TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/10 W159 2229112-1

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Veröffentlicht am 10.05.2021
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Entscheidungsdatum

10.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W159 2229112-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.02.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde zu Spruchteil I. wird gemäß § 57 AsylG abgewiesen.

II. Der Beschwerde zu den Spruchteilen II. bis VI. wird stattgegeben und diese ersatzlos aufgehoben.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Nachdem der Beschwerdeführer am 22.02.2020 von der Finanzpolizei XXXX bei einer illegalen Erwerbstätigkeit betreten worden sei, wurde er noch am selben Tage festgenommen und in der Folge in das XXXX überstellt. Dort erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er am 18.02.2020 nach Österreich gekommen sei. Er sei in den letzten zehn Jahren schon öfters in Österreich gewesen und habe auch ca. zweieinhalb Jahre in Österreich gearbeitet. Er sei von Bosnien über Kroatien und Ungarn nach Österreich gekommen und habe am 19.02.2020 einen Termin beim Arbeitsamt in XXXX gehabt, den er auch wahrgenommen habe. In Österreich wohne er gemeinsam mit seinem Sohn in XXXX . Er habe früher in Österreich gearbeitet. Er habe auch eine Bankomatkarte. Dort habe er 20 Euro Guthaben und dann habe er noch 150,-- Euro in seiner Brieftasche. Sein Sohn XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien, lebe in Österreich. Seine Frau lebe an seiner Heimatadresse in Bosnien in der Gemeinde XXXX und seine Tochter lebe bei ihrem Ehemann. Er benötige Blutdruckmedikamente. Über Vorhalt, dass er am 22.02.2020 von Beamten der Finanzpolizei in XXXX bei Eisenverlegearbeiten im Auftrag der Firma XXXX betreten worden sei, gab er an, dass er auf der Baustelle der Tochter seines Nachbarn gearbeitet habe und kein Geld dafür erhalten habe. Er habe nur seinem Nachbarn geholfen und die Firma gehöre seiner Tochter. Er habe Eisen gebunden. Er habe die letzten zwei Jahren in Österreich gearbeitet. Er habe nicht gewusst, dass er seinem Nachbar nicht helfen dürfe. In seinem Heimatland habe er mit seinem Vater, der Maurer gewesen sei, zusammengearbeitet. Er habe diesen Beruf auch erlernt. Er habe niemals Kontakt mit der Polizei gehabt und sei auch noch nie in Schubhaft gewesen. Er sei angemeldet, habe einen Meldezettel und einen Mietvertrag. Er willige in eine Abschiebung ein, er möchte jedoch, wenn möglich, freiwillig ausreisen. Seine Cousine könne ihm auch seinen Reisepass in das XXXX nachbringen. Kopien des Reisepasses sowie der slowenischen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung des Beschwerdeführers wurden dem Akt angeschlossen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 24.02.2020, Zl XXXX wurde unter Spruchpunkt I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchpunkt II. eine Rückkehrentscheidung erlassen, unter Spruchpunkt III. festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. ein Einreiseverbot in der Dauer von drei Jahren erlassen, unter Spruchpunkt V. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt, unter Spruchpunkt VI. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Nach kurzer Darstellung des bisherigen Verfahrensganges sowie der oben im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahme wurden die Beweismittel aufgelistet, unter anderem auch ein slowenischer Aufenthaltstitel, gültig bis 07.08.2020. Festgestellt wurde weiters, dass der Beschwerdeführer gesund sei und an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen leide, in Österreich keiner rechtmäßigen Arbeit nachgehe und keine aufrechte Meldeadresse habe und bei einer unerlaubten Erwerbstätigkeit aufgegriffen worden sei, sowie weiters, dass er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich sei, auch nicht in der Lage gewesen sei, nachzuweisen, über die nötigen Unterhaltsmittel für den Aufenthalt in Österreich zu verfügen. Er habe in Österreich nach seinen Angaben auch keine Verwandten oder sonstigen Anknüpfungspunkte, sondern Angehörige in Bosnien. In der Folge wurden Feststellungen zum Herkunftsstaat getroffen.

