Entscheidungsdatum
21.10.2021Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W191 2246884-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Stefan Errath, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2021, Zahl 455807509-210348953, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. sowie IV. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 57 Asylgesetz 2005, § 18 BFA-VG sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. wird insofern stattgegeben, als dieser lautet:
„Es wird gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 festgestellt, dass Ihre Abschiebung nach Serbien zulässig ist.“
III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 auf drei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine serbische Staatsangehörige, hält sich seit dem Jahr 2004 – mit mehreren kurzen zwischenzeitlichen Aufenthalten in Serbien – illegal im Bundesgebiet auf.
1.2. Am 26.05.2008 stellte die BF bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad erstmals einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als „Schlüsselkraft – Selbständige“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 (in der Folge NAG). Dieser wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35 (in der Folge MA 35) vom 18.02.2009 abgewiesen, da laut Gutachten des Arbeitsmarktservice der Durchführung der Gebäudereinigung kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen zukomme.
1.3. Laut Erhebungsbericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 22.11.2010 konnte die BF nach mehrmaligen Versuchen an ihrer Wohnadresse angetroffen werden. Sie habe sich mit ihrem Reisepass ausgewiesen, aus dem ersichtlich gewesen sei, dass die BF häufig zwischen Österreich und Serbien hin- und hergependelt sei. Ihre letzte Einreise sei am 24.10.2010 erfolgt. Sie sei zur Sozialversicherung angemeldet und übe das Gewerbe Reinigungskraft aus. Ihr Einkommen versteuere sie regelmäßig.
1.4. Am 29.04.2011 beantragte die BF ein weiteres Mal einen Aufenthaltstitel „Schlüsselkraft selbständig“ bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad. Am 13.04.2011 wurde die BF bei der Bundespolizeidirektion Wien niederschriftlich einvernommen. Sie gab an, dass sie zuletzt im April 2011 mit dem eigenen PKW von Serbien nach Österreich gereist sei. Sie betreue zwei private Mietshäuser und habe mit den diesbezüglichen Hausverwaltungen Verträge über die Reinigungsarbeiten abgeschlossen. In Österreich habe sie keine Angehörigen. Sie wolle freiwillig nach Serbien zurückkehren und einen Aufenthaltstitel bei der Botschaft in Belgrad beantragen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 12.08.2012 zurückgewiesen, da nicht alle erforderlichen Unterlagen nachgereicht worden seien.
1.5. Am 04.11.2014 stellte die BF bei der MA 35 erneut einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Selbständiger“ nach dem NAG, der mit Bescheid der MA 35 vom 02.12.2014 abgewiesen wurde.
1.6. Mit Parteiengehör vom 06.03.2015 wurde der BF mitgeteilt, dass sie sich illegal im Bundesgebiet aufhalte und die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme beabsichtigt sei. Ihr wurde die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
1.7. Am 05.04.2015 heiratete die BF in Serbien den österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX .
Nach der Eheschließung stellte die BF am 29.05.2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als „Familienangehöriger“. Ihr wurde ein von 03.07.2015 bis 03.07.2017 gültiger Aufenthaltstitel als „Familienangehörige“ erteilt, der in weiterer Folge bis 05.07.2020 verlängert wurde.
1.8. Am 03.05.2018 wurde die Ehe zwischen der BF und ihrem Ehemann XXXX in Serbien geschieden.
1.9. Nach der Scheidung stellte die BF am 04.12.2018 bei der MA 35 einen Antrag auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte plus“. Der BF wurde ein von 13.02.2019 bis 13.02.2022 gültiger Aufenthaltstitel erteilt.
1.10. Am 26.01.2019 heiratete die BF in Serbien den serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX . Dieser stellte am 14.03.2019 einen Erstantrag auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte plus (Familieneigenschaft)“ und berief sich dabei auf die Ehe mit der BF.
