TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/16 W145 2243019-1

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Veröffentlicht am 16.11.2021
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Entscheidungsdatum

16.11.2021

Norm

ASVG §18b
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W145 2243019-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 07.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und festgestellt, dass XXXX zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen ( XXXX , SVNR XXXX ) gemäß § 18b ASVG für den Zeitraum 01.11.2019 bis 30.11.2019 berechtigt ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 07.04.2021 hat die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: belanget Behörde) die von XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) beanspruchte Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen für die Zeit von 01.11.2019 bis 30.11.2019 ausgeschlossen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Selbstversicherung für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. j aufgrund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen sei. Die Pflege in häuslicher Umgebung werde durch einen zeitweiligen stationären Aufenthalt der pflegebedürftigen Person in einem Krankenhaus, einer Rehabilitations- oder Kuranstalt oder für Kurzzeitpflege (bis zu einer allfälligen dauernden Unterbringung in einem Pflegeheim – Asylierung) nicht unterbrochen, zumindest, wenn dieser sich nicht über mehrere Monate erstrecke. Im Fall der Beschwerdeführerin befand sich der angegebene Angehörige in stationärer Pflege.

2. Mit Schreiben vom 25.04.2021 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und gab an, dass für sie als Ehegattin der Aufwand noch viel größer sei, wenn sich ihr Ehemann im Krankenhaus befinde. Die täglichen Besuche, wobei ein Weg in eine Fahrtrichtung 30 Kilometer betrage, seien notwendig, um ihren Gatten seelisch, mental aufzubauen und auch bei der Pflege unterstützend zu agieren. Es käme noch hinzu, dass die Beschwerdeführerin zu 60% beim Finanzamt Bregenz beschäftigt sei, zwei Kinder im Alter von 20 und 16 Jahren habe und den Haushalt führe.

3. Mit Schriftsatz vom 27.05.2021 legte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor und führte in einer Stellungnahme aus, dass die Pflege in häuslicher Umgebung durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt nicht unterbrochen werde. Als nicht mehr „zeitweilig“ gelte ein stationärer Aufenthalt (in einem Krankenhaus, Rehabilitationszentrum udgl.) wenn er sich über mehrere Monate erstrecke. Im Fall einer stationären Unterbringung gehen man davon aus, dass umfassende Betreuungs- und Pflegemaßnahmen stationär gewährleistet seien. Im Zuge der jährlichen (rückwirkenden) Überprüfung der Selbstversicherung habe die belangte Behörde einen durchgehenden Krankenhausaufenthalt des Ehegatten der Beschwerdeführerin im Zeitraum von 03.10.2019 und 19.12.2019 fest. Die zu pflegende Person habe sich somit 78 Tage durchgehend in stationärer Behandlung/Pflege befunden, weshalb nicht mehr von einer Pflege in häuslicher Umgebung gesprochen werden könne. Die Beschwerdeführerin sei nicht als Begleitperson stationär mitaufgenommen worden, das Pflegegeld ruhe während eines Krankenhausaufenthaltes.

Die belangte Behörde beantrage die Abweisung der Beschwerde.

4. Mit Telefonat vom 11.08.2021 von der zuständigen Gerichtsabteilung mit der belangten Behörde, wurde bei dieser erfragt, weshalb im Bescheid in der Begründung angeführt sei, dass die Selbstversicherung für die Zeit einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lt. j aufgrund des Bezuges eines aliquoten Pflegekarenzgeldes ausgeschlossen sei, sich diesbezüglich aber keine Angaben im Akten befinden. Der belangten Behörde wurde eine Frist zur Stellungnahme von 14 Tagen gewährt, um etwaige Beweismittel vorzulegen.

5. Mit Schriftsatz vom 12.08.2021 erstattet die belangte Behörde eine Folgeeingabe und führte aus, dass die beantrage Selbstversicherung für die Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen im Zeitraum November 2019 aufgrund der vorliegenden stationären Pflege abgelehnt wurde. Der belangten Behörde lägen keine Unterlagen zu einem aliquoten Pflegegeld vor. Im letzten Absatz des Bescheides vom 07.04.2021 auf Seite 1/3 werde als Ablehungs- bzw. Ausschließungsgrund die stationäre Pflege des nahen Angehörigen ausgeführt. Weshalb die belangte Behörde § 8 Abs. 1 Z 2 lt. j in ihrem Bescheid angeführt hat, wird nicht erläutert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 13.07.2016 wurde der Beschwerdeführerin XXXX , VSNR XXXX , von der belangten Behörde der Anspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des nahen Angehörigen/Ehemann XXXX , SVNR XXXX , nach § 18b ASVG ab 01.10.2014 anerkannt.

Mit Bescheid vom 07.04.2014 hat die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin beanspruchte Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen für die Zeit von 01.11.2019 bis 30.11.2019 ausgeschlossen.

Der zu pflegende Angehörige, der Ehemann der Beschwerdeführerin, bezieht seit November 2015 ein Pflegegeld der Stufe 7 nach BPGG, davor ab 01.10.2014 der Stufe 6. Die Beschwerdeführerin pflegt unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft ihren Ehemann in häuslicher Umgebung im Inland ( XXXX ).

