Entscheidungsdatum
21.10.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W119 2206255-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. VR China, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.08.2018, Zl. 1139168905-161739080/BMI-BFA WIEN AST, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. – VI. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, und 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 5 FPG idgF insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 2 Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der VR China, stellte am 29.12.2016 nach ihrer legalen Einreise am 10.10.2016, mit einem für die Zeit vom 01.10.2016 bis 25.10.2016 gültigen griechischen Schengenvisum, einen Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG gab die Beschwerdeführerin zunächst an, der Volksgruppe der Han anzugehören und buddhistischen Glaubens zu sein. Sie stamme aus der Provinz Fujian, konkret aus dem Dorf XXXX . Sie sei verheiratet, habe allerdings keine Kinder. Ihre Mutter sei bereits verstorben, ihr Vater sei unbekannten Aufenthaltes. Der Ehemann lebe noch in der Heimatprovinz, in der Stadt XXXX , im Dorf XXXX , ihrem Heimatdorf. Sie habe fünf Jahre die Grundschule besucht und sei zuletzt als Teepflückerin tätig gewesen. Einen Identitätsnachweis könne sie nicht vorlegen. Zu ihrem Fluchtgrund führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihr Mann Alkoholiker sei, sie im betrunkenen Zustand immer geschlagen und auch Spielschulden gehabt habe. Im Falle einer allfälligen Rückkehr in ihren Heimatstaat, müsse sie wahrscheinlich diese Spielschulden zurückzahlen. Zu ihrer Ausreise befragt, gab die Beschwerdeführerin an, über eine Internetseite namens „WeChat“ eine Organisation kennengelernt und beauftragt zu haben, sämtliche Formalitäten für ihre Ausreise aus dem Heimatstaat zu organisieren.
Am 19.01.2017 wurde das Verfahren gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 eingestellt, da der Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin infolge Verletzung der Meldepflicht (§ 15 AsylG 2005) nicht festgestellt werden konnte.
Mit E-Mail vom 13.02.2017 wurde die Bevollmächtigung eines Vertreters der Beschwerdeführerin bekanntgegeben.
Zwecks Meldung beim Meldeamt wurde der Beschwerdeführerin am 24.02.2017 eine Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 ausgefolgt.
Am 07.03.2017 wurde die Beschwerdeführerin von der LPD Wien unter sanitätspolizeiliche Kontrolle gestellt.
Aus gesundheitlichen Gründen leistete die Beschwerdeführerin der Ladung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) zum Einvernahmetermin für den 19.10.2017 keine Folge. Auch den nachfolgenden Ladungen für den 20.10.2017, 23.10.2017 sowie für den 30.10.2017, hat sie neuerlich entschuldigt nicht entsprochen.
Mit Ladungsbescheid vom 30.10.2017 wurde die Beschwerdeführerin für 02.11.2017 persönlich zur Einvernahme vorgeladen und ihr mit Verfahrensanordnung vom 31.10.2017 der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG zur Seite gestellt.
Am 06.11.2017 langte beim Bundesamt ein psychiatrischer Befundbericht vom 30.10.2017 ein, wonach die Beschwerdeführerin wegen „Panikstörung und generalisierter Angststörung, neurotischer Persönlichkeitsstörung bis zumindest mittelgradiger depressiver Episode mit somatischem Syndrom“ medikamentös behandelt werde, sodass um eine Terminverschiebung um etwa vier Wochen ersucht wurde.
Am 09.11.2017 richtete das Bundesamt ein Ersuchen um Überprüfung des Aufenthaltsortes der Beschwerdeführerin an das – für ihre Meldeadresse zuständige – Sicherheitspolizeikommando.
Mit Ladungsbescheid vom 02.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin erneut und zwar für den 27.03.2018 zur Einvernahme beim Bundesamt - unter Androhung ihrer Festnahme - vorgeladen.
Mit Ladungsbescheid vom 07.02.2018 wurde die Beschwerdeführerin für den 08.03.2018 zur Untersuchung beim Amtsarzt vorgeladen. Nach dem Ergebnis des polizeifachärztlichen Befundes vom 08.03.2018 wurde die Beschwerdeführerin als durchaus einvernahmefähig und in relativ gutem Allgemeinzustand befindlich erachtet.
Dem (am 27.03.2018) durch die Beschwerdeführerin übermittelten fachärztlichen Befund vom 26.03.2018 ist zu entnehmen, dass sie weiterhin wegen ihrer psychischen Leiden, insbesondere wegen der Nebenwirkungen der notwendig indizierten psychiatrischen Medikamente nicht in der Lage sei, sinnvoll an einem juristischen Verfahren teilzunehmen.
Am 27.03.2018 erging gemäß §§ 34 Abs. 5 und 47 Abs. 1 BFA-VG ein Festnahmeauftrag für die Beschwerdeführerin, da sie trotz Ladungsbescheid am 27.03.2018 nicht zur Einvernahme erschienen war. Zugleich wurde eine Vollstreckungsverfügung gegen die Beschwerdeführerin erlassen und ein neuer Einvernahmetermin für den 29.03.2018 angesetzt.
Da die Beschwerdeführerin auch am 29.03.2018 nicht zur Einvernahme erschienen ist, erging am selben Tag ein Durchsuchungsauftrag gemäß § 35 Abs. 1 BFA-VG sowie ein Ersuchen um Vollziehung der Vollstreckungsverfügung und Vorführung der Beschwerdeführerin am 04.04.2018 zum Bundesamt. Die Beschwerdeführerin konnte am 04.04.2018 an ihrer Meldeadresse festgenommen und dem Bundesamt überstellt werden.
Die Beschwerdeführerin wurde am 04.04.2018 beim Bundesamt einvernommen und gab eingangs an, dass sie in ärztlicher Behandlung sei und dank der Medikamente täglich – ein bis drei Stunden – als Prostituierte arbeiten könne. Sie habe bereits in China gesundheitliche Probleme gehabt, sei dort jedoch nicht beim Arzt gewesen. Der Reisepass sei ihr von der Polizei abgenommen worden. Ergänzend legte die Beschwerdeführerin einen internationalen Impfpass, eine Meldung über die beabsichtigte Prostitutionsausübung und eine Gesundheitskarte der MA 15 vor. Sie korrigierte ihre bisherige Aussage dahingehend, dass ihre Mutter nicht gestorben sei, sondern in der Provinz Fujian, in der Kreisstadt XXXX , lebe. Sie habe ein bis zweimal monatlich telefonischen Kontakt mit ihr. Geschwister habe sie nicht, ihr Vater sei bereits verstorben. Sie sei seit etwa 24 Jahren verheiratet, ihr Mann würde nach wie vor bei ihrer Mutter leben. Darüber hinaus habe sie einen Sohn, dessen Aufenthalt sie nicht kenne und zu dem auch kein aufrechter Kontakt bestehe. Zu ihrem Ehemann habe sie ebenfalls seit ihrer Ausreise keinen Kontakt mehr, da sie ihre chinesische SIM-Karte verloren habe und darin die Telefonnummer ihres Gatten gespeichert gewesen sei.
