TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/14 W281 2224785-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2021
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Entscheidungsdatum

14.05.2021

Norm

AVG §74
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55
VwGVG §17

Spruch


W281 2224785-1/69E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie Halbarth-Krawarik über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Beschied ersatzlos behoben.

II. Der Antrag auf Aufwandersatz der belangten Behörde wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist in Österreich geboren und aufgewachsen.

2. Von 2014 bis 2018 wurde der BF insgesamt sechs Mal straffällig.

3. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass eine Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen diesen Bescheid erhobt der BF durch seinen damaligen Rechtsvertreter eine einseitige Beschwerde, die am 25.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, in der zusammengefasst ausgeführt wurde, dass die lange Strafhaft dem BF entsprechend vor Augen geführt hat, was „strafbares Verhalten in Hinkunft bedeuten würde“. Beantrag wurde den angefochtene Bescheid aufzuheben oder in eventu das einreiseverbot herabzusetzen.

5. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 09.03.2020 wurde der gegenständliche Akt der Gerichtsabteilung W281 neu zugewiesen.

6. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 26.11.2020 eine Verhandlung an, zu der BF wenige Stunden vor der Verhandlung angab krank zu sein, eine Bestätigung darüber aber nicht vorlegen konnte und dann doch zur Verhandlung erschien. Aufgrund seiner Angaben, dass er sich krank fühle, wurde die Verhandlung auf den 22.12.2020 verlegt. In der Verhandlung vom 22.12.2020 beantragte der unvertretene BF die Einvernahme von Zeugen, wobei die ladungsfähigen Adressen im Jänner 2021 bekannt gegeben wurden.

Am 11.03.2021 erschien der BF unentschuldigt nicht zur Verhandlung, eine weitere Zeugin konnte aufgrund des Umstandes, dass sie Kontaktperson „K1“ war nicht an der Verhandlung teilnehmen. Am 28.04.2021 wurde die Verhandlung fortgesetzt, wobei der BF eine Stunde verspätet erschien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Allgemein zur Person und den familiären Kontakten

Der BF ist in Wien geboren und aufgewachsen. Er spricht Deutsch und Serbisch.

Er hat vier Jahre Volkschule, vier Jahre Hauptschule und ein Jahr Polytechnikum absolviert.

Er hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Sein zuletzt erteilter Aufenthaltstitel, Daueraufenthalt – EU, war bis 24.09.2019 gültig. Am 12.10.2020 stellte er einen Verlängerungsantrag zum Aufenthaltszweck Daueraufenthalt – EU.

Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Er ist gesund und erwerbsfähig. Er hat nach eigenen Angaben zwei Thrombosen in den Beinen und einen Leistenbruch.

Zu seinem Vater hat er keinen Kontakt, dieser hat die Familie verlassen, als der BF ein Jugendlicher war. Seine Mutter bezieht Pension und hat drei Schlaganfälle erlitten. Sie befindet sich in einem Heim. Der BF besucht sie dort.

Zwei Schwestern des BF leben in Wien. Er hat regelmäßigen persönlichen Kontakt zu einer Schwester und zu einer Tante. Es leben noch weitere Verwandte in Österreich.

Er bezieht seit 28.09.2020 Arbeitslosengeld. Er hat zu folgenden Zeiten Arbeitslosengeld bezogen: 07.02.2012 - 26.03.2012, 11.01.2012 - 11.01.2012, 30.08.2011 - 22.12.2011, 12.08.2011 - 12.08.2011, 07.06.2018 - 10.06.2018, 20.07.2018 - 24.07.2018.

Er hat zu folgenden Zeiten Notstandshilfe bezogen: 23.05.2014 - 05.06.2014, 19.02.2014 - 25.02.2014, 12.02.2014 - 17.02.2014, 17.12.2013 - 10.02.2014, 27.11.2013 - 05.12.2013, 29.10.2013 - 18.11.2013, 23.07.2013 - 06.09.2013, 27.02.2013 - 07.03.201302.01.2013 - 11.02.2013, 14.06.2017 - 10.07.2017, 17.01.2017 - 29.01.2017, 07.10.2016 - 29.12.2016, 13.06.2016 - 04.09.2016, 30.03.2016 - 24.04.2016, 23.11.2015 - 07.01.2016, 30.09.2015 - 04.10.2015, 14.09.2015 - 23.09.2015.

Zuletzt war er von 28.12.2012-01.01.2013 bei der XXXX als Arbeiter beschäftigt. Von 14.02.2011 - 27.07.2011 und 04.02.2011 - 06.02.2011 war er ebenfalls als Arbeiter beschäftigt. 2012 und 2010 war er hin und wieder tageweise beschäftigt. Dass der Beschwerdeführer im Lokal „Rathauskeller“ von 2014 bis 2016 beschäftigt war kann nicht festgestellt werden. Er hat sich auch zuletzt nicht um eine Arbeitsstelle bemüht. Die wirtschaftliche Integration des BF ist gering.

Der BF verfügt in Bezug auf seine sehr lange Aufenthaltsdauer über eine übliche soziale und gesellschaftliche Integration, die durch den letzten Aufenthalt in Strafhaft etwas eingeschränkt ist.

1.2. Beziehungen zum Herkunftstaat

Der BF hat entfernte Verwandte in Serbien. Zuletzt war er 2016 in Serbien bei seinem Cousin. Der BF hat sich sowohl zu Urlaubszwecken bzw. für Verwandtenbesuche als auch für eine Drogentherapie 2016 in Serbien aufgehalten. Mitglieder seiner Familie bzw Verwandte haben Häuser in Serbien, dort hat er übernachtet, wenn er in Serbien war. Der Lebensgefährte seiner Tante hat ein Haus in Serbien.

1.3. Zur Straffälligkeit

Er wurde sechsmal rechtskräftig verurteilt

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 30.09.2014, XXXX , wurde er wegen des Verbrechen des versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer bedingten 10 monatigen Freiheitsstrafe bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Er hat am 30.07.2014 Verfügungsberechtigten drei Rasenmähroboter und zwei Gartenschläuche im Wert von € 3.700,98 und am 24.07.2014 Verfügungsberechtigten eines Unternehmens einen Rasenmähroboter im Wert von € 1.195,-- im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer anderen Person gestohlen. Zusätzlich hat er am 29.07.2014 einem Unternehmen einen Trainingsanzug im Wert von € 62,99 gestohlen. Bei der Strafbemessung wurde mildernd das Geständnis, die Unbescholtenheit und der Versuch und erschwerend die Tatwiederholung gewertet.