Der Pflegegeldbezug hat für die Dauer vom 04.10.2019 bis 18.12.2019 aufgrund eines Krankenhausaufenthaltes des Ehemannes geruht.

Der Ehemann der Beschwerdeführerin befand sich im Zeitraum von 03.10.2019 bis 18.11.2019 im Landeskrankenhaus XXXX , vom 18.11.2019 bis 25.11.2019 im Landeskrankenhaus XXXX , vom 25.11.2019 bis 12.12.2019 im Landeskrankenhaus XXXX und vom 12.12.2019 bis 19.12.2019 im Landeskrankenhaus XXXX . Der Ehemann der Beschwerdeführerin befand sich im Jahr 2019 78 Tage durchgehend in stationärer Behandlung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Die Feststellungen zur Pflegestufe des Ehemanns der Beschwerdeführerin und dessen Ruhen in der Zeit von 04.10.2019 bis 19.12.2019 ergeben sich aus dem Schreiben der BVAEB vom 27.05.2021.

2.3. Die Feststellungen zum Krankenhausaufenthalt des Ehemannes der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Krankenhausaufenthaltsmeldungen des intranet-portals der Sozialversicherung vom 26.05.2021.

2.4. Die Pflege des Ehemannes in inländischer häuslicher Umgebung unter erheblicher Beanspruchung der Arbeitskraft der Beschwerdeführerin liegt unstrittig vor; es finden sich keine Hinweise im gegenständlichen Akt, dass hier die belangte Behörde zu diesen Voraussetzungen eine andere Sachverhaltsansicht vertritt.

2.5. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen (vgl. EGMR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien als angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller Appl. 55.853/00).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von der Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1985, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es wurden keine Rechts- und Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VwGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist).

Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die Pensionsversicherungsanstalt.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In Ermangelung einer entsprechenden Anordnung der Senatszuständigkeit liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichts mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. Nr. 33/2013, idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

Die zentrale Regelung der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Zu A) Stattgabe der Beschwerde

Gemäß § 18b Abs. 1 ASVG können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, in der Pensionsversicherung selbstversichern, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

Pfeil schreibt in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18b ASVG, dass die Pflegeleistungen in häuslicher Umgebung erbracht werden müssen. Damit wird offenkundig der Gegensatz zur stationären Pflege (insb in einem Heim) angesprochen, wobei nach dem letzten Satz des § 18b Abs. 1 dieser Zusammenhang nicht unterbrochen wird, wenn der/die zu Pflegende sich zeitweilig in einen stationären Pflegeaufenthalt, also in ein Krankenhaus, eine Rehabilitations- oder Kuranstalt oder für „Kurzzeitpflege“ (zB nach einer Operation) in ein Heim begibt. Als nicht mehr „zeitweilig“ werden im Lichte der Fristen des Abs. 3 Unterbrechungen anzusehen sein, die sich über mehrere Monate erstrecken.

In der Rechtsprechung und den Kommentaren findet sich keine genauere Definition ab wann von „mehreren Monaten“ gesprochen werden kann. Der Ehemann der Beschwerdeführerin befand sich durchgehend 78 Tag in stationärer Behandlung. Dies sind sohin 2 Monate und 18 Tage. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde, sieht das erkennende Gericht in diesem Fall das Kriterium „mehrere Monate“ nicht erfüllt; bei dem Begriff „mehrere“ handelt es sich um einen Mehrzahlbegriff. Davon ausgehend, dass überhaupt erst ab zwei Monaten von Mehrzahl gesprochen werden kann und der Ehemann der Beschwerdeführerin sohin 18 Tage über dem Beginn des Mehrzahlbegriffs in stationärer Behandlung gewesen ist, sieht das Gericht den Tatbestand „mehrere Monate“ nicht erfüllt.

Wie oben festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, wird der Ehemann der Beschwerdeführerin in häuslicher Umgebung im Inland unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft gepflegt und bezieht er Pflegegeld der Stufe 7.

Die Voraussetzungen für die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen nach § 18b ASVG liegen sohin vollinhaltlich auch vom 01.11. bis 30.11.2019 vor.

Der Beschwerde war demnach stattzugeben und der bekämpfte Bescheid zu beheben.

3.5. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, es an einer solchen Rechtsprechung fehlt oder die vorhandene Rechtsprechung uneinheitlich ist

Vorliegend fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfrage, wie der im § 18b Abs. 1 ASVG vorkommende Begriff „zeitweilig“ im Zusammenhang mit einem stationären Aufenthalt der zu pflegenden Person zu verstehen ist. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18b ASVG führt in RZ 5 aus, dass als nicht mehr „zeitweilig“ im Lichte der Fristen des Abs. 3 Unterbrechungen anzusehen sind, die sich über mehrere Monate erstrecken. Eine nähere Erläuterung ab wann von „mehreren Monaten“ gesprochen werden kann, findet sich in Kommentaren nicht.

Schlagworte

Krankenanstalt naher Angehöriger Pensionsversicherung Revision zulässig Selbstversicherung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2243019.1.00

Im RIS seit

13.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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