Für die Ausreise aus ihrem Heimatstaat, habe die Beschwerdeführerin Kontakt über ihren WeChat-Account zum Schlepper aufgenommen. Der WeChat-Account der Beschwerdeführerin sei weiterhin aktiv. Als die Beschwerdeführerin (freiwillig) ihren WeChat-Account vorzeigte, war daraus ersichtlich, dass sie regelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter halte. Darüber hinaus war auch ein WeChat Kontakt zum Ehemann daraus erkennbar. Auf Vorhalt des vorhandenen Chat-Kontakts zu ihrem Ehemann, führte die Beschwerdeführerin aus: „Ja, das stimmt, aber ich traue mich nicht mit ihm Kontakt zu haben, weil er mich früher in China geschlagen hat. Er war gewalttätig zu mir.“ Sie habe nur einmal gegen ihn Anzeige erstattet, das sei vor zehn Jahren gewesen. Die Anzeige habe allerdings nichts gebracht.
Zu ihrer Schulbildung befragt, führte die Beschwerdeführerin aus, fünf Jahre lang die Volksschule besucht zu haben, anschließend habe sie in der Landwirtschaft gearbeitet. Vorerst sei sie in der Landwirtschaft ihrer Eltern und nach ihrer Heirat, in ihrer eigenen Landwirtschaft, als Teepflückerin tätig gewesen. Einer anderen Tätigkeit sei sie nicht nachgegangen. In der VR China besitze sie ihre eigene Landwirtschaft in der Größe von etwa 3,3 ha, wo grüner Tee angepflanzt werde.
Als Fluchtgrund brachte sie im Wesentlichen vor, dass ihr – seit etwa 15 Jahren spielsüchtiger – Ehemann hohe Schulden gehabt habe, nämlich zwischen 400.000.- und 500.000.- RMB. Irgendwann sei er untergetaucht, weswegen seine Gläubiger Geld von ihr verlangt und sie geschlagen sowie vergewaltigt hätten. Nach der Belehrung über die Möglichkeit der weiteren Befragung durch eine weibliche Organwalterin, wurde die Einvernahme auf Wunsch der Beschwerdeführerin unverändert fortgesetzt. Wegen der Drohungen, sie zu töten, falls sie sich an die Polizei wende, habe die Beschwerdeführerin sich teilweise versteckt gehalten und letztlich den Entschluss gefasst, auszureisen. Sie sei in den letzten fünf bis sechs Jahren – vor ihrer Ausreise – von den Gläubigern ihres Mannes bedroht worden. Im Fall der Nichtzahlung würde sie getötet und zur Arbeit als Prostituierte gezwungen werden, um die Schulden zu begleichen. Die Gläubiger seien zwischen 20 und 30 Jahre alt und männlich gewesen. Manchmal seien sie zu fünft, manchmal zu acht gewesen. Näheres könne sie dazu allerdings nicht angeben. Die Beschwerdeführerin habe sich gefürchtet, die Polizei aufzusuchen. Ihr Ehemann habe sie in den letzten fünfzehn Jahren regelmäßig geschlagen und vergewaltigt, wenn er betrunken gewesen sei. Der Grund für ihre Ausreise sei gewesen, dass sie den Gläubigern entkommen und Geld verdienen habe wollen. Der konkrete Anlass für ihre Ausreise aus ihren Heimatstaat seien leichte psychische Probleme gewesen und die Tatsache, dass sie es unter den vorherrschenden Umständen in ihrem Heimatstaat nicht mehr ausgehalten habe. Sie habe die VR China einfach verlassen wollen, um sicher zu sein. Im Fall der Rückkehr befürchte sie, von den Gläubigern getötet zu werden. In Peking oder Shanghai würde sie keine Arbeit finden und könne nicht überleben. Sie wolle fleißig arbeiten und weiterhin in Österreich leben, um hier Geld zu verdienen. In ihren Heimatstaat wolle sie nicht zurückkehren.
Zu ihrem Leben in Österreich führte die Beschwerdeführerin zusammenfassend aus, dass sie in keiner Lebensgemeinschaft lebe, in ihrer Freizeit nur chinesische Landsleute treffe und keiner Organisation angehöre. Sie finanziere ihren Unterhalt durch Prostitution, womit sie monatlich ca. € 700 bis € 800 verdiene. Die Tätigkeit übe sie freiwillig aus. Einen Deutschkurs habe sie bislang nicht besucht.
Für die Beschwerdeführerin finden sich folgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:
- Übertretung von § 5 Abs. 1 Wiener Prostitutionsgesetz 2011, Geldstrafe € 200.- vom XXXX
- Übertretung von § 4 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011, Geldstrafe € 200.- vom XXXX .
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 25.08.2018, Zl 1139168905-161739080/BMI-BFA WIEN AST, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgeführt, dass einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen sie ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde (Spruchpunkt VIII.).
Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig sei, da sie zu wesentlichen Punkten ihres Fluchtvorbringens (Personenkreis, Zeitpunkt der Verfolgung, Motiv der Verfolgung) lückenhafte und nicht plausible Angaben gemacht habe, indem sie vage, unsubstantiierte, oberflächliche und detailarme Schilderungen erstattet habe. Sie habe nicht angeben können, welche Spiele und wo ihr Ehemann gespielt habe. Dies sei jedoch nicht glaubhaft, da sie die Spielsucht ihres Mannes als Grund für ihre Ausreise aus der VR China angegeben habe. Sie habe – angesichts der behaupteten Dauer seiner Spielsucht von 15 Jahren – dazu aber nichts angeben können, ihr Vorbringen sei mangelhaft und unkonkret geblieben. Aus denselben Gründen sei auch die behauptete private Verfolgung durch angebliche Gläubiger des Ehemannes nicht glaubhaft. Auch in diesem Zusammenhang habe sie keine konkreten Angaben (Verfolger, Art der Bedrohung, Zeitpunkt) machen können. Bemerkenswert sei, dass sie – angesichts der angegebenen Bedrohung über einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren – sich weder an die örtlichen Behörden gewandt noch eine Verlegung ihres Wohnsitzes in Betracht gezogen habe. Dass sie nach ihren Angaben von ihrem Ehemann im betrunkenen Zustand 15 Jahre hindurch geschlagen und vergewaltigt worden sei, könne wegen der Steigerung ihres diesbezüglichen Vorbringens ebenfalls nicht als glaubhaft erachtet werden. Auch in diesem Zusammenhang sei nicht nachvollziehbar, dass sich die Beschwerdeführerin nicht an die Behörden gewendet oder die Verlegung ihres Wohnsitzes in Betracht gezogen habe. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass jemand, der wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hätte, so rasch wie möglich Asyl beantragt hätte. Der Zeitpunkt ihrer Antragstellung untermauere, dass sie ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch einen nachträglichen Antrag auf internationalen Schutz, legitimieren wolle. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie Privatpersonen (Verfolger, Ehegatte) sie in der VR China hätten ausfindig machen sollen. Bisher habe sie keine Verfolgung im Sinne der GFK von staatlicher Seite oder durch private Dritte geltend gemacht und sei auch im Falle ihrer Rückkehr eine solche nicht zu befürchten. Sie habe keine Probleme mit den chinesischen Behörden vorgebracht, sodass auch in diesem Zusammenhang keine Befürchtungen im Fall der Rückkehr gegeben seien. Sie sei außerdem legal unter Verwendung eines chinesischen Reisepasses aus China ausgereist.
Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass mangels Glaubhaftmachung von Fluchtgründen auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgegangen werden könne. Aus der allgemeinen Lage in China allein, ergebe sich eine solche Gefährdung ebenfalls nicht. Außergewöhnliche Umstände (lebensbedrohende Erkrankung udgl.), die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 50 FPG unzulässig erscheinen ließen, lägen nicht vor. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich kein Hinweis darauf, dass in der VR China eine extreme Gefahrenlage mit besonderes exzessiver und unkontrollierter Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung oder eine unmenschliche Behandlung bewirkende humanitäre Situation im gesamten Staatsgebiet vorliege. Die erwachsene und arbeitsfähige Beschwerdeführerin verfüge in ihrem Heimatstaat über familiäre als auch soziale Anknüpfungspunkte sowie Schulbildung, weshalb ihr zumutbar sei, sich durch eigene Erwerbstätigkeit sowie mit Unterstützung der dort lebenden Angehörigen, den Lebensunterhalt künftig zu sichern bzw. Unterstützungen von NGO’s in Anspruch zu nehmen. Dass sie im Fall der Rückkehr in eine aussichtlose Lage geriete, könne nicht festgestellt werden. In der VR China seien Mindeststandards an medizinischer und medikamentöser Versorgung gewährleistet, weshalb angesichts ihrer psychischen Probleme eine Verletzung von Art. 3 EMRK nicht vorliege, zumal ein akut existenzbedrohender Krankheitszustand nicht belegt worden sei. Ihre medizinische Behandlung in China sei gewährleistet.
Da sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG 2005 ergeben hätten, sei ihr ein solcher Aufenthaltstitel auch nicht zu erteilen gewesen (zu Spruchpunkt III.).
In Österreich habe sie weder Verwandte noch eine Lebensgemeinschaft, weshalb nicht von einem Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK auszugehen sei. Sie habe den Großteil ihres bisherigen Lebens im Herkunftsstaat verbracht und keinerlei Integrationsbemühungen bislang gezeigt, sie habe weder einen Deutsch- noch einen anderen Kurs besucht. Darüber hinaus weise die Beschwerdeführerin auch kein schützenswertes Privatleben in Österreich vor: Sie verfüge über keinen Freundeskreis, gehe keinen Hobbys nach oder habe sonstige Integrationsbemühungen gesetzt. Dem stehe das öffentliche Interesse (geordneter Vollzug des Fremdenwesens, wirtschaftliches Wohl) gegenüber. Aus ihrer Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung durch die Nichtbefolgung von Behördenladungen, ihrem Untertauchen im Asylverfahren sowie Verstößen gegen das Prostitutionsgesetz, sei ihre Einstellung klar zu erkennen, aus welcher eindeutig auf eine Gefährdung des ordentlichen und sicheren Zusammenlebens der Gemeinschaft geschlossen werden könne. Darüber hinaus sei erkennbar, dass sie trotz Ausübung eines Gewerbes nicht bei der Sozialversicherung gemeldet sei und keine Beiträge zahle. Dem öffentlichen Interesse sei demnach mehr Gewicht als ihren oberflächlichen privaten Interessen einzuräumen gewesen. Die Rückkehrentscheidung sei somit gemäß § 9 BFA-VG zulässig (zu Spruchpunkt IV.).
Da schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen würden, dass die Beschwerdeführerin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstelle (zweimalige rechtskräftige Bestrafung nach dem Wiener Prostitutionsgesetz 2011 mit Geldstrafen sowie negative Zukunftsprognose angesichts ihres bisherigen Gesamtverhaltens im Bundesgebiet), sei die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG abzuerkennen gewesen. Demzufolge bestehe gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. und VII.).
Wegen der zwei rechtskräftigen Bestrafungen nach dem Wiener Prostitutionsgesetz 2011 mit Geldstrafen von insgesamt € 400.- sei der Tatbestand gemäß § 53 Abs. 2 Z 5 FPG erfüllt. Abgesehen davon habe sie am 07.02.2017 im Zuge einer Kontrolle versucht, ihre Identität durch Gebrauch eines fremden Ausweises zu verschleiern. Das betreffende Verfahren sei am 22.08.2017 gemäß § 203 Abs. 1 StPO unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr vorläufig eingestellt worden. Zudem habe die Beschwerdeführerin ihre gesetzlichen Meldeverpflichtungen missachtet und sei im laufenden Asylverfahren untergetaucht, was zur zeitweiligen Einstellung des Verfahrens geführt habe. Darüber hinaus sei sie mehrfach Ladungen des Bundesamtes nicht nachgekommen und habe erst durch Vollstreckung eines Ladungsbescheides vom Bundesamt einvernommen werden können, womit sie das Asylverfahren mehrfach verzögert habe. Wegen fehlender durchgehender Meldungen habe ihr ununterbrochener Aufenthalt im Bundesgebiet auch nicht festgestellt werden können. Aus ihrem Gesamtverhalten lasse sich leicht ihr Unwille erkennen, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten. Die Annahme, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei gerechtfertigt und ein Einreiseverbot in der Höhe von vier Jahren verhältnismäßig und angemessen. Der unbegründete und missbräuchliche Asylantrag der Beschwerdeführerin, wozu sie das Verfahren durch Untertauchen und Nichtbefolgung von Ladungen zu verzögern versucht habe, blockiere das Asylsystem, sei missbräuchlich und daher jedenfalls als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu werten. Da sie trotz mehrfacher Belehrungen in ihrer Muttersprache offensichtlich nicht bereit sei, die österreichische Rechtsordnung zu befolgen, habe dies eine negative Zukunftsprognose zur Folge. Das Einreiseverbot sei zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten (Spruchpunkt VIII.).