Am 05.05.2015 wurde der BF wieder straffällig. Er wurde mit Urteil eines Landesgerichtes vom 17.06.2015, XXXX , wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt. Er hat am 05.05.2015 mit zwei unbekannten Tätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen und zwar diverse Lebensmittel, Getränke, Putzmittel und Toiletteartikel im Gesamtwert von € 170,82,-- mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem der BF und die beiden anderen diese Gegenstände in Kühlsäcke füllten und den Kassabereich passierten ohne die Waren zu bezahlen jedoch vom Kaufhausdetektiv beobachtet und angehalten wurden, den Mittätern aber die Flucht gelang. Mildernd wurden das reumütige Geständnis, der Versuch und erschwerend die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall und die Begehung während der Probezeit.

Mitte November 2016 bis Mitte Jänner 2017 wurde der BF wieder straffällig und mit Urteil eines Landesgerichtes vom 16.03.2017, XXXX , zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten wegen drei Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des Vergehens des Diebstahls verurteilt. Der BF hat in Wien vorschriftwidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut am 18.12.2016 anderen gegen Entgelt öffentlich, zumindest für 10 Personen wahrnehmbar überlassen und zwar zwei Baggies an unbekannte Abnehmer € 20,-- und zu überlassen versucht, indem er weitere 15 Baggies mit 12,7 Gramm an einem szenetypischen Umschlagplatz für unbekannte Suchtgiftabnehmer bereithielt. Von Mitte November 2016 bis 13.01.2017 hat der BF wiederholt für den Eigenkonsum erworben und besessen und zwar Heroin. Am 06.12.2016 hat der BF in einer Parfümerie fremde bewegliche Sachen, nämlich ein Parfum „Roma“ und ein Parfum „Versace“ im Gesamtwert von € 78,75 weggenommen, wobei er die Kassazone ohne zu bezahlen passierte, er aber von einem Kaufhausdetektiv beobachtet und angehalten wurde. Erschwerend hat das Gericht die einschlägigen Vorstrafen, die Begehung während offener Probezeit sowie in Kenntnis eines anhängigen Strafverfahrens sowie das Zusammentreffen mehrere Vergehen gewertet.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 09.08.2017, XXXX , wurde der BF wegen Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Er hat in Wien gewerbsmäßig einem Unternehmen Mitte Juni 2017 Elektrogeräte im Wert von € 250,-- weggenommen. Zudem hat er ebenfalls gewerbsmäßig wegzunehmen versucht am 11.07.2017 einen Laptop im Wert von € 399,--, eine Playstation im Wert von € 349,-- und Kopfhörer im Wert von € 250,--, wobei es nur beim Versuch blieb, weil er nach dem Passieren des Kassabereiches von einem Kaufhausdetektiv angehalten wurde. Mildernd wertete das Gericht das reumütige Geständnis und, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und erschwerend drei einschlägige Vorstrafen und den Rückfall innerhalb von zweier offener Probezeiten.

Mitte Juni 2017 wurde der BF wieder straffällig. Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 27.06.2018, XXXX , wurde der BF wegen Diebstahl, Begünstigung und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt:

Er hat am 16.06.2017 ein beschädigtes Smartphone iPhone4 im Wert von €100,--. Ein Smartphone iPone 6S im Wert von € 450,--, einen Bargeldbetrag von € 85,--, weißgoldene Ohrringe im Wert von € 200,-- und eine Geldbörse im Wert von € 150,-- einer Person weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Zudem hat er in der Geldbörde befindliche Urkunden (E-Card, Sparkontokarte und eine weitere) mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie durch die Verfügungsberechtigte gebraucht werden. Zudem hat er in der Geldbörde befindliches unbares Zahlungsmittel, eine Bankomatkarte ebenfalls unterdrückt. Mildernd wurde kein Umstand gewertet, erschwerend hingegen vier einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.

Den der Privatbeteiligten zugesprochenen Betrag in der Höhe von 985,-- hat er bis dato nicht beglichen. Der BF leugnet diese Tat begangen zu haben und zeigt sich nicht einsichtig.

Am 29.05.2017 wurde der Antrag auf Strafaufschub nach § 39 SMG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, das der BF vier Termine mit der Gutachterin nicht wahrgenommen hat und sich unkooperativ verhalten hat.

Der BF stellte einen neuerlichen Antrag auf Strafaufschub in Anhaltung in Strafhaft am 17.01.2018.

Am 18.04.2018 wurde ein klinisch-psychologisches Gutachten eingeholt. Insgesamt geht daraus hervor, dass die Erfolgsaussichten prognostisch nicht als günstig aber auch nicht als aussichtslos einzustufen sind, da der BF bislang noch keine langfristige stationäre Therapie gemacht hat. Beim BF lag zum damaligen Zeitpunkt eine psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen, Abhängigkeitssyndrom mit vorrangigem Konsum von Opiaten und Beikonsum von Kokain, Benzodiazepinen und THC vor. Es wurde eine Weisung zu einer stationären psychotherapeutischen Behandlung in der Dauer eines halben Jahres und im Anschluss eine ambulante Therapie mit wöchentlichen Einzelsitzungen und begleitenden Harnkontrollen vorgeschlagen. Eine gesamte Therapiedauer von zwei Jahren wurde empfohlen.

Dem BF wurde mit Beschluss vom 04.06.2018 daraufhin ein Strafaufschub bis 04.06.2020 gewährt.

Am 08.06.2018 wurde der BF zur stationären Drogentherapie aufgenommen. Am 12.06.2018 brach der BF die Therapie ab.

Am 24.07.2018 wurde der BF erneut straffällig. Mit Urteil vom 17.08.2018, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Am 24.07.2018 hat der BF gewerbsmäßig Suchtgift, nämlich Marihuana, öffentlich, einem verdeckten Ermittler zu überlassen versucht. Erschwerend wertete das Gericht den raschen Rückfall und die Tatbegehung während der Gewährung eines Strafaufschubes nach § 39 SMG.

In der letzten Anhaltung in Strafhaft wurden über den BF drei Ordnungsstrafen wegen unerlaubten Rauchens, einer positiven Harnprobe und einer Harntestverweigerung verhängt.

Der BF wurde wiederholt in Untersuchungshaft angehalten. Zuletzt verbüßte er eine Haftstrafe von 24.10.2018 bis 25.09.2020. Er wurde am 25.09.2020 bedingt entlassen. Ihm wurde die Weisung erteilt, sich einer Psychotherapie zu unterziehen und den Beginn bis zum 15.11.2020 sowie den weiteren Fortlauf zweimonatlich jeweils am 15. des Monats nachzuweisen. Der BF hat bis dato mit dieser Psychotherapie nicht begonnen, obwohl es ihm seit 25.09.2020 möglich gewesen wäre. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF auch ernstlich vor hat diese Psychotherapie zu beginnen.

