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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Marktgemeinde M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Dezember 1995, Zl. Ge-441756/1-1995/Ha/Sta, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach § 359b GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: X & Co. in M), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides suchte die mitbeteiligte Partei am 16. März 1995 bei der Erstbehörde um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und für den Betrieb einer Gastgewerbebetriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort an. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des in nordöstlicher Richtung an die Betriebsliegenschaft angrenzenden Grundstückes. Dieses Grundstück bildet den Schulhof für die öffentliche Volks-, Haupt- und Musikschule der Beschwerdeführerin. Die Gewerbebehörde erster Instanz führte am 18. Mai 1995 eine Augenscheinsverhandlung durch, in deren Rahmen die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung erhob. Mit Bescheid vom 21. August 1995 erließ die Erstbehörde gemäß § 359b GewO 1994 einen Feststellungsbescheid des Inhaltes, es werde festgestellt, daß das von der mitbeteiligten Partei entsprechend den vorgelegten Planunterlagen geplante Kaffee an dem fraglichen Standort den Bestimmungen des § 359b GewO 1994 entspreche.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 1995 wies der Landeshauptmann von Oberösterreich diese Berufung gemäß § 359b GewO 1994 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, auf Grund des gegenständlichen Projektes und des von der Behörde erster Instanz durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, daß die Erstbehörde zu Recht über das gegenständliche Ansuchen um Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung einen Feststellungsbescheid im Sinne des § 359b GewO 1994 erlassen habe. Die Voraussetzungen zur Erlangung der Parteistellung im Betriebsanlagenverfahren seien im § 356 GewO 1994 taxativ aufgezählt. Danach stünde den Nachbarn bzw. den Rechtsträgern von öffentlichen Interessen dienenden benachbarten Anlagen oder Einrichtungen Parteistellung im Verfahren gemäß § 359b leg. cit. nicht zu.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 19. Juni 1996, Zl. B 811/95-10, ablehnte und sie mit Beschluß vom 20. August 1996, Zl. B 811/96-12, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nichterteilung der in Rede stehenden Betriebsanlagengenehmigung verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht sie geltend, das erstinstanzliche Verfahren sei nicht auf Grundlage der Bestimmung des § 359b GewO 1994 durchgeführt worden, sondern vielmehr auf der Basis des § 356 leg. cit. Es sei der Gewerbebehörde verwehrt, ein ordentliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle durchzuführen, Nachbarn dem Verfahren beizuziehen, Nachbareinwendungen zu Protokoll zu nehmen und dann während des Verfahrens auf eine andere Verfahrensart, nämlich das vereinfachte Verfahren nach § 359b GewO 1994, überzuwechseln. Es komme daher den Nachbarn, die, so wie die Beschwerdeführerin, rechtzeitig Einwendungen erhoben hätten, Parteistellung zu. Das vereinfachte Verfahren nach § 359b GewO 1994 sei nur dann anwendbar, wenn die Gewerbebehörde erster Instanz auch ein Verfahren nach dieser Gesetzesbestimmung durchgeführt habe. Im gegenständlichen Fall habe sich weder die mitbeteiligte Partei auf die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens in ihrem Ansuchen berufen und einen entsprechenden Antrag gestellt, noch habe die Gewerbebehörde erster Instanz ein vereinfachtes Verfahren ohne Nachbarbeiziehung durchgeführt. Abgesehen davon seien auch die gesetzlichen Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Voraussetzung hiefür sei nämlich, daß auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten sei, daß Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a leg. cit.) vermieden würden. Ob diese Voraussetzungen zuträfen, sei Gegenstand des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens. Die Beschwerdeführerin habe im gegenständlichen Verfahren Einwendungen erhoben, die geeignet seien, bei korrekter Beurteilung die Gewerbebehörde zum Ergebnis zu führen, daß diese Voraussetzungen nicht gegeben seien. Die Bestimmung des § 359b GewO 1994 sei im vorliegenden Fall aber auch deshalb nicht anwendbar gewesen, da nach dieser Gesetzesstelle vorausgesetzt sei, daß das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 300 m2 betrage. Im gegenständlichen Gebäude würden von der mitbeteiligten