Mit Verfahrensanordnung vom 27.08.2018 wurde der Beschwerdeführerin gem. § 52 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12.09.2018 vollumfänglich Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass das Bundesamt im Rahmen der Einvernahmen nur sehr oberflächliche Ermittlungen durchgeführt habe. Offensichtlich habe die Behörde Textbausteine verwendet und sich nicht um individuelle fallbezogene Ermittlungen und Entscheidung bemüht. Eine Abschiebung der Beschwerdeführerin widerspreche auf jeden Fall Art. 2 oder 3 der EMRK. Es bestehe ein Verfahrensfehler, der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedenfalls erforderlich mache. Auch sei eine Ermittlung ihrer familiären Verhältnisse verabsäumt worden. Darüber hinaus sei der Sacherhalt nicht entsprechend detailliert ermittelt worden.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2018, Zl. W119 2206255-1/4Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am 17.08.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der ein Vertreter des Bundesamtes nicht teilnahm. Auf die Frage der Richterin, ob die Beschwerdeführerin Kontakt zu einem Rechtsberater aufgenommen habe, gab sie an, keinen Rechtsanwalt zu haben. Die Richterin verwies darauf, dass mit Zustellung der Ladung ebenfalls ein Merkblatt für die Möglichkeit, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, enthalten gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin führte eingangs an, in der Provinz Fujian, in der Stadt XXXX (Kreis XXXX ) geboren zu sein, wo sie bis zu ihrer Ausreise auch gelebt habe. In der VR China habe die Beschwerdeführerin ihre Mutter und ihren jüngeren Bruder, wobei zu ihnen kein aufrechter Kontakt bestehe. Auf nochmalige Nachfrage, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ein Kind in der VR China habe, allerdings bestehe zu ihm ebenfalls kein aufrechter Kontakt. Weshalb der Kontakt zu ihrer Mutter nicht mehr vorhanden sei, begründete sie damit, dass ihre Mutter nicht in Besitz eines Telefons bzw. Handys sei, sodass eine Videotelefonie nicht möglich sei. Auf Vorhalt der Richterin, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Einvernahme am 04.04.2018 angegeben, mit ihrer Mutter telefonisch in Kontakt zu stehen, führte sie aus, dass ihre Mutter zum damaligen Zeitpunkt im Besitz eines für Videotelefonie geeigneten Telefons gewesen sei. Zu ihrer Schulbildung sowie ihren beruflichen Werdegang befragt, gab die Beschwerdeführerin an, fünf Jahre lang die Volksschule besucht zu haben. Anschließend habe sie gejobbt, wobei sie Abwasch- sowie Reinigungsarbeiten durchgeführt habe. Nachfolgend sei sie als Teepflückerin tätig gewesen. Ihre Eltern hingegen hätten vom Fischfang gelebt. Auf Vorhalt der Richterin, die Beschwerdeführerin habe beim Bundesamt angegeben, dass ihre Eltern eine Landwirtschaft gehabt hätten, führt sie aus, dass ihre Eltern zusätzlich von ihrer Landwirtschaft gelebt hätten.
Weiters führte die Beschwerdeführerin aus, nicht in ihren Heimatstaat zurückkehren zu können. Ihr Ehemann habe hohe Schulden, aus diesem Grund habe sie schließlich auch ihren Heimatstaat verlassen. Er sei bislang keiner Berufstätigkeit nachgegangen. Er habe immer gespielt und die Beschwerdeführerin hingegen gearbeitet. Das Spielen habe vor 20 Jahren begonnen. Für die Spiele habe er sich Geld ausgeborgt, allerdings könne sie weder angeben, von wem das Geld ausgeborgt worden sei, noch wo die Spiele stattgefunden hätten. Sie wisse nur, dass die Spiele in einem anderen Dorf abgehalten worden seien. Erstmals seien die Gläubiger einige Jahre vor der Ausreise der Beschwerdeführerin zu ihnen nach Hause gekommen, wobei sie zu dritt oder zu fünft gewesen seien. Sie hätten Geld von ihr haben wollen. Da ihr Mann geflohen sei, sei die Beschwerdeführerin von diesen Männern geschlagen und bedroht worden:
R: Was haben Ihnen die Gläubiger gesagt?
BF: Sie haben mich gefragt, wo sich mein Mann befindet. Ich habe geantwortet, dass ich es nicht weiß.
R: Haben die Gläubiger sonst noch etwas gesagt?
BF: Wenn sie kommen und mein Mann nicht da ist, schlagen und vergewaltigen sie mich.
(OZ 10, S. 6)
Wohin ihr Ehemann geflohen sei, könne sie nicht angeben. Darüber hinaus sei er selten zuhause gewesen. Die Männer, die sie bedroht hätten, habe die Beschwerdeführerin nicht gekannt. Ihr Ehemann habe ihnen ca. 300.000,- bis 500.000,- RMB geschuldet. Da sie ihr selbstverdientes Geld zur Finanzierung ihres Lebens benötigt habe, habe sie den Männern auch kein Geld geben können, sodass sie von ihnen geschlagen worden sei. Insgesamt seien die Männer drei Mal bei ihr Zuhause gewesen. Aufgrund der Drohungen ihres Mannes – er werde sie schlagen – habe sie sich auch nicht an die Polizei wenden können. Auf die Frage, ob sie sich jemals – im Zusammenhang der Gewalttätigkeit ihres Ehemannes – an die Polizei gewandt habe, verneinte die Beschwerdeführerin dies. Auf Vorhalt der Richterin, beim Bundesamt angegeben zu haben, eine Anzeige gegen ihren Ehemann erstattet zu haben, führte die Beschwerdeführerin aus, dass dies „sehr früh“ gewesen sei und sie es bereits vergessen habe. Auf Vorhalt, die Beschwerdeführerin habe beim Bundesamt weiters ausgesagt, von ihrem Ehemann geschlagen und vergewaltigt worden zu sein, führte diese aus, ihr Ehemann habe sie geschlagen, da er nicht gewollt habe, dass sie sich an die Polizei wende. Sie habe von den Schlägen auch eine Verletzung am Bein davongetragen, allerdings sei sie diesbezüglich nie im Krankenhaus gewesen. Ihre Mutter und ihren Bruder habe sie ebenfalls nie um Hilfe gebeten.
Auf Vorhalt der Richterin, die Beschwerdeführerin habe bereits zweimal gegen das Wiener Prostitutionsgesetz verstoßen und fremde Ausweise verwendet, führte sie aus, sie „habe es vergessen“ und wolle in Wien bleiben.
Zu ihrem Leben in Österreich befragt, brachte die Beschwerdeführerin zusammenfassend vor, weder einen Partner noch Freunde zu haben. Ihren Lebensunterhalt verdiene sie als Prostituierte. Diese Tätigkeit übe sie bereits seit 2017 aus und verdiene dabei mittlerweile über € 1.000,- monatlich. Eine freiwillige oder ehrenamtliche Tätigkeit habe sie bislang nicht ausgeübt. Sie habe bislang weder einen Deutschkurs, noch einen anderen Kurs besucht. Sie befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung.
Im Falle einer allfälligen Rückkehr in ihren Heimatstaat befürchte die Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann getötet zu werden. Darüber hinaus bestehe weiterhin eine Bedrohung durch die Gläubiger ihres Ehemannes, da die Schulden noch vorhanden seien.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden der Beschwerdeführerin die Länderfeststellungen zur Situation in der VR China (Gesamtaktualisierung am 16.12.2019, letzte Information eingefügt am 16.12.2020) übergeben, wozu dieser eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt wurde.
