TE Vwgh Erkenntnis 2021/11/16 Ro 2019/03/0025

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Veröffentlicht am 16.11.2021
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Index

L65002 Jagd Wild Kärnten
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
AVG §8
B-VG Art18 Abs2
JagdG Krnt 2000 §70
JagdG Krnt 2000 §70 Abs1
JagdG Krnt 2000 §70 Abs1b
JagdG Krnt 2000 §70 Abs2
JagdG Krnt 2000 §70 Abs3
JagdG Krnt 2000 §98 Abs1 Z1
JagdG Krnt 2000 §98 Abs1 Z24
VStG §5

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J G in V, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, Mag. Claudia Lantos und Dr. Simon Gleirscher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 26. Juni 2019, Zl. KLVwG-294/6/2019, betreffend Übertretung des Kärntner Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber - in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau (belangte Behörde) vom 9. Jänner 2019 - einer Übertretung des § 98 Abs. 1 Z 1 iVm § 70 Abs. 2 Kärntner Jagdgesetz (K-JG) schuldig erkannt. Er habe sich am 15. März 2018 im Eigenjagdgebiet M-G bis etwa 5 Meter vor der beschickten Fütterungsanlage als Fußgänger aufgehalten und somit vorschriftswidrig den in der Zeit vom 1. Dezember 2017 bis 31. März 2018 zum Wildschutzgebiet erklärten Teil dieses Eigenjagdgebietes betreten, obwohl eine derartige Sperre bewirke, dass - mit Ausnahme des Grundeigentümers, sonstiger Nutzungsberechtigter und deren Beauftragter sowie Personen in amtlicher Stellung - jagdfremde Personen das gesperrte Gebiet abseits von den zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benützung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen nicht betreten dürfen. Wegen dieser Übertretung wurde über den Revisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 10 Stunden) verhängt. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

2        Begründend hielt das Verwaltungsgericht fest, mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 2016 seien über Antrag des Jagdausübungsberechtigten des Eigenjagdgebietes M-G näher konkretisierte Teilflächen dieses Eigenjagdgebietes vom 1. Dezember jeden Jahres bis zum 31. März der Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 zum Wildschutzgebiet erklärt worden. In diesem Bescheid finde sich - unter anderem - nachstehende Auflage (Punkt 2.):

„In der vorhin festgesetzten Zeit dürfen - mit Ausnahme des Grundeigentümers, sonstiger Nutzungsberechtigter und deren Beauftragter sowie Personen in amtlicher Stellung - jagdfremde Personen das gesperrte Gebiet abseits von den zur allgemeinen Benützung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benützung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen nicht betreten.“

Der Revisionswerber sei Vorsitzender des Övereines. In dieser Funktion habe er im Rahmen des in § 70 Abs. 1 K-JG normierten Anhörungsrechtes mehrere schriftliche Stellungnahmen betreffend das verfahrensgegenständliche Wildschutzgebiet abgegeben und der Bescheid sei zudem auch dem Överein, nachrichtlich zugestellt worden. Es sei unstrittig, dass der Revisionswerber zu dem im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Zeitpunkt das gesperrte Gebiet im Bereich einer näher konkretisierten Rotwildfütterung abseits von den zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benutzung bestimmten Schipisten, Schirouten und Loipen betreten habe. Der Eintritt in das gesperrte Gebiet sei zu Fuß über die von der M-Hochalmstraße abzweigende „Auffahrt“ zur etwa 100 Meter von der M-Hochalmstraße entfernt situierten Rotwildfütterung erfolgt. Zum Tatzeitpunkt sei an der Stelle, an welcher der vom Revisionswerber benutzte Weg in das gesperrte Gebiet führe, keine Hinweistafel im Sinne des § 70 Abs. 3 K-JG aufgestellt gewesen. Eine derartige Hinweistafel habe sich etwa 50 Meter entfernt von dem vom Beschwerdeführer benutzten Zugangsweg (am Beginn der schattseitigen Forststraße) aufgestellt befunden.

