Entscheidungsdatum
05.07.2021Norm
AsylG 2005 §15b Abs1Spruch
W124 2214388-3/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Bundesbetreuungsagentur GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF) , ein Staatsangehöriger Gambias, stellte am XXXX erstmalig einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er mit der politisch sowie sozial instabilen Lage in Gambia begründete. Zudem habe sich der BF als freiberuflicher Journalist kritisch gegenüber der Regierung geäußert, sei politisch in der Partei PDOIS (oppositionelle Partei der Demokratischen Volksorganisation für Unabhängigkeit und Sozialismus) sowie der Gambia Student Association (GSA) aktiv gewesen und habe eine Demonstration „angeführt“, im Zuge derer einige Teilnehmer inhaftiert sowie getötet worden seien. Darüber hinaus gehöre er den „Griots“ an, einem Clan innerhalb der Volksgruppe der Mandinka, und sei bereits im Jahr 2002 aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit von der Polizei attackiert sowie für elf Stunden inhaftiert worden.
Der Erstantrag des BF auf internationalen Schutz wurde im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia zulässig ist. Darüber hinaus wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
2. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am XXXX den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Zu den Gründen seiner neuerlichen Antragstellung gab er im Wesentlichen an, dass sein „alter Fluchtgrund“ aufrecht bleibe. Die Situation in Gambia sei noch schwieriger geworden. Der BF habe aufgrund seiner regierungskritischen Haltung und Äußerungen „große Probleme“ bekommen, er werde „von Gambiern überall in Europa verfolgt und bedroht“, nunmehr würde ihn ein ganzes Netzwerk von Leuten bedrohen. Er befürchte, im Falle einer Rückkehr nach Gambia für den Rest seines Lebens eingesperrt oder getötet zu werden. Er sei auch gewarnt worden, nie wieder einen Fuß nach Gambia zu setzen, damit er nicht getötet werde.
Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer die Unterkunftnahme im Quartier XXXX “ angeordnet.
Mit angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Zudem wurde dem BF gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen, ab dem XXXX im Quartier XXXX Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt III.).
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom XXXX Beschwerde erhoben.
Der zweite Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass sich die Rechtslage im Bereich des Asyl-, und Fremdenrechts nicht entscheidungswesentlich geändert habe und dies in der Beschwerde auch nicht behauptet worden sei.
Es seien jedoch auch keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht worden. Der BF habe erneut auf die Gefahr einer Verfolgung seiner Person in Gambia aufgrund seines politischen Engagements hingewiesen. Sofern der BF niederschriftlich einvernommen vor der belangten Behörde hinsichtlich der Frage, was denn nunmehr konkret seine neuen Fluchtgründe wären, angegeben habe, dass aufgrund seiner Person nun auch sein Bruder in Gambia „belästigt“ worden sei, so stelle dieser Umstand im gegenständlichen Verfahren keinen neuen Grund für eine Verfolgung seiner Person und damit auch keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes dar. Es sei im Hinblick auf die angebliche Gefahr einer staatlichen Verfolgung des BF aufgrund seiner politischen Betätigung nur ein unsubstantiiertes Vorbringen erstattet worden, um die Fluchtgründe des vorangegangenen Asylverfahrens zu bekräftigen. Sofern der BF im Verfahren auf etwaige „Bedrohungen“ oder „Belästigungen“ seiner Person in Europa verweise, so sei dies vage und unsubstantiiert geblieben und würde keine Verfolgung seiner Person in Gambia glaubhaft zu machen. Der BF sei damit bei seinem Fluchtvorbringen aus dem vorangegangenen Verfahren verblieben, welches bereits für nicht glaubhaft befunden worden sei und keiner neuerlichen inhaltlichen Prüfung zugeführt werden habe können. Das Bundesverwaltungsgericht sei daher zum Schluss gekommen, dass der BF in seinem nunmehr zweiten Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neue Fluchtgründe vorgebracht habe.
Bei Folgeanträgen seien die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH, 15.05.2012, 2012/18/0041). Soweit im Beschwerdeschriftsatz unsubstantiiert und ohne nähere Konkretisierungen behauptet werde, die Situation in Gambia „habe sich weiterhin verschlechtert“, so entspreche dies nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes und habe der BF auch nicht konkret vorgebracht, was sich in Gambia in den vergangenen Monaten entscheidungswesentlich verändert hätte. Den Länderfeststellungen sei vom BF auch nicht entgegengetreten. Zusammengefasst ist daher dem BFA zuzustimmen, dass keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.
Es seien auch keine wesentlichen, in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, etwa eine schwere Erkrankung oder ein sonstiger auf seine Person bezogener außergewöhnlicher Umstand, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe. Ärztliche Befunde seien nicht vorgelegt worden.
3. Am XXXX stellte der BF den dritten – gegenständlichen- Antrag auf internationalen Schutz vor der Landespolizeidirektion XXXX . Zu seinen Fluchtgründen führte der BF aus, dass er in Gambia in einer öffentlichen Organisation für junge Menschen, in der sie Politiker und die Opposition kritisiert hätten, gewesen seien. Er habe im Radio und Internet gesprochen, weshalb seine Stimme als Kritiker der Regierung bekannt sei und sei daher auch ein Problem für die Regierung. Sein Reisepass sei von der gambischen Botschaft in XXXX eingezogen worden, weil er für diese gefährlich geworden sei. Als Ausreise-, Flucht-, bzw. Verfolgungsgrund führte der BF eine Demonstration an, an der er teilgenommen habe. Sechs Leute seien von der Militärpolizei festgenommen worden, sie hätten aber zu elft in den Senegal fliehen können.
