Index
L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Gesetzwidrigkeit der undifferenzierten Einreihung der Berufsgruppe der sonstigen Personenbeförderung in eine Beitragsgruppe gemäß dem Oö TourismusG 1990; kein Fremdenverkehrsnutzen einer auf die Beförderung von Schülern und Kindergartenkindern beschränkten TätigkeitSpruch
I. Die in Abteilung 8 (Verkehr; Nachrichtenübermittlung), Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812, der Anlage 1 zur Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 25. Februar 1991, mit der auf Grund des O.ö. Tourismus-Gesetzes 1990 die Beitragsgruppen für die einzelnen Berufsgruppen bestimmt werden (Beitragsgruppenordnung), Landesgesetzblatt für Oberösterreich Nr. 41/1991, enthaltene Wortfolge "und sonstige Personenbeförderung" war gesetzwidrig.
Die Oberösterreichische Landesregierung ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.
II. Im übrigen wird der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zur Zl. 92/17/0299 das Verfahren über eine Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. November 1992 anhängig, mit welchem der vom Beschwerdeführer als Inhaber einer Konzession zur Beförderung von Schülern, Kindergartenkindern und deren Begleitpersonen mit einem PKW im Standort Gunnersdorf 6, Gemeinde Lasberg, in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides zu entrichtende Interessentenbeitrag für das Kalenderjahr 1991 mit dem Mindestbeitrag in Höhe von
S 400,-- festgesetzt wird.
Aus Anlaß dieser Beschwerde stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 18. März 1994, Zl. A6/94, gemäß Art139 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Worte "Taxi, Mietwagenverkehr und sonstige Personenbeförderung" (in eventu nur die Worte "und sonstige Personenbeförderung") in der Abteilung 8 (Verkehr; Nachrichtenübermittlung), Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812, der Anlage 1 zur Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 25. Februar 1991, mit der auf Grund des O.ö. Tourismus-Gesetzes 1990 die Beitragsgruppen für die einzelnen Berufsgruppen bestimmt werden (Beitragsgruppenordnung), LGBl. für Oberösterreich Nr. 41/1991, als verfassungs- bzw. gesetzwidrig aufzuheben, in eventu auszusprechen, daß die genannte Bestimmung verfassungs- bzw. gesetzwidrig war.
2. Die o.ö. Landesregierung teilte gemäß ihrem in kollegialer Sitzung am 20. Juni 1994 gefaßten Beschluß mit, daß sie aufgrund der zwischenzeitig im Sinne des Antragsvorbringens erfolgten "Ergänzung der Rechtslage" durch die Verordnung LGBl. 54/1992 - die aber im gegenständlichen Fall nicht präjudiziell sei (s. unten, Pkt. 4.d) - von der Abgabe einer meritorischen Äußerung Abstand nehme.
3. Die belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat ihre Entscheidung auf die angefochtene Bestimmung gestützt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß auch er bei der Entscheidung über die an ihn gerichtete Beschwerde die angefochtene Bestimmung anzuwenden habe.
4.a) Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Oberösterreichischen Tourismus-Gesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. TG 1990), LGBl. Nr. 81/1989, in der hier anzuwendenden Fassung des ArtII Z19 des Landesgesetzes LGBl. Nr. 53/1991, lauten:
"I. ABSCHNITT
§1
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes sind zu verstehen unter:
...
2. Tourismusgemeinden: Gemeinden, die in die Ortklasse A, B, C oder 'Statutarstadt' eingestuft sind;
...
5. Tourismusinteressenten: alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts sowie verwandte rechtsfähige Gesellschaftsformen, die in Oberösterreich eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des §2 Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 223, in der Fassung BGBl. Nr. 663/1987, selbständig ausüben und zu diesem Zweck in einer Tourismusgemeinde des Landes einen Sitz (Standort) oder eine Betriebsstätte im Sinne der §§25, 27 und 28 der O.ö. Landesabgabenordnung haben, unabhängig davon, welcher Erwerbstätigkeit diese Einrichtungen dienen. ...
...
V. ABSCHNITT
Interessentenbeiträge
§33
Beitragspflicht
(1) Die Tourismusinteressenten (§1 Z5) haben für jedes Kalenderjahr (Beitragszeitraum) Interessentenbeiträge zu entrichten.
...
§34
Gemeindebezogener Interessentenbeitrag
(1) Der Interessentenbeitrag ist für jene Tourismusgemeinde zu berechnen, innerhalb deren Gebiet der Sitz gemäß §25 O.ö. Landesabgabenordnung oder die Betriebsstätte gemäß §27 und §28 O.ö. Landesabgabenordnung gelegen ist, in der die Tätigkeit ausgeübt wird, welche die Beitragspflicht begründet.