3        Rechtlich erwog das Verwaltungsgericht, gegenständlich sei lediglich strittig, ob von der Behörde eine Sperre im Sinne des § 70 Abs. 1 K-JG in rechtswirksamer Weise verfügt worden sei. Nach Ansicht des Revisionswerbers sei mit dem Bescheid vom 24. November 2016 zwar der genannte Bereich zum Wildschutzgebiet erklärt, jedoch keine behördliche Sperre gemäß § 70 Abs. 1 K-JG verfügt worden, und das „gesperrte“ Gebiet sei nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des § 70 Abs. 3 K-JG durch Hinweisschilder gekennzeichnet gewesen. Dabei habe der Revisionswerber verkannt, dass sich bereits aus der Überschrift des § 70 K-JG („Zeitlich und örtlich beschränkte Sperren“) in Zusammenschau mit dessen Abs. 1 und 1b ergebe, dass die behördliche Festlegung des Wildschutzgebietes auch die nach § 70 Abs. 1 K-JG erforderliche behördliche Verfügung der Sperre dieses Wildschutzgebietes beinhalte. Eine rechtswirksam verfügte Sperre liege - mit Blick auf § 70 K-JG und dem Auflagepunkt 3. des Bescheides - auch dann vor, wenn eine den gesetzlichen Vorgaben des § 70 Abs. 3 K-JG entsprechende Kennzeichnung des Gebietes nicht erfolgt sei. Da der Revisionswerber das gesperrte Wildschutzgebiet unbestrittenermaßen abseits von der zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benutzung bestimmten Schipisten, Schirouten und Loipen betreten habe, habe er den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Übertretung verwirklicht. Die in § 70 Abs. 3 K-JG auferlegte Kennzeichnungspflicht sei nicht als Kundmachungspflicht zu qualifizieren, deren Unterlassung eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung eines Verstoßes nach § 70 Abs. 2 K-JG ausschließe. Dem Revisionswerber sei die Lage des gesperrten Gebietes unbestrittenermaßen bekannt gewesen. Ausgehend davon sei ihm zumindest bedingter Vorsatz vorzuwerfen. Auch der Umstand, dass im Bereich des von ihm benützten Zugangsweges in das Sperrgebiet keine Hinweistafel im Sinne des § 70 Abs. 3 K-JG aufgestellt gewesen sei, stelle somit keine Entschuldigung dar. Die Strafhöhe sei aufgrund des qualifizierten Verschuldens unter Berücksichtigung der vom Revisionswerber dargelegten Einkommens- und Vermögensverhältnisse trotz des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit dem Gesetz entsprechend bemessen.

4        Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da zu den fallbezogen relevanten Fragen, insbesondere ob eine zeitlich und örtlich beschränkte Sperre eines Wildschutzgebietes im Sinne des § 70 Abs. 1b K-JG zusätzlich zur Ausweisung als Wildschutzgebiet (gesondert) durch die Behörde verfügt werden müsse, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Zudem existiere keine Rechtsprechung, ob die Verfügung einer zeitlich und örtlich beschränkten Sperre mit Bescheid (oder mittels Verordnung) zu geschehen habe. Schließlich stelle sich die Rechtsfrage, ob der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß § 98 Abs. 1 Z 1 iVm § 70 Abs. 2 K-JG auch dann erfüllt sei, wenn eine dem § 70 Abs. 3 K-JG entsprechende Kennzeichnung des gesperrten Gebietes nicht bzw. nicht an allen im Gesetz genannten Stellen erfolgt sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der die vom Verwaltungsgericht dargelegten Zulassungsgründe wiederholt und näher ausgeführt werden.

6        Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, der ordentlichen Revision nicht Folge zu geben.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8        Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