XXXX sei er nach Afrika zurückgeflogen und habe dort drei Monate Urlaub machen wollen, sei aber nach 15 Tagen wieder ausgereist. Ein Freund im Senegal habe ihm gesagt, er müsse diesen so schnell als möglich verlassen. Seine Mutter und seine Schwester seien gefährdet worden, weil er bei dieser Demonstration teilgenommen habe. Seine Volksgruppe würde in Gambia Probleme haben, als es Kulturunterschiede geben würde, indem sie eine Musik spielen würden, die die anderen nicht mögen würden.
Ein Freund habe dem BF am Telefon erzählt, dass seine zwei Brüder von der Polizei gefoltert werden würden. Dem BF würde nach Aussage des BF ähnliches passieren. Alle zwei bis drei Tage würde es zwei bis drei Tage Todesfälle geben.
In der Niederschrift vom XXXX führte der BF zu seinen Fluchtgründen aus, dass er innerhalb seiner Familie die meist gesuchte Person von Gambia sein würde. Sein Leben würde dort in Gefahr sein. Der Stiefvater des BF sei getötet worden, nachdem die Eltern des BF getötet worden seien. Sein Bruder sei vor einigen Wochen misshandelt worden und seien ihm dabei die Zähne eingeschlagen worden. Sie hätten gesagt, dass sie den BF nicht erwischen könnten, weshalb man Mitglieder der Familie des BF genommen habe. Hintergrund dessen sei seine politische Verstrickung und sein politisches Engagement. Er würde einer Minderheit in Gambia angehören. Ihnen würde das Recht verweigert werden an der Politik teilzunehmen. Er habe über die Rechte der Minderheit der „Griot“ gesprochen. Sie würden überall benachteiligt werden und sich auf der untersten sozialen Stufe befinden, keine Jobs bekommen, keine Rechte haben. Dies sei vom BF angeprangert worden.
Nach der Demonstration sei der BF weg und seien sei zum Haus seiner Eltern gekommen und hätten diese getötet. Er würde als „Girot“ verfolgt. Als einziger seiner Familie habe er sich politisch engagiert und sei deshalb verfolgt worden. Vor ca. vier, fünf Wochen habe man seinen Bruder misshandelt. Die Regierung habe gesagt, dass sich der BF aus der Politik raushalten solle. Dies sei vom BF mit der Begründung, dass er das Recht dazu habe, verneint worden. Er würde über die „Griots“ weiter die Wahrheit sagen.
Er habe drei Brüder. Zwei davon seien wegen des politischen Engagements misshandelt worden. Ein Fall habe vor sechs Jahren stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt habe man den Bruder des BF geistig zerstört. Der zweite Fall habe erst vor kurzem stattgefunden, als man seinem Bruder die Zähne gebrochen hätte.
An die Einvernahme zu den Angaben seines ersten Antrages auf internationalen Schutz könne sich der BF nicht mehr erinnern. Er sei im Kopf nicht so gut beisammen. Die Frage nach der Änderung seit XXXX beantwortete dieser damit, dass er sich letztes Jahr noch sicherer gefühlt habe und sich heute mehr fürchten würde. Auf Vorhalt, dass der BF etwas bei der Polizei angegeben habe, antwortete dieser damit sich nicht erinnern zu können und es ihm heute nicht so wie gestern gehen würde. Es würde ihm psychisch nicht gut gehen.
Zu seinen Brüdern gefragt, führte dieser aus, dass es den einen gegeben habe, den sie psychisch zerstört hätten. Er habe keine Behandlung bekommen, sei gebrochen und würde auf der Straße leben. Ein anderer Bruder sei von den Behörden bis Libyen vom Geheimdienst verfolgt worden, indem man sein Gehirn zerstört habe. Den dritten Bruder habe man im Schlaft erstochen, weil er ein „Griots“ sei. Auf die Frage, wann der Bruder erstochen worden sei, gab dieser an, dass seine Mutter erstochen worden sei. Er würde diese Leute nicht mögen und mit ihnen keine Verbindung haben wollen. Auf die Frage, ob seine Brüder nun alle am Leben seien, bejahte dieser die Frage und gab an, dass nur einer von ihnen arbeiten würde. Auf Vorhalt, dass der BF bei der Erstbefragung angegeben habe, dass sein Bruder nach der Rückkehr von Libyen verstorben sei, dass dies vor einem Jahr gewesen sei und dieser das erste Opfer gewesen sei, gab dieser an, dass sie nur menschliche Wesen seien und hätte man sie töten wollen.