Nach beweiswürdigenden Erwägungen wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht vorlägen. Zu Spruchpunkt II. wurde zunächst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich habe, dass es keine Anhaltspunkte auf familiäre Anknüpfungspunkte gäbe, seine Familie lebe in Bosnien. Weiters stehe fest, dass er nicht über ausreichend finanzielle Barmittel verfüge, um seinen Aufenthalt in Österreich finanzieren zu können. Aufgrund des Vergehens der illegalen Erwerbstätigkeit stelle er eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar und habe er durch sein Verhalten ein geordnetes Fremdenwesen in Österreich gestört. Er sei auch in keiner Weise im Bundesgebiet integriert, habe weder ein Einkommen noch eine Unterkunft noch sonstige wesentliche Beziehungen zu Österreich. Er sei lediglich nach Österreich zur Begehung von Straftaten eingereist. Seine Bindungen zu seinem Heimatland seien ungleich höher als die zur Republik Österreich und habe er lediglich einen guten Freund im Bundesgebiet (?). Eine Rückkehrentscheidung sei daher zulässig und sei auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gar nicht zu prüfen gewesen.

Zu Spruchpunkt III. wurde zunächst festgehalten, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe und der Beschwerdeführer auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Weiters stünde einer Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegen, sodass diese als zulässig zu bezeichnen sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde auf § 53 Abs. 2 Z 7 („bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen…“) Bezug genommen. Weiters wurde ausgeführt, dass er am 14.09.2019 bei Hilfstätigkeiten eines Catering-Unternehmens im Rahmen des XXXX von der Finanzpolizei betreten worden sei. In der Folge wurde dargelegt, dass „Schwarzarbeit von ausländischen Arbeitskräften zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde und dass sein Verhalten die Annahme rechtfertige, dass sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden könnte. Bei Berücksichtigung der privaten und familiären Anknüpfungspunkte sei festzustellen gewesen, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei. Zu Spruchpunkt V. und VI. wurde zunächst ausgeführt, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei (Spruchpunkt VI.) und daher keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren gewesen sei (Spruchpunkt V.).

Der Beschwerdeführer ist am 25.02.2020 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet nach Bosnien Herzegowina ausgereist.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bescheidadressat, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, fristgerecht Beschwerde. Darin wurde nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bestreitet, dass es sich um Schwarzarbeit gehandelt habe, sondern lediglich um einen Gefälligkeitsdienst bei der Baustelle der Tochter seines Nachbarn und sei es eine einmalige Tätigkeit gewesen, für die er kein Geld bezogen habe. Der Beschwerdeführer verfüge außerdem über einen bis 07.08.2020 gültigen Aufenthaltstitel für das Schengenland Slowenien. Der Beschwerdeführer habe zeitweise bei seinem Sohn XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien, unter der Adresse XXXX im Glauben, dort rechtmäßig gemeldet zu sein, gewohnt. Der Meldezettel sei auch vom Unterkunftsgeber „ XXXX “ unterzeichnet worden, jedoch irrtümlich nicht an die Meldebehörde weitergeleitet worden und sei der Beschwerdeführer in dem Glauben gewesen, dass er bereits mit der Unterschrift des Unterkunftsgebers rechtmäßig in Österreich gemeldet sei. Der Beschwerdeführer sei am 25.02.2020 per Flug nach XXXX freiwillig zurückgekehrt. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Besitz eines gültigen biometrischen Reisepasses sei und daher von der Visumspflicht für einen Zeitraum von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen befreit sei.