1.11. In weiterer Folge wurden die Ehe mit Herrn XXXX wegen des Verdachts der Aufenthaltsehe überprüft. Am 05.03.2020 erstattete die Landespolizeidirektion Wien einen Überprüfungsbericht. Demnach sei der zweite Ehemann der BF unter anderem Namen von 2009 bis 2011 und von 2012 bis 2015 bei der BF in Österreich gemeldet gewesen. Der erste Ehemann der BF gab vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er die BF in Serbien geheiratet habe, in seiner Familie wisse niemand von der Ehe. Es würden keine Fotos mehr existieren, es sei alles vernichtet worden. Die BF sei auf den Sachverhalt angesprochen in Tränen ausgebrochen und habe angegeben, dass sie nie mehr nach Serbien zurückkehre.
1.12. Die Verfahren über die Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigungen der BF wurden wiederaufgenommen und der BF die Aufenthaltsberechtigungen entzogen.
1.13. Mit Erkenntnis vom 12.03.2021, 151/058/14205/2020-33, wurden die diesbezüglichen Beschwerden der BF abgewiesen. Das Verwaltungsgericht Wien stellte fest, dass die Ehe zwischen der BF und ihrem ersten Ehemann zu dem Zweck geschlossen worden sei, der BF den rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK habe sich nicht entfaltet.
1.14. Mit Schreiben vom 15.03.2021 wurde die BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme – der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot – in Kenntnis gesetzt und ihr die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
1.15. Mit Schreiben ihres Vertreters vom 28.06.2021 brachte die BF eine Stellungnahme ein und gab an, dass zu berücksichtigen sei, dass das Eingehen der Aufenthaltsehe bereits mehr als fünf Jahre zurückliege. Die BF lebe bereits seit dem Jahr 2003 in Österreich und sei strafgerichtlich unbescholten. Zudem sei sie fast durchgehend erwerbstätig gewesen, sodass eine berufliche Integration in hohem Ausmaß vorliege. Sie sei auch sozial bestens integriert.
1.16. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) vom 23.08.2021 wurde der BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt II.) und in Spruchpunkt III. festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt IV. wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).
In Spruchpunkt VI. wurde gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 und 8 FPG ein auf die Dauer von „4 Jahr/Jahren“ [vier Jahren] befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde damit begründet, dass bei der BF gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG „die sofortige Ausreise der Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich“ sei.
Die Erlassung des Einreiseverbotes begründete das BFA damit, dass die BF mittellos sei und eine Scheinehe geschlossen habe, um sich einen Aufenthaltstitel zu erschleichen.
1.17. Auf Ersuchen des BFA wurde am 15.09.2021 eine Hauserhebung bei der BF durchgeführt und deren Reisepass sowie Aufenthaltsberechtigungskarte sichergestellt.
1.18. Die BF erhob mit Schreiben ihres Vertreters vom 21.09.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG).
Begründend wurde ausgeführt, dass sich die BF seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet aufhalte und daher persönliche Interessen an einem Aufenthalt in Österreich zu berücksichtigen seien. Sie habe eine Vielzahl von Freunden im Bundesgebiet und sei stets erwerbstätig gewesen.
1.19. Mit Schreiben vom 07.10.2021 erstattete das BFA eine Stellungnahme und gab an, dass die BF am 14.07.2021 Beamte der Landespolizeidirektion Wien durch Vorlage eines ungültigen Aufenthaltstitels über ihren vermeintlich legalen Aufenthalt im Bundesgebiet wissentlich und vorsätzlich zu täuschen versucht habe. Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2021 sei gegen ihren Ehemann ein dreijähriges Einreiseverbot verhängt worden. Die BF habe wiederholt verwaltungsgerichtliche Übertretungen begangen und sei trotz mehrfacher Ablehnung von Aufenthaltstiteln wissentlich und vorsätzlich illegal im Bundesgebiet verblieben. Sie habe letztendlich die Behörden durch Eingehen einer Scheinehe wissentlich und vorsätzlich getäuscht. Im Gegensatz dazu habe die BF trotz ihres langen Aufenthaltes im Bundesgebiet die Zeit zur Integration nicht genutzt und keine relevanten Integrationsschritte gesetzt. Zwar behaupte sie, Verwandte und Freunde im Bundesgebiet zu haben, jedoch sei keine dieser Personen namhaft gemacht worden.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, in die von der BF im erstbehördlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen, in Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister und der Versicherungsdatenbank, den angefochtenen Bescheid sowie die Beschwerde.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
3.1. Die BF ist serbische Staatsangehörige und führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Ihre Muttersprache ist Serbisch.