In XXXX habe er seinerzeit als Sicherheitskraft am Flughafen gearbeitet. Ein Freund habe ihn angerufen, weil man ihn wegen des Präsidenten benötigt hätte. Dieser sei im Zuge einer Demonstration, die der BF beobachtet habe, verletzt worden. Seine Sicherheitsleute seien sodann vom Auto gesprungen und hätten Demonstranten attackiert. Der BF habe einen Freund, der aus Schweden gekommen sei und sich sein Bein dabei gebrochen habe. Sie hätten diesen dann ins Krankenhaus gebracht. Im selben Auto, indem sie den Verletzten ins Krankenhaus gebracht hätten, habe sich ein Herr XXXX befunden. Dieser habe zum BF gemeint, dass er sich fernhalten solle, da er ein Krimineller sein würde. Seitdem würde das Leben des BF von der gambischen Geheimpolizei überwacht. Eine Ausstellung seines Reisepasses sei ihm verweigert worden. Die Frage, wie der BF gemerkt habe, dass er in Europa vom gambischen Geheimdienst verfolgt werden würde, beantwortete dieser damit, dass er mit der Polizei viel zusammengearbeitet habe, als er jung gewesen sei. Er würde einige Mitglieder der gambischen Polizei persönlich kennen. Unter den Leibwächtern des Präsidenten würde es Personen geben, die er persönlich kennen würde. Auf Wiederholung der Frage führte dieser aus, dass eine Intervention stattgefunden habe. Er sei niemals in gambische Clubs eingeladen worden. Der Zutritt sei dem BF verweigert worden. Die Frage von welchem Büro er sprechen würde, beantwortete dieser damit, dass er von einer Vereinigung in XXXX ausgehe. Bevor er dort hingekommen sei, habe er einen aus Gambia gesehen, der hineingegangen sei. Der BF habe gewusst, dass über ihn gesprochen worden sei. Ale er hineingehen habe wollen, seien die Türen vor ihm verschlossen gewesen. Man habe dem BF gesagt, dass sein Grund in Gambia eingezogen worden sei.
Die Frage, wo seine Brüder leben würden, beantwortete dieser damit, dass einer in Gambia, die anderen auf der Straße leben würden. Sie würden über ein Netzwerk verfügen und ihn verfolgen, wo immer er sich aufhalten würde. Die Frage, ob dies im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zur Minderheit der „Griots“ stehen würde, bejahte dieser damit, dass sie einen nach dem anderen von ihnen töten wollten. Sie würden deren Gehirne zerstören. Der Sohn des BF sei von gambischen Leuten geschlagen und seine Ex-Frau getötet worden. Letzten Juni habe er die Information erhalten, dass man den BF als Opfer für sein Land töten habe wollen. Gambia würde den BF nichts mehr angehen, dennoch hätten man den BF töten wollen. Er habe einen Asylantrag gestellt, um seine Familie zu retten. Das Leben des BF sei gut gewesen und sei es ihm gut ergangen, doch sei er nun krank in seinem Kopf. Er sei in Behandlung, habe ihm aber nur Medizin gegeben.
4. Mit angefochtenen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.).
5. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass dem BF schon in seinem ersten Asylverfahren aufgrund von ausführlichen Recherchen gegengehalten werden habe können, dass die „Griots“ weder staatlicher noch privater Verfolgung ausgesetzt gewesen seien. Es sei zudem höchst unglaubwürdig, dass man sich viele Jahre nach seiner Ausreise an seinen Familienmitgliedern lediglich wegen seines politischen Engagements rächen habe wollen. Seine Teilnahme an der Demonstration in seinem Heimatland sei bereits von der Rechtskraft seines Erstverfahrens umfasst und bedürfe keiner näheren Erörterung.
Die aktuellen Angaben würden überdies erheblich variieren. Habe der BF bei der Erstbefragung noch angegeben, dass zwei Brüder von der Polizei geschlagen und gefoltert worden seien und man ihnen die Knochen gebrochen und die Zähne ausgeschlagen habe, ein Bruder nach Gambia zurückgebracht und getötet worden sei, so habe der BF dann im Zuge seiner Einvernahme widersprüchlich dazu angegeben, dass man einen Bruder vor 6 Jahren geistig zerstört und nur einen seiner anderen Brüder kürzlich die Zähne ausgeschlagen habe. Konkret danach befragt, ob seine drei Brüder alle noch leben würde, bejahte dieser dies entgegen seiner Angaben bei der Erstbefragung. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der BF bei der Erstbefragung in seinem ersten Asylverfahren am XXXX auf die Frage nach seinen Angehörigen in seinem Herkunftsland oder einem anderen Drittstaat nur einen Bruder angeführt habe, der sich zu diesem Zeitpunkt in Italien oder der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Auch im Zuge seiner Einvernahme am XXXX habe er von keinen weiteren Familienangehörigen gesprochen. Aus diesem Grunde würde feststehen, dass dieses neue Vorbringen zweckmäßig konstruiert sei, da die Behörde nur von einem Bruder ausgehen würde.
Die vom BF präsentierte Geschichte über eine Demonstration in XXXX sei – unabhängig von der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF- nicht von Relevanz. Es würde nicht über eine Überstellung nach Frankreich, sondern in das Heimatland des BF abgesprochen werden. Soweit der BF vorbringe, dass er seit diesem Vorfall in Europa von gambischen Geheimdienst verfolgt werden würde, habe der BF auf konkrete Befragung in keiner Weise überzeugen können. Da der BF sein Vorbringen im gegenständlichen Asylverfahren auf ein bereits rechtskräftig als unglaubwürdig qualifiziertes Vorbringen gestützt habe bzw. sein gegenwärtiges Vorbringen auf ein solches aufbaue, könne kein neuer Sachverhalt vorliegen, weil jeder Sachverhalt, welcher auf dieses unglaubwürdige bzw. mit diesem im Zusammenhang stehende Vorbringen aufbaue, nach den Denkgesetzen der Logik ebenfalls als unglaubwürdig zu werten sei und der darin behauptete Sachverhalt in der Tatsachenwirklichkeit nicht existieren würde.
