmehr gab der Beschwerdeführer vor dem BFA an, dass er in Österreich oder anderen Ländern des Schengen-Raums - mit Ausnahme Griechenlands - keine Anknüpfungspunkte habe. Zu seinem Bruder, der in Griechenland lebt, besteht keine spezifische Nahebeziehung oder ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Diese - schwach ausgeprägten - privaten Interessen des Beschwerdeführers haben in Anbetracht der Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit und des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet hinter den davon beeinträchtigten öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und der Hintanhaltung von Schwarzarbeit zurückzutreten.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer einen Eingriff in sein Privatleben aufgrund seines Fehlverhaltens jedenfalls hinzunehmen, da er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Es ist jedenfalls zumutbar, dass der Beschwerdeführer den Kontakt zu Personen im Schengen-Raum lediglich über Fernkommunikationsmittel aufrechterhält und er diese nicht mehr persönlich besuchen kann, zumal keine spezifische Nahebeziehung zu seinem Bruder oder anderen Kontaktpersonen im Schengen-Raum besteht oder auch nur behauptet wurde. Folglich ist das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot dem Grunde nach jedenfalls gerechtfertigt.

Das BFA verhängte bei einem Maximalrahmen von fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 2 FPG ein auf drei Jahre befristetes Einreiseverbot über den Beschwerdeführer. Bei der Bemessung der Dauer eines Einreiseverbotes ist einerseits unter Bewertung des bisherigen Verhaltens prognostisch darauf abzustellen, wie lange die Gefährdung bestehen bleiben werde, und andererseits auch auf die privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009; 19.11.2020, Ra 2020/21/0371).

Mit drei Jahren setzte das BFA die Dauer des Einreiseverbotes im oberen Bereich des ihm durch § 53 Abs. 2 FPG eingeräumten Ermessensspielraums fest. Bei genauer Betrachtung des Verhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen einer Zukunftsprognose ist jedoch eine Herabsetzung des Einreiseverbotes auf 18 Monate geboten.

So ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts entsprechend zu würdigen, dass der Beschwerdeführer nachgewiesen lediglich einen Tag der Schwarzarbeit nachging und er nach der Begehung durch die Polizei ein teilweise einsichtiges Verhalten an den Tag legte, indem er die Ausführung von Arbeiten auf der Baustelle nicht leugnete - auch wenn er vorgab, nichts von deren Unrechtmäßigkeit gewusst zu haben - und indem er so bald wie möglich freiwillig das Bundesgebiet verlassen hat. In Anbetracht dieses Verhaltens geht das Bundesverwaltungsgericht unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Lebensmittelpunkt und die Familie des Beschwerdeführers in Albanien befinden, in einer prognostischen Entscheidung davon aus, dass die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr nach Ablauf der 18 Monate wegfallen wird. Unter Berücksichtigung seines Gesamtverhaltens und seiner privaten Interessen wird die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt.

Eine weitere Reduktion war im gegenständlichen Fall nicht möglich, da ein Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten angesichts der dargestellten Umstände geboten ist, um ihn von weiterem Fehlverhalten abzuhalten. Die mit dem Einreiseverbot einhergehende zeitweilige Unmöglichkeit, seinen Bruder in Griechenland zu besuchen oder legal beruflich im Schengen-Raum tätig zu sein, ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens in Kauf zu nehmen. Dieser Zeitraum ist auch insoweit angemessen, als der BF diesen Zeitraum zur nachhaltigen Besserung seines Verhaltens nutzen kann.

Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der getroffenen Gefährlichkeitsprognose war die Dauer des Einreiseverbots daher spruchgemäß auf 18 Monate herabzusetzen und der Beschwerde insoweit Folge zu geben.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person sowie das Verhalten des Beschwerdeführers in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten auf jene des angefochtenen Bescheides gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine relevanten neuen Tatsachen vorgebracht.

Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des behördlichen Ermittlungsverfahrens ergeben sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Das BFA hat sich ausreichend und abschließend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt; der maßgebliche Sachverhalt war demnach aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Dem Bundesverwaltungsgericht lag im gegenständlichen Verfahren kein Beschwerdevorbringen vor, welches mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht trotz Antrages unterbleiben konnte.

Auch unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgerichtshof immer wieder postulierten Wichtigkeit (etwa VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung über ein Einreiseverbot stellt sich der vorliegende Fall als ein eindeutiger dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068).

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Schlagworte

Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Schwarzarbeit Teilstattgebung Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W202.2246968.1.00

Im RIS seit

13.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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