TE Vfgh Beschluss 1994/12/7 B2519/94

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Veröffentlicht am 07.12.1994
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1
ZPO §148 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Frist

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluß vom 12. Oktober 1994, B1975/94-3, die vom Antragsteller erhobene Beschwerde gegen einen nach den Beschwerdeangaben am 9. August 1994 zugestellten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. August 1994 wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist zurück. Die Beschwerdefrist war am 20. September 1994 abgelaufen, die Beschwerde wurde aber erst am 27. September 1994 zur Post gegeben. Dieser Beschluß wurde dem Antragsteller am 15. November 1994 zugestellt.

1.2. Mit einem beim Verfassungsgerichtshof am 29. November 1994 eingelangten, zu B2519/94 protokollierten Schriftsatz beantragt der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt zu B1975/94 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. Er führt dazu ua. folgendes aus:

   "... Der Bescheid des Bundesministers für Inneres vom

2. August 1994 wurde - dies ergibt sich auch aus der

Eingangsstampiglie des Beschwerdevertreters, die auf der 1. Seite

des Bescheides angebracht ist - am 9. August 1994 zugestellt. Die

Angestellte des Beschwerdevertreters ... bearbeitete den

Posteingang. Sie wollte die sechswöchige Beschwerdefrist vormerken. Zu diesem Zweck trug sie die Frist im Fristen- bzw. Terminbuch ein (27. September 1994) und vermerkte dies auch auf der Eingangsstampiglie. Die gesamte Post wurde dann dem Beschwerdevertreter vorgelegt, der die Post sichtete und bearbeitete. Versehentlich fiel ihm die unrichtige Fristvormerkung nicht auf. Auch bei Abfassung der Beschwerde bemerkte er den Fehler nicht. Auf diesen Fehler wurde er erst anläßlich der Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes aufmerksam, sohin am 15. November 1994. ... Der Beschwerdevertreter war durch die unrichtige Fristvormerkung, die er bei der Sichtung des Posteingangs und bei der Beschwerdeabfassung nicht bemerkte, am rechtzeitigen Einbringen der Beschwerde gehindert (unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis). Da die Angestellte des Beschwerdevertreters seit Jahren als stets verläßliche Kanzleikraft tätig ist und der Beschwerdevertreter erstmals die unrichtige siebenwöchige Fristvormerkung (statt sechs Wochen) übersah, geht dieser Irrtum nicht über den minderen Grad des Versehens hinaus; es liegt sohin eine entschuldbare Fehlleistung vor. ..."

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zulässig:

2.1. Gemäß §33 VerfGG 1953 kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 (Abs1) dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach §148 Abs2 ZPO muß ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen vierzehn Tagen gestellt werden; diese - nicht verlängerbare - Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis, das die Fristversäumung verursachte, weggefallen ist. Offenbar verspätet eingebrachte Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen (§148 Abs3 ZPO).

2.2. Die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde wurde durch einen Irrtum einer Kanzleiangestellten und der daraus folgenden falschen Fristvormerkung gehindert. Das Versehen einer Kanzleikraft bei der Vormerkung des Termins für den Ablauf der Beschwerdefrist wurde nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wiederholt als Fehler, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begehen kann, und damit als ein die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindernder minderer Grad des Versehens iSd §146 Abs1 ZPO qualifiziert (zB VfSlg. 11427/1987, 11537/1987, 11706/1988).

2.3. Dieses Hindernis entfiel hier allerdings nicht erst mit Zustellung des zurückweisenden Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1994, nämlich am 15. November 1994, sondern schon früher: Als der Beschwerdevertreter am 26. September 1994 (Datum der Beschwerde) die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die am 27. September 1994 zur Post gegeben wurde, selbst bearbeitete, war die vom Datum der Zustellung des Bescheides (das war der 9. August 1994) an zu berechnende sechswöchige Beschwerdefrist schon abgelaufen. Das Hindernis zur rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde fiel daher (frühestens) im Zeitpunkt der Bearbeitung der Beschwerde (spätestens jedoch im Zeitpunkt der Postaufgabe der Beschwerde) weg, weil der Beschwerdevertreter dabei richtigerweise davon ausging (und dies in der Beschwerdeschrift auch ausdrücklich anführte), daß der bekämpfte Bescheid am 9. August 1994 zugestellt wurde, und damit den seinerzeitigen Fehler (der Kanzleiangestellten) - bereits zum zweiten Mal (das erste Mal bei Überprüfung des vorgelegten Posteinganges) - hätte erkennen müssen.

2.4. Bei dieser Sachlage wäre der Wiedereinsetzungsantrag binnen vierzehn Tagen, und zwar spätestens vom 27. September 1994 (Datum der Postaufgabe) an gerechnet, zu stellen gewesen; die (spätestens) mit diesem Tag beginnende Frist des §148 Abs2 ZPO verstrich ungenützt. Der erst am 28. November 1994 zur Post gegebene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war daher als verspätet und unzulässig zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 12365/1990, 12543/1990).

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §33 VerfGG 1953 iVm §148 Abs3 ZPO (§35 Abs1 VerfGG 1953) ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B2519.1994

Dokumentnummer

JFT_10058793_94B02519_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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