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KFGNorm
KFG 1967 §101 Abs1 litaBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kundegraber, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. Herbert Neuhauser Rechtsanwalt in Wien I, Schubertring 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. März 1986, Zl. MA 70-10/326/86/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing, vom 27. Dezember 1985 wurde der Beschwerdeführer deswegen schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er „am 5.7.1985 um 12.40 Uhr in Wien 23., Kolbegasse nächst Kreuzung Gorskistraße dem SS das Lenken des LKW's mit dem Kennzeichen ... überlassen“ habe, „obwohl der LKW um 1.810 kg überladen war“, er es als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers daher unterlassen“ habe, „dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen entspricht“, und er dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen habe.
Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. März 1986 „gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß in der Tatumschreibung statt den Worten ‚Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers‘ die Worte ‚das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ (Geschäftsführer) der Zulassungsbesitzerin Firma H GmbH einzufügen sind und als Übertretungsnorm ‚§ 9 Abs. 1 VStG 1950 i.V.m. § 103 Abs. 1 und § 101 Abs. 1 lit. a KFG 1967 anzuführen ist‘“.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zunächst ist festzuhalten, daß der - hinsichtlich der Rechtsfolgen wortwörtlich auf die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1985, Zl. 85/02/0249, verwendete Diktion gestützten - Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 27. Dezember 1985 seinem Vertreter HH der nicht als Empfänger dieser Sendung bezeichnet worden sei, gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz tatsächlich zugekommen und daher dieses Straferkenntnis überhaupt als erlassen anzusehen sei, dadurch der Boden entzogen worden ist, daß der Beschwerdeführer auf Grund einer entsprechenden Anfrage des Gerichtshofes in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 17. November 1986 mitgeteilt hat, daß der betreffende Rückschein von HH unterschrieben worden sei.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, daß die belangte Behörde dem Erfordernis des § 44 a lit. a VStG 1950, wonach der Spruch eines Strafbescheides die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten habe, insofern nicht entsprochen habe, als der Spruch des (erstinstanzlichen und damit auch des) angefochtenen Bescheides nur davon spreche, daß der Lkw um 1.810 kg überladen gewesen sei, „ohne konkret die Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewichtes, der höchst zulässigen Achslast oder der höchsten zulässigen Nutzlast anzuführen“. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 13. Mai 1983, Zl. 82/02/0220, dem ein ähnlich gelagerter Fall zugrunde lag, zum Ausdruck gebracht, daß die nähere Konkretisierung, wieso der Beschwerdeführer - entgegen der Bestimmung des § 103 Abs. 1 KFG 1967 - nicht dafür gesorgt habe, daß die Beladung des gegenständlichen Lkw-Zuges samt Anhänger „den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes 1967 und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht“, in der Angabe bestanden habe, um welches Gewicht dieser Lkw-Zug „überladen“ war, was nichts anderes bedeute, als daß das höchste zulässige Gesamtgewicht (siehe dazu § 2 Abs. 1 Z. 33 KFG 1967) um das genannte Ausmaß überschritten worden sei. Gemäß § 101 Abs. 1 lit. a leg.cit. ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges durch die Beladung nicht überschritten werden. Daß bei einer Überschreitung der größten Breite des Fahrzeuges durch die Beladung nicht von einer „Überladung“ des Fahrzeuges die Rede sein kann, hat der Beschwerdeführer selbst erkannt. Was die Überschreitung der höchsten zulässigen Achslasten anlangt, so ist unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z. 34 und 35 leg. cit. hinsichtlich der Begriffe „Achslast“ und „höchste zulässige Achslast“ wohl nicht auszuschließen, daß auch nur diesbezüglich eine „Überladung“ stattfindet, wenn auch - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift bemerkt - „eine Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes in der Regel auch“ (zu ergänzen: eine Überschreitung) „der höchsten zulässigen Achslast beinhaltet“. Die Formulierung, daß der Lkw um ein bestimmtes Gewicht „überladen“ gewesen sei, knüpft aber erkennbar an ein anderes Gewicht an, welches insoweit überschritten wurde und womit nur das dem Zulassungsbesitzer bekannte Gesamtgewicht des Lkws (siehe die §§ 4 bis 7, 27 Abs. 2 und 41 Abs. 2 leg. cit.) gemeint sein kann, zumal es sich hiebei um das Gewicht des Fahrzeuges selbst und nicht um die Last, die ein Fahrzeugbestandteil (wie Achsen) höchstens aufweisen darf, handelt. Die „Überladung“ eines Lkws (in einem bestimmten Ausmaß) kann nur die Überschreitung des höchsten zulässigen Gesamtgewichtes (einschließlich der höchsten zulässigen Nutzlast, siehe dazu § 2 Abs. 1 Z. 37 leg. cit.) betreffen. Nach den Grundsätzen, die der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A, hinsichtlich einer ausreichenden Tatumschreibung gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 aufgestellt hat, ist nicht ersichtlich, daß der Beschwerdeführer durch den vorliegenden Spruch in seinen Rechten beeinträchtigt worden wäre.
