TE Bvwg Beschluss 2021/7/21 W168 2240660-1

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Veröffentlicht am 21.07.2021
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Entscheidungsdatum

21.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §92 Abs1
FPG §92 Abs1 Z3
FPG §94 Abs5
VwGVG §28 Abs3

Spruch


W168 2240660-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. staatenlos alias Sierra Leone, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl. 1049817709/201068293, beschlossen:

A)       

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und das Verfahren zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 09.11.2015, Zl. 1049817709/150027823, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war, stellte am 01.12.2015 beim BFA einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses für Asylberechtigte.

2. Mit einem Schreiben des BFA vom 14.12.2020 wurde dem BF Parteiengehör gewährt und ausgeführt, dass die Behörde auf mehrere Anzeigen wegen Suchtgiftdelikten aufmerksam geworden sei. Zudem sei der BF mit Urteil des LG XXXX zu 38 Hv 9/19v, vom 20.02.2019, rechtskräftig am selben Tag wegen Vergehens des Diebstahles, der Nötigung, der Körperverletzung sowie des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Die Behörde ziehe aufgrund der dem BF zu Last gelegten Straftaten, welche sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergeben würden, in Erwägung, dem BF aufgrund des Versagungsgrundes gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 FPG keinen Konventionsreispass auszustellen. Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zu äußern.

3. Am 22.01.2021 brachte der BF eine Stellungnahme ein und schloss der Stellungnahme eine Lohn-/Gehaltsabrechnung vom Oktober und November 2020, eine Geburtsurkunde des Königreichs von Jordanien im Original und in deutscher Übersetzung vom 13.10.2020.

4. Mit Bescheid des BFA vom 16.02.2021 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Verhalten des BF schlüssigerweise eine große Wiederholungsgefahr bzw. die Gefahr indiziere, dass er als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder kriminellen Organisation durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würden und zudem zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einer Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen würden. Vom BF gehe eine kriminelle Energie aus. Die Gefahr, dass der BF erneut straffällig werde, werde als besonders hoch eingeschätzt. Eine positive Zukunftsprognose könne nicht erstellt werden. Der BF sei geständig, Drogen zu konsumieren, sei jedoch von keinem Gericht wegen Drogenmissbrauchs verurteilt worden und es liege keine Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz vor.

5. Gegen den zugestellten Bescheid erhob der BF mit 17.03.2021 durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde. Hierbei führte der BF zusammenfassend aus, dass die Begründungen hinsichtlich der Versagung der Ausstellung des Konventionspasses der Behörde mit Willkür versehen worden seien. Es liege kein objektivierbares Beweisergebnis hinsichtlich einer Gefährdung durch den BF vor, wonach dieser als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Straftaten unter Zuhilfenahme des Passes vornehmen wolle, bzw. länge ein ausreichendes Ermittlungsergebnis auch hinsichtlich einer negativen Zukunftsprognose oder Gefährlichkeit des BF nicht vor und ein solches lasse sich auch nicht aus dem Akteninhalt ausreichend begründet entnehmen. Die Behörde selbst hätte eingestanden, dass der BF bislang nicht wegen einer Straftat nach dem SMG verurteilt worden wäre. Die Behörde verweigere dem BF wegen behaupteten Eigenkonsums den Konventionspass und dies würde Willkür darstellen. Die Behörde selbst wäre verpflichtet gewesen allfällig notwendige Ermittlungen vorzunehmen, bzw. hätte diese solche in entscheidungsrelevanten und verfahrensnotwendigen Punkten unterlassen. Sie wäre insbesondere zur Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob der BF an Suchtmittel gewöhnt sei, einer Therapie bedürfe und therapiefähig sei verpflichtet gewesen, um hieraus schließen zu können, dass hieraus dem BF eine Straftat nach dem SMG abgeleitet werden könnte. Beantragt wurde den angefochtenen Bescheid zu beheben und den BF einen Konventionspass zu gewähren, in eventu die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem BFA die neuerliche Entscheidung nach ergänzender Beweisaufnahme, auch nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens, aufzutragen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.Der BF stellte am 10.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, dem mit Bescheid des BFA vom 09.11.2015 gemäß § 3 AsylG stattgegeben und aufgrund dessen ihm der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX , 038 HV 9/2019v, vom 20.02.2019 wurde der BF gemäß § 15 StGB § 84 (4) StGB wegen des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung, wegen des Vergehens der Nötigung gemäß § 105 (1) StGB, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles gemäß § 127 StGB § 15 StGB und des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Es wird dem Verfahren nicht zugrunde gelegt, dass der BF wegen Suchtgiftdelikten bereits strafrechtlich verurteilt wurde. Die bisherigen Anzeigen des BF aufgrund von Suchtgiftdelikten wurden behördlich zurückgezogen bzw. die Verfahren eingestellt.