9        Die maßgeblichen Bestimmungen des K-JG, LGBl. Nr. 21/2000 (WV) idF LGBl. Nr. 13/2018, lauten auszugsweise:

§ 70

Zeitlich und örtlich beschränkte Sperren

(1) Zur Vornahme von Abschüssen, die aus außerordentlichen Gründen, wie der Häufung von Wildschadensfällen, Seuchen und dgl., notwendig sind, kann vom Jagdausübungsberechtigten und, wenn der Abschuß abgesehen vom Abschußplan behördlich bewilligt oder durch die Behörde angeordnet wird, von dieser eine Sperre von Teilen des Jagdgebietes im örtlich und zeitlich unbedingt erforderlichen Ausmaß verfügt werden, wenn dies die besonderen Umstände, insbesondere Sicherheitsgründe, bedingen. Der Jagdausübungsberechtigte kann solche Sperren auch verfügen, wenn außerordentliche Verhältnisse den Bestand einer Wildart gefährden und dies die besonderen Umstände bedingen. Der Jagdausübungsberechtigte hat die Sperre der Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, die diese bei Fehlen der Voraussetzungen aufzuheben hat. Soll die Sperre länger als eine Woche dauern oder mehr als zwanzig Hektar zusammenhängender Fläche umfassen oder für die Festlegung eines Wildschutzgebietes (Abs. 1b) dienen, so darf sie nur durch die Bezirksverwaltungsbehörde verfügt werden. Das gleiche gilt auch für die Verlängerung der Sperre oder ihre Wiederholung im selben Jagdjahr. Vor der Verfügung, der Verlängerung oder der Wiederholung einer Sperre durch die Bezirksverwaltungsbehörde sind der Bezirksjagdbeirat, die Gemeinden, in denen die Sperrgebiete liegen, und die durch die Sperre betroffenen Vereine, deren Vereinsziel die Förderung der Belange einer kultur- und landschaftsverbundenen Freizeitgestaltung oder der Erholung der Menschen ist, zu hören.

(1a) Soweit eine Sperre nur durch die Bezirksverwaltungsbehörde verfügt werden darf, darf die forstrechtliche Wegefreiheit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden; darüber hinaus ist die Zustimmung des Grundeigentümers erforderlich. Bei der Festlegung einer Sperre, die für die Festlegung eines Wildschutzgebietes dient, darf ein Ausmaß von 10 v. H. der Fläche des Jagdgebietes nicht überschritten werden. Sperren, die für die Festlegung eines Wildschutzgebietes dienen, dürfen überdies nur im Einklang mit dem wildökologischen Raumplan festgelegt werden.

(1b) Wildschutzgebiete sind Flächen, die als besonders bevorzugte Einstandsgebiete Ruhezonen für das Wild sind, oder Flächen, die zum Brüten oder Setzen bevorzugt angenommen werden. In Wildschutzgebieten darf nur Wild erlegt oder gefangen werden, das infolge einer Verletzung großen Qualen oder einem Siechtum ausgesetzt oder krank oder seuchenverdächtig ist.

(2) Die Sperre bewirkt, daß mit Ausnahme des Grundeigentümers, sonstiger Nutzungsberechtigter und deren Beauftragter sowie Personen in amtlicher Stellung jagdfremde Personen das gesperrte Gebiet abseits von den zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benützung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen nicht betreten dürfen.

(3) Das gesperrte Gebiet ist vom Jagdausübungsberechtigten mittels Hinweistafeln an jenen Stellen zu kennzeichnen, wo öffentliche Straßen und Wege, zur allgemeinen Benutzung bestimmte Straßen und Wege einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege, zur allgemeinen Benutzung bestimmte Schipisten, Schitourenrouten und Loipen sowie Forststraßen in die gesperrte Fläche führen. Die Hinweistafeln sind nach Beendigung der Sperre unverzüglich zu beseitigen. Form und Gestaltung einschließlich des Wortlautes der Hinweistafeln werden durch Verordnung der Landesregierung festgelegt, wobei zum Ausdruck zu bringen ist, dass die Sperre nur abseits von den zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege, sowie abseits von zur allgemeinen Benutzung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen gilt.

(...)

3. Abschnitt

Straf- und Übergangsbestimmungen

§ 98

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, soweit die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer

1.   die Bestimmungen der (...), 70 Abs. 1, 1b und 2 (...) übertritt;

(...)

(2) Wer eine Verwaltungsübertretung begeht, ist - sofern die Tat nicht den Gegenstand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1450 Euro zu bestrafen.

(...)“

10       § 70 K-JG ermöglicht (jeweils bei Vorliegen außerordentlicher Verhältnisse) zum einen zwecks Vornahme von Abschüssen, zum anderen zwecks Sicherung des Bestands einer gefährdeten Wildart bzw. zwecks Festlegung eines Wildschutzgebiets die Verfügung einer Sperre von Teilen des Jagdgebiets. Diese kann einerseits durch den Jagdausübungsberechtigten selbst, andererseits, insbesondere bei Überschreiten bestimmter zeitlicher und räumlicher Grenzen, von der Behörde verfügt werden (vgl. VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0074, mwN).

