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50/01 Gewerbeordnung;Norm
ASchG 1994 §127 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der X-AG in N, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 21. März 1996, Zl. 317.998/6-III/A/2a/95, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. März 1996 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der Beschwerdeführerin gemäß "§§ 74, 77 GewO 1994 und 93 Abs. 2 ASchG" die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Nahversorgungszentrums an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen, wobei die Auflage 26 detailliert die Gestaltung der Kassenarbeitsplätze regelt. Zur Begründung gab der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges zunächst den Inhalt der §§ 74 und 77 GewO 1994 sowie des § 93 Abs. 2 ASchG (BGBl. Nr. 450/1994) wieder. Sodann führte er aus, er habe sich bei seiner Entscheidung im wesentlichen der schlüssigen, klaren und eindeutigen Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Zentral-Arbeitsinspektorat, vom 13. Juli 1995 angeschlosen, wobei davon auszugehen sei, daß bei Erfüllung der nunmehr vorgeschriebenen Auflagenpunkte auch gegen die Einrichtung von Steh-Sitz-Arbeitsplätzen aus Sicht des Arbeitnehmerschutzes kein Einwand bestehe. Die Durchführung einer Augenscheinsverhandlung unter Zuziehung eines Sachverständigen für Ergonomie sei entbehrlich gewesen, zumal sich das beigezogene Zentralarbeitsinspektorat eingehend mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten ergonomischen Privatsachverständigengutachten auseinandergesetzt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung von nicht erforderlichen Auflagen verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht sie im wesentlichen geltend, die mit Auflage 26 vorgeschriebene Gestaltung der Kassenarbeitsplätze sei hinsichtlich der dort genannten Maße des Bewegungsraumes in dieser Form für den Arbeitnehmerschutz nicht erforderlich. Die von ihr vorgesehenen Kassenarbeitsplätze wichen davon nur minimal ab, ohne daß durch diese Abweichung der Arbeitnehmerschutz beeinträchtigt werde. Darüber hinaus mangle es dem angefochtenen Bescheid an einer dem § 60 AVG entsprechenden Begründung, die sich in der entscheidenden Frage allein auf die Stellungnahme des Zentral-Arbeitsinspektorates stütze. Im übrigen gebe es auch keine gesetzliche Grundlage für die in Rede stehende Auflage.
Der angefochtene Bescheid erweist sich schon auf Grund folgender Erwägung als rechtswidrig:
Gemäß § 127 Abs. 1 ASchG (BGBl. Nr. 450/1994) sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verwaltungsverfahren, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, nach der bisherigen Rechtslage weiterzuführen. Nach § 131 Abs. 1 leg. cit. ist dieses Gesetz - von ebenfalls hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten.
Der dem gegenständlichen Verwaltungsverfahren zugrunde liegende Antrag der Beschwerdeführerin stammt vom 4. Mai 1994. Entsprechend der Übergangsregelung des § 127 Abs. 1 ASchG ist auf dieses Verwaltungsverfahren somit noch das Arbeitnehmerschutzgesetz 1972, BGBl. Nr. 234/1972, anzuwenden.
Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage den angefochtenen Bescheid, wie sich zweifelsfrei aus der Zitierung des § 93 Abs. 2 ASchG ergibt, weil das Arbeitnehmerschutzgesetz 1972 lediglich 35 Paragraphe aufweist, neben der Gewerbeordnung 1994 auch auf das ASchG BGBl. Nr. 450/1994 stützte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines näheren Eingehens auf das Beschwerdevorbringen bedurfte.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040109.X00Im RIS seit
20.11.2000