Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. Oktober 1995, Zl. VwSen-221203/2/Schi/Rd, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 2. Juni 1993 an einem näher bezeichneten Standort in Linz einen Automaten (sogenannten "Kaugummiautomaten"), der zur Abgabe von Kleinspielwaren diene, ca. 35 m vom Kinderheim X aufgestellt zu haben, obwohl auf Grund der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Februar 1983 das Aufstellen solcher Automaten im Umkreis von 200 m von Horten und Kinderheimen, die von unmündigen Minderjährigen besucht werden, untersagt sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Z. 4 und § 2 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Februar 1983 in Verbindung mit § 367 Z. 15 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn gemäß § 367 Einleitungssatz leg. cit. eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 10. Juni 1996, Zl. B 3864/95-6, deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer u.a. vor, die ihm zur Last gelegte Tat des Aufstellens eines Automaten sei nach der in Rede stehenden Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz nicht strafbar. Strafbar sei lediglich der Betrieb eines solchen Automaten im Sinne der Gewerbeordnung.
Bereits mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Der Einleitungssatz des § 1 der auf Grund des § 52 Abs. 4 GewO 1973 ergangenen Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Februar 1983 über das Verbot der Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten hat folgenden Wortlaut:
"Zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben wird die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zur Abgabe von Süßigkeiten wie Zuckerln, Kaugummi u. a., und zur Abgabe von Kleinspielwaren, wie Ringe, Tierzeichen, Kugeln u.a., an folgenden Orten untersagt: ..."
Gemäß § 367 Z. 15 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe mittels Automaten entgegen § 52 Abs. 2 oder entgegen den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 52 Abs. 3 oder 4 ausübt, wenn nicht der Tatbestand des § 366 Abs. 1 Z. 1 gegeben ist.
Nach § 44 a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Um der zuletzt genannten Vorschrift zu entsprechen, muß der Spruch des Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß einerseits die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und andererseits die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.466/A).
Im vorliegenden Fall wird dem Beschwerdeführer im Spruch des Straferkenntnisses im Sinne des § 44 a Z. 1 VStG zur Last gelegt, den näher umschriebenen Automaten "aufgestellt" zu haben. Ein solches Verhalten wird aber weder durch die oben wiedergegebene Bestimmung des § 1 der zitierten Verordnung noch durch § 367 Z. 15 GewO 1973 pönalisiert. Verboten ist nach diesen Bestimmungen nicht das Aufstellen eines den Tatbestandsmerkmalen dieser Gesetzesstellen entsprechenden Automaten, sondern die Ausübung eines Gewerbes mit solchen Automaten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das sonstige Beschwerdevorbringen bedurfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da bei Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der im vorangegangenen verfassungsgerichtlichen Verfahren aufgewendeten Stempelgebühren zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Juni 1972, Zl. 1088/71).
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040142.X00Im RIS seit
20.11.2000