Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache 1. des M H, 2. der G H, 3. des Dr. R P, 4. der Dr. E P, 5. des Ing. E X, 6. der M X, alle in T, 7. der R,
8. der A, beide in L, 9. des Dipl. Ing. B D und 10. der A D, beide in T, alle vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Juli 1994, Zl. Ge-441205/6-1994/Ha/Sta, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S in G, vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt in S), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 27. August 1993 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung zur Errichtung eines Massagezentrums (Sauna, Whirlpool, Solarium, Dampfbad) auf dem Grundstück 11/52 in der Gemeinde T.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. Februar 1994 wurde der mitbeteiligten Partei mit Spruchabschnitt I. die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung zur Errichtung eines Massagezentrums mit Sauna, Dampfbad und Whirlpool unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung des Solariums versagt. Mit Spruchpunkt III. des genannten Bescheides wurden "die von den Nachbarn A, Dr. R P, E P, M H, G H, A T, F T, Ing. E X, M X, Y und R gegen das unter I. bezeichnete Vorhaben wegen befürchteter Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie Wertminderung erhobenen Einwendungen als unbegründet abgewiesen, soweit ihnen nicht ohnedies durch Vorschreibung von Auflagen nachgekommen wurde".
Gegen den genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden haben die Erst- bis Achtbeschwerdeführer, die mitbeteiligte Partei sowie (die im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht als Beschwerdeführer auftretenden) F und A T Berufungen erhoben.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 77 Abs. 1 GewO 1994 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Juli 1994 wurde den Berufungen mit der Maßgabe Folge gegeben, daß I. der (genehmigende) Spruchabschnitt (I.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden unter Vorschreibung inhaltlich abgeänderter Auflagen 2.) 6.) und 7.) sowie einer zusätzlichen Auflage bestätigt und II. der (versagende) Spruchabschnitt (II.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Gmunden behoben und gleichzeitig das im Projekt näher bezeichnete Solarium unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen genehmigt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unzulässig und unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Nichterteilung der Betriebsanlagengenehmigung zur Errichtung eines Massagezentrums an Frau S in T von einschlägigen gewerberechtlichen Bestimmungen verletzt".
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die im Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG normierte Prozeßvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges zur Folge, daß immer nur der Bescheid, der von der nach der gesetzlichen Ordnung des Instanzenzuges in Betracht kommenden Behörde der höchsten Organisationsstufe erlassen worden ist, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann, nicht aber ein in der Angelegenheit ergangener Bescheid einer Verwaltungsbehörde in niederer Instanz (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 28. November 1995, Zl. 95/04/0221, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Gemäß § 359a Z. 1 GewO 1994 geht in den Fällen, in denen bei Verfahren betreffend Betriebsanlagen in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist, der administrative Instanzenzug bis zum Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, wenn es sich um Verfahren über ein Ansuchen um die Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage (§ 77 Abs. 1), in denen die Genehmigung von der Bezirksverwaltungsbehörde erteilt, vom Landeshauptmann hingegen nicht erteilt oder von der Bezirksverwaltungsbehörde nicht erteilt, vom Landeshauptmann hingegen erteilt worden ist.
Die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage stellt nach § 353 leg. cit. einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt dar. Die "Sache", über die die Behörden im Genehmigungsverfahren betreffend eine Betriebsanlage zu entscheiden haben, wird insofern durch das Genehmigungsansuchen bestimmt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 93/04/0092, Slg. NF Nr. 14062/A).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde (Landeshauptmann) das Ansuchen der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt. Der Instanzenzug wäre daher dann erschöpft, wenn auch die in erster Instanz zuständig gewesene Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft Gmunden) das Genehmigungsansuchen der mitbeteiligten Partei bewilligt hätte.
Der erstinstanzliche Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei jedoch keine derartige Genehmigung erteilt sondern mit einem teilweise genehmigenden und teilweise versagenden Bescheidspruch abgesprochen. Im Hinblick auf die durch den Inhalt des Genehmigungsansuchens gegebene Einheit der gegenständlichen Betriebsanlage "Massagezentrum" hat die Bezirksverwaltungsbehörde solcherart durch die Versagung eines das Wesen des Parteibegehrens berührenden Teiles letztlich im Ergebnis dem Projekt (Ansuchen) der mitbeteiligten Partei die Genehmigung nicht erteilt. Denn selbst wenn - ungeachtet der (auch) gegen den genehmigenden Spruchabschnitt erhobenen Berufungen - allein die mitbeteiligte Partei nur den versagenden Spruchabschnitt des erstinstanzlichen Bescheides mit Berufung bekämpft hätte, wäre zufolge des unteilbaren Verfahrensgegenstandes Berufungsgegenstand im Verfahren der belangten Behörde die ganze Sache geblieben (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 6. Auflage (1995) Rz 539). Bei der dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Fallkonstellation kann daher nach dem Inhalt der Bescheidsprüche nicht von gleichlautenden (genehmigenden) Entscheidungen gesprochen werden (vgl. zu dieser Frage auch sinngemäß den hg. Beschluß vom 16. Dezember 1959, Slg. NF Nr. 5146/A).
Die in den angefochtenen Bescheid aufgenommene Rechtsbelehrung, wonach gegen Spruchabschnitt I dieses Bescheides ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, ist daher im dargelegten Sinn unzutreffend. Der Tatbestand der Erschöpfung des Instanzenzuges ist im Beschwerdefall somit nicht gegeben.
Die Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht
- hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes für die von der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschrift im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft den für die (gesonderte) Stellungnahme zum Auftrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verzeichneten Schriftsatzaufwand, da nach dem klaren Wortlaut des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG der Zuspruch von Schriftsatzaufwand nur für die schriftliche Äußerung zur Beschwerde selbst, nicht aber für andere Schriftsätze vorgesehen ist.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994040184.X00Im RIS seit
20.11.2000