11       Dem Revisionswerber wurde im vorliegenden Fall eine Verwaltungsübertretung gemäß § 98 Abs. 1 Z 1 iVm § 70 Abs. 2 K-JG zur Last gelegt, weil er ein näher konkretisiertes Wildschutzgebiet betreten habe, obwohl die damit verfügte Sperre bewirke, dass jagdfremde Personen dieses Gebiet abseits von den zur allgemeinen Benutzung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benützung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen nicht betreten dürfen.

12       Der Revisionswerber bestreitet im vorliegenden Fall nicht, dass er das in Rede stehende Gebiet zu dem genannten Zeitpunkt betreten hat. Er wendet sich vielmehr (mit mehreren in der Folge unter A. bis C. im Einzelnen dargelegten Argumentationslinien) dagegen, dass über das genannte (Wildschutz-)Gebiet rechtswirksam eine Sperre verfügt worden sei, die bewirkt, dass jagdfremde Personen - wie auch der Revisionswerber - das gesperrte Gebiet nicht betreten dürfen.

13       A. Gesonderte Verfügung einer Sperre zusätzlich zu der Ausweisung als Wildschutzgebiet

Der Revisionswerber behauptet, dass ein Wildschutzgebiet unabhängig von einer zeitlich und örtlich beschränkten Sperre zu sehen sei. Demnach müsse eine Sperre durch die Behörde gesondert und zusätzlich zur Ausweisung eines Gebiets als Wildschutzgebiet verfügt werden. Insofern sei die Ausweisung eines Wildschutzgebietes nicht rechtsfolgenidentisch mit einer Sperre desselben. Eine solche Sperre sei aber nicht rechtswirksam verfügt worden.

14       Diese Rechtsansicht des Revisionswerbers teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht:

§ 70 Abs. 1b K-JG enthält eine Legaldefinition des Begriffes „Wildschutzgebiet“. Demnach sind Wildschutzgebiete Flächen, die als besonders bevorzugte Einstandsgebiete Ruhezonen für das Wild sind, oder Flächen, die zum Brüten oder Setzen bevorzugt angenommen werden. In Wildschutzgebieten darf nur Wild erlegt oder gefangen werden, das infolge einer Verletzung großen Qualen oder einem Siechtum ausgesetzt oder krank oder seuchenverdächtig ist.

15       Diese Definition spricht dafür, dass solche Gebiete vom Gesetzgeber als grundsätzlich mit einer Sperre versehene Gebiete intendiert sind, da die mit der Sperre bewirkten, gesetzlich vorgesehenen Zutrittsbeschränkungen gerade dem normierten Schutzzweck dienen (vgl. in diesem Sinne auch die Regelungen in anderen Landesgesetzen: § 51 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, § 94a und § 94b NÖ Jagdgesetz 1974, sowie § 96 Burgenländisches Jagdgesetz 2017). Dementsprechend sind Wildschutzgebiete als besondere, einer Sperre iSd § 70 K-JG unterliegende Gebiete zu verstehen.

16       Die systematische Eingliederung dieser Legaldefinition unter die Überschrift „Zeitlich und örtlich beschränkte Sperren“ des § 70 K-JG legt ebenfalls nahe, dass der Gesetzgeber Wildschutzgebiete immer als Gebiete einer zeitlich und örtlich beschränkten Sperre verstanden wissen wollte.

17       Dieses Auslegungsergebnis wird im Übrigen auch durch die Entstehungsgeschichte der Bestimmung gestützt. Sowohl die Legaldefinition des Wildschutzgebietes (§ 70 Abs. 1b leg. cit.) als auch die Ermächtigung zur Festlegung eines Wildschutzgebietes durch die Bezirksverwaltungsbehörde (§ 70 Abs. 1 leg. cit.) fanden erst durch die Novelle LGBl. Nr. 104/1991 Eingang in das K-JG 1978 (das im Wesentlichen als Kärntner Jagdgesetz 2000 wiederverlautbart wurde). Der Gesetzgeber hat sich bei der späteren Einfügung der Definition der Wildschutzgebiete und der gesetzlichen Ermächtigung zur Festlegung eines solchen somit bewusst dafür entschieden, das Institut der Wildschutzgebiete in die Bestimmung der „zeitlich und örtlich beschränkten Sperren“ einzugliedern, was ebenfalls dafür spricht, dass er mit der Bestimmung über Wildschutzgebiete kein von Sperren unabhängiges, eigenständiges Institut schaffen wollte, sondern lediglich eine weitere Konstellation einer Gebietssperre.

