TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/22 LVwG-2021/40/2499-3

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Veröffentlicht am 22.11.2021
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Entscheidungsdatum

22.11.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolraoz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.07.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach der TBO 2018 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 15.04.2021, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 47 Abs 3 TBO 2018 die weitere Benützung des Objektes **** X, an Adresse 2, auf Gst **1, EZ ***, KG *** X, mit sofortiger Wirkung untersagt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 24.04.1991 der Firma CC GmbH & Co KG als Besitzer der Betriebsanlage an Adresse 2 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage zur Trink- und Nutzwasserversorgung für den Betrieb auf Gst **1 erteilt worden sei. Die wasserrechtliche Genehmigung sei befristet bis 31.12.2020. Es sei nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf des Wasserbenutzungsrechtes um die Wiederverleihung angesucht worden. Die Bezirkshauptmannschaft Y als Wasserrechtsbehörde habe mit Bescheid vom 10.03.2021 festgestellt, dass das Wasserbenutzungsrecht durch Zeitablauf der Befristung erloschen sei. Im Zuge des anhängigen Generalgenehmigungsverfahrens durch die Bezirkshauptmannschaft Y sowie durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y habe die Baubehörde Kenntnis erlangt, dass die Betriebsanlage über keine ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung verfüge.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.07.2021, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1.      Datum/Zeit: 20.04.2021, 14:45 Uhr

Ort:    **** X, An Adresse 2, **** X, An Adresse 2,

Standort der Fa. KFZ-Technik DD (ehern.

Stollgebäude und Busgaragen), Ost. **1 EZ*** KG X

Als Eigentümer der Betriebsanlage am Standort **** X, An Adresse 2 (ehemaliges Stollgebäude und Busgaragen) haben Sie zu verantworten, dass eine bauliche Anlage entgegen einer Entscheidung nach § 47 Abs. 3, gegebenenfalls in Verbindung mit § 53 Abs. 6, weiter benützt oder anderen zur Benützung überlassen oder Auflagen in einer solchen Entscheidung nicht erfüllt wurden, indem zumindest am 20.04.2021 um 14:45 Uhr im Zuge einer Kontrolle durch Beamte der PI X uneingeschränkter Betrieb an insgesamt 6 Kundenfahrzeugen mit Kunden bei den Fahrzeugen und im Wartebereich unter Benützung zumindest einer Hebebühne festgestellt wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 47 Abs. 3 TBO2018

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von

Ersatzfreiheitstrafe von

1. € 3.630,00

1 Tage(n), 10 Stunde(n)

§ 67 Abs. 1 lit o TBO 2018

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 363,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch

mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 3.993,00“

In der dagegen fristgerecht erhobenen eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 09.06.2020 gekauft habe. Im Kaufvertrag sei festgehalten worden, dass das Betriebsgebäude über die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde X versorgt werde und betreffend die Abwasserentsorgung an das öffentliche Kanalnetz der Gemeinde X angeschlossen sei. Der Beschwerdeführer sei somit davon ausgegangen, dass eine ordnungsgemäße Versorgung des Objekts gegeben sei. Auch im übergebenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 28.11.2002 sei ausdrücklich angeführt, dass die Wasserversorgung des Gebäudes durch das öffentliche Netz der Gemeinde X erfolge. Im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren der Bezirkshauptmannschaft Y sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.12.2020 erstmals mitgeteilt worden, dass kein Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung der Gemeinde X vorliege. Der Beschwerdeführer hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Wissenstand, dass die Wasserversorgung ein Problem sein könnte. Insbesondere sei ihm der damalige Bescheid nicht vorgelegen und ihm sei auch die Frist für den Antrag auf Wiederverleihung nicht mitgeteilt worden. Die Prüfstelle EE sei beauftragt worden, das Wasser auf seine Trinkfähigkeit zu überprüfen. Die diesbezügliche Inspektion habe am 17.03.2021 stattgefunden und habe sich letztlich ergeben, dass das Wasser auch als Trinkwasser geeignet sei. Es sei demnach zu keiner Zeit eine Gefährdung von Menschen gegeben gewesen. In dieser Phase sei der Bescheid der Gemeinde X vom 15.04.2021 ergangen. Dieser Bescheid sei überschießend, da es genügt hätte, die Verwendung des Wassers als Trinkwasser zu unterlassen. Damit wäre jedenfalls gewährleistet gewesen, dass keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen im Sinne des § 47 TBO gegeben sei. Von einem Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sei trotzdem abgesehen worden. Stattdessen habe der Beschuldigte unverzüglich den Antrag auf Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung bei der Gemeinde X gestellt. Der Beschwerdeführer habe den Pächter DD von diesem Bescheid verständigt und diesem mitgeteilt, dass bis zur Herstellung der Wasserversorgung durch die Gemeinde die gesamte Betriebsanlage nicht mehr benutzt werden dürfe. Er habe ihm insbesondere eine Ablichtung des Bescheides vom 15.04.2021 übergeben. Am 20.04.2021 sei der Beschwerdeführer nicht vor Ort gewesen und könne dazu auch aus eigener Wahrnehmung keine Angaben machen. Jedenfalls sei nach Herstellung der Wasserversorgung durch die Gemeinde, was sich verzögert habe, mit Bescheid vom 07.05.2021 der Bescheid wieder aufgehoben worden. Zusammenfassend hätte daher der Bescheid vom 15.04.2021 in dieser Form gar nicht ergehen dürfen. Beispielsweise werde auch bei anderen Fällen, bei denen es Probleme mit der Wasserqualität gebe, nicht mit einem Benützungsverbot der Häuser, sondern mit einem Verbot der Nutzung des Trinkwassers vorgegangen. Dies hätte ausgelangt, um eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen zu verhindern. Anzuführen sei auch, dass das Wasser in der Vergangenheit also vor dem Eigentumserwerb durch den Beschwerdeführer von sämtlichen Nutzern als Trink- und Brauchwasser genutzt worden sei und es nie zu irgendwelchen hygienischen Problemen gekommen sei. Jedenfalls habe sich der Beschwerdeführer sofort umfassend bemüht, das Problem, welches im Wesentlichen nur im fehlenden nicht fristgerecht eingebrachten Antrag bestanden habe, zu beheben. Er habe den Bescheid nach der TBO auch sofort dem Pächter zur Kenntnis gebracht und diesen aufgefordert, den Bescheid Folge zu leisten. Es treffe daher den Beschwerdeführer keinerlei Verschulden daran, dass es am 20.04.2021 zu einer Benützung der Werkstätte gekommen sein solle.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Am 10.11.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, in welcher der Beschwerdeführer persönlich einvernommen wurde.

II.      Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 15.04.2021, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 47 Abs 3 TBO 2018 die weitere Benützung des Objektes **** X, an Adresse 2, auf Gst **1, EZ ***, KG *** X, mit sofortiger Wirkung untersagt. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 24.04.1991 der Firma CC GmbH & Co KG als Besitzer der Betriebsanlage an Adresse 2 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Wasserversorgungsanlage zur Trink- und Nutzwasserversorgung für den Betrieb auf Gst **1 erteilt worden sei. Die wasserrechtliche Genehmigung sei befristet bis 31.12.2020. Es sei nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf des Wasserbenutzungsrechtes um die Wiederverleihung angesucht worden. Die Bezirkshauptmannschaft Y als Wasserrechtsbehörde habe mit Bescheid vom 10.03.2021 festgestellt, dass das Wasserbenutzungsrecht durch Zeitablauf der Befristung erloschen sei. Im Zuge des anhängigen Generalgenehmigungsverfahrens durch die Bezirkshauptmannschaft Y sowie durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y habe die Behörde Kenntnis erlangt, dass die Bezirksanlage über keine ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung verfüge.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 16.04.2021 durch Hinterlegung zugestellt, wobei der Beschwerdeführer den Bescheid am 19.04.2021 beim Postamt behob und zu diesem Zeitpunkt erst Kenntnis von der Benützungsuntersagung erlangt hat.

Am 20.04.2021 fand um 14.45 Uhr eine Kontrolle durch Beamte der PI X vor Ort statt. Dabei wurde ein uneingeschränkter Betrieb an insgesamt 6 Kundenfahrzeugen mit Kunden bei den Fahrzeugen und im Wartebereich unter Benützung zumindest einer Hebebühne festgestellt. Außerdem wurden Bestandteile einer Schweißgarnitur vorgefunden. Es war lediglich ein Mitarbeiter FF vor Ort, welcher angewiesen wurde, die Rechtmäßigkeit herzustellen.

Die Prüfstelle EE hat die Wasserversorgungsanlage im Zeitraum vom 17.03.2021 bis 01.06.2021 überprüft und wurde festgestellt, dass gemäß Trinkwasserverordnung das Wasser nach der UV-Desinfektionsanlage derzeit zur Verwendung als Trinkwasser geeignet ist.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt aus dem Akt der belangten Behörde, insbesondere aus dem im Akt einliegenden Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 15.04.2021, der Anzeige der PI X vom 23.04.2021 und den vorgelegten Unterlagen bzw der Aussage des Beschwerdeführers vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol.