Im Ergebnis sei daher festzustellen, dass es dem BF auch im zweiten Folgeverfahren nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen (wobei auch auf die Ausführungen in seinem ersten Folgeverfahren verwiesen worden sei) und es hier mangels glaubhaften Kern des neuen lediglich gesteigerten Vorbringens und auch im Hinblick auf die aktuellen Länderfeststellungen zu Gambia zu keiner entscheidungsrelevanten und zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderung gekommen sei. Somit sei auch der gegenständliche zweite Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Dass der BF den gegenständlichen Asylantrag erst gestellt habe, nachdem der BF im Zuge einer Polizeiamtshandlung auf Grund eines gegen ihn bestehenden Festnahmeauftrages festgenommen worden sei, sei auf Grund der Aktenlage zweifelsfrei belegt. Dieser Umstand zeige, dass gegenständlicher Asylantrag nicht zur Erlangung von Schutz vor asylrelevanter Verfolgung gestellt worden sei und daher unbegründet sei.
Rechtlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass allgemein bekannte Sachverhaltsänderungen seit rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens, die vor dem Hintergrund seiner individuellen Situation die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichen oder gebieten würden und die das Bundesamt von Amts wegen zu berücksichtigen habe (vgl. dazu etwa VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321) nicht ersichtlich seien. Die von Amtswegen zu berücksichtigende Ländersituation habe ebenfalls keinen entscheidungsrelevanten neuen Sachverhalt hervorgebracht, weshalb auch diesbezüglich von entschiedener Sache auszugehen sei. Aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung würde sich ergeben, dass der BF im Zuge des Verfahrens keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe. Es habe daher kein im Vergleich zu den Feststellungen des Erstverfahrens neuer Sachverhalt festgestellt werden können. Da weder in der maßgeblichen Sachlage noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lasse, stehe die Rechtskraft des Erkenntnisses vom XXXX einem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten iSd § 3 AsylG, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG entgegen, weswegen das Bundesamt zu seiner Zurückweisung verpflichtet sei.
Da dem BF gegenüber eine vorherige mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung noch aufrecht sei, sei eine neuerliche Rückkehrentscheidung nicht zu erlassen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 u. 13.02.2018, Ra 2017/18/0332-5). Der BF sei zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet. Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge sei von der Einleitung des gegenständlichen Asylverfahrens unverzüglich verständigt worden.
6. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom XXXX , wurde im Wesentlichen moniert, dass bei gesetzesmäßiger Führung das Vorbringen zu entscheidungsrelevanten Tatsachen erhoben worden sei und dem BF nach einer mängelfreien Beweiswürdigung die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden hätte müssen. Ohne sich näher mit der Situation des BF zu beschäftigen, habe sich das BFA auf die zu allgemein gefassten Länderinformationen gestützt. Entgegen der Ansicht des BFA habe sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des letzten Asylverfahrens maßgeblich geändert. Wie der BF bereits angegeben habe, spitze sich die Lage für ihn in seinem Heimatland immer mehr zu. Die Änderungen seiner Fluchtgründe seien ihm seit Juli oder XXXX bekannt und seien somit nach Rechtskraft des Vorverfahrens bekannt geworden. Es liege daher keine entschiedene Sache vor und hätte dem BF der Status des Asylberechtigten oder zumindest des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen.
Wie bereits dargelegt, könne im Falle einer Abschiebung nach Gambia nicht ausgeschlossen werden, dass der BF einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSd Art 3 EMRK und Art 4 GRC ausgesetzt sein würde. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würden daher vorliegen.
Ergänzend dazu führte der BF am XXXX an, dass sich der BF bisher nicht getraut habe anzugeben, da es ihm zu persönlich und zu unangenehm sei, dass er homosexuell sein würde. Homosexualität würde in Gambia verboten und bestraft werden. Auf Grund seiner geschlechtlichen Orientierung sei der BF vielen Stereotypen und Beleidigungen ausgesetzt gewesen. Dem BF drohe im Falle seiner Rückkehr nach Gambia auch aus diesem Grund Verfolgung und menschenunwürdige Behandlung. Dem BF sei nun bewusst geworden, dass er wirklich alle Probleme angeben müsse, weshalb er sich nun dazu überwunden habe, offen über diese Problematik zu sprechen. Der Vollständigkeit halber würde ein handgeschriebener Brief des BF beigefügt, in der er über diese Problematik berichten würde. Es würde ersucht werden auch diesen Punkt im weiteren Verfahren zu berücksichtigen und es würden die Anträge wie bisher gestellt werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF ist ledig sowie Staatsangehöriger Gambias. Seine Identität steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Er gehört der Volksgruppe der Mandinka an und gibt an, sich zum islamischen Glauben zu bekennen.
Er hat bis zu seiner Ausreise im gambischen Ort XXXX gelebt, wo er insgesamt elf Jahre die Schule besucht und eine Berufsausbildung im Bereich eines privaten Sicherheitsdienstleisters absolviert hat. Diesen Beruf hat er bis zu seiner Ausreise auch ausgeübt.
Der BF leidet an keinen erheblichen physischen oder psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen und ist arbeitsfähig. Der BF verfügt über Berufserfahrung. Er ist jung, gesund und erwerbsfähig und ist davon auszugehen, dass er sich in Gambia wieder eine Existenz aufbauen kann. Es besteht damit keine reale Gefahr, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.
Es leben keine nahen Familienangehörigen oder Verwandten des BF in Österreich und es kann nicht festgestellt werden, dass er sich in einer Beziehung oder Lebensgemeinschaft befindet. Ein Bruder des BF lebt in Gambia.
Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hält sich seit mindestens XXXX im Bundesgebiet auf. Entfernte Verwandte von ihm leben seinen Angaben nach in Österreich. Der BF betätigte sich in Österreich als Verkäufer einer Straßenzeitung und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung. Er weist in Österreich jedoch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Mit Urteil des Landesgerichts Wels vom XXXX wurde der BF wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt.
1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der BF stellte am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde.
Das Ermittlungsverfahren aufgrund des ersten Folgeantrages auf internationalen Schutz vom XXXX ergab, dass keine substantiellen neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden und sich die individuelle Situation für den BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Gambia nicht in einem Umfang verändert hat, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen ist.
Der BF stellte am XXXX den zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Das Ermittlungsverfahren führte auch im gegenständlichen Verfahren dazu, dass keine substantiellen neuen Fluchtgründe vorgebracht worden sind und nicht von einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes im Hinblick der individuellen Situation für den BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Gambia geändert hat.
Zwischen rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens mit XXXX und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom XXXX Ist keine wesentliche Änderung der Sach-, oder Rechtsalge eingetreten.
Der BF brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, denen zumindest ein glaubhafter Kern innewohnt. Die Behauptung, dass der BF homosexuell sein würde, konnte nicht glaubwürdig erachtet werden.
1.2. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom XXXX getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Gambia zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine entscheidungswesentliche Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:
Länderfeststellungen zu Gambia
Politische Lage
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten. Dieser ist gleichzeitig Regierungschef (ÖB 12.2019). Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 15.10.2018; vgl. ÖB 12.2019). Bei den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet wurden (FH 4.3.2020; vgl. ÖB 12.2019), gewann Barrow gegen den 22 Jahre autoritär regierenden Amtsinhaber Jammeh (WB 22.3.2020), der nach einer knapp zweimonatigen innenpolitischen Krise schließlich zur Aufgabe seines Amtes bereit war (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020).
Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia, um die Sicherheit des Transformationsprozesses des Sicherheitssektors zu unterstützen und politischer Instabilität vorzubeugen (FH 4.3.2020).
Barrow kündigte ein ambitioniertes Reformprogramm an, das ab Mitte 2017 auch initiiert wurde. Der Namenszusatz „Islamische Republik“ wurde gestrichen, ein Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe wurde erlassen, Meinungs- und Pressefreiheit gewährleistet und die Stärkung von Institutionen und wirtschaftlicher Aufschwung versprochen (KAS .24.1.2020). Zwei weitere Wahlen konnten friedlich und transparent abgehalten und somit der politische Umbruch konsolidiert werden (ÖB 12.2019; vgl UNSC 29.6.2018, FH 4.3.2020).
Im Oktober 2018 wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ eingerichtet, welche an der Aufklärung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020). Die Arbeit der Kommission ist noch nicht abgeschlossen. Zeugenaussagen bestätigen weit verbreitete Misshandlungen und Folterungen durch die Sicherheitskräfte und ein außergerichtliches Killerkommando, sowie Misshandlungen durch Jammeh selbst. Es kam jedoch bislang noch zu keiner Strafverfolgung und die Freilassung einiger Täter war umstritten (FH 4.3.2020).
Obschon es zahlreiche, wichtige außen- und innenpolitische Veränderungen gibt, nimmt die Kritik an Barrows Regierungsführung mittlerweile zu. Die junge Bevölkerung äußert ihre Unzufriedenheit über die schleppende Umsetzung von Reformen und erwartet rasche Ergebnisse bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für die meisten Gambier nach dem Regimewechsel nicht. Auch der 2018 verabschiedete Entwicklungsplan konnte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht verbessern (KAS 24.1.2020).
Barrow versprach als Präsidentschaftskandidat öffentlich, dass er drei Jahre als Übergangspräsident fungieren würde und im Dezember 2019 Neuwahlen abhalten ließe, ohne dabei selbst erneut anzutreten. Damit sollte eine Übergangsphase von der Diktatur Jammehs hin zu einer Demokratie eingeläutet werden. Im Dezember 2019 fanden allerdings keine Präsidentschaftswahlen statt und Barrow erklärte, sich an die verfassungsmäßige Amtszeit von fünf Jahren für Präsidenten zu halten. Nicht erst seit dieser Entscheidung nehmen Stimmen zu, die einen zunehmend autoritären Führungsstil des Präsidenten konstatieren (KAS 24.1.2020).