Die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH übermittelte mit Schriftsatz vom 26.08.2021 eine Vollmacht und erklärte, die Beschwerdeführerin nunmehr zu vertreten und beantragte eine Erstreckung der Frist um weitere zwei Wochen, um zu den Länderberichten Stellung beziehen zu können. Zudem wurde ersucht, den verfahrensgegenständlichen Akt elektronisch zu übermitteln. Diesem Ersuchen wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 26.08.2021 entsprochen.
Mit Schriftsatz vom 14.09.2021 wurde eine Stellungnahme zu den Länderberichten eingebracht und dazu zusammenfassend ausgeführt, dass die Länderberichte das Vorbringen der Beschwerdeführerin stützen würden: Sowohl die von ihr geschilderte erlebte Gewalt, als auch die fehlende Effektivität der behördlichen Schutzgewährung bei Gewalt gegen Frauen, finde in den Länderberichten über die VR China Deckung. Diesem zufolge sei häusliche bzw. frauenspezifische Gewalt weiterhin ein großes Problem und ein starker rechtlicher Mechanismus zum Schutz von Frauen nicht vorhanden. Die VR China sei demnach nicht in der Lage bzw. nicht willens, die Beschwerdeführerin effektiv vor häuslicher Gewalt bzw. frauenspezifischer Gewalt zu schützen. Darüber hinaus sei aufgrund der Hukou-Problematik für die Beschwerdeführerin ein Umzug in einen anderen Landesteil, um dieser Gewalt zu entgehen, ausgeschlossen. Eine Niederlassung ohne Hukou-Registrierung sei zwar grundsätzlich möglich, jedoch nicht zumutbar, da nur mit einer Registrierung der Zugang zu sozialen Leistungen oder zum Arbeitsmarkt bestehe. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen, wonach ein Umzug innerhalb der VR China durch die restriktive Registrierungspraxis („Hukou“-System) kaum möglich sei und ein Umzug somit den Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen bedeute, könne für die Beschwerdeführerin nicht von einer zumutbaren innerstaatliche Fluchtalternative ausgegangen werden. Die Beschwerdeführerin sei somit Flüchtling nach der GFK, wobei die Flüchtlingseigenschaft (gem. Art 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK) auf ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der von häuslicher Gewalt bzw. von Gewalt durch ihren Ehemann bzw. geschlechtsspezifischer Gewalt betroffener Frauen, beruhe. Darüber hinaus sei im Sinne der Interessenabwägung (im Rahmen der Rückkehrentscheidung) zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin seit mittlerweile fast fünf Jahren in Österreich lebe und zudem beruflich integriert sei. In Zusammenschau mit der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin mittlerweile seit mehreren Jahren legal in Wien arbeite und strafrechtlich unbescholten sei, seien keine Umstände, die die Verhängung eines Einreiseverbotes – in der Höhe von vier Jahren – rechtfertigen würden, vorhanden. Hinsichtlich des Vorwurfes der Verzögerung des Asylverfahrens verweise die Beschwerdeführerin auf die regelmäßig vorgelegten ärztlichen Bestätigungen, sowie ihre erwähnten psychischen Probleme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist chinesische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Han an und bekennt sich zum buddhistischen Glauben. Sie reiste bereits am 10.10.2016 ins Bundesgebiet ein und stellte erst am 29.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Sie stammt aus einem Dorf in der Provinz Fujian. Dort besuchte sie fünf Jahre lang die Volksschule. Danach übte sie die Tätigkeit der Teepflückerin in der eigenen Landwirtschaft aus. Ihr Vater ist bereits verstorben. Ihre Mutter und ihr Ehemann leben im gemeinsamen Haushalt im Heimatdorf. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einen Sohn bzw. einen Bruder hat. Sie ist arbeitsfähig, im erwerbsfähigen Alter und beherrscht die Landessprache ihres Herkunftsstaates als Muttersprache.
Die Beschwerdeführerin leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung und es besteht auch kein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr Ehemann spielsüchtig ist und sie im betrunkenen Zustand immer geschlagen und vergewaltigt hat, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen. Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass sie von Gläubigern ihres Ehemannes verfolgt wurde.
Ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet bestreitet sie aus den Einkünften ihrer Tätigkeit als Sexarbeiterin, wobei sie mittlerweile über € 1.000,- monatlich erwirtschaftet. Die Beschwerdeführerin hat bisher keine staatliche Grundversorgung bezogen. Sie hat bislang weder Deutschkenntnisse erworben noch Deutschkurse besucht. Sie verfügt in Österreich über keinen Freundeskreis. Sie ist nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen und hat im Bundesgebiet weder Familienangehörige noch führt sie ein Familienleben. Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin weder in sprachlicher noch in sozialer Hinsicht integriert ist.
Die Beschwerdeführerin war trotz entsprechender Belehrung im Bundesgebiet nicht immer aufrecht gemeldet, sodass nicht feststeht, ob sie seit ihrer Einreise am 10.10.2016 durchgehend im Bundesgebiet als Asylwerberin aufhältig war. Aus diesem Grunde musste das Asylverfahren zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz vom 29.12.2016 auch bereits am 19.01.2017 eingestellt werden. Seit dem 01.03.2017 besteht eine aufrechte durchgehende Meldung der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin nach der Fortsetzung des Verfahrens am 24.02.2017 – trotz wiederholter Ladungen – zunächst aus gesundheitlichen Gründen entschuldigt und nach der Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens vom 08.03.2018, über die bestehende Einvernahmefähigkeit der Beschwerdeführerin, unentschuldigt nicht nachgekommen, sodass sie am 04.04.2018 letztlich zur Einvernahme betreffend ihren Asylantrag beim Bundesamt zwangsweise vorgeführt werden musste.
Sie wurde zwei Mal rechtskräftig wegen des Verstoßes gegen das Wiener Prostitutionsgesetzes jeweils mit einer Geldstrafe von je € 200.- bestraft. Es finden sich folgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen:
- Übertretung von § 5 Abs. 1 Wiener Prostitutionsgesetz 2011, Geldstrafe € 200.- vom XXXX
- Übertretung von § 4 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011, Geldstrafe € 200.- vom XXXX .
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Zur Situation im Herkunftsstaat:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation
Gesamtaktualisierung am 16.12.2019, letzte Information eingefügt am 16. 12. 2020
COVID-19
Letzte Änderung: 16.12.2020
Nach bekanntwerden von COVID-19 Fällen im Dezember 2019, wurde von den Behörden trotz eines umfassenden, landesweit ausgebauten Meldesystems für Epidemien die bestehenden Vorfälle verharmlost und vertuscht (TNYT 1.2.2020). Die chinesischen Behörden haben medizinische Fachkräfte, die über das "geheimnisvolle Lungenleiden" informierten, vorgeworfen, Falschinformationen zu verbreiten (DP 4.4.2020).