3.2. Die BF reiste im Jahr 2004 erstmals in das Bundesgebiet ein. Am 26.05.2008 stellte die BF bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung als „Schlüsselkraft – Selbständige“. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der MA 35 vom 18.02.2009 abgewiesen.
Am 29.04.2011 beantragte die BF ein weiteres Mal einen Aufenthaltstitel „Schlüsselkraft selbständig“ bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 12.08.2012 zurückgewiesen, da nicht alle erforderlichen Unterlagen nachgereicht worden seien.
Am 04.11.2014 stellte die BF bei der MA 35 erneut einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Selbständiger“ nach dem NAG, der mit Bescheid der MA 35 vom 02.12.2014 abgewiesen wurde.
Am 05.04.2015 heiratete die BF in Serbien den österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX . Aufgrund der Eheschließung stellte die BF am 29.05.2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als „Familienangehöriger“. Ihr wurde ein von 03.07.2015 bis 03.07.2017 gültiger Aufenthaltstitel als „Familienangehörige“ erteilt, der in weiterer Folge bis 05.07.2020 verlängert. Am 03.05.2018 wurde die Ehe zwischen der BF und ihrem Ehemann XXXX in Serbien geschieden.
Nach der Scheidung stellte die BF am 04.12.2018 einen Antrag auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte plus“. Der BF wurde ein von 13.02.2019 bis 13.02.2022 gültiger Aufenthaltstitel erteilt.
In weiterer Folge wurde die Ehe wegen des Verdachts der Aufenthaltsehe überprüft. Die Verfahren über die Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigungen der BF wurden wiederaufgenommen und der BF die Aufenthaltsberechtigungen entzogen. Mit Erkenntnis vom 12.03.2021, 151/058/14205/2020-33, wurden die diesbezüglichen Beschwerden der BF abgewiesen. Das Verwaltungsgericht Wien stellte fest, dass die Ehe zwischen der BF und ihrem ersten Ehemann zu dem Zweck geschlossen worden sei, der BF den rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK habe sich nicht entfaltet.
3.3. Die BF ist seit 26.01.2019 mit dem serbischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , verheiratet. Gegen den Ehemann der BF wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2021 ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen.
3.3. Die BF verfügt laut Einschau in das Zentrale Melderegister über einen ab 06.04.2015 gültigen serbischen Reisepass.
3.4. Die BF wies laut Ergebnis der Einschau in das Zentrale Melderegister zu folgenden Zeiten einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet auf:
? 28.06.2004 – 14.02.2007 XXXX in 1100 Wien
? 14.02.2007 – 22.04.2011 XXXX in 1100 Wien
? 16.01.2012 – 12.05.2015 XXXX in 1100 Wien
? 21.07.2015 – 23.04.2020 XXXX in 1100 Wien
? 23.04.2020 – laufend XXXX in 1100 Wien
3.5. Die BF war von 23.10.2009 bis 30.11.2009, von 02.01.2010 bis 31.01.2010, von 01.02.2010 bis 31.03.2010 und von 01.04.2010 bis 30.04.2010 als freie Dienstnehmerin bzw. geringfügig Beschäftigte angestellt. Von 01.08.2015 bis 23.01.2017 und von 22.02.2017 bis 31.12.2017 war die BF als Arbeiterin erwerbstätig. Von 24.01.2017 bis 21.02.2017 bezog die BF Krankengeld.
Seit 01.01.2018 ist die BF als Arbeiterin (Reinigungskraft) dreier Hauseigentümergemeinschaften angestellt.