Der BF hat in der Vergangenheit jedenfalls Heroin genommen und Cannabis geraucht. Aktuell gibt er an zu „kiffen“.

Der BF ist an der von ihm angegebenen Adresse, die auch im ZMR aufscheint nicht wohnhaft. Sein Aufenthaltsort ist nicht bekannt, manchmal nächtigt er bei einer seiner Schwestern. Der BF verweigert den Kontakt mit Behörden und dem Gericht, er ist nicht kooperativ.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben aus den vorgelegten Akten, den eingeholten Strafakten und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

2.1. Allgemein zur Person und den familiären Kontakten

Die Feststellungen zur Person, der Schulbildung, dem Aufenthaltstitel, dem Familienstand, zur Mutter und den fehlenden Sorgepflichten ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, der Beilage I./ zur Niederschrift (OZ 26) und dem persönlich gewonnenen Eindruck in der mündlichen Verhandlung und sind überdies im gesamten Verfahren gleichgeblieben und unstrittig.

Die Feststellungen zu den Kontakten zu den Familienmitgliedern ergeben sich auch aus den Zeugenaussagen (OZ 66, S. 8, 12 und 14 der Niederschrift). Vor dem Hintergrund dieser übereinstimmenden Zeugenaussagen wird den Angaben des BF, dass er mit seinen Schwestern, seinen Onkeln, seinen Tanten, seiner Oma, seinem Opa, Cousin und Cousinen zwei bis dreimal die Woche Kontakt hätte, sie sich teilweise fast täglich treffen und er die gesamte Verwandtschaft 2-3 Mal wöchentlich bei seiner Schwester oder Oma treffe (OZ 26, S. 8 der Niederschrift) kein Glauben geschenkt. Auch wenn der BF und die Zeugen den Kontakt als eng beschreiben, konnte doch keiner der Zeugen angeben, wie oft der BF bereits verurteilt wurde bzw. waren die Antworten weit von der Anzahl der tatsächlichen Verurteilungen entfernt (OZ 66, S. 8, 12 und 15 der Niederschrift) und waren sich die Zeugen auch nicht sicher, ob der BF derzeit eine Therapie besucht (OZ 66, S. 9 der Niederschrift) oder gingen sogar davon aus, dass er derzeit eine Therapie besucht (OZ 66, S. 12 und 15 der Niederschrift), obwohl der BF mit seiner Therapie noch nicht begonnen hat. Somit konnte ihn auch seine Familie bis dato nicht dazu bringen, die Therapie zu absolvieren und ihn auch nicht von der Begehung von strafbaren Handlungen abhalten. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ihn seine Familie von der Begehung weiterer Straftaten abhalten könnte oder ihn dazu bringen kann oder unterstützen kann, den Weisungen zur Therapie Folge zu leisten.

Die Feststellung zum Lokal „Rathauskeller“ wurde getroffen, da der BF bis dato trotz Aufforderung keine Bestätigung dafür vorgelegt hat und im AJ-Web (Beilage I./ und VI./ der Niederschrift, OZ 26) ist keine Beschäftigung ersichtlich. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass er dort gearbeitet hat. Die übrigen Beschäftigungen und der Bezug von Arbeitslosengeld ergeben sich aus dem AJ-Web (Beilage I./ der Niederschrift, OZ 26). Dass sich der BF tatsächlich um eine Arbeitsstelle bemüht hätte, kann nicht festgestellt werden, da er diesbezüglich weder Unterlagen vorgelegt hat und immer wieder angab, sich bewerben zu wollen (OZ 18, S. 4 der Niederschrift) oder etwas in Aussicht zu haben wie zB bei seinem Onkel (OZ 26, S. 23 der Niederschrift), dann aber nicht mal angeben konnten, wie das Unternehmen seines Onkels heißt, obwohl er zu diesem Onkel 2 bis 3 mal die Woche Kontakt hätte und er sich das „anschauen werde“ (OZ 26, S. 24 der Niederschrift), in der Verhandlung am 28.04.2021 aber diesen Umstand überhaupt nicht mehr erwähnte (OZ 66). Diesbezüglich gab er nur an, dass er sich beworben hätte und er sich bemühe in kürzester Zeit Arbeit zu finden, wenn „das“ mit seinem „Leumundszeugnis“ wieder gut laufe (OZ 66, S. 19 der Niederschrift) und bei angefragten Firmen „Leumundszeugnisse“ verlangt werden und wenn diese nicht „sauber“ seien, er nicht dort arbeiten könne (OZ 66, S. 5 der Niederschrift), gleichzeitig aber kurz zuvor angab, dass er deswegen keine Arbeit gefunden habe, weil sein „Aufenthaltstitel abgelaufen“ sei (OZ 66, S. 5 der Niederschrift).

Zu dem „Leumundszeugnis“ ist zu sagen, dass eine Tilgung, folglich eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung in der Strafregisterbescheinigung und in Strafregisterauskünften nicht mehr aufscheint, erst nach Ablauf der Tilgungsfrist erfolgen kann. Die Tilgung tritt mit Ablauf der Tilgungsfrist kraft Gesetzes ein, d.h. sowohl die getilgte Verurteilung als auch die die Verurteilte/den Verurteilten betreffenden Daten werden automatisch aus dem Strafregister gelöscht. Die Tilgungsfrist beginnt grundsätzlich, sobald alle Freiheits- oder Geldstrafen und die mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vollzogen sind, als vollzogen gelten, nachgesehen worden sind oder nicht mehr vollzogen werden dürfen. Bei bedingter Strafnachsicht beginnt die Tilgungsfrist mit der Rechtskraft der Verurteilung zu laufen, wobei dies erst mit der endgültigen Strafnachsicht feststeht, wenn die Probezeit ohne Widerruf abgelaufen ist. Erfolgt eine erneute Verurteilung, bevor eine oder mehrere früherer Verurteilungen getilgt ist, so tritt eine Tilgung aller rechtskräftigen Verurteilungen nur gemeinsam ein. Die Tilgungsfrist beträgt fünf Jahre bei einer Verurteilung zu einer höchsten einjährigen Freiheitsstrafe. Die Verurteilungen des BF werden somit die nächsten Jahre jedenfalls noch in seiner Strafregisterauskunft („Leumundgszeugnis“) aufscheinen. Das erkennende Gericht geht vor diesem Hintergrund und von dem vom BF in der Verhandlung getätigten Angaben nicht davon aus, dass eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt alsbald erfolgen wird.