Außerdem habe es die Behörde es gänzlich außer Acht gelassen, dass der Beschwerdeführer einen gültigen Aufenthaltstitel des Schengenlandes Slowenien besitze und hätte die Behörde jedenfalls den § 52 Abs. 6 FPG anwenden müssen. Sie habe es jedoch völlig unterlassen auf den vorhandenen gültigen Aufenthaltstitel des Mitgliedsstaates Slowenien Bezug zu nehmen, obwohl ihr dieser Umstand bekannt gewesen sei. Die Behörde habe unzulässiger Weise den Beschwerdeführer nicht vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes aufgefordert, sich in das Hoheitsgebiet von Slowenien zu begeben. Dem Beschwerdeführer wäre es aufgrund seines gültigen Reisepasses in Verbindung mit dem gültigen slowenischen Aufenthaltstitel ohne weiteres möglich gewesen, freiwillig nach Slowenien auszureisen. Die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung seien daher im vorliegenden Fall nicht gegeben und sei damit auch die Voraussetzung für die Erlassung eines Einreiseverbotes weggefallen. Außerdem habe die Behörde hinsichtlich des Einreiseverbotes eine falsche Tatsachenfeststellung dem Bescheid zugrunde gelegt, indem sie angeführt habe, dass der Beschwerdeführer am 14.09.2019 bei Hilfstätigkeiten eines Catering-Unternehmens im Rahmen eines XXXX betreten worden sei. Derartige Tätigkeiten ließen sich jedoch aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme von 22.02.2020 und auch nicht aus der Anzeige der Finanzpolizei entnehmen. Der Behörde sei daher ein grober Fehler unterlaufen. Auch sei es unrichtig, dass keine Kernfamilie des Beschwerdeführers in Österreich lebe, zumal sein Sohn in Österreich niedergelassen sei. Die Behörde habe es auch nicht begründet, warum der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde, zumal er strafrechtlich in Österreich unbescholten sei. Jedenfalls sei das Einreiseverbot unverhältnismäßig hoch bemessen und wurde schließlich beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Ein ausdrückliches Vorbringen zu Spruchteil I. wurde nicht erstattet, eine Beschwerdeverhandlung wurde auch nicht ausdrücklich beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina und verfügte über eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung für Slowenien (bis zum 07.08.2020). Er ist laut eigenen Angaben am 18.02.2020 nach Österreich eingereist. Am 22.02.2020 wurde er von der Finanz-polizei in XXXX bei Eisenverlegearbeiten im Auftrag der Firma XXXX auf der Baustelle XXXX angetroffen. Der Beschwerdeführer gab an, dass es sich dabei um einen reinen Freundschaftsdienst für die Firma der Tochter seines Nachbarn gehandelt habe und dass er dabei kein Geld verdient habe. Sein Sohn XXXX , geboren XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien, lebt in Österreich und ist in XXXX gemeldet. Der Beschwerdeführer war der Meinung, dass er sich auch dort rechtmäßig angemeldet habe, weil er den Vermieter beauftragt habe, ihn zu melden. Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel in Österreich, gab jedoch an, dass er schon öfters in Österreich aufhältig war und hier gearbeitet habe. Seine Frau und seine verheiratete Tochter leben in Bosnien. Der Beschwerdeführer benötigt Blutdruckmedikamente, sonst ist er gesund. Er ist am 25.02.2020 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr von IOM nach Bosnien und Herzegowina ausgereist. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht gerichtlich verurteilt.

Aufgrund des Inhaltes der gegenständlichen Entscheidung war es nicht erforderlich, Länderfeststellungen zu treffen.

Beweis wurde erhoben durch eine Anzeige der Finanzpolizei XXXX vom 22.02.2020, durch niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich am 22.02.2020, durch Einsichtnahme in den bosnischen Reisepass des Beschwerdeführers samt (damals) aufrechter Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für Slowenien, durch Einsichtnahme in die Ausreisebestätigung der IOM vom 26.02.2020 sowie Einsichtnahme in den Verfahrensakt zur Zahl XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sind in erster Linie dem Verfahrensakt, insbesondere der niederschriftlichen Einvernahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 22.02.2020 zu entnehmen, der verfahrenswesentliche Umstand, dass der Beschwerdeführer über eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung in Slowenien verfügt, den im Akt einliegenden Kopien dieser Genehmigung, die freiwillige Rückkehr der Ausreisebestätigung der IOM vom 26.02.2020.

Weiters hat der Beschwerdeführer durch eine (schlecht lesbare) Kopie an den Vermieter ( XXXX ) über Beauftragung der Anmeldung den diesbezüglichen Umstand nachgewiesen und eine Erklärung dafür geliefert, warum der Beschwerdeführer im Glauben war, in Österreich rechtmäßig gemeldet zu sein.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sind seien diesbezüglichen Angaben zu entnehmen, ärztliche Bestätigungen konnte er hingegen nicht vorlegen.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht strafgerichtlich verurteilt wurde, kann dem diesbezüglichen Strafregisterauszug entnommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A I.)