...
§35
Beitragsgruppen
(1) Zur Berechnung der Interessentenbeiträge werden die Berufsgruppen der Tourismusinteressenten in die Beitragsgruppen 1 bis 7 eingeteilt. Die Einreihung der einzelnen Berufsgruppen in die Beitragsgruppen hat die Landesregierung durch Verordnung zu treffen (Beitragsgruppenverordnung).
(2) Für die Einreihung in Beitragsgruppen ist das Verhältnis des von der einzelnen Berufsgruppe nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen aus dem Tourismus mittelbar und unmittelbar erzielten Erfolges zum entsprechenden Gesamterfolg aller Berufsgruppen unter Beachtung der branchentypischen Umsatzstruktur (eigene Wertschöpfung) maßgebend. Zur möglichst gleichmäßigen Erfassung der jeweils tourismusnächsten Interessenten kann im Hinblick auf §41 Abs1 eine Berufsgruppe je nach Ortsklasse auch in eine unterschiedliche Beitragsgruppe eingereiht werden; dies gilt vor allem für Berufsgruppen, die nach der Tabelle gemäß §41 Abs1 je nach Ortsklasse zum Teil beitragspflichtig und zum Teil nicht beitragspflichtig wären (vgl. z.B. Beitragsgruppe 5 der Ortsklasse B im Vergleich zur Beitragsgruppe 5 der Ortsklasse C bzw. Statutarstadt). Überdies sind in der Ortsklasse Statutarstadt bestimmte Berufsgruppen in verschiedene Beitragsgruppen einzureihen, wenn sich nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen der auf Grund einer Durchschnittsbetrachtung aus dem Tourismus unmittelbar erzielte Erfolg für die Tourismusinteressenten einer oder mehrerer Berufsgruppen in bestimmten Teilen (Gebieten) der Gemeinde wesentlich unterscheidet; in einem solchen Fall sind in der Beitragsgruppenordnung auch die Gemeindeteile(gebiete) festzulegen.
...
§41
Beitragshöhe
(1) Die Höhe des Interessentenbeitrages beträgt unter Berücksichtigung der für den Tourismusinteressenten zutreffenden Beitragsgruppe und der Ortsklasse, in der jene Tourismusgemeinde eingestuft ist, in der die Beitragspflicht des Tourismusinteressenten (§34 Abs1) besteht, den nachstehenden Prozentsatz des beitragspflichtigen Umsatzes (§§37 bis 40):
Prozentsätze oder Beitragsgruppen
Ortsklasse 1 2 3 4 5 6 7
A 0,50 0,35 0,20 0,15 0,10 0,05 0,00
B 0,45 0,30 0,15 0,10 0,05 0,00 0,00
C 0,40 0,20 0,10 0,05 0,00 0,00 0,00
St. 0,35 0,15 0,07 0,05 0,00 0,00 0,00
Soweit in dieser Tabelle der Prozentsatz mit 0,00 festgelegt ist, ist kein Interessentenbeitrag zu entrichten.
..."
b) In der Verordnung der o.ö. Landesregierung vom 25. Februar 1991, mit der auf Grund des O.ö. Tourismus-Gesetzes 1990 die Beitragsgruppen für die einzelnen Berufsgruppen bestimmt werden (Beitragsgruppenordnung), LGBl. Nr. 41/1991, heißt es auszugsweise:
"Auf Grund des §35 Abs1 O.ö. Tourismus-Gesetz 1990, LGBl. Nr. 81/1989, wird verordnet:
§1
(1) Zur Berechnung der Interessentenbeiträge nach dem O.ö. Tourismus-Gesetz 1990 werden die Berufsgruppen der Tourismusinteressenten nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Anlage 1 in Beitragsgruppen eingeteilt.
(2) In der Beitragsgruppenordnung sind die Beitragsgruppen (Wirtschaftstätigkeiten) in folgende 'Abteilungen' gegliedert:
...
Verkehr; Nachrichtenübermittlung
...
Innerhalb der Abteilungen sind die Berufsgruppen (Wirtschaftstätigkeiten) in Klassen (01-97), Gruppen (011-971) und Arten (011.0-971.9) zusammengefaßt.
(3) Soweit für eine Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) eine ausdrückliche Einreihung in der Beitragsgruppenordnung vorgesehen ist, gilt diese.