Der BF hat keine medizinischen Unterlagen über die von ihm vorgebrachten Beschwerden vorgelegt, deshalb konnten diese auch nicht festgestellt werden. In der Verhandlung machte der BF auf die erkennende Richterin einen gesunden Eindruck. Der BF gab selbst an, chaotisch zu sein (OZ 66, S. 4 der Niederschrift). Es sind keine Ermittlungsergebnisse hervorgekommen, dass der BF nicht erwerbsfähig wäre.

1.2. Beziehungen zum Herkunftstaat

Die Feststellungen zu seinen Verwandten in Serbien ergeben sich vor allem aus den Angaben der Zeugin Z2 (OZ 66, S. 13 der Niederschrift, wonach es Verwandte gibt, die „unten leben“ und Häuser haben) und war den Angaben des BF vor diesem Hintergrund kein Glauben zu schenken, dass sich keine Verwandten mehr in Serbien aufhalten würden (OZ 26, S. 9 der Niederschrift), mag es sich auch allenfalls um entfernte Verwandte handeln. So hat er selbst auch angegeben, 2015 oder 2016 in Serbien gewesen zu sein und bei seinem Cousin genächtigt zu haben (OZ 26, S. 9 und 10 der Niederschrift). Dabei gab er auch an, dass Verwandte Häuser in Serbien hätten (OZ 26, S. 10 der Niederschrift), was sich mit den Angaben der Zeuginnen deckt (OZ 66, S. 10 und 13 der Niederschrift) und auch der Lebensgefährte der Tante (Z1) des BF, hat ein Haus in Serbien (OZ 66, S. 10 der Niederschrift).

Dass sich der BF im Jahr 2016 für eine Drogentherapie in Serbien aufgehalten hat, ergibt sich sowohl aus den Angaben des BF (OZ 26, S. 9 und 22 der Niederschrift) als auch aus den Angaben der Zeuginnen (OZ 66, S. 9 und 13 der Niederschrift) und den Unterlagen aus Beilage IV./ der Niederschrift.

1.3. Zur Straffälligkeit

Die Feststellungen zu den Verurteilungen und der Anhaltung in Strafhaft ergeben sich allesamt aus den im Verwaltungsakt einliegenden Urteilen, der Strafregisterauskunft (OZ 26, Beilage I./ der Niederschrift) und dem persönlich gewonnenen Eindruck in der mündlichen Verhandlung und einer Einsicht ins Zentrale Melderegister (Beilage I./ der Niederschrift, OZ 26). Dass der BF seine vierte Verurteilung bis dato leugnet ergibt sich aus seinen eigenen Angaben (OZ 26, S. 17 der Niederschrift).

Dass der BF bis dato seine Therapie nicht begonnen hat ergibt sich aus den im Akt einliegenden Rückmeldungen des Schweizerhaus Hadersdorf (OZ 34, 42 und 64) und den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung (OZ 18, S. 4 der Niederschrift; OZ 26, S. 13, 14, 15 der Niederschrift; OZ 66, S. 6, 7 der Niederschrift). Dass es ihm bis dato möglich gewesen wäre diese Therapie zu besuchen ergibt sich ebenfalls aus den Rückmeldungen des Schweizerhaus Hadersdorf (OZ 34, 42 und 64) und auch den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung: so gab der BF noch zunächst an, dass er aufgrund der „Corona-Krise“ keine Therapie hätte beginnen können (OZ 18, S. 4 der Niederschrift und OZ 26, S. 14 der Niederschrift). Diese Angaben erweisen sich aber vor dem Hintergrund der Rückmeldungen des Schweizerhaus Hadersdorf und den Angaben des BF, der dann nach Vorhalt der Rückmeldungen des Schweizerhaus Hadersdorf angab, sich dort nicht mehr gemeldet zu haben und, dass er sich habe „gehen lassen“ (OZ 26, S. 14 und 15 der Niederschrift) und schließlich zuletzt angab dort überhaupt nicht mehr sein zu wollen, rückfällig geworden zu sein und sich aus „Angst“ dort nicht mehr gemeldet zu haben (OZ 64, S. 6 und 7 der Niederschrift), als widersprüchlich und nicht wahrheitsgetreu. Dem BF war es somit jedenfalls möglich, seit 25.09.2020 eine Therapie zu beginnen. Er hat selbst zuletzt wieder angegeben, dass er derzeit keine Therapie macht, weil er wieder rückfällig („Kiffen“) geworden ist (OZ 66, S. 7 der Niederschrift).

Der BF hat auch vor dem erkennenden Gericht immer wieder angegeben, dass die Therapie für ihn wichtig wäre um sein Leben auf die Reihe zu bekommen und, dass er sie machen werde (OZ 18 S. 3 der Niederschrift; OZ 26, S. 13, 15, 24, 25 der Niederschrift) wobei er am 22.12.2020 sogar angab, dass er die Aufgaben seiner bedingten Entlassung ernst nehmen werde und „mich nicht wie ein kleines Kind anstellen“ werde und sich wirklich bemühen werde und in der nächsten Verhandlung alles dazu vorlegen und beweisen werde (OZ 26, S. 25 der Niederschrift). Schlussendlich hat der BF aber seine Therapie sieben Monate nach seiner bedingten Entlassung immer noch nicht begonnen und liegt dieser Umstand nur am BF, der immer wieder Ausreden findet, um die aufgetragenen Therapie nicht zu absolvieren und jedes Mal, wenn ihm ein Therapieplatz zu gewiesen wird, die Therapie nach wenigen Tagen abbricht wie im Jahr 2018 oder wenn ihm eine Therapeutin zugewiesen wird (wie zuletzt im Schweizerhaus Hadersdorf), diese Therapie plötzlich nicht mehr machen will und sich nicht mehr meldet. Das erkennende Gericht geht somit von einer äußerst negativen Zukunftsprognose aus und geht nicht davon aus, dass sich der BF an die Auflage der bedingten Entlassung in Form der Absolvierung einer Psychotherapie in Zukunft halten wird.

Die Feststellung zu den Anträgen auf Strafaufschub, der Abweisung am 29.05.2017, dem klinisch-psychologisches Gutachten vom 18.04.2018 und dem Beschluss vom 04.06.2018 und dem Abrechen seiner Therapie ergeben sich allesamt aus Beilage V./ der Niederschrift (OZ 26) und stimmen auch mit den Angaben des BF überein (OZ 26, S. 14, 18, 19 der Niederschrift).

Die Feststellungen zum Beschluss über die bedingte Entlassung vom 25.09.2020 und den Auflagen ergeben sich aus eben diesem (Beilage V./ der Niederschrift, OZ 26). Aus ebendiesem Beschluss ergeben sich auch die Ordnungsstrafen des BF während seiner Anhaltung in Haft.