Der BF ging im Jahr 2020 einer Tätigkeit als Raumpfleger nach.

Das BFA hat insgesamt nicht ermittelt, bzw. ausreichend begründet dargelegt aufgrund welcher konkreten Indizien und Anhaltspunkte es im gegenständlichen Verfahren konkret davon ausgeht, dass der BF den beantragten Pass dazu verwenden wolle gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes, etwa auch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, zu verstoßen und somit gegenwärtig mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nachvollziehbar vom Vorliegen eines Versagungsgrundes gem. FPG, insbesondere gem. §92 Abs. 1 Z 3 FPG, ausgeht und hat damit das gegenständliche Verfahren mit einem verfahrenswesentlichen Ermittlung– bzw. Begründungsmangel belastet. Das BFA hat keine, bzw. keine ausreichenden Ermittlungen bzw. Abklärungen bezogen auf eine negative Zukunftsprognose vorgenommen, hat sich betreffend die Erstellung einer diesbezüglichen Prognose ausschließlich auf fallgegenständlich nicht ausreichend substantiiert begründete Vermutungen gestützt.

2.       Beweiswürdigung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt des Bundesamtes und den Verfahrensakt des BVwG im Verfahren.

Betreffend der Feststellung, dass das BFA keine ausreichenden Ermittlungen bzw. Abklärungen bezogen auf eine negative Zukunftsprognose vorgenommen hat, sich betreffend der Erstellung einer diesbezüglichen Prognose ausschließlich auf fallgegenständlich nicht ausreichend substantiiert begründete Vermutungen hinsichtlich der Benutzung des Passes zu Zwecke der Begehung weiterer Straftaten, insbesondere solche im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten, bzw. im Zusammenhang mit der Begehung solcher Straftaten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gestützt hat, sind folgende Ausführungen zu erstatten:

Dass BFA hat sich zur Begründung der Abweisung des Antrages des BF auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 insbesondere auf §92 Abs. 1 Z 3 gestützt und hierzu ausgeführt, dass im gegenständlichen Verfahren anzunehmen sei, dass der BF etwa auch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder kriminellen Organisation durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde und zudem zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einer Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen würden.

Das BFA hat jedoch ausreichend nicht ermittelt, bzw. ausreichend begründet nicht dargelegt aufgrund welcher konkreten Indizien und Anhaltspunkte es im gegenständlichen Verfahren konkret vom Vorliegen eines Versagungsgrundes gem. FPG, insbesondere gem. §92 Abs. 1 Z 3 FPG, ausgeht.

Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich, dass der BF wegen des Verbrechens der versuchten schweren Körperverletzung und der Vergehen der Nötigung, des versuchten Diebstahles und der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde, geht aus einem aktuell eingeholten Strafauszug vom 06.04.2021 in Verbindung mit einem im Akt aufliegenden Urteil des Landesgerichts XXXX vom 20.02.2019 hervor.

Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich jedoch auch, dass die gegen den BF eingebrachten Anzeigen aufgrund von Suchtgiftdelikten behördlich zurückgezogen bzw. die Verfahren eingestellt wurden. Dies ergibt sich insbesondere aus einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 16.02.2018 über den Rücktritt der Verfolgung, einer Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft XXXX von der Einstellung des Verfahrens vom 07.03.2018, einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom endgültigen Rücktritt der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 29.04.2020, einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 24.07.2018, einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 10.01.2019, einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom endgültigen Rücktritt von der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 28.08.2019, einer Verständigung der Staatsanwaltschaft XXXX vom 19.03.2019 von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens vom 19.03.2019, einer Verständigung vom vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 25.03.2019 und einer Verständigung vom endgültigen Rücktritt von der Verfolgung nach Erstattung eines Abtretungsberichtes vom 29.04.2020.

Dass der BF als Raumpfleger tätig war, geht aus vorgelegten Lohnzetteln aus dem Jahr 2020 hervor.

Aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes selbst, als auch aus den Ausführungen des BFA kann das gegenwärtige Vorliegen von ausreichend konkreten Hinweisen, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig indizieren würden, dass der BF den beantragten Konventionsreisepass gem. §92 Abs. 1 Z 3 FPG benutzen wolle, dies etwa auch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder kriminellen Organisation um gegen die Bestimmungen des SMG zu verstoßen, bzw. dass dieser durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden würde und zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einer Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen würden, ausreichend nachvollziehbar begründet nicht ableiten.

Diesbezüglich ist den Ausführungen der Beschwerdeschrift zu folgen, dass aus dem gegenständlich angefochtenen Bescheid und den hierin enthaltenen Ausführungen ausreichend konkretisiert das aktuelle Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht dargelegt worden ist.

Das BFA hätte eine konkret auf den gegenständlichen Einzelfall bezogene konkrete Prüfung der Gründe für die Gewährung oder Versagung eines Konventionspasses durchführen müssen.

Solcherart Ermittlungen hat die Behörde jedoch im gegenständlichen Verfahren zu Recht in der Beschwerdeschrift angemerkt im Wesentlichen unterlassen hat, bzw. anzumerken ist, dass die belangte Behörde eine konkret auf den Einzelfall bezogene gesamtheitliche Würdigung im angefochtenen Bescheid nicht vorgenommen hat.

So wird in der Begründung des angefochtenen Bescheids insbesondere zwar angeführt, dass es bisher keine Verurteilung des BF durch ein österreichisches Gericht nach dem SMG gegeben habe, gegen den BF jedoch der Verdacht bestehe, Drogenhandel begangen zu haben und sein Verhalten schlüssigerweise eine große Wiederholungsgefahr bzw. Gefahr indiziere, dass der BF als Mitglied einer kriminellen Vereinigung oder Organisation durch einen Aufenthalt im Ausland die innere bzw. äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden könnte.

Das BFA hat insgesamt jedoch nicht dargelegt, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte und Indizien es im gegenständlichen Verfahren mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig konkret mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen wäre, dass der BF insbesondere im Rahmen einer kriminellen Vereinigung oder Organisation Drogendelikte unter Verwendung eines Konventionspasses begehen würde, bzw. ob auch gegenwärtig überhaupt eine solche durch den BF ausgehende Gefahr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit indiziert ist.

So weist der BF keine strafrechtliche Verurteilung nach dem SMG aus und im gesamten Verfahren sind keine verdichteten Hinweise hervorgekommen, dass der BF im Zusammenwirken mit mehreren Tätern tatsächlich Drogenschmuggel im In - oder Ausland begangen würde oder in der Vergangenheit bereits begangen hat.

 

Der Versagungsgrund des §92 Abs. 1 Z 3 normiert insbesondere, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen ist, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass … Z3: „der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.“

Es ist Aufgabe der Behörde das Vorliegen dieserart bestimmte Tatsachen konkret darzulegen.

Festzuhalten ist, dass der Besitz von Drogen, dies auch zum