(4) Berufsgruppen (Wirtschaftstätigkeiten), die in der Beitragsgruppenordnung nicht ausdrücklich genannt sind, sind so eingereiht, wie die ihnen unmittelbar übergeordnete Art, Gruppe, Klasse oder Abteilung der Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit).
..."
c) In der Anlage 1 zur genannten Verordnung findet sich in der Abteilung 8 (Verkehr; Nachrichtenübermittlung) als Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812 folgendes genannt: "Taxi, Mietwagenverkehr und sonstige Personenbeförderung". Diese Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) ist in allen Ortsklassen in die Beitragsgruppe 3 eingereiht.
d) Mit LGBl. Nr. 54/1992 (ausgegeben und versendet am 21. August 1992) hat die o.ö. Landesregierung eine neue Beitragsgruppenordnung erlassen. Mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung trat die BeitragsgruppenO, LGBl. 41/1991, außer Kraft (s. §3 Abs2 der BeitragsgruppenO 1992).
5. Der Verwaltungsgerichtshof hält die unter Pkt. 4.c genannte Bestimmung für präjudiziell und legt seine Bedenken wie folgt dar:
"Zum Unterschied von der Legaldefinition des §1 Z3 des O.ö. Fremdenverkehrsgesetzes 1965, LGBl. Nr. 64/1964, setzt das O.ö. TG 1990 bei der Begriffsbestimmung des Tourismus-(früher Fremdenverkehrs-)interessenten nicht mehr voraus, daß den betreffenden Personen etc. in ihrem Berufe oder in ihrer Erwerbstätigkeit aus dem Fremdenverkehr wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Vielmehr stellt das zuletzt genannte Gesetz lediglich darauf ab, daß die betreffende Person 'zu diesem Zweck' - das heißt: zum Zweck der selbständigen Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Sinne des §2 UStG 1972 - in einer Tourismusgemeinde des Landes einen Sitz (Standort) oder eine Betriebsstätte hat. Ein allenfalls fehlender Fremdenverkehrsnutzen kann hiebei nur im Wege der Beitragsgruppenordnung durch Einreihung der betreffenden Berufsgruppe in eine Beitragsgruppe berücksichtigt werden, für die in der Tabelle nach §41 Abs1 leg. cit. der Prozentsatz mit 0,00 % festgelegt ist. Hiebei hat der Verordnungsgeber nach den Richtlinien des §35 O.ö. TG 1990 vorzugehen.
In seinem Erkenntnis Slg. 7082/1973 hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit einem Fall nach dem Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz, LGBl. Nr. 114/1970, zu befassen. Nach §4 Abs1 dieses Gesetzes waren die Abgabepflichtigen alljährlich vom Bürgermeister unter Bedachtnahme auf Vorschläge eines für diesen Zweck zu bildenden Gemeinderatsausschusses nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs2 und 3 in die Anlagegruppen A bis E einzustufen. Nach Abs2 dieser Gesetzesstelle hatte die Einstufung der Abgabepflichtigen in eine der Abgabegruppen unter Bedachtnahme auf die Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit der Tätigkeit des Abgabepflichtigen mit der Tätigkeit der in der Anlage unter den verschiedenen Abgabegruppen beispielsweise aufgezählten Tätigkeiten unter Berücksichtigung des ähnlichen Naheverhält-nisses zum Fremdenverkehr zu erfolgen. §6 leg. cit. enthielt Vorschriften über die Höhe der Abgabe und ihre Abstufung je nach der in Betracht kommenden Abgabegruppe A bis E.
Der damalige Beschwerdeführer vermeinte unter anderem, die Abstufung der Höhe der Abgabe nach §6 des Fremdenverkehrsabgabegesetzes sei 'mangels eines überprüfbaren Verhältnisses des Umsatzes zum speziellen konkreten Fremdenverkehrsnutzen und des Verhältnisses des Fremdenverkehrsnutzens der einzelnen Abgabegruppen untereinander' unsachlich und willkürlich. Dem hielt der Verfassungsgerichtshof entgegen, der Umstand allein, daß das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefaßten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sei, mache eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür und damit ein Widerspruch zu Art7 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Feststellung mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte. Das treffe aber im damaligen Beschwerdefall keinesfalls zu.
Die Bestimmungen der §§35 und 41 O.ö. TG 1990 sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes mit den zuletzt zitierten Bestimmungen des Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1970 insoferne vergleichbar, als auch hier gewisse Regeln über die Einstufung der Fremdenverkehrsinteressenten in verschiedene Beitrags-(Abgabe-)gruppen aufgestellt werden. Diese Regeln sollen eine tunlichst sachgerechte Abstufung der zu entrichtenden Beiträge je nach dem aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar erzielten Erfolg (Fremdenverkehrsnutzen) gewährleisten.