Dass der BF hat in der Vergangenheit jedenfalls Heroin genommen hat ergibt sich aus seinen eigenen Angaben (OZ 26, S. 11, 15, 16, 17 22 der Niederschrift), der Cannabiskonsum ergibt sich aus dem Gutachten vom 18.04.2018 (Beilage V./ der Niederschrift, OZ 26). Aus dem Gutachten geht auch der Gebrauch von anderen Substanzen wie Kokain hervor. Dass er aktuell wieder kifft hat er selbst – trotz Belehrung über die Entschlagungsgründe – angegeben (OZ 66, S. 7 der Niederschrift).

Die Feststellung zum fehlenden Wohnsitz an der angegebenen Adresse ergibt sich aus den vergeblichen Versuchen, dem BF an der bekanntgegebenen Adresse Schriftstücke zuzustellen und gab der BF auch in der Verhandlung an, dort nicht gewohnt zu haben ua weil die Wohnung verschimmelt sei (OZ 66, S. 17f der Niederschrift). Am 26.11.2020 gab der BF aber an, dass an seine Adresse laut ZMR zugestellt werden könne (OZ 18, S. 4 der Niederschrift) und wurde ihm auch die Ladung zu der Verhandlung durch persönliche Übergabe zugestellt (OZ 17), da er zunächst den Rückschein nicht behoben hatte (OZ 6). In der Verhandlung am 28.04.2021 gab der BF an, dass er in einem Apartment übernachtet hätte (OZ 66, S. 17 der Niederschrift) und die Z2, dass er auch bei ihr genächtigt hätte (OZ 66, S. 17 der Niederschrift).

Dass der BF nicht kooperativ ist und den Kontakt verweigert ergibt sich aus dem im Gerichtsakt einliegenden Nachweisen der Polizei, die auch eine telefonische Kontaktaufnahme versucht hat (OZ 52, 62). Zudem hat das Gericht auch einmal eine Kontaktaufnahme per E-Mail versucht, auf die der BF nicht reagiert hat (OZ 33). Das nicht Erscheinen und das Verweigern des Kontaktes ergibt sich überdies aus dem Verhalten des BF in seinen Strafverfahren: So versuchte der Verein Neustart mehrfach die Kontaktaufnahme bzw. hielt der BF vereinbarte Terminen nicht ein (Beilage IV./, OZ 26, Schreiben Verein Neustart vom 02.10.2015 und vom 10.01.2017), bei denen er auch immer wieder Termine abgesagt hat bzw nicht erschienen ist. Auch die Gutachterin im Strafverfahren (zum Gutachten für den Strafaufschub nach 39 SMG), versuchte zunächst erfolgslos mit dem BF einen Termin für 13.04.2017, 19.04.2017, 20.04.2017 und 02.05.2017 zu vereinbaren, welche der BF alle nicht einhielt (Beilage V./ der Niederschrift, OZ 26, Beschluss vom 29.05.2017). Auch vor dem erkennenden Gericht zeigte sich der BF nicht kooperativ, da er versuchte, wie bereits zuvor, wenige Stunden vor der Verhandlung am 26.11.2020 die Verhandlung zu verschieben, wobei er zunächst telefonisch angab, dass er nicht wisse seit wann er sich krank fühle (OZ 18, S. 2 der Niederschrift) und ihm aufgetragen wurde, eine Bestätigung bis zur Verhandlung vorzulegen, weil zu diesem Zeitpunkt telefonische Krankschreibungen von den Ärzten vorgenommen wurden, er dann aber keinen Arzt erreicht hätte. Vor der erkennenden Richterin gab er dann aber plötzlich an, sich seit zwei Tagen krank zu fühlen und allenfalls am Vortag ein Pakemed genommen zu haben (OZ 18, S. 3 der Niederschrift). Die aufgetragene Krankmeldung legte er dem erkennenden Gericht in der Folge nicht vor. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass der BF zu diesem Zeitpunkt nicht krank war und seine Angaben nicht der Wahrheit entsprochen haben. Auch zur Verhandlung am 11.03.2021 erschien der BF grundlos nicht und wird den Angaben, dass er im Spital gewesen wäre, die der BF über seine Schwester ausrichten ließ (OZ 39) und es sich um einen Vorfall gehandelt hat, der unaufschiebbar gewesen wäre und somit eine Teilnahme an der Verhandlung unmöglich gewesen wäre, nicht geglaubt, da der BF auch trotz Aufforderung keine Unterlagen zu diesem Krankenhausaufenthalt vorlegen konnte und auch nach Rückfrage der Polizei er nicht im angegebenen Krankenhaus gewesen sei. Und auch dann, obwohl er bekannt gab, sich die bereitgehaltenen Dokumente zu holen, diese nicht abgeholt hat (OZ 46). Dieses gesamte durchgängige, jedenfalls seit 2015 bestehende Verhalten, stellt für das erkennende Gericht kein kooperatives Verhalten dar.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A.I:

3.1.1. §§ 52 und 53 Fremdenpolizeigesetz (FPG) lauten auszugsweise:

„Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) …

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

…“

„Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

…“

3.1.2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2.2. Gemäß § 52 Abs. 5 FPG kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

Der BF ist in Österreich geboren und verfügt über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EU. Die Aufenthaltskarte ist derzeit abgelaufen, dies ändert jedoch nichts daran, dass der Aufenthaltstitel weiterhin gültig ist, stellt die Aufenthaltskarte doch nur die Deklaration des Aufenthaltstitels dar.

3.1.2.3. Bis zum Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 (FrÄG 2018) mit BGBl. I Nr. 56/2018 verhinderte § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG die Erlassung von Rückehrentscheidungen gegenüber Fremden, die in Österreich geboren und langjährig rechtmäßig aufhältig und niedergelassen waren. § 9 Abs. 4 leg. cit. wurde mit dieser Novelle aufgehoben und trat am 31.08.2018 außer Kraft.

Die Verwirklichung des maßgeblich die Straffälligkeit des BF betreffenden Sachverhalts fand vor diesem Zeitpunkt statt, da der BF die letzte Tat am 24.07.2018 beging.

