TE Vfgh Beschluss 2021/6/22 V173/2021

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Veröffentlicht am 22.06.2021
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Index

58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z4
ElWOG 2010 §83
Intelligente Messgeräte-EinführungsV §1 Abs6
VfGG §7 Abs2, §57a Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebrachten Parteiantrags mangels Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin, §1 Abs6 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend, mit der die Einführung intelligenter Messgeräte festgelegt wird (Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung – IME-VO), BGBl II 138/2012, idF BGBl II 383/2017, in eventu die IME-VO zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben. Ferner regt sie an, den der IME-VO zugrunde liegenden §83 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl I 110/2010, idF BGBl I 17/2021 von Amts wegen zu prüfen und allenfalls aufzuheben.

1.1. Die Antragstellerin hat gegenüber ihrem Netzbetreiber mit Schreiben vom 16. Jänner 2020 erklärt, dass sie der Installation und Inbetriebnahme eines intelligenten Messgerätes nicht zustimme und der Netzbetreiber ihre Ablehnung gemäß §83 Abs1 ElWOG 2010 zu berücksichtigen habe. Der Netzbetreiber habe der Antragstellerin daraufhin mitgeteilt, dass gemäß den gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Verpflichtung bestehe, analoge Stromzähler gegen intelligente Messgeräte auszutauschen, sie jedoch die "Opt-out"-Variante wählen könne und in diesem Fall die "Smart Meter" Funktionen deaktiviert würden.

Mit Schreiben vom 17. März 2020 beantragte die Antragstellerin die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor der Regulierungskommission der

Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control), um den Antragsgegner – den Netzbetreiber – dazu zu verhalten, den bestehenden Zähler ohne Datenfernanbindung eingebaut zu lassen bzw diesen nicht gegen ein intelligentes Messgerät auszutauschen. Mit Bescheid vom 24. Juni 2020, zugestellt am 1. Juli 2020, wies die Regulierungskommission der E-Control den Antrag ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Landesgericht Eisenstadt mit Urteil vom 12. Jänner 2021, zugestellt am 13. Jänner 2021, ab. Dagegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. Februar 2021 Berufung erhoben.

1.2. Der vorliegende Antrag nach Art139 Abs1 Z4 B-VG langte am 21. Mai 2021 im Verfassungsgerichtshof ein. Zur Rechtzeitigkeit des Antrages führt die Antragstellerin aus, dass der Antrag nicht "gleichzeitig" mit einem Rechtsmittel gegen die Entscheidung des ordentlichen Gerichtes erhoben werden, sondern nur grundsätzlich ein Rechtsmittel eingebracht worden sein müsse. Das sei im vorliegenden Fall erfolgt.

2. Der Antrag ist unzulässig:

2.1. Gemäß Art139 Abs1 Z4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VfSlg 20.078/2016 ua das Wort "gleichzeitig" in §57a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 92/2014 als verfassungswidrig aufgehoben und im Zuge seiner Begründung auf die Entscheidung VfSlg 20.074/2016 zu §62a VfGG verwiesen, in der er festhielt, dass, "[s]olange durch den Gesetzgeber keine Neuregelung erfolgt, […] der Verfassungsgerichtshof die Rechtzeitigkeit – ausgehend vom Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers – unmittelbar vor dem Hintergrund des Art140 Abs1 Z1 litd B-VG zu beurteilen [hat]. Daraus folgt, dass ein solcher Antrag durch den Rechtsmittelwerber grundsätzlich dann rechtzeitig ist, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt wird […]" (vgl nur VfGH 26.9.2016, G62/2016; 30.11.2016, G535/2015; VfSlg 20.152/2017). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit ist die Einbringung des Antrages beim Verfassungsgerichtshof (VfGH 30.11.2016, G535/2015).

2.2. Die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das der Antragstellerin am 13. Jänner 2021 zugestellte Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt endete am 10. Februar 2021 (§464 ZPO). Der Parteiantrag wurde sohin nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist, sondern erst am 21. Mai 2021 beim Verfassungsgerichtshof eingebracht und ist daher nicht mehr "aus Anlass" eines erhobenen Rechtsmittels iSd Art139 Abs1 Z4 B-VG erfolgt. Es mangelt der Antragstellerin daher an der Legitimation zur Antragstellung gemäß Art139 Abs1 Z4 B-VG.

3. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Parteiantrag, VfGH / Legitimation, Rechtsmittel, Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:V173.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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