Wenn der Beschwerdeführer rügt, daß der Umstand, in welcher Eigenschaft ihn eine strafrechtliche Verantwortung gemäß § 9 VStG 1950 getroffen habe, innerhalb der sechsmonatigen (und daher am 5. Jänner 1986 endenden) Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 nicht Gegenstand einer Verfolgungshandlung gewesen sei, so kann dahingestellt bleiben, ob dies überhaupt erforderlich gewesen wäre. Diesem Einwand kommt nämlich schon deshalb keine Berechtigung zu, weil es im Bericht der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing vom 17. Juli 1985 heißt, daß es sich „beim Verantwortlichen der Firma H“ (auf den bereits in der Anzeige Bezug genommen wurde) um den als Geschäftsführer bezeichneten Beschwerdeführer handle, dem Vertreter des Beschwerdeführers am 11. November 1985 der Akteninhalt (und damit auch der erwähnte Bericht) zwecks Rechtfertigung zur Kenntnis gebracht wurde und eine solche Amtshandlung, wenn sie alle maßgeblichen Sachverhaltselemente enthält, als taugliche Verfolgungshandlung anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A). Es liegt daher auch diese inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vor.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß das höchste zulässige Gesamtgewicht überschritten worden ist, hat sich jedoch schon im Verwaltungsstrafverfahren damit gerechtfertigt, daß er veranlaßt habe, „daß jeder Chauffeur unserer Firma für sein Fahrzeug allein verantwortlich ist“, weil ihm im Hinblick darauf, daß „unsere Firma über 5 Lkw verfügt, welche ständig unterwegs sind“, und er auch „persönlich sehr oft geschäftlich verreist“ sei, „die tägliche ständige Überprüfung des Lkw nicht möglich“ sei. „Jeder einzelne Lenker unserer Firma“ habe schriftlich bestätigt, daß er für den gesetzmäßigen Zustand des Fahrzeuges und der Ladung allein verantwortlich sei. Zum Beweis für dieses Vorbringen hat der Beschwerdeführer eine Kopie eines nicht unterfertigten Schreibens der Firma H GmbH an SS vom 1. Jänner 1984 vorgelegt, welches wie folgt lautet: „Betrifft: Fahrzeugüberprüfung
Als Geschäftsführer unserer Firma bin ich verpflichtet die Fahrzeuge täglich auf ihre Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen. Da ich dazu aus geschäftlichen Gründen nicht in der Lage bin, delegiere ich diese Verpflichtung an Sie. Sie haben sich daher täglich vor Antritt der Fahrt über den ordnungsgemäßen Zustand des Fahrzeuges zu informieren und eventuelle Mängel der Geschäftsleitung bekannt zu geben. Sollte das Ihnen zur Fahrt übergebene Fahrzeug Mängel aufweisen, die die Inbetriebnahme verhindern, sind Sie für die daraus entstehenden Strafen (Polizei, Gendarmerie) oder sonstige Schäden haftbar.