IV.      Rechtslage:

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 33/2013 lautet:

„§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.     die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.     der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.     Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.     die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.     die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.     die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

Die maßgebliche Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2018 – TBO 2018, LGBl Nr 28, lautet:

„§ 47

Baugebrechen

(1) Bewilligungspflichtige bauliche Anlagen sind in einem der Baubewilligung entsprechenden Zustand zu erhalten. Sonstige bauliche Anlagen sind in einem solchen Zustand zu erhalten, dass den Erfordernissen der Sicherheit entsprochen und das Orts-, Straßen- und Landschaftsbild nicht erheblich beeinträchtigt wird. Treten an einer baulichen Anlage Baugebrechen auf, durch die allgemeine bautechnische Erfordernisse beeinträchtigt werden, so sind sie ehestens zu beheben.

(2) Wird den Verpflichtungen nach Abs. 1 nicht entsprochen, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Instandsetzung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. Liegen jedoch Baugebrechen vor, die eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes bewirken und deren Behebung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren gänzlichen oder teilweisen Abbruch aufzutragen.

(3) In den Fällen des Abs. 2 hat die Behörde mit schriftlichem Bescheid die vorläufige Weiterbenützung der baulichen Anlage an Auflagen oder Bedingungen zu knüpfen oder überhaupt zu untersagen, soweit dies zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen erforderlich ist. Dies gilt auch, wenn der Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen nicht mehr gewährleistet ist, weil baulichen oder organisatorischen Vorkehrungen im Sinn des § 3 Abs. 2 und 3 nicht oder nicht hinreichend entsprochen wird. Der Bescheid ist an den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten.

(4) Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde erforderliche Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers der baulichen Anlage auch ohne dessen vorherige Anhörung anordnen.

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten auch für bauliche Anlagen, die nach früheren baurechtlichen Vorschriften errichtet worden sind, wenn sie auch diesem Gesetz unterliegen.

(6) § 46 Abs. 8 gilt sinngemäß.“

V.       Erwägungen:

Vorauszuschicken ist, dass das erkennende Gericht erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 15.04.2021, Zl ***, hegt. Ob es sich bei einem Wegfall des Wasserbenutzungsrechtes für eine Einzelwasserversorgungsanlage tatsächlich um ein Baugebrechen im Sinne des § 47 TBO 2018 handelt, wäre grundsätzlich näher zu prüfen. Darüber hinaus enthält weder dieser Bescheid noch der gesamte Akteninhalt der belangten Behörde nicht einmal ansatzweise einen Hinweis darauf, dass eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen je bestanden hätte. Insofern erweist sich die Untersagung der gänzlichen Benützung der baulichen Anlage als überschießend im Sinne des § 47 Abs 2 und 3 TBO 2018. Insofern ist den Ausführungen des Beschwerdeführers beizupflichten, würde man die Rechtsmeinung der Baubehörde teilen, müsste in jeden Fall bei Problemen mit der Trinkwasserqualität ein Benützungsverbot für alle Gebäude, welche im Einzugsgebiet einer verunreinigten Quelle versorgt werden, ausgesprochen werden. Hier wäre die Untersagung der Verwendung des Wassers zu Trinkwasserzwecken völlig ausreichend gewesen. Dessen ungeachtet wird nicht verkannt, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 15.04.2021, Zl ***, in Rechtskraft erwachsen ist.

Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Sämtliche dieser Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal dem Beschwerdeführer der Untersagungsbescheid der Baubehörde erst am 19.04.2021 völlig überraschend zur Kenntnis gelangt ist, er den Benutzer der in Rede stehenden baulichen Anlage umgehend von diesem Benützungsverbot in Kenntnis gesetzt hat und die Kontrolle durch die Polizei am 20.04.2021, sohin einen Tag nach Kenntnisnahme des Untersagungsbescheides stattgefunden hat. Dem Beschwerdeführer stand sohin lediglich ein äußerst geringer Zeitraum zur Verfügung, um den Anordnungen der Baubehörde Folge zu leisten. Die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer getroffenen Anordnungen war in diesem kurzen Zeitraum von gerade mal einem Tag nicht möglich, sodass auf Verschuldensebene von einem äußerst geringen Verschulden auszugehen ist. Darüber hinaus ist nicht erwiesen, dass jemals eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bestanden hat, im Gegenteil konnte der Beschwerdeführer unter Beweis stellen, dass das verwendete Trinkwasser in hygienischer Hinsicht unbedenklich ist. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und Intensität seiner Beeinträchtigung sind daher ebenfalls gering, weshalb die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vorliegen und dementsprechend spruchgemäß zu entscheiden war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Benützungsuntersagung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.40.2499.3

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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