Das Kabinett wurde im März 2019 umgebildet, da der Vizepräsident zusammen mit zwei weiteren prominenten Mitgliedern der UDP abgesetzt wurde. Im Dezember 2019 gründete Präsident Barrow eine neue politische Partei, die Nationale Volkspartei, wodurch es ihm ermöglicht wird, bei den Wahlen 2021 für eine zweite Amtszeit zu kandidieren (WB 20.3.2020; vgl. FH 4.3.2020, KAS 24.1.2020).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (15.10.2018): Gambia: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambia/213610, Zugriff 17.6.2020
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (24.1.2020): „Too small to fail“? - Gambias Demokratisierungsprozess - zwischen Fortschritt und Frustration, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/too-small-to-fail, Zugriff 22.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel, https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- WB - the World Bank (20.3.2020): The Gambia - Overview, https://www.worldbank.org/en/country/gambia/overview, Zugriff 22.6.2020
Sicherheitslage
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Das staatliche Gewaltmonopol ist im gesamten Staatsgebiet gewährleistet. Es gibt keine Gruppen, die die staatliche Integrität in Frage stellen (BS 29.4.2020). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont (AA 18.6.2020). Das Risiko von Entführungen, sporadischen bewaffneten Angriffen und Raubüberfällen durch Casamance-Rebellen im Süden des Landes nimmt weiter ab. Die Kriminalitätsrate in Gambia ist relativ niedrig (Garda 5.4.2019; vgl. BS 29.4.2020). Gambia wird zunehmend zu einem Transitland für Geldwäsche und den Handel mit Waffen, Drogen, Diamanten und gestohlenen Gütern (Garda 5.4.2019). Demonstrationen und Proteste finden inzwischen wieder häufiger statt. Am 26.1.2020 kam es bei einer Demonstration in Kanifing/Serrekunda zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften (AA 18.6.2020).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.6.2020): Gambia: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624, Zugriff 16.6.2020
- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029565/country_report_2020_GMB.pdf, Zugriff 27.5.2020
- Garda World (5.4.2019): Gambia Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/gambia, Zugriff 26.5.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 11.3.2020; vgl. EASO 12.2017). Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren (FH 4.3.2020; vgl. PFD 3.12.2019, ÖB 12.2019). Justizmitarbeiter sind eingeschüchtert und unzureichend ausgebildet, es fehlt an Arbeitsmaterialien und Infrastruktur, wodurch die Unabhängigkeit der Justiz infrage gestellt wird (PFD 3.12.2019). Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 12.2019).
Seit dem Machtwechsel ist allgemein ein Reformwille zu verzeichnen. Die Regierung hat Maßnahmen zur Stärkung bestehender und zur Schaffung neuer Institutionen unternommen. Rechtsstaatlichkeit war unter Jammeh nach Ansicht internationaler Beobachter lediglich formal gesichert. Durch die neue Regierung wurde die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
Eine verfassungsgebende Kommission hat im Mai 2018 ihre Arbeit aufgenommen (AA 5.8.2019). Ein Verfassungsentwurf wurde am 15.11.2019 vorgelegt. Elemente sind unter anderem die klare Begrenzung auf zwei Amtszeiten (inkl. für den dzt. Präsidenten) oder die Abschaffung der Todesstrafe. Der Entwurf liegt nun zur Kommentierung durch die Öffentlichkeit vor und soll letztendlich durch ein Referendum angenommen werden (ÖB 12.2019).
Die Regierung Barrow ernennt mehr gambische Staatsbürger ins Richteramt, dennoch bleibt die Jurisdiktion von ausländischen Richtern abhängig (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- PFD - the Point for Freedom and Democracy (3.12.2019): UN rapporteur urges Gambia to reform judicial system, http://thepoint.gm/africa/gambia/article/un-rapporteur-urges-gambia-to-reform-judicial-system, Zugriff: 23.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff: 23.6.2020
Sicherheitsbehörden
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Die zivilen Behörden behalten zwar wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.2.2020), jedoch fehlen noch weitere zivile Überwachungsmechanismen für die Sicherheitskräfte (ÖB 12.2019). Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt weiterhin im Land (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020).
Die Gambia Armed Forces – GAF (Streitkräfte) sind für die externe Verteidigung zuständig und stehen unter der Aufsicht des Verteidigungsministers; der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (ÖB 12.2019). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Sie besitzt sowohl eine Menschenrechts- und Beschwerdeabteilung, sowie eine Kinderfürsorge- und „Gefährdete Personen“- Abteilung (ÖB 12.2019).
Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurden aufgehoben (AI 22.2.2018; vgl. ÖB 12.2019). Eine Reihe von Führungspersönlichkeiten der NIA unter dem Vorgängerregime sollen ausgewechselt worden sein und sich nun entweder vor Gericht oder im Ausland befinden. Einige Mitarbeiter haben jedoch ihre Stellen behalten (ÖB 12.2019). Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht (AI 22.2.2018).
Die Regierung hat effektive Mechanismen, um bei Missbrauch zu ermitteln und zu bestrafen in Kraft gesetzt, jedoch kommen Straflosigkeit und inkonsistente Durchsetzung vor (USDOS 11.3.2020). Die Ausübung illegitimer Gewalt durch Sicherheitskräfte ist unter der Regierung Barrow seltener geworden (FH 4.3.2020). Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren wurde 2018 kein Fall von Straflosigkeit im Zusammenhang mit den Sicherheitskräften gemeldet (ÖB 12.2019).
- Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425363.html, Zugriff: 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff: 23.6.2020
Folter und unmenschliche Behandlung
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 5.8.2019). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Jänner 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt geworden (AA 5.8.2019; vgl. USDOS 11.3.2020, VA 19.6.2020). Im September 2018 hat Gambia das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- VA - Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft Dakar in Gambia (19.6.2020): Antwortschreiben, per E-Mail.
Korruption
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Regierungsbeamte vor und die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen um (USDOS 11.3.2020). Korruption stellt aber weiterhin ein ernsthaftes Problem dar. Vorwürfe der Korruption werden häufig gegen Beamte aller Ebenen der Verwaltung eingebracht (FH 4.3.2020).
Die neue Regierung hat eingeschränkte Initiativen zur Verringerung der Korruption ergriffen. Die Bevölkerung fordert nach wie vor Gesetze zur Einrichtung einer Anti-Korruptionskommission und zur Abgabe von Vermögenserklärungen durch Regierungsbeamte. Es gibt derzeit kein Gesetz zum Schutz von Informanten (FH 4.3.2020; vgl. BS 29.4.2020: 27).