Wuhan wurde als Ausgangspunkt der Pandemie rund eineinhalb Monate nach der Registrierung des ersten Patienten unter Quarantäne gestellt (DW 12.2.2020), nachdem von staatlicher Seite mehr als 55.000 Infektionsfälle gemeldet wurden (TG 23.4.2020). Später folgten weitere Regionen, in denen – je nach Anzahl der Infektionen – unterschiedlich strenge Maßnahmen durch die Regierung angeordnet wurden. Von den ergangenen drastischen Regelungen waren rund 60 Millionen Menschen betroffen (Addendum 20.3.2020; vgl. ZO 14.4.2020, SF 9.4.2020).
Die Industrieproduktion ging im Januar und Februar um 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück (ZO 14.4.2020), was den stärksten Einbruch seit 30 Jahren bedeutet (LVAk 5.2020; vgl. ZO 14.4.2020). Mittlerweile meldet China kaum noch neue COVID-19 Fälle (DW 8.5.2020; vgl. FORBES 17.4.2020), doch treten vermehrt "importierte Fälle" auf (FORBES 17.4.2020; vgl. DS 27.3.2020). Verschwiegen wird jedoch in den Staatsmedien stets, dass es sich bei den eingereisten Infizierten bis zu 90 Prozent um Staatsbürger der Volksrepublik China handelt. Ausländer, darunter auch Diplomaten, durften damals nur in Ausnahmefällen ins Land (LVAk 5.2020).
Seit 28.3.2020 besteht ein Einreiseverbot für ausländische Staatsbürger (WKO 10.12.2020). Das chinesische Gesundheitssystem hielt nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung mit. Gemäß aktuellen Vergleichszahlen der OECD sind für 1.000 Einwohner 2,7 Krankenschwestern und -pfleger sowie zwei Ärzte verfügbar. Zwar räumt die Regierung Schwachstellen im zentralisierten Gesundheitswesen ein (HB 19.2.2020), jedoch haben Kritik am Vorgehen der Regierung, wie auch eine kritische Berichterstattung mitunter Verhaftungen wegen der "Verbreitung falscher Gerüchte" zur Folge (RSF 14.4.2020). Der chinesische Präsident Xi Jinping hat sich währenddessen verpflichtet, ein leistungsfähiges öffentliches Gesundheitssystem aufzubauen, das für Chinas Entwicklungsstrategie und nationale Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist (SCMP 5.6.2020).
Im März und April 2020 nahmen Fabriken und unterschiedliche Unternehmen, ihre Arbeit wieder auf (LVAk 5.2020). In der Jahresmitte 2020 stellte sich die COVID-19-Gesamtsituation sich landesweit stabil dar, sporadische Fälle traten auf (XN 4.6.2020; vgl. FR 26.5.2020) und es wird von vereinzelten (XN 4.6.2020; vgl. DW 30.5.2020, FR 26.5.2020), vorrangig aus dem Ausland importierten Fällen von Neuinfektionen berichtet (CGTN 8.6.2020; vgl. FR24 1.6.2020, AnA 26.5.2020, TG 23.5.2020). Das seit 28.3.2020 gültige Einreiseverbot für ausländische Staatsbürger nach Festlandchina, auch für solche mit gültiger Aufenthaltsberechtigung ist weiterhin aufrecht (BMEIA 24.11.2020; vgl. MoFA CH 26.3.2020).
Im Ursprungsland des Coronavirus bleiben die Neuinfektionen seit Monaten derart niedrig, dass an den offiziellen Zahlen Zweifel bestehen. Konstant vermelden die chinesischen Behörden zwar neue Infektionen, aber die sind nahezu täglich im niedrigen zweistelligen Bereich. Tauchen doch kleinere Cluster auf, müssen sich alle Bewohner einem Test unterziehen. Zudem werden für einzelne Stadtviertel oder gesamte Städte strikte Ausgangssperren verhängt. Verwunderlich aber ist es dennoch, dass die Zahl der Neuinfektionen so gut wie nie 30 überschreitet (DS 12.10.2020).
Quellen:
? Addendum (20.3.2020): Chinas Kampf gegen das Coronavirus: Europa, sei gewarnt!
https://www.addendum.org/coronavirus/china-und-das-coronavirus/, Zugriff 15.12.2020
? AnA – Anadolu Agency (26.5.2020): COVID-19: 7 new cases in China, 19 in South
Korea, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/covid-19-7-new-cases-in-china-19-in-south-korea/1853895, Zugriff 15.12.2020
? BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten (24.11.2020): China (Volksrepublik China), Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/china/, Zugriff 15.12.2020
? CGTN – China Global Television Network (8.6.2020): Chinese mainland reports 4 new COVID-19 cases, no new deaths, https://news.cgtn.com/news/2020-06-08/Chinese-mainland-reports-4-new-COVID-19-cases-no-new-deaths-R9cUqfA6re/index.html, Zugriff 15.12.2020
? DP – Die Presse (4.4.2020): Was China vertuscht und die WHO ignoriert hat, https://www.diepresse.com/5795657/was-china-vertuscht-und-die-who-ignoriert-hat, Zugriff 11.12.2020
? DS – Der Standard (12.10.2020): China, das Reich der rätselhaften Corona-Zahlen, https://www.derstandard.at/story/2000120861503/china-das-reich-der-raetselhaften-corona-zahlen, Zugriff 15.12.2020
? DS – Der Standard (27.3.2020): China riegelt wegen Corona seine Grenzen ab,
https://www.derstandard.at/story/2000116236843/china-riegelt-wegen-corona-seine-grenzen-ab, Zugriff 15.12.2020
? DW – Deutsche Welle (30.5.2020): Kaum noch Neuinfektionen: China lockert
Corona-Auflagen, https://www.dw.com/de/kaum-noch-neuinfektionen-china-lockert-corona-auflagen/av-53366246, Zugriff 15.12.2020
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? FORBES (17.4.2020): China Just Admitted Coronavirus Death Toll In Wuhan Was 50%
Higher Than Reported, https://www.forbes.com/sites/isabeltogoh/2020/04/17/china-just-admitted-coronavirus-death-toll-in-wuhan-was-50-higher-than-reported/#15c7d120702f,
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? FR – Frankfurter Rundschau (26.5.2020): China nach Corona: Stadt will Gesundheit
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? FR24 – F (1.6.2020): China reports highest number of new Covid-19 cases in nearly
3 weeks, https://www.france24.com/en/20200601-china-reports-highest-number-of-new-covid-19-cases-in-nearly-3-weeks, Zugriff 15.12.2020
? HB – Handelsblatt (19.2.2020): Coronavirus offenbart gravierende Mängel an Chinas
Gesundheitssystem, https://www.handelsblatt.com/politik/international/krankenversorgung-coronavirus-offenbart-gravierende-maengel-an-chinas-gesundheitssystem/25561166.html?ticket=ST-1039047-CrBiznv23udUClzvzT0p-ap4, Zugriff 15.12.2020
? LVAk – Landesverteidigungsakademie Hauser, Gunther (5.2020): Chinas Aufstieg zur Globalmacht der Weg einer Regionalmacht zum weltpolitischen Akteur, Seite 167.