Die Gedankengänge des Erkenntnisses VfSlg. 7082/1973 scheinen daher auch auf vorliegenden Fall übertragbar zu sein, wobei es keinen entscheidenden Unterschied macht, daß sich die vom damaligen Beschwerdeführer vorgetragenen Bedenken gegen den vom Gesetz für die - durch Verordnung des Bürgermeisters vorzunehmende - Einstufung gegebenen Rahmen richteten, während es im vorliegenden Fall um die Einstufung durch Verordnung selbst geht. Ebensowenig scheint es darauf anzukommen, daß hier nur ein Teil der Gewerbetreibenden der Gruppe 812 betroffen ist. Ein Anhaltspunkt dafür, daß es sich um einen vereinzelten Härtefall handelt, ist den Akten nicht zu entnehmen. Vielmehr scheint aus dem Umstand, daß der Verordnungsgeber in der Beitragsgruppenordnung 1992, LGBl. Nr. 54, die 'Beförderung von Schülern und Kindergartenkindern' in der Berufsgruppe 812 gesondert angeführt und in die Beitragsgruppe 7 eingereiht hat, hervorzugehen, daß es sich hiebei um eine zahlenmäßig relevante Gruppe von Betroffenen handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof ist nun der Auffassung, daß im Beschwerdefall die Einreihung des Beschwerdeführers in die Beitragsgruppe 3 (Promillesatz je nach Ortsklasse 0,20 bis 0,07) im Sinne des genannten Erkenntnisses mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmt. Die belangte Behörde ist dem Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer (lediglich) eine Konzession zur Beförderung von Schülern, Kindergartenkindern und deren Begleitpersonen mit einem PKW besitzt, nicht entgegengetreten. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Meinung, daß der Beschwerdeführer nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen mit der genannten Tätigkeit aus dem Tourismus weder mittelbar noch unmittelbar einen Erfolg erzielt, weil Kinder von Touristen in Österreich weder Kindergärten noch Schulen besuchen und auch die Zahl der vom Beschwerdeführer zu transportierenden Kinder nicht etwa mit der auf den Tourismus zurückzuführenden Hebung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage (mittelbarer Fremdenverkehrsnutzen) in Beziehung gesetzt werden kann. Letzteres würde voraussetzen, daß der Kinderreichtum mit dem allgemeinen Wohlstand wächst; Anhaltspunkte für eine derartige Annahme sieht der Verwaltungsgerichtshof nicht.
Dadurch, daß der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Berufsgruppe 812 und ihrer Einreihung in die Beitragsgruppe 3 nicht zwischen dem Gewerbe, wie es der Beschwerdeführer betreibt, und den übrigen in diese Berufsgruppe fallenden Wirtschaftstätigkeiten differenziert hat (letzteres geschah, wie oben erwähnt, erst in der Beitragsgruppenordnung 1992, LGBl. Nr. 54), hat er sohin sowohl der Vorschrift des §35 Abs2 O.ö. TG 1990 zuwidergehandelt als auch Ungleiches gleich behandelt. Er hat damit einerseits gegen Art18 Abs2, andererseits gegen Art7 B-VG verstoßen, weshalb der oben formulierte Antrag zu stellen war."
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 8155/1977, 8461/1978, 12410/1990, 12464/1990) ist der Umfang der vom Verfassungsgerichtshof zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmung derart abgegrenzt, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber andererseits der verbleibende Teil keine Änderung seiner Bedeutung erfährt. Die Grenzen der Aufhebung einer in Prüfung stehenden Norm, müßten so gezogen werden, daß einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfaßt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest. Sie beruht auf dem Grundgedanken, daß im Normprüfungsverfahren - wenn die geltend gemachte Rechtswidrigkeit vorliegt - nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist. Es sollen keine oder möglichst wenige Regelungen aufgehoben werden, gegen die sich die vorgebrachten Bedenken nicht richten.
Präjudiziell sind lediglich jene Bestimmungen, welche das antragstellende Gericht bei seiner Entscheidung in der bei ihm anhängigen Rechtssache in denkmöglicher Weise anzuwenden haben wird.