Eine Untersuchungskommission prüfte die Verwendung staatlicher Mittel durch den ehemaligen Präsidenten Jammeh für private Zwecke und für sein Vermögen (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020); die Ergebnisse der Prüfung wurden im September 2019 veröffentlicht. Als Folge sollte Jammeh wegen Diebstahls, Wirtschaftskriminalität und Korruption angeklagt werden, und die Regierung beschlagnahmte Unternehmen, Immobilien und andere Vermögenswerte von Jammeh und einigen seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus wurden einige ehemalige Beamte für bestimmte Zeiträume oder auch auf Lebenszeit von der Ausübung öffentlicher Ämter ausgeschlossen (USDOS 11.3.2020).
Die Regierungsgeschäfte sind im Allgemeinen undurchsichtig. Seit 2018 sind Regierungsbeamte verpflichtet, Vermögenserklärungen an den Bürgerbeauftragten abzugeben, aber die Erklärungen sind nicht öffentlich und medienwirksam; Präsident Barrow hat diese Zurückhaltung von Informationen verteidigt und auf Bedenken des Datenschutzes hingewiesen. Es gibt weit verbreitete Vorwürfe über Korruption in öffentlichen Beschaffungsprozessen (FH 4.3.2020).
Im Jahr 2019 wurde Gambia im von Transparency International veröffentlichten Korruptionsindex auf Platz 96 von 180 untersuchten Ländern platziert (TI 23.1.2020).
- Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029565/country_report_2020_GMB.pdf, Zugriff 27.5.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 - Full Data Set, https://images.transparencycdn.org/images/2019_CPI_FULLDATA.zip, Zugriff 23.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Das Umfeld für NGOs hat sich seit dem Machtwechsel stark verbessert (ÖB 12.2019). In Gambia gibt es eine Reihe von NGOs, die sich mit Fragen der Menschenrechte und der Regierungsführung befassen. Unter Jammeh sahen sich NGO-Mitarbeiter der Gefahr von Inhaftierung und Repressalien ausgesetzt. Es gab seit dem Regierungswechsel nur noch wenige Berichte über eine solche Unterdrückung. Umweltschutzgruppen berichten jedoch über Belästigung durch die Sicherheitskräfte (FH 4.3.2020).
Regierungsbeamte sind in der Regel kooperativ und empfänglich für Ansichten von NGOs. Trotz der Zusage der Barrow-Regierung von 2017, ein für NGOs günstigeres Umfeld zu schaffen, verlangt das Gesetz weiterhin, dass NGOs sich beim National Advisory Council registrieren. Sie verleiht dem Rat die Befugnis, einer NGO (einschließlich internationaler NGOs) das Recht, im Land tätig zu sein zu verweigern, auszusetzen oder aufzuheben. Jedoch hat der Rat im Jahr 2019 gegen keine NGO Maßnahmen ergriffen (USDOS 11.3.2020).
Das Büro des Bürgerbeauftragten betreibt eine Nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) mit dem Auftrag, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen und vulnerable Gruppen zu unterstützen. Die NHRU befasst sich mit Beschwerden über rechtswidrige Handlungen, ungerechte Behandlung sowie illegalen Verhaftungen. Die Regierung gewährt dem Büro des Ombudsmanns und der NHRU ebenso uneingeschränkten Zugang zu allen Haftanstalten wie lokalen und internationalen NGOs (USDOS 11.3.2020).
- Quellen:
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
Wehrdienst und Rekrutierungen
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Es gibt keinen verpflichtenden Wehrdienst in Gambia. Für einen freiwilligen Militärdienst ist für Männer und Frauen ein Mindestalter von 18 Jahren vorgesehen und eine mindestens sechsmonatige Verpflichtung (CIA 10.6.2020; vgl. ÖB 12.2019).
- Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency (10.6.2020): The World Factbook - Gambia, The - Government, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017). Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; mangelnde Rechenschaftspflicht in Fällen von Gewalt gegen Mädchen und Frauen, einschließlich Vergewaltigung und weit verbreiteter weiblicher Genitalverstümmelung; Menschenhandel; und die Kriminalisierung einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens zwischen Erwachsenen, obwohl das Gesetz nicht durchgesetzt wird (USDOS 11.3.2020).
Die Grundrechte, einschließlich der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, haben sich seit dem Amtsantritt von Präsidenten Barrow verbessert, aber die Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit geht nur langsam voran (FH 4.3.2020). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017; vgl. VA 19.6.2020).
Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (HRW 18.1.2018; vgl. ÖB 12.2019). Die Selbstzensur ist zurückgegangen und mehr Menschen ergreifen den Beruf des Journalisten. Journalisten kehren vermehrt aus dem Exil zurück (FH 4.3.2020; vgl. AI 22.2.2018, ÖB 12.2019). Dennoch bleiben restriktive Mediengesetze zumindest am Papier erhalten und es gibt vereinzelte Berichte über Verhaftungen und Polizeiübergriffe gegen Journalisten (FH 4.3.2020; vgl. JA 26.1.2020, AN 28.1.2020). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017).
Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der „Gambia Press Union“. In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Für öffentliche Versammlungen muss eine Genehmigung vom Generalinspektor der Polizei eingeholt werden (FH 4.3.2020). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze (AI 22.2.2018).