18       Aus dem Gesagten folgt, dass bereits mit der Erklärung eines Gebiets zum Wildschutzgebiet eine zeitlich und örtlich beschränkte Sperre dieses Gebiets einhergeht und es keiner gesonderten behördlichen bescheidmäßigen Verfügung einer Sperre bedarf.

19       Ungeachtet dessen übersieht die Revision, dass fallbezogen die Behörde im Spruch des Bescheides vom 24. November 2016 ohnehin hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, dass über das als Wildschutzgebiet erklärte Gebiet eine Sperre verfügt wird. Im Spruch findet sich nämlich auch eine (dem Wortlaut des § 70 Abs. 2 K-JG nachgebildete) mit der Überschrift „Auflage“ bezeichnete Anordnung (Punkt 2.), dass jagdfremde Personen das gesperrte Gebiet abseits von den zur allgemeinen Benützung bestimmten Straßen und Wegen einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege sowie abseits von zur allgemeinen Benützung bestimmten Schipisten, Schitourenrouten und Loipen nicht betreten dürfen. Dabei handelt es sich erkennbar um einen selbständigen Abspruch, auf die - verfehlte - Bezeichnung als Auflage kommt es hingegen nicht an (vgl. in diesem Sinne VwGH 15.11.1993, 92/10/0473). Dass die Behörde das Wildschutzgebiet auch als mit einer zeitlich und örtlich beschränkten Sperre versehenes Gebiet verstanden wissen wollte, geht auch aus der Begründung des genannten Bescheides hervor.

20       B. Rechtsform der Verfügung der Sperre (Verordnung - Bescheid)

Die Revision beanstandet weiters, dass die gegenständliche Sperre, die im Sinne des § 70 Abs. 2 K-JG bewirkt, dass jagdfremde Personen (abseits von den in dieser Bestimmung normierten Ausnahmen) das Gebiet nicht betreten dürfen, mittels Bescheid verfügt worden sei, welcher dem Revisionswerber nie zugestellt worden sei. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, welche Rechtsform (Bescheid oder Verordnung) für die Ausweisung eines Wildschutzgebietes und die Verhängung einer Zutrittssperre im Sinne des § 70 Abs. 1 K-JG vorgesehen sei. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob durch einen Bescheid tatsächlich der Allgemeinheit gegenüber ein generell-normatives Verbot verfügt werden könne, welches dann Grundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß §§ 70 Abs. 2 iVm § 98 Abs. 1 Z 1 K-JG sein könne.

21       Der Verfassungsgerichtshof hat seinem Verständnis des verfassungsrechtlichen Rechtsschutzkonzepts von jeher die Unterscheidung der Verordnung als eine an die Allgemeinheit überhaupt oder an nach Gattungsmerkmalen bezeichnete Gruppen der Bevölkerung gerichtete Rechtsnorm vom individuellen Verwaltungsakt, dem Bescheid, zugrunde gelegt (vgl. etwa VfGH 9.10.2003, G 41/03 ua).

22       § 70 Abs. 1 K-JG legt nicht explizit fest, in welcher Rechtsform die Verfügung einer Sperre stattzufinden hat (vgl. demgegenüber etwa § 33 Vorarlberger Jagdgesetz bzw. § 45 Tiroler Jagdgesetz 2004, die für die Errichtung von Wildruhezonen/bzw. -flächen ausdrücklich die Rechtsform der Verordnung vorsehen; sowie § 51 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986 bzw. § 94a NÖ Jagdgesetz 1974, bzw. § 96 Burgenländisches Jagdgesetz 2017, die ein Antrags- bzw. Bewilligungsverfahren normieren).