Würde dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes folgend die Wortfolge "Taxi, Mietwagenverkehr und sonstige Personenbeförderung" aufgehoben, so wäre damit für den Anlaßfall die Rechtslage bereinigt. Es würde jedoch damit auch die Beitragspflicht für Taxi- und Mietwagenunternehmen entfallen. Da der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof offenkundig kein Taxi- oder Mietwagenunternehmen betreibt (s. den folgenden Pkt. 2), ist der Antrag, soweit er die Aufhebung der Wortfolge "Taxi, Mietwagenverkehr" in Abteilung 8, Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812, der Anlage 1 der BeitragsgruppenO betrifft, überschießend und daher zurückzuweisen, zumal die in dieser Bestimmung angeführten Begriffe in keinem untrennbaren Zusammenhang stehen und der Sinn der verbleibenden Wortfolge durch Entfernung (allein) der Wortfolge "und sonstige Personenbeförderung" nicht verändert würde.
2. Dem Verwaltungsgerichtshof kann nicht entgegengetreten werden, wenn er die vom Beschwerdeführer aufgrund seiner Konzession ausschließlich zur Beförderung von Schülern, Kindergartenkindern und deren Begleitpersonen ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit gemäß dem von ihm gestellten Eventualbegehren unter den Begriff der "sonstigen Personenbeförderung" iS der Anlage 1 der BeitragsgruppenO subsumiert.
III.Im zulässigen Umfang ist der Antrag auch begründet.
1. Betrachtet man das O.ö. Tourismus-Gesetz 1990 in seiner Gesamtheit, insbesondere aber dessen §35 Abs2, so ergibt sich zweifelsfrei, daß der Gesetzgeber die Einreihung der Berufsgruppen in Beitragsgruppen nach dem mittelbaren oder unmittelbaren Nutzen, welche sie aus dem Fremdenverkehr ziehen, geboten hat. Erzielt eine Berufsgruppe aus dem Fremdenverkehr keinen Nutzen, so kann dies durch Einreihung der betreffenden Berufsgruppe in eine Beitragsgruppe berücksichtigt werden, für welche die Höhe des Interessentenbeitrages in der Tabelle nach §41 Abs1 O.ö. TG 1990 mit einem Prozentsatz von 0,00 festgesetzt ist.
Nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen schlägt sich in einer Tätigkeit, welche sich auf die Beförderung von Schülern, Kindergartenkindern und deren Begleitpersonen - sohin ausschließlich auf einen ansässigen Personenkreis - beschränkt, kein Fremdenverkehrsnutzen (unmittelbar oder mittelbar) nieder.
Der Verordnungsgeber ist zwar nicht gehalten, auf jede noch so kleine Berufsgruppe Bedacht zu nehmen und für diese eine eigene Kategorie in der Beitragsgruppenordnung zu schaffen. Bei den Personen, welche Inhaber einer Konzession zur Beförderung von Schülern und Kindergartenkindern sind, handelt es sich jedoch um eine relevante Gruppe von Betroffenen und nicht um vernachlässigbare Einzelfälle. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß die Landesregierung in ihrer Äußerung dieser Annahme des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegengetreten ist; sie hat nämlich ferner in der Beitragsgruppenordnung 1992, LGBl. Nr. 54, die "Beförderung von Schülern und Kindergartenkindern" gesondert angeführt und in die Beitragsgruppe 7 eingereiht, für welche gem. §41 Abs1 O.ö. TG 1990 in allen Ortsklassen ein Prozentsatz von 0,00 festgelegt ist.
Der Verordnungsgeber hat sohin dem Gebot des §35 O.ö. TG 1990 zuwidergehandelt, indem er bei Festlegung der Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812 auch die "sonstige Personenbeförderung", welche unter anderem auch die Beförderungsleistungen, die der Beschwerdeführer erbringt, umfaßt, ohne Differenzierung hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit zur Gänze in die Beitragsgruppe 3 eingereiht hat. Er hat außerdem ohne sachliche Rechtfertigung die Tätigkeit des Beschwerdeführers, welcher jeder Nutzen aus dem Fremdenverkehr mangelt, mit solchen Tätigkeiten gleichgesetzt, die Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen, und damit Ungleiches gleich behandelt; daher verstößt die in Prüfung gezogene Wortfolge auch gegen das den Verordnungsgeber bindende Gleichheitsgebot.
2. Die angefochtene Wortfolge "und sonstige Personenbeförderung" in der Abteilung 8 (Verkehr;
Nachrichtenübermittlung), Berufsgruppe (Wirtschaftstätigkeit) 812, der Anlage 1 zur BeitragsgruppenO, LGBl. für Oberösterreich Nr. 41/1991, war daher gesetzwidrig.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung be-schlossen werden.
Schlagworte
Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:V73.1994Dokumentnummer
JFT_10058794_94V00073_00