Im Juli 2019 wurden bei größeren Protesten in Serrekunda und Brikama zahlreiche Personen nach einem Einschreiten der Polizei verletzt und verhaftet (FH 4.3.2020). Im Zuge von Protestveranstaltungen gegen Präsident Barrow im Jänner 2020 wurden ca. hundert Personen verhaftet, einige Medienunternehmen gesperrt und die Oppositionsgruppe „Three Years Jotna“ verboten. Bei der Auflösung der Demonstrationen wurde Tränengas eingesetzt (AN 27.1.2020, AN 28.1.2020, JA 26.1.2020).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- AN - AfricaNews (27.1.2020): Gambia govt bans protests, silences critical media, https://www.africanews.com/2020/01/27/gambia-govt-bans-protests-silences-critical-media/, Zugriff 23.6.2020
- AN - AfricaNews (28.1.2020): Unpacking Gambia's three-year pact: Constitution vs. Coalition MoU, https://www.africanews.com/2020/01/28/unpacking-gambia-s-three-year-pact-constitution-vs-coalition-mou/, Zugriff 23.6.2020
- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- JA - Jeune Afrique (26.1.2020): Gambie : le gouvernement durcit le ton face à la contestation anti-présidentielle, https://www.jeuneafrique.com/886852/politique/gambie-le-gouvernement-durcit-le-ton-face-a-la-contestation-anti-presidentielle/, Zugriff 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
- VA - Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft Dakar in Gambia (19.6.2020): Antwortschreiben, per E-Mail.
Opposition
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Die Aktivitäten der politischen Opposition unterliegen keinen Einschränkungen (AA 5.8.2019). Seit dem Amtsantritt Barrows hat sich das Umfeld für politische Bewegungen erheblich verbessert. Während oppositionelle Bewegungen unter Jammeh Unterdrückung und Verfolgung ausgesetzt waren, erfahren diese nun neue Freiheiten. So wurden alle politische Gefangenen durch die neue Regierung frei gelassen. Durch die Gründung neuer Parteien hat sich die politische Landschaft seither diversifiziert (ÖB 12.2019).
Nach dem Regierungswechsel Anfang 2017 lag die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im April 2017 bei 42,7% und damit deutlich unter dem Wert von 59% bei den Präsidentschaftswahlen vier Monate zuvor. Die Koalition der Oppositionsparteien, die Adama Barrow zum Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2016 verhalf, war vor den Wahlen zusammengebrochen. Die UDP, die Partei von Adama Barrow, gewann die Wahl und gewann 31 der 53 Sitze, übernahm die absolute Mehrheit und verdrängte die APRC von Jammeh. Die ehemalige Regierungspartei von Ex-Präsident Jammeh erlitt schwere Verluste und gewann nur fünf Sitze (EASO 12.2017). Die anderen Sitze verteilen sich wie folgt: NFP fünf Sitze, GDC fünf Sitze, PDOIS vier Sitze, PPP zwei Sitze, ein unabhängiger Einzelsitz (EASO 12.2017).
Eine Reihe anderer Oppositionsgruppen waren bei den Wahlen vertreten. Zuvor hatte die APRC unter Jammeh über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten die Legislative dominiert. Politisierte Sicherheitskräfte hatten die Opposition während der Wahlzeit 2016 unterdrückt (FH 4.2.2019).
Gambia hat derzeit zehn politische Parteien, die in den letzten Jahren im Allgemeinen nicht mit übermäßigen Hindernissen bei der Gründung und Tätigkeit konfrontiert waren. Im Jahr 2018 gab es im Vorfeld der Kommunalwahlen im April und Mai Zusammenstöße zwischen Anhängern der UDP und APRC (FH 4.3.2020). Innerhalb der ersten drei Monate hat die Regierung im Zuge einer Änderung des Wahlgesetzes die Höhe der im Zusammenhang mit einer Kandidatur zu zahlenden Gebühren, welche unter dem Vorgängerregime eine große Hürde darstellten, von USD 1.000 auf USD 50 reduziert (ÖB 12.2019).
Gambia hielt am 6.4.2017 friedliche Parlamentswahlen ab, wobei die meisten Sitze von der Vereinigten Demokratischen Partei (UDP) gewonnen wurden. Barrow war UDP-Mitglied, als er bei den Präsidentschaftswahlen 2016 in die Spitze der Oppositionskoalition gewählt wurde. Nach Jammehs Wahlniederlage und insbesondere nach seiner Abreise ins Exil ließen gambische Gerichte und Gefängnisse Dutzende von Menschen frei, die während Jammehs Amtszeit zu Unrecht inhaftiert waren (HRW 18.1.2018).
- Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Gambia, The, https://www.ecoi.net/de/dokument/2015973.html, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html, Zugriff 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
Haftbedingungen
- Letzte Änderung: 24.6.2020
Die Haftbedingungen sind problematisch. Haftanstalten sind überfüllt und in schlechtem baulichen Zustand. Die medizinische Versorgung in den Haftanstalten ist schlecht wie generell in Gambia (AA 5.8.2019; vgl. AI 22.2.2018, USDOS 11.3.2020, ÖB 12.2019). Die Regierung reduzierte die Überbelegung der Gefängnisse deutlich, indem sie im Februar und März 2017 mehr als 250 Gefangene begnadigte (AI 22.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Rechtshilfe ist begrenzt, insbesondere außerhalb der Hauptstadt Banjul (AI 22.2.2018).
- Rückstände und Ineffizienz im Justizwesen führen zu langwierigen Untersuchungshaftverfahren, die in einigen Fällen mehrere Jahre dauern können (USDOS 11.3.2020). Aufgrund der Überlastung der Gerichte ziehen sich Strafverfahren mitunter unverhältnismäßig lang hin. Das Recht auf Besuche und die Wahrnehmung religiöser Feiertage werden gewährt. Die Regierung unternimmt Anstrengungen zur V