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Ministry of Foreign Affairs of the People's Republic of China National Immigration
Administration Announcement on the Temporary Suspension of Entry by Foreign Nationals
Holding Valid Chinese Visas or Residence Permits, https://www.fmprc.gov.cn/mfa_eng/wjbxw/t1761867.shtml?from=groupmessage&isappinstalled=0, Zugriff 15.12.2020
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system to ensure China’s stability, https://www.scmp.com/news/china/politics/article/3087609/xi-jinping-vows-build-strong-public-health-system-ensure-chinas, Zugriff 15.12.2020
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? TG – The Guardian (23.4.2020): China coronavirus cases may have been four times
official figure, says study, https://www.theguardian.com/world/2020/apr/23/china-coronavirus-cases-might-have-been-four-times-official-figure-says-study, Zugriff 15.12.2020
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? WKO – Wirtschaftskammer Österreich (10.12.2020): Coronavirus: Situation in China, Aktuelle Lage und laufende Updates, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/china-update-reisehinweise-quarantaenebestimmungen.html#heading_aktuell_wichtig, Zugriff 15.12.2020
? XN - XINHUANET (4.6.2020): China stresses targeted COVID-19 containment measures,
developing vaccines and drugs, http://www.xinhuanet.com/english/2020-06/04/c_139114738.htm, Zugriff 15.12.2020
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Sicherheitslage
Letzte Änderung: 17.12.2020
Wegen der Ausbreitung von COVID-19 kommt es in China zu verschärften Einreisekontrollen, Gesundheitsüberprüfungen und seit 28.03.2020 zu einer Einreisesperre für Ausländer (BMEIA 24.11.2020). Die Fallzahlen haben sich in China auf einem niedrigen Niveau stabilisiert (AA 7.12.2020).
Aufgrund einer massiven Präsenz von Sicherheitskräften in besonders gefährdeten Regionen ist eine Wahrscheinlichkeit von Terroranschlägen in China generell niedrig (GW 19.6.2020). Berichten zufolge wurden in den letzten zehn Jahren 170 Millionen Überwachungskameras in Städten und Gemeinden im ganzen Land installiert (DFAT 3.10.2020). Dennoch kann es vereinzelt zu Demonstrationen und Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kommen. Auch sind in den letzten Jahren in China Anschläge verübt worden (EDA 23.7.2020). Konflikte und mutmaßliche Diskriminierung und Ungleichbehandlung durch die Han-Mehrheitsbevölkerung und die anhaltende harte Linie der lokalen Regierung, können die laufende Problematik der muslimischen Gemeinschaft über die uigurischen Minderheiten hinaus noch verschärfen (GW 17.6.2020).
Zwar gibt es in China noch keine unversöhnlichen ethnischen, sozialen oder religiösen Spaltungen, soziale Unruhen sind allerdings an der Tagesordnung. Auch wenn die meisten Demonstrationen als Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik personell meist gering ausfallen, betreffen sie dennoch existentielle Fragen wie Lohnrückstände, dem Abriss von Häusern und der Umsiedlung oder Enteignung (BS 29.4.2020). Landerwerb ohne volle Einbeziehung der örtlich Betroffenen stößt zunehmend auf Proteste, insbesondere in Guangdong, Fujian, Zhejiang, Jiangsu, Shandong und Sichuan. Proteste wegen der Modalitäten von Zwangsumsiedlungen wie auch Entschädigungsleistungen sind an der Tagesordnung und die Behörden verfolgen einige der Anführer solcher Proteste strafrechtlich. Die Wahrscheinlichkeit von Protesten, vor allem in Form von Demonstrationen und Blockaden, wird in Bezug auf den Bau größerer Infrastrukturprojekte, dem Bergbau, etc. auch weiterhin hoch eingeschätzt. Wesentliche Störungen sind aufgrund einer starken Sicherheitspräsenz unwahrscheinlich (GW 17.6.2020; vgl. USDOS 11.3.2020, BS 29.4.2020).
China hat anhand der Vorkommnisse der späten 1980er Jahre gelernt, dass soziale Spannungen zu einer ernsthaften Gefährdung des Systems führen können. Infolgedessen wurde ein engmaschiges Kontroll- und Regulierungssystem sowohl in urbanen Kerngebieten als auch in den peripheren Siedlungsgebieten der Minderheiten aufgebaut (LVAk 9.2019). Die staatliche Kontrolle durch eine massive, sichtbare Polizeipräsenz an strategischen Punkten und wichtigen Orten wird aufrechterhalten (BS 29.4.2020). Medienberichten zu Folge haben die chinesische Polizei und die Sicherheitsbehörden 2016 damit begonnen, Fotodatenbanken, künstliche Intelligenz und Überwachungskameras mit Gesichtserkennungstechnologie zu kombinieren, um Verdächtige und "destabilisierende Akteure" in der Gesellschaft aufzuspüren (DFAT 3.10.2020). Berichten zufolge werden auch gewonnene DNA-Proben, Urinproben, Sprachaufzeichnungen, Fingerabdrücke, Fotos und eine Vielzahl von persönlichen Daten von den Sicherheitsbehörden gesammelt (BBC 19.12.2019; vgl. RFA 23.8.2019, HRW 16.5.2017).
Auf der Tagung des Volkskongresses im Mai 2020 kündigte der Ministerpräsident an, dass auch trotz der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie sowie des Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten, der Verteidigungshaushalt im laufenden Jahr abermals deutlich steigen soll. Die Ankündigung erfolgte vor dem Hintergrund der in den vergangenen Jahren gewachsenen Spannungen zwischen China und mehreren Nachbarstaaten sowie die USA wegen der von Peking erhobenen Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer (SN 22.5.2020; vgl. FAZ 21.5.2020, WKO 12.5.2020)
China und Russland:
Die chinesisch-russischen Beziehungen werden aus chinesischer Sicht als eine "stabile strategische Partnerschaft" betrachtet (LVAk 5.2020; vgl. GH 17.2.2016). Diese politische, wirtschaftliche und auch militärische Partnerschaft beruht auf einer nüchternen Einschätzung der jeweiligen nationalen Interessen (CISR 2020; vgl. LVAk 5.2020). Langfristigen Aussichten für die chinesisch-russische Partnerschaft sind ungewiss. Vor dem Hintergrund eines unruhigen internationalen Umfelds stehen China und Russland vor großen Herausforderungen, um die Dynamik ihrer Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten (CISR 2020).
Seit 2003 arbeiten Russland und China eng im UN-Sicherheitsrat zusammen. Um die jeweiligen Positionen zu koordinieren, werden die diplomatische Rahmenstrukturen der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika)-Gruppe und die SCO (Shanghai Cooperation Organization – SCO), Russland, China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan genutzt. Äußerst relevant stellt sich die Sicherheitskooperation innerhalb der SCO dar. Diese widmet sich dem Kampf der "three evil forces", Terrorismus, Separatismus (Taiwan, Tibet und Xinjiang) und Extremismus. In diesen Bereichen soll auch ein Austausch nachrichtendienstlicher Informationen erfolgen und Auslieferungsabkommen exekutiert werden (LVAk 5.2020; vgl. BAMF 2.2020).