Die BF verfügt über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung. Es wurde diesbezüglich eine Mitteilung an die Finanzpolizei übermittelt.
3.6. Die BF verfügt im Bundesgebiet über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte. Die BF hat auch mit ihrem geschiedenen Mann kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK geführt, es besteht kein Kontakt mehr.
4. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität der BF ergeben sich aus ihren Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dem BFA und in der Beschwerde sowie der Kopie des Reisepasses der BF. Die Identität der BF steht fest.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen der BF in Serbien und Österreich stützen sich auf die Angaben der BF im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie aus den eingeholten Registerabfragen des BVwG (Strafregister, Zentrales Melderegister, AJ-WEB Auskunftsverfahren) und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 12.03.2021.
5. Rechtliche Beurteilung:
5.1. Anzuwendendes Recht:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG und des FPG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das FPG und das AsylG verweisen, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchteil A):
5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 24.09.2021 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 01.10.2021 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
5.2.2. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war bezüglich der Spruchpunkte I. bis V. nicht geeignet, eine inhaltlich anderslautende Entscheidung herbeizuführen.
Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. war teilweise Erfolg beschieden und die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabzusetzen.
5.2.3. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:
5.2.3.1. Zu den Spruchpunkten I. bis III. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung):
5.2.3.1.1. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde. Die BF befindet sich seit Juli 2015 wieder im Bundesgebiet, ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.
Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Gemäß Art. 20 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise, und soweit sie die in Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e angeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.
Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e SDÜ in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex gelten für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, für einen Drittstaatsangehörigen die dort genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.
Gemäß Art. 11 Abs. 1 Schengener Grenzkodex werden die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise und bei der Ausreise systematisch abgestempelt. Ist das Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen nicht mit dem Einreisestempel versehen, so können gemäß Art. 12 Abs. 1 Schengener Grenzkodex die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber des Reisedokuments die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht oder nicht mehr erfüllt. Gemäß Art. 12 Abs. 2 Schengener Grenzkodex kann diese Annahme vom Drittstaatsangehörigen durch jedweden glaubhaften Nachweis widerlegt werden, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat.
5.2.3.1.2. Die BF ist Staatsangehörige von Serbien und als solche Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist als Inhaberin eines gültigen biometrischen Reisepasses nach Maßgabe des Anhanges II zu Art. 1 Abs. 2 Visumpflicht-Verordnung für einen Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Schengener Vertragsstaaten, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Visumpflicht befreit.
Die BF befindet sich – mit mehreren kurzen zwischenzeitlichen Aufenthalten in Serbien – seit dem Jahr 2004 illegal im Bundesgebiet. Sie ist seit Juli 2015 wieder durchgehend im Bundesgebiet gemeldet und geht seit August 2015 – illegal – verschiedenen Erwerbstätigkeiten nach, weshalb davon auszugehen ist, dass die BF ihren visumfreien Aufenthalt von 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen bereits bei weitem überschritten hat.
Die BF ist somit höchstens 90 Tage ab dem Tag der Einreise ohne weitere Voraussetzungen zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Da sich die BF seit mehr als drei Monaten durchgehend im Bundesgebiet aufhält, erweist sich der Aufenthalt der BF in Österreich als unrechtmäßig.
Die Rückkehrentscheidung war daher auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG zu stützen.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG verfügen, unzulässig wäre (§ 9 Abs. 3 BFA-VG).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).
Zu den in der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt.
Der EGMR bzw. die EMRK verlangen zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 8 EMRK das Erfordernis eines „effektiven Familienlebens“, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat (vgl. das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, V. v. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234).
Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der VwGH hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwN).
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen, und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden – abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich – sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).
Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).
5.2.3.1.3. Die BF hält sich seit dem Jahr 2004 mit einigen kurzzeitigen Unterbrechungen, in denen sie in Serbien aufhältig war, illegal in Österreich auf.
Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsberechtigungen wurden mehrfach zurück- bzw. abgewiesen. Die BF versuchte in weiterer Folge, ihren Aufenthalt durch das Eingehen einer Scheinehe zu legalisieren. Die in diesem Zusammenhang erteilten Aufenthaltstitel wurden der BF rückwirkend wieder entzogen. Die BF befand sich daher nie rechtmäßig im Bundesgebiet.
Die BF versuchte durch das Eingehen einer Scheinehe zudem auch ihrem zweiten Ehemann einen Aufenthaltstitel zu erschleichen. Die BF hält sich nicht an maßgebliche Vorschriften der österreichischen Rechtsordnung und missachtet diese wissentlich.
Das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt stellt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar, was wiederum eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Fremden als dringend geboten erscheinen lässt (vgl. VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190).
Ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt kann keinen Anspruch aus Art. 8 EMRK bewirken, zumal eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu Verhaltenden führen würde (Hinweis VfSlg. 19.086; VwGH 24.01.2018, Ra 2016/01/0127).
Die BF ging zwar Erwerbstätigkeiten nach und zahlte Sozialversicherungsbeiträge, sie verfügt jedoch über keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung. Sie übt dennoch – illegal – Erwerbstätigkeiten aus. Es wurde von Seiten des BFA auch eine diesbezügliche Mitteilung an die Finanzpolizei übermittelt.
Die BF verfügt im Bundesgebiet über keine maßgeblichen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte. Sie hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF auf Schutz des Familien- oder Privatlebens.
Trotz ihres langen Aufenthaltes spricht die BF lediglich Deutsch auf Niveau A2 und hat ihre Zeit in Österreich auch nicht anderweitig genützt, um sich zu integrieren. Zwar hat die BF behauptet, einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich zu haben, sie hat jedoch niemanden namentlich genannt bzw. kein Unterstützungsschreiben vorgelegt.
Ihr nunmehriger Ehemann lebt in Serbien, und wurde über ihn ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen.
Nach Ansicht des BVwG überwiegen daher – insbesondere im Hinblick auf jahrelange illegale Erwerbstätigkeiten und das Eingehen einer Aufenthaltsehe – im Entscheidungszeitpunkt die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen der BF am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben. Es liegen nach den Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vor, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Daher war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 57 AsylG und 52 FPG als unbegründet abzuweisen.
Spruchpunkt III. wurde aufgrund der fehlenden Angabe des Staates, in den die Abschiebung zulässig ist, berichtigt.
5.2.3.2. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist vom BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Aufgrund des beharrlichen, illegalen Verbleibens der BF im Bundesgebiet, des Eingehens einer Scheinehe zur Legalisierung ihres Aufenthaltes und des Nachgehens von illegaler Erwerbstätigkeit war die sofortige Ausreise der BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich.
5.2.3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Das BFA erkannte mit Bescheid vom 23.08.2021 einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.), weshalb die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu beanstanden ist.
5.2.3.4. Zum Einreiseverbot:
5.2.3.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Dies ist nach Z 6 der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag; nach Z 8 ist es dann der Fall, wenn der Drittstaatangehörige eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat.
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
5.2.3.4.2. Die BF ist als serbische Staatsangehörige Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Die belangte Behörde hat das gegenständliche und auf die Dauer von vier Jahren befristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 und Z 8 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass die BF derzeit nicht die Mittel besitze, um sich ihren Lebensunterhalt in Österreich legal finanzieren zu können und zur Legalisierung ihres Aufenthaltes eine Aufenthaltsehe eingegangen sei.
Die BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, da ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und dem Eingehen von Aufenthaltsehen bestehe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert scheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).
Die BF geht zwar einer regelmäßigen Arbeit nach und zahlt für diese Beiträge in die Sozialversicherung ein, sie verfügt jedoch über keine arbeitsrechtliche Genehmigung, weshalb nicht von einer legalen Erwerbstätigkeit gesprochen werden kann.