Partei verschiedene Betriebsanlagen geführt (Eisenhandel, Lebensmittelgeschäft, Textilhandlung). Die Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei im streitgegenständlichen Objekt betrage daher insgesamt jedenfalls mehr als 300 m2. Die Parteistellung der Beschwerdeführerin ergebe sich aber auch aus ihrer Stellung als Standortgemeinde und ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen als Schulerhalter. Würde ihr keine Parteistellung eingeräumt, wäre sie nicht mehr in der Lage, ihren insoweit bestehenden gesetzlich normierten Verpflichtungen nachzukommen. Die Beschwerdeführerin habe im Verfahren umfassend dargelegt, weshalb ihr Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zukomme und das vereinfachte Verfahren nicht anzuwenden sei. Auf diese Argumente sei die belangte Behörde überhaupt nicht eingegangen und bleibe eine nachvollziehbare Begründung zu diesen Argumenten schuldig. Sie habe dadurch ihre gesetzliche Begründungspflicht verletzt. Ausgehend von der irrigen Annahme, der Beschwerdeführerin komme keine Parteistellung zu, habe die belangte Behörde auch Beweisaufnahmen, Sachverhaltsfeststellungen und Bescheidbegründungen zu den einzelnen Einwendungen der Beschwerdeführerin unterlassen. Hätte die belangte Behörde diese Mängel vermieden, wäre sie zu einem im Spruch anderslautenden Bescheid gelangt.
Gemäß § 359b GewO 1994 hat, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, daß
1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder 2. das Ausmaß dere der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 300 m2 beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden, die Behörde (§§ 333, 334, 335) mit Bescheid diese Beschaffenheit der Anlage festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem auch von den Beschwerdeführern zitierten Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 92/04/0038, mit eingehender Begründung dargelegt hat, kommt den Nachbarn in einem Verfahren nach § 359b GewO 1973 Parteistellung nicht zu. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis festgehalten, daß in diesem Zusammenhang dem Umstand, ob die Behörde die bei Erfüllung der Voraussetzungen ihr obliegende bescheidmäßige Feststellung nach § 359b GewO 1973 unmittelbar auf Grund des Genehmigungsansuchens (§ 353 GewO 1994) traf, oder aber erst nach Durchführung eines behördlichen Lokalaugenscheines, keine Entscheidungsrelevanz zukommt.
Für die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, es sei der Gewerbebehörde verwehrt, nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung im Sinne des § 356 Abs. 1 GewO 1994, in deren Rahmen Nachbarn Einwendungen im Sinne des § 356 Abs. 3 leg. cit. erhoben haben, in das Verfahren nach § 359b leg. cit. umzusteigen und einen Feststellungsbescheid nach dieser Gesetzesstelle zu erlassen, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Wie auch die Beschwerdeführerin hervorhebt, ist nämlich ein eigener auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 359b GewO 1994 gerichteter Antrag im Gesetz nicht vorgesehen, sondern es hat vielmehr die Behörde bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen einen derartigen Feststellungsbescheid zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1993, Zl. 90/04/0240).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der maßgeblichen Rechtslage auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß der Ausschluß der Nachbarn von der Parteistellung in einem nach § 359b GewO 1994 durchgeführten Verfahren davon abhinge, daß von der Behörde die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieses vereinfachten Verfahrens zu Recht angenommen wurden. Es hat vielmehr die Behörde auch diese Voraussetzungen im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt schließlich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - nicht zuletzt im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Juni 1996, Zlen. G 1355/95-16, V 158/95-16, mit welchem u. a. der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, § 359b Abs. 2 GewO 1994 als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen wurde - gegen die Regelung des § 359b GewO 1994 insgesamt keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ausgehend von der dargestellten Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin sei in dem der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides vorangegangenen Verfahren Parteistellung nicht zugekommen, weshalb ihre Berufung als unzulässig anzusehen sei, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040193.X00Im RIS seit
11.07.2001