China und Indien:
Der südasiatische Subkontinent ist der bedeutendste geopolitische Rivale Chinas in Asien (IPG 15.10.2020). Die Streitigkeiten zwischen China und Indien über den Grenzverlauf im bevölkerungsarmen Himalaya-Gebiet ist seit dem Grenzkrieg von 1962 nicht beigelegt (LVAk 5.2020). China und Indien beanspruchen gegenseitig Geländeabschnitte, wobei es gelegentlich zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in diesem Grenzgebieten kommt (LVAk 5.2020; vgl. REUTERS 2.9.2020). Ein "Handgemenge" zwischen indischen und chinesischen Soldaten führte zuletzt am 15. Juni 2020 zum Tod von Soldaten auf beiden Seiten (WSJ 17.6.2020).
China betreibt im Zuge seiner "String of pearls Strategy" (CEFIP 13.8.2019; vgl. FA 9/10 2019) den weiteren Ausbau von Häfen in befreundeten Staaten an der nördlichen Küste des Indischen Ozeans wie Kambodscha, Myanmar, Bangladesch, Sri Lanka, Pakistan, den Malediven und darüber hinaus in Afrika forciert aus und bedroht damit im Zuge der "Belt and Road"-Initiative Einflusssphären Indiens in diesem Raum (DRM 26.8.2019). Die guten Beziehungen zwischen China und Pakistan stellen besonders im Hinblick auf den verbindenden Wirtschaftskorridor und die Unterstützung Chinas der pakistanische Anliegen im Kaschmir ein weiterer Konfliktpunkt zwischen China und Indien dar (SWP 2016; vgl. DRM 26.8.2019).
China und USA:
Die Verschlechterung der Beziehungen zwischen China und den USA sowie eine zunehmend konfrontative diplomatische Sprache und militärische Haltung erhöhen das Risiko unbeabsichtigter Eskalationen in den umstrittenen Regionen (GW 23.8.2020; vgl. DRM 26.8.2020).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt (7.12.2020): China: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuelles, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/chinasicherheit/200466#content_1, Zugriff 11.12.2020
? BBC – British Broadcasting Corporation (5.12.2019): Chinese residents worry about rise of facial recognition, https://www.bbc.com/news/technology-50674909, Zugriff 11.12.2020
? BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2.2020): Länderreport 22; China; Situation der Muslime, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025535/laenderreport-22-china.pdf, Zugriff 14.12.2020
? BMEIA – Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (24.11.2020): China, Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/china/, Zugriff 11.12.2020
? BS – Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): Country Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029406/country_report_2020_CHN.pdf, Zugriff 11.12.2020
? CEFIP – Carnegie Endowmwnt for International Peace (13.8.2019): New Delhi Remains Washington’s Best Hope in Asia, https://carnegieendowment.org/2019/08/13/new-delhi-remains-washington-s-best-hope-in-asia-pub-79666, Zugriff 11.12.2020
? DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (3.10.2019): DFAT Country Information Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019379/country-information-report-china.pdf, Zugriff 11.12.2020
? DRM – De Re Militaria (26.8.2019): The Chinese String of Pearls or How Beijing is Conquering the Sea, https://drmjournal.org/2019/08/26/the-chinese-string-of-pearls-or-how-beijing-is-conquering-the-sea/, Zugriff 11.12.2020
? EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (23.7.2020): Reisehinweise für China, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/china/reisehinweise-fuer-china.html, Zugriff 11.12.2020
? FA – Foreign Affairs (9/10 2019): The India Dividend, New Delhi Remains Washington’s Best Hope in Asia, https://www.foreignaffairs.com/articles/india/2019-08-12/india-dividend?gpp=WlLQHrv60hOMo/LWqt4OfjptV0xxVkgyaFRqSTlDUWN3TFhkQmNUNmRnVDZ2T3g3cjFvOU9Udm4zRTFNKzRDdTZ4bG5wWWdpdlVXTUdkT1JJOjlmMGVkZTNjMTY2NTg0YjBlYjJmODI0MTVkN2Q4MzhlYzFlMmE0MmVlMDhiMGQxZGRlMjA2OGY1ZmU3ZmY2MmU%3D, Zugriff 11.12.2020
? FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (21.5.2020): China erstmals seit 1990 ohne Wachstumsziel, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/volkskongress-eroeffnet-china-erstmals-seit-1990-ohne-wachstumsziel-16780739.html, Zugriff 11.12.2020
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? GW – GardaWorld (23.8.2020): China Country Report, Executiv Summary https://www.garda.com/crisis24/country-reports/china, Zugriff 11.12.2020
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? GW – GardaWorld (17.6.2020): China Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/china, Zugriff 11.12.2020
? HRW – Human Rights Watch (16.5.2017): China: Police DNA Database Threatens Privacy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1400058.html, Zugriff 11.12.2020
? IPG – Internationale Politik und Gesellschaft (15.10.2020): Indische Visionen, https://www.ipg-journal.de/regionen/asien/artikel/indien-4712/, Zugriff 11.12.2020
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? LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.228
? REUTERS (2.9.2020): Grenzkonflikt zwischen Indien und China flammt wieder auf, https://de.reuters.com/article/indien-china-grenzkonflikt-idDEKBN25Z181, Zugriff 11.12.2020
? RFA – Radio Free Asia (23.8.2019): China Gears up to Collect Citizens' DNA Nationwide, https://www.rfa.org/english/news/china/collect-08232019115209.html, Zugriff 11.12.2020
? SN – Salzburger Nachrichten (22.5.2020): Chinas Volkskongress eröffnet - Hongkong und Corona im Fokus, https://www.sn.at/politik/weltpolitik/chinas-volkskongress-eroeffnet-hongkong-und-corona-im-fokus-87870631, Zugriff 11.12.2020
? SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (2016): Wagner, C.: Die Auswirkungen des China-Pakistan Economic Corridor (CPEC). Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, https://nbnresolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-46698-5, Zugriff 11.12.2020
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? WSJ – Wall Street Journal (17.6.2020): The China-India Clash, https://www.wsj.com/articles/the-china-india-clash-11592435121, Zugriff 11.12.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung: 17.12.2020
Die Führung unternimmt Schritte, das Rechtssystem auszubauen (AA 1.12.2020). Auf der Plenartagung des Zentralausschusses der KPCh im Oktober 2019 wurde die Notwendigkeit betont, die Macht der KPCh zu festigen und ihre Kontrolle über alle Ebenen der chinesischen Gesellschaft auszuweiten (FH 4.3.2020). Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden abgelehnt (DP 27.6.2019). Im März 2018 wurden neue Kontroll- und Ausgleichsmechanismen in die Verfassung aufgenommen, um die Umsetzung zentraler Richtlinien und Vorschriften durchzusetzen. Die Zentralregierung verlässt sich zunehmend auf große Datenmengen, die sie zur Überwachung und Kontrolle der Umsetzung der R