Es bestehen laut VwGH keine (verfassungsrechtlichen) Bedenken dagegen, dass das Gesetz bei den Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes im § 53 Abs. 2 Z 8 FPG nicht auf das Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Bestrafung des Fremden wegen Beteiligung am Eingehen einer Aufenthaltsehe nach § 117 Abs. 1 oder 2 in Verbindung mit Abs. 4 FPG abstellt, sondern nur auf das in der erstgenannten Bestimmung umschriebene Verhalten. Die Behörde ist daher befugt, das Vorliegen eines solchen Verhaltens selbständig zu prüfen und auf Basis entsprechender Feststellungen ein Einreiseverbot zu erlassen. Das gilt sinngemäß auch für ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG. Das korrespondiert auch mit der generellen Auffassung, ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der für ein Aufenthaltsverbot erforderlichen Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn dieses Verhalten (noch) nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat. Eine solche Vorgangsweise verstößt auch nicht gegen die Unschuldsvermutung, wobei es in einem solchen Fall - sofern das Fehlverhalten bestritten wird – „selbstverständlich“ in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffener Feststellungen bedarf (VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).
Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG liegen vor, wenn ein Fremder - im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG – eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben i.S.d. Art. 8 EMRK nicht geführt und sich trotzdem (u.a.) für den Erwerb eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe berufen hat (VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349).
Die BF hat mit ihrem Ex-Mann, XXXX , eine Scheinehe geschlossen und damit ihren Aufenthalt zu legalisieren versucht. Nach Ablauf der Dreijahresfrist ließ sich die BF scheiden, heiratete ihren nunmehrigen Ehemann und versuchte somit, nicht nur sich selbst, sondern auch ihrem nunmehrigen Ehemann einen Aufenthaltstitel in Österreich zu erschleichen.
All diese Umstände rechtfertigen sohin nach Ansicht des BVwG – wie schon das BFA im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat – jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib der BF im Bundesgebiet eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt, weshalb auch eine Gefährdungsprognose nicht zu Gunsten der BF ausschlagen kann.
Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig erwiesen hat, war die Beschwerde insoweit gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 und 8 FPG als unbegründet abzuweisen.
5.2.3.5. Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots mit vier Jahren als nicht angemessen:
Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 und Z 8 FPG kann für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
„Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und Vereinigtes Königreich, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29.09.2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG in der Fassung FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland, und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG in der Fassung FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff „Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten“ auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 [...] ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt“ (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Für die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Einreiseverbotes auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).
Bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen. Es ist im Hinblick darauf, dass die Maßnahme grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein soll, auch das Privat- und Familienleben des Fremden in den Blick zu nehmen (VwGH 15.12.2011; VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Da die BF über keine Familienangehörigen, Verwandten oder engen Nahebeziehungen im Bundesgebiet oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verfügt, greift das erlassene Einreiseverbot nicht in das Familienleben der BF ein.
Bei der Entscheidung betreffend die Verhängung eines Einreiseverbots ist – abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden – darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (Hinweis E 15.12.2011, 2011/21/0237).
Das dargestellte Verhalten der BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zuwidergelaufen.
Die Höhe des erlassenen Einreiseverbotes erscheint jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass sich die BF schon seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet aufhält und das Eingehen der Scheinehe bereits mehrere Jahre zurückliegt, nicht verhältnismäßig.
Aufgrund der Mittellosigkeit und des Eingehens einer Aufenthaltsehe zur Legalisierung ihres Aufenthaltes in Österreich war eine Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbots auf weniger als drei Jahre jedoch nicht angemessen. Eine demgemäße Herabsetzung war daher vorzunehmen.
5.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.
Dem BVwG liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der BF mündlich erörtert hätte werden müssen. Die Ausführungen in der Beschwerde sind daher nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen für die Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbotes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie eine Interessenabwägung maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltsdauer Aufenthaltsehe aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Dauer Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Privatleben Rückkehrentscheidung Scheinehe TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W191.2246884.1.00Im RIS seit
13.12.2021Zuletzt aktualisiert am
13.12.2021