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befand sich (seinen Angaben zufolge) seit 18.02.2020 in Österreich und ist 25.02.2020 freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt.

Sein Aufenthalt war nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet bzw. zur Gewährleistung einer Strafverfolgung erforderlich und wurde der Beschwerdeführer auch nicht Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor und wurden auch weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet, vielmehr wurde zu Spruchpunkt I. überhaupt kein Beschwerdevorbringen erstattet. Der angefochtene Bescheid war daher diesbezüglich zu bestätigen.

Zu A II.)

Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, erweist sich der angefochtene Bescheid in den übrigen Spruchpunkten aufgrund der Verkennung der maßgeblichen Rechtslage als rechtswidrig:

Gemäß § 52 Abs. 6 FPG hat sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger, der im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedsstaates ist, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus den Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 zu erlassen.

Die Erlassung einer auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gegründeten Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG (und damit auch eines Einreiseverbotes) hätte nach der oben genannten im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmung vorausgesetzt, dass der Beschwerdeführer (erfolglos) aufgefordert worden wäre, sich unverzüglich nach Slowenien zu begeben (siehe VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Dass der Beschwerdeführer eine derartige Aufforderung abgelehnt hätte, ist nach der Aktenlage keineswegs ersichtlich. Vielmehr ist der Beschwerdeführer freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. Auch wurde nicht nachvollziehbar begründet, wann die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich wäre.

Die belangte Behörde hätte daher den Beschwerdeführer zunächst auffordern müssen, sich unverzüglich nach Slowenien zu begeben. Sie hat jedoch das Vorhandensein einer slowenischen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung, die in Kopie im Akt liegt, in ihrer Entscheidung völlig ignoriert.

Darüber hinaus ist keineswegs klar, ob der Beschwerdeführer nicht aufgrund des visumsfreien legalen Aufenthaltes wegen Besitzes eines gültigen biometrischen bosnischen Reisepasses in Österreich legal aufhältig war, zumal er (unwidersprochen) angegeben hat, erst am 18.02.2020 nach Österreich eingereist zu sein.

Weiters ist die Ausführung im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer am 14.09.2019 bei Hilfstätigkeiten eines Cateringunternehmens im Rahmen eines XXXX von der Finanzpolizei betreten wurde, aktenwidrig, zumal die Anzeige der Finanzpolizei vom 22.02.2020 sich auf Eisenverlegearbeiten in XXXX , XXXX im Auftrag der Firma XXXX bezieht, wobei der Beschwerdeführer für diese Tätigkeit eine plausible Rechtfertigung angab.

Die Rückkehrentscheidung erweist sich daher als rechtswidrig.

Im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung erweisen sich auch die weiteren damit in Zusammenhang stehenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung (ohne Anführung des Herkunftsstaates Spruchpunkt III.), die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V.), die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI.) als rechtswidrig.

Letztlich erweist sich auch das in Spruchpunkt IV. erlassene Einreiseverbot (in der Dauer von 3 Jahren) als rechtswidrig, und zwar schon allein deshalb, weil sich die gleichzeitig erlassene Rückkehrentscheidung als rechtswidrig erwiesen hat und ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur im Zusammenhalt mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden kann.

Insgesamt war dem Bundesamt somit vorzuwerfen, dass es den relevanten Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt und in weiterer Folge eine unzutreffende rechtliche Beurteilung vorgenommen hat.

Da sich der angefochtene Bescheid auf Grund der dargelegten Erwägungen in seinen Spruchpunkten II.- VI. als rechtswidrig erweist, war gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG der Bescheid in Stattgebung der Beschwerde zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. auch BVwG vom 19.10.2020, G311 2227338-2/2E).

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Vielmehr wurde die entscheidende Rechtsfrage aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie oben zitiert wurde, gelöst.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Behebung der Entscheidung Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Teilbehebung illegale Beschäftigung mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung behoben Schwarzarbeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W159.2229112.1.00

Im RIS seit

10.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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