Die Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2018 halten hierzu wie folgt fest:

„Der geltende § 9 Abs. 4 Z 2 normiert, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen selbst bei hypothetischem Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthalts eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden darf, wenn sich der Betreffende auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und er von klein auf im Inland aufgewachsen sowie langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. Selbst wenn die Behörde demnach vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen die Voraussetzungen des Abs. 4 Z 2 erfüllenden Drittstaatsangehörigen im Zuge einer Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK zu dem Ergebnis kommen würde, dass beispielsweise aufgrund gravierender Straffälligkeit die Erlassung einer Rückkehrentscheidung dringend geboten wäre und die öffentlichen Interessen an der Erlassung einer solchen damit überwiegen, kann eine Rückkehrentscheidung aufgrund des Abs. 4 Z 2 dennoch nicht erlassen werden. Ein solches absolutes Verbot zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen Drittstaatsangehörige, auch wenn diese von klein auf im Inland aufgewachsen und langjährig rechtmäßig niedergelassen sind, ist jedoch weder unionsrechtlich noch verfassungsrechtlich geboten (vgl. etwa zur Rechtmäßigkeit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen in Deutschland geborenen und dort circa 30 Jahre aufhältigen türkischen Staatsangehörigen bei erheblicher Delinquenz EGMR 28.6.2007, 31753/02 [Kaya gg. Deutschland]) und erscheint es nicht sachgerecht, die Möglichkeit zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung selbst bei objektivem Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthalts in jedem Fall auszuschließen. In diesem Sinne war auch in der Vorgängerbestimmung zu § 9 Abs. 4, § 61 Z 3 und 4 FPG idF BGBl. I Nr. 100/2005, das darin vorgesehene Verbot der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht absolut, sondern konnte bei (schwerer) Straffälligkeit eine aufenthaltsbeendende Maßnahme sehr wohl erlassen werden. Davon abgesehen ergibt sich bereits aus Abs. 1, dass vor Erlassung jeder aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Rahmen der zwingend durchzuführenden Prüfung nach Art. 8 EMRK eine sorgfältige Abwägung der persönlichen Interessen des Fremden am Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu erfolgen hat. Die Kriterien, die dabei insbesondere zu berücksichtigen sind, sind in Abs. 2 demonstrativ genannt. Bereits nach dieser Bestimmung und unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung finden die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts sowie die Schwere allfällig begangener Straftaten des Betreffenden entsprechend umfassende Berücksichtigung. Auch die Bestimmung des Abs. 4 Z 1, wonach eine Rückehrentscheidung gegen die in Abs. 4 Z 1 genannten Drittstaatsangehörigen nur erlassen werden darf, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG vorliegen, erweist sich vor diesem Hintergrund lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt. Aus den vorgenannten Gründen wird daher vorgeschlagen, § 9 Abs. 4 ersatzlos entfallen zu lassen. An der gemäß Abs. 1 iVm Abs. 2 erforderlichen umfassenden Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK, bei der ua. die Art und Dauer des Aufenthaltes, die Bindungen zum Heimatstaat und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens zu beachten sind, ändert ein Entfall des Abs. 4 selbstverständlich nichts. Der Entfall eines vom Einzelfall losgelösten, absolut wirkenden Rückkehrentscheidungsverbots bzw. der Vorwegnahme des Ergebnisses einer Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK führt vielmehr dazu, dass den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles in gebührender Weise Rechnung getragen werden kann.“

3.1.2.4. Auf Basis der nach der Aufhebung dieser Bestimmung resultierenden Rechtslage, in Bezug auf Fälle, in denen vor 31.08.2018 eine Rückkehrentscheidung unzulässig gewesen wäre, erging bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs:

Zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 durch das FrÄG 2018 hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, dass sich § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt", erweist. Ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 sind die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0121; VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 bedarf (siehe VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 allgemein unterstellt wurde, dass die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen hat und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FPG, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel) (vgl. zum Gesamten VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238).

Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes ist bei Vorliegen solcher gravierenden Straffälligkeit, auch bei einem – aufgrund der langen Aufenthaltsdauer – sehr großem Interesse des Fremden im Bundesgebiet zu verbleiben, eine Rückkehrentscheidung auf Basis von § 52 Abs. 4 oder Abs. 5 FPG zu erlassen, wenn von dem Fremden eine maßgeblich große Gefährdung ausgeht.

3.1.2.5. Vice-Versa ist aber aufgrund dieser Judikatur auch davon auszugehen, dass gegenüber einem Fremden, der bis 31.08.2018 in den Anwendungsbereich des § 9 Abs. 4 BFA-VG vor dem FrÄG 2018 gefallen wäre, eine Rückkehrentscheidung unzulässig ist, wenn dieser zwar straffällig geworden ist, die Beurteilung dieser Straffälligkeit – also der Delikte und der näheren Tatumstände – jedoch den Begriff der geforderten „gravierenden Straffälligkeit“ nicht erfüllt. In diesem Fall erübrigt sich aus Sicht des Verwaltungsgerichts auch eine tiefgehende Prüfung der anderen Determinanten des § 9 Abs. 2 BFA-VG, da bereits mangels Verwirklichung dieser gravierenden bzw. schweren Straffälligkeit die Voraussetzungen für Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG nicht vorliegen würden und die Interessensabwägung des § 9 Abs. 2 leg. cit. nur bei Vorliegen der (Grund-)Voraussetzungen des § 52 Abs. 5 FPG zu prüfen wären.

3.1.2.6. Es ist daher in einem ersten Schritt zu untersuchen, ob der BF bis zum 31.08.2018 vor der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen seine Person durch § 9 Abs. 4 BFA-VG idF vor dem FRäG 2018 geschützt war und in einem zweiten Schritt ob seine vorliegende Straffälligkeit iSd obigen Judikatur als „gravierend“ bzw. „schwer“ zu qualifizieren ist.

Dass der BF in den Anwendungsbereich des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG fällt, kann im gegenständlichen Fall nicht zweifelhaft sein, da festgestellt werden konnte, dass er im Bundesgebiet geboren wurde, hier von klein auf aufgewachsen ist und hier auch langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, zumal er nach wie vor den unbefristetes Aufenthaltsrecht „Daueraufenthalt- EU“ innehat.

3.1.2.7. Im zweiten Schritt ist somit zu prüfen, ob die vom BF begangenen Straftaten ihrer Art nach oder aufgrund der Tatumstände eine „schwere“ bzw. „gravierende“ Straffälligkeit begründen.