Zur Kenntnis genommen:“
Darunter befindet sich die Unterschrift des SS. Damit hat sich der Beschwerdeführer erkennbar auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG 1950 berufen, wonach für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen (als aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen) zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden können. Richtig ist, daß dann, wenn eine derartige Bestellung vorläge, der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit wäre, es sei denn - unbeschadet des Vorliegens eines der Fälle des § 7 -, daß er im Sinne des § 9 Abs. 6 leg. cit. die Tat vorsätzlich nicht verhindert habe. Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf diese Rechtslage eingegangen und hat sich - worauf der Beschwerdeführer mit Recht hinweist - auch nicht mit dem genannten Schreiben vom 1. Jänner 1984 auseinandergesetzt. Sie hat vielmehr ausgeführt, es lasse sich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen, daß er entsprechende Vorkehrungen getroffen habe, für den vorschriftsmäßigen Zustand seiner Fahrzeuge zu sorgen, sondern daß er es offenbar den Chauffeuren frei überlassen habe, die Fahrzeuge zu (über)laden, ohne geeignete Kontrollmaßnahmen zur Hintanhaltung von Überladungen zu treffen bzw. - sollte er selbst zu derartigen Kontrollmaßnahmen keine Zeit gehabt haben - andere, vom jeweiligen Lenker des Kraftfahrzeuges verschiedene Personen mit der Kontrolle der Fahrzeuge zu betrauen, sei doch eine Übertragung der Pflichten des Zulassungsbesitzers an den Lenker des Fahrzeuges nicht möglich. Ein derartiges sorgloses Vorgehen sei keinesfalls geeignet, den Beschwerdeführer zu exkulpieren, sei doch für die Strafbarkeit bloß fahrlässiges (sorgloses) Verhalten ausreichend. Soweit sich die belangte Behörde in der Gegenschrift zur Frage der Möglichkeit der Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf Vorjudikatur bezieht, übersieht sie, daß § 9 VStG 1950 durch die am 1. April 1983 in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 176/1983 eine entscheidende Änderung erfahren hat. Die belangte Behörde hätte aber schon deshalb zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid kommen können, weil sich nach dem zur Gänze wiedergegebenen Inhalt des Schreibens vom 1. Jänner 1984 eine sich allenfalls daraus ergebende Bestellung des SS zum verantwortlichen Beauftragten nur auf das Fahrzeug, das hinsichtlich vorhandener Mängel von ihm zu überprüfen sei, nicht aber auf die Beladung dieses Fahrzeuges bezogen hätte. § 103 Abs. 1 KFG 1967 regelt die Sorgepflicht sowohl hinsichtlich des Fahrzeuges als auch seiner Beladung, weshalb diese Unterscheidung auch bei Würdigung des Schreibens vom 1. Jänner 1984 zu beachten ist und dieses Beweismittel jedenfalls nicht zu Lasten des betreffenden Lenkers in ausdehnendem Sinne, daß davon auch die Beladung des Fahrzeuges erfaßt gewesen sei, ausgelegt werden kann. Da eine im Beschwerdefall relevante Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers auf SS nicht angenommen werden kann, kommt es insbesondere auf die Beurteilung der Fragen, ob in dem genannten Schreiben überhaupt eine rechtswirksame Vereinbarung gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz in Verbindung mit Abs. 4 dieser Gesetzesstelle zu erblicken ist und es u.a. rechtlich zulässig ist, die strafrechtliche Verantwortlichkeit an eine Person zu übertragen, die ohnedies schon auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen (wie im vorliegenden Fall als Lenker des Fahrzeuges gemäß § 102 Abs. 1 KFG 1967) die gleiche Verpflichtung trifft, nicht mehr an. Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegte strafbare Handlung nicht nur objektiv verwirklicht, sondern auch die subjektive Tatseite erfüllt, zumal er sich nur mit dem Hinweis auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten begnügt und auf diese Weise gar keinen Entlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 angetreten hat.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht worden sind, wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 11. Dezember 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986020071.X00Im RIS seit
13.12.2021Zuletzt aktualisiert am
13.12.2021