23       Enthält ein Gesetz eine Ermächtigung zu normativer hoheitlicher Regelung ohne die Handlungsform festzulegen, eröffnet dies der Verwaltung kein „Wahlrecht“, da die jeweils gebotene Handlungsform durch den Adressatenkreis bestimmt wird. Soll eine solche Regelung gegenüber einem nach Gattungsmerkmalen bestimmten Personenkreis ergehen, ist die Form der Verordnung geboten. In den Fällen, in denen der Gesetzgeber die Handlungsform nicht festgelegt hat und in denen mit dem Akt sowohl Rechtswirkungen für Einzelpersonen als auch Rechtswirkungen für einen generellen Adressatenkreis verbunden sind, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Regelung nicht künstlich in mehrere Akte aufgespaltet werden soll. Da diesfalls im selben Akt sowohl typische Bescheidwirkungen als auch typische Wirkungen einer Verordnung zusammentreffen, obliegt es der Verwaltung, bei der Bestimmung der gebotenen Handlungsform die „überwiegende rechtliche Betroffenheit“ und die Adäquanz des Rechtsschutzes in Rechnung zu stellen (siehe Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht6 (2021), Rz 752f).

24       Dem Revisionswerber ist zunächst zuzustimmen, dass die Verfügung einer Sperre Auswirkungen für eine große Personenzahl hat, bewirkt doch eine derartige Sperre gemäß § 70 Abs. 2 K-JG, dass alle jagdfremden Personen - mit Ausnahme der in der Bestimmung genannten Personen - das gesperrte Gebiet abseits bestimmter Straßen und Wege nicht betreten dürfen. Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers lässt dies allerdings nicht den Schluss zu, dass diese im Gesetz genannten jagdfremden Personen von der Sperre „überwiegend rechtlich betroffen“ wären. Zweck der Möglichkeit, im Sinne des § 70 Abs. 1 K-JG Sperren vorzusehen, ist nämlich insbesondere der Schutz bestimmter jagdlicher Interessen beziehungsweise der Schutz des Wildes (vgl. in diesem Sinne die Erläuterungen zur inhaltlich im Wesentlichen identen Vorgängerbestimmung des § 70 K-JG 1978, LGBl. Nr. 76/1978, sowie Anderluh - Havranek, Kärntner Jagdrecht4 (2002) zu § 70 K-JG). Dies lässt wiederum den Schluss zu, dass sich der Adressatenkreis einer derartigen Verfügung individuell (nämlich anknüpfend an diese jagdlichen Interessen) bestimmen lässt. Dafür spricht im Übrigen auch, dass sich der verfahrensgegenständliche § 70 K-JG in dem mit „Vorschriften für die Jagdbetriebsführung“ überschriebenen achten Abschnitt des K-JG befindet.

25       Vor dem Hintergrund dieser jagdlichen Interessen (etwa des Jagdausübungsberechtigten) an der Verfügung derartiger Sperren erweist sich die Rechtsform des Bescheides auch mit Blick auf den Rechtsschutz als adäquat, zumal ansonsten etwa auch die allfällige Untätigkeit der Verwaltung nicht auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden könnte.

26       Ausgehend von dem Gesagten vermag die Argumentation des Revisionswerbers, die Sperre hätte im Rahmen einer Verordnung erlassen werden müssen, um Rechtwirkungen für den Revisionswerber zu entfalten, nicht zu überzeugen. Dass der Bescheid dem Revisionswerber nicht zugestellt wurde, ändert nichts daran, dass damit rechtswirksam ein (zeitlich und örtlich begrenzt gesperrtes) Wildschutzgebiet verfügt worden ist. Der genannte Bescheid entfaltet demnach im vorliegenden Fall gemäß § 70 Abs. 2 K-JG auch Rechtswirkungen für dritte (jagdfremde) Personen, die nach der zitierten Bestimmung das gesperrte Gebiet (abseits der genannten Ausnahmen) nicht betreten dürfen (vgl. zu dieser Tatbestandswirkung eines Bescheides auch Kolonovits/Muzak/Stöger Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rz 474ff mit Verweis etwa auf § 36 Abs. 1 Z 16 iVm § 12 NÖ Naturschutzgesetz; in diesem Sinne auch VwGH 6.9.2005, 2002/03/0144).

27       C. Fehlen von Hinweistafeln

Die Revision führt schließlich ins Treffen, es stelle sich die Frage, ob der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gemäß § 98 Abs. 1 Z 1 iVm § 70 Abs. 2 K-JG auch dann erfüllt sei, wenn eine dem § 70 Abs. 3 K-JG entsprechende Kennzeichnung des gesperrten Gebietes nicht bzw. nicht an allen im Gesetz genannten Stellen erfolgt sei. Es sei nicht tragbar, dass ein generelles Zutrittsverbot mittels Bescheid verhängt werden könne und es dabei nicht einmal von Belang sei, ob eine dem Gesetz entsprechende Kundmachung erfolgt sei. Abweichungen zwischen einer gesetzlich angeordneten Kundmachungspflicht und der tatsächlichen Kundmachung führten dazu, dass die nicht bzw. fehlerhaft kundgemachte Rechtsnorm ohne Rechtswirkungen bleibe.