Generell ist hierzu festzuhalten, dass sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts eine „gravierende“ Straffälligkeit nicht zwangsweise nur aus der Begehung von qualitativ „schweren“ Straftaten, wie die in obiger Judikatur genannten Delikte in § 53 Abs. 3 Z 6 bis 8 FPG, grenzüberschreitendem Drogenschmuggel oder Vergewaltigung ergeben kann. Vielmehr erscheint es auch möglich, dass sich aus einer hohen Quantität an Verurteilungen wegen (im Vergleich zu den zuvor erwähnten) „minderschweren“ Straftaten, insbesondere bei oftmaliger Begehung von Delikten gegen dasselbe Rechtsgut bzw. Wiederholungstaten, eine „gravierende Straffälligkeit“ iSd der oben wiedergegebenen gesetzgeberischen Überlegungen zur Aufhebung von § 9 Abs. 4 BFA-VG ergibt, wenn diese zusätzlich von einer für den Fremden negativen Zukunfts- bzw. Gefährdungsprognose begleitet wird. Die vom VwGH im obigen Judikat genannte „spezifische Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen“ entsteht dabei durch die hohe Wahrscheinlichkeit für weitere entsprechende Tatbegehungen durch den Fremden, bei gleichzeitigem Vorliegen einer geringen Wahrscheinlichkeit für eine zukünftig erfolgreiche soziale, wirtschaftliche und vor allem rechtschaffene Integration des Fremden, auch wenn dieser bereits lange im Bundesgebiet aufhältig ist (vgl. dazu auch zB BVwG W282 2222664-1; W282 2220659-1 ; W282 2220197-1; W282 2234941-1 ; W281 2225326-1 und W281 2227194-1)

3.1.2.8. Dieser Umstand ist beim BF aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts denkbar knapp gerade noch nicht erfüllt:

Der BF wurde innerhalb von vier Jahren sechs Mal verurteilt, wobei er zwei Mal wegen des Verbrechens des versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls und drei Mal wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten teilweise auch gewerbsmäßigen Diebstahls und wegen insgesamt vier Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift sowie auch wegen Begünstigung und Entfremdung unbarer Zahlungsmittel verurteilt wurde. Seine vierte Verurteilung leugnet er bis zuletzt. Der BF gab an, die Taten aufgrund seiner Suchtmittelabhängigkeit begangen zu haben. Zudem sind seine Tatbegehungen auch von einem jeweils raschen Rückfall innerhalb (mehrerer) offener Probezeiten, teilweise auch der Tatbegehung während der Gewährung eines Strafaufschubes nach § 39 SMG und teilweise auch die Begehung in Kenntnis eines anhängigen Strafverfahrens gekennzeichnet. Der BF beging diese Taten um seine Heroinsucht zu finanzieren. Eine besondere Reue oder Einsicht hat er nicht gezeigt.

Hierzu ist ausdrücklich festzuhalten, dass es keineswegs das Ziel des Bundesverwaltungsgerichts ist, die Straftaten des BF in irgendeiner Weise zu relativieren, zu beschönigen oder zu verharmlosen. Insbesondere die Verurteilung wegen versuchten gewerbsmäßigem Verkauf von Suchtgift und der rasche Rückfall sowie die Begehung während des Strafaufschubes, der gewerbsmäßigen Diebstähle zur Finanzierung seiner Drogensucht sowie generell die Begehung der insgesamt sechs Delikte zwischen 2014 und 2018 im vom BF begangenen Ausmaß und Umfang im Jahr 2018 wiegt zweifelfrei äußerst schwer. Dennoch ist die Straffälligkeit des BF an sich bei gesamtheitlicher Betrachtung der Vorstrafen vor dem Hintergrund der zu § 52 Abs. 5 FPG zitierten Judikatur noch nicht als „gravierend“ zu qualifizieren.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die verkauften Mengen an Suchtgift noch vergleichsweise gering waren, dies vor allem bei der sechsten Verurteilung.

Es steht daher für das Verwaltungsgericht fest, dass der BF in erheblichem Umfang straffällig geworden ist. Dennoch bleibt diese erhebliche Straffälligkeit – für das Gericht augenmerklich mit nur noch sehr geringem Abstand – hinter dem Begriff der von der aktuell vorherrschenden Judikatur geforderten „gravierenden“ bzw. „schweren“ Straffälligkeit zurück.

Nach § 52 Abs. 11 FPG wirkt zudem eine derzeitige Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nicht unbeschränkt pro futuro und kann im Fall, dass ein Fremder in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten setzt, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde, eine solche erneut vom Bundesamt gegen ihn erlassen werden. Unter einem solchen „Verhalten“ wäre nach Auffassung des Gerichtes dabei insbesondere jede neuerliche strafrechtliche Verurteilung zu verstehen, insbesondere dann, wenn sie während einer offenen Probezeit erfolgt oder allenfalls auch dann, wenn die Verurteilungen noch nicht getilgt sind.

Somit ist festzuhalten, dass aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Straftaten des BF (gerade noch) keine gravierende bzw. schwere Straffälligkeit iSd der gesetzgeberischen Erläuterungen zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG durch das FrÄG 2018 und vor dem Hintergrund der vorherrschenden Judikatur vorliegt.

3.1.2.9. Eine positive Zukunftsprognose kann aufgrund des jeweils raschen Rückfalls nicht gegeben werden und ist der Zeitraum nach der Haftentlassung noch zu kurz, um von einer positiven Zukunftsprognose auszugehen. Zudem leugnet der BF immer noch seine vierte Verurteilung und erkennt diese somit nicht an.

Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass der BF wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert wird und konnte er auch nicht nachweislich belegen, dass er sich tatsächlich darum bemüht hat.

Der BF hat in Haft eine Therapie gemacht. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass der BF den Auflagen seiner bedingten Entlassung nachkommt und hat immer noch keine Therapie begonnen. Für das erkennende Gericht hat sich in der Verhandlung gezeigt, dass der BF auch kein Interesse hat, diese Therapie überhaupt zu absolvieren, da er sich zwar meist für kurze Zeiträume „therapiewillig“ zeigt – insbesondere dann, wenn es um einen Strafaufschub, die Entlassung aus der Haft oder um eine drohende Rückkehrentscheidung geht – dann aber immer wieder Ausreden findet, warum er keine Therapie beginnen konnte und dazu auch bewusst falsche Angaben vor dem erkennenden Gericht gemacht hat oder dann plötzlich diese Therapie in der Einrichtung doch plötzlich „nicht will“. Zudem ist er nicht kooperativ und verstößt gegen das Meldegesetz. Auch seine Familie konnte ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten und konnte ihn auch nicht dazu bringen, die Auflagen der bedingten Entlassung, insbesondere die Absolvierung einer Therapie zu beginnen oder zu absolvieren. So hat er mit seiner Familie nicht einmal darüber gesprochen, dass er eine Therapie zu absolvieren bzw. denken manche Familienmitglieder, dass er bereits eine Therapie absolviert, obwohl er noch keine begonnen hat. Zudem gab der BF – trotz Belehrung über die Entschlagungsgründe – von sich aus an, dass er wieder mit dem „Kiffen“ begonnen habe. Auch davon konnte ihn seine Familie offenbar nicht abhalten.