28       § 70 Abs. 3 K-JG regelt, dass das gesperrte Gebiet vom Jagdausübungsberechtigten mittels Hinweistafeln an jenen Stellen zu kennzeichnen ist, wo öffentliche Straßen und Wege, zur allgemeinen Benutzung bestimmte Straßen und Wege einschließlich der örtlich üblichen Wanderwege, zur allgemeinen Benutzung bestimmte Schipisten, Schitourenrouten und Loipen sowie Forststraßen in die gesperrte Fläche führen.

29       Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung lässt sich ableiten, dass es sich bei dem Aufstellen der Hinweistafeln durch den Jagdausübungsberechtigten um keine Kundmachung, sondern lediglich um eine (deklarative) Kennzeichnung des Gebiets handelt (arg.: „Das gesperrte Gebiet ist vom Jagdausübungsberechtigten mittels Hinweistafeln [...] zu kennzeichnen, ...“). In diesem Sinne ist der Jagdausübungsberechtigte zwar verpflichtet, Hinweistafeln im gesetzlich definierten Ausmaß anzubringen (vgl. dazu auch § 98 Abs. 1 Z 24 K-JG, der das Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des § 70 über die Anbringung und Beseitigung der Kennzeichnung des gesperrten Gebietes als Verwaltungsstraftatbestand normiert). Die Nichtvornahme einer derartigen Kennzeichnung ändert aber nichts an der Rechtswirksamkeit der verfügten Sperre.

30       Ausgehend davon kommt es für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 98 Abs. 1 Z 1 iVm § 70 Abs. 2 K-JG nicht darauf an, ob die Kennzeichnung des Gebietes vollständig im Sinne des § 70 Abs. 3 K-JG durchgeführt wurde. Fehlt es an der besagten Kennzeichnung und wusste eine das gesperrte Gebiet betretende, jagdfremde Person auch anderweitig nichts von der Sperre des Gebietes, so spielt dies nur auf der Ebene des Verschuldens eine Rolle (vgl. in diesem Sinne wiederum VwGH 6.9.2005, 2002/03/0144).

31       Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht - ohne dass dies in der Revision bestritten wird - festgehalten, dass dem Revisionswerber die Lage des gesperrten Gebietes bekannt gewesen sei, da er als Vorsitzender des Övereines, mehrere Stellungnahmen im Verfahren betreffend das verfahrensgegenständliche Wildschutzgebiet abgegeben habe, und der Bescheid dem Averein auch zugestellt worden sei. Ausgehend davon begegnet die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, der Umstand, dass im Bereich des vom Revisionswerber benutzten Zugangsweges in das Sperrgebiet keine Hinweistafel aufgestellt gewesen sei, vermag den Revisionswerber nicht zu entschuldigen, keinen Bedenken.

32       D. Strafbemessung

In den Revisionsgründen wendet sich die Revision schließlich gegen die Strafbemessung und bringt dazu im Wesentlichen vor, die verhängte Geldstrafe sei mit Blick auf die bisherige Unbescholtenheit des Revisionswerbers und die vorliegenden Kundmachungsmängel unangemessen und deutlich überhöht.

33       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht einzelfallbezogen von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. VwGH 11.10.2021, Ra 2021/03/0085).

34       Auf dem Boden der fallbezogenen Erwägungen des Verwaltungsgerichts, welches die bisherige Unbescholtenheit des Revisionswerbers als Milderungsgrund sehr wohl ausdrücklich berücksichtigt hat, aber auch ein qualifiziertes Verschulden des Revisionswerbers konstatiert hat, und schließlich die Angaben des Revisionswerbers zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zugrunde gelegt hat, ist nicht zu sehen, dass die Strafbemessung in unvertretbarer Weise vorgenommen worden wäre.

35       Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. November 2021

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Abgrenzung zur Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019030025.J00

Im RIS seit

13.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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