Auch wenn der BF vor dem erkennenden Gericht immer wieder angab, sich schon geändert zu haben (OZ 18, S. 3 der Niederschrift; am 26.11.2020) oder zuletzt nur mehr angab sich ändern zu wollen (OZ 66, S. 19 der Niederschrift), die Zeugen auch nur befragte, ob er sich ändern werde (OZ 66, S. 10, und 13 der Niederschrift) oder auch immer wieder versprach Unterlagen vorzulegen (zB OZ 26, S. 25 der Niederschrift), geht das erkennende Gericht nicht davon aus, dass sich der BF ändern wird. So zeigt er doch in der letzten Verhandlung, dass er keine seiner Unterlagen mitgenommen hat und sich diesbezüglich auf seine Schwester verlässt (OZ 66, S. 5 der Niederschrift). So ist für das Gericht nicht einmal erkennbar, dass er sich darum bemüht hat, wenn er angibt, dass seine Schwester den Versicherungsdatenauszug an das Gericht gefaxt hätte und sie diesen vielleicht mithätte (OZ 66, S. 4 der Niederschrift), die Schwester dann aber angibt, dass der BF seine Post bei der Poststelle nicht hätte abholen können, weil er seinen sichergestellten Reisepass nicht habe und seine Dauerhaltsaufenthaltskarte abgelaufen sei und er mit der abgelaufenen Karte die Post nicht beheben könnte (OZ 66, S. 16 der Niederschrift). Nach dieser Argumentation hätte der BF ja den Versicherungsdatenauszug, wenn er ihm zugeschickt worden wäre, gar nicht beheben können. Dann hätte der BF aber gleichzeitigt auch nicht davon ausgehen können, dass ihn seine Schwester an das Gericht gefaxt hat. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass sich der BF darum vier Monate lang nicht gekümmert hat. So kann aber im Ergebnis auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der BF ändert, wenn er sich vier Monate nach dem Auftrag zur Urkundenvorlage immer noch auf seine Schwester ausredet.

Es ist daher von einer äußerst negativen Zukunftsprognose auszugehen.

3.1.2.10. Entsprechend der oben wiedergegeben Judikatur bleibt daher aber fallbezogen im Hinblick auf die sehr lange Aufenthaltsdauer und darauf, dass der BF in Österreich von klein an aufgewachsen ist, vor dem Hintergrund der vorherrschenden Judikatur kein Spielraum für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung bestehen.

Im Ergebnis ist daher eine Rückkehrentscheidung nicht zulässig.

3.1.2.11. Vor diesem Hintergrund ist aber auch wie bereits unter Punkt 3.1.2.5. erläutert keine Interessensabwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG zu prüfen.

3.1.2.12. In Ansehung der zu Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 4 bzw. Abs. 5 FPG ergangenen Judikatur des VwGH (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0224, VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067) war jedoch nicht die dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung iSd § 9 Abs. 3 1. Satz BFA-VG iVm der nach § 58 Abs. 2 AsylG 2005 notwendigen Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 auszusprechen; vielmehr ist diesen Fällen die Rückkehrentscheidung samt den darauf aufbauenden Spruchpunkten ersatzlos zu beheben. In Fallkonstellationen der Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 4 bzw. Abs. 5 FPG setzen die letztgenannten Bestimmungen bereits ex-lege das Vorhandensein eines Aufenthaltstitels oder zumindest eines Verlängerungsantrags auf erneute Erteilung eines solchen (§ 24 NAG) und des nachfolgenden Vorgehens der Niederlassungsbehörde nach § 25 NAG voraus. Gegenständlich verfügt der BF unverändert über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. Die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ist daher weder rechtlich möglich noch geboten. Ein dezidierter Ausspruch darüber, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 5 FPG aufgrund des Nicht-Vorliegens der Anwendungsvoraussetzungen für diese Bestimmung oder aufgrund der Abwägung nach § 9 Abs. 2 BFA-VG unzulässig ist, muss nicht erfolgen (erneut: VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067, Rn. 18), zumal eine bestimmte "Prüfreihenfolge" zwischen diesen Bestimmungen nicht besteht (VwGH ebendort, Rn. 19).

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher stattzugeben und ohne den entbehrlichen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.

3.1.2.12. Die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides II. bis IV. (Zulässigkeit der Abschiebung, Einreiseverbot, Frist für die freiwillige Ausreise) stehen in untrennbarem Zusammenhang der Rückkehrentscheidung in Spruchpunk I. des angefochtenen Bescheids bzw. bauen auf diesem auf. Somit waren auch diese Spruchpunkte und dahingehend mangels verbleibender Spruchpunkte der gesamte angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.2. Zu Spruchteil A.II:

3.2.1. In der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2021 stellt die belangte Behörde einen Antrag auf Aufwandersatz im gesetzlichen Ausmaß.

3.2.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen das AVG lauten auszugsweise:

„V. Teil: Kosten Kosten der Beteiligten

§ 74. (1) Jeder Beteiligte hat die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

(2) Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

§ 75 Kosten der Behörden

§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.
(3) Die gesetzlichen Bestimmungen über die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes bleiben unberührt.

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.
(4) Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
(5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind – falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben – von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

§ 77

§ 77. (1) Für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes können Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Kommissionsgebühren sind in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) oder, soweit keine Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, als Barauslagen nach § 76 aufzurechnen. Die Pauschalbeträge (Tarife) sind nach der für die Amtshandlung aufgewendeten Zeit, nach der Entfernung des Ortes der Amtshandlung vom Amt oder nach der Zahl der notwendigen Amtsorgane festzusetzen.
(3) Die Festsetzung der Pauschalbeträge (Tarife) erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung.
(4) Die Kommissionsgebühren sind von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde zu tragen hat.
(5) Entsenden andere am Verfahren beteiligte Verwaltungsbehörden Amtsorgane, so sind von der die Amtshandlung führenden Behörde Kommissionsgebühren nach den für die entsendeten Organe geltenden Tarifen als Barauslagen einzuheben und dem Rechtsträger, dem die entsendeten Verwaltungsorgane zugehören, zu übermitteln.
(6) § 76 Abs. 4 gilt auch für die Kommissionsgebühren.

§ 78

§ 78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.

(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1 090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.
(3) Das Ausmaß der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeverwaltung richtet sich nach den auf Grund des Finanz-Verfassungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften.
(4) Die Bundesverwaltungsabgaben sind von der Behörde einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die deren Aufwand zu tragen hat.
(5) Die Art der Einhebung ist für die Bundesbehörden durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung zu regeln.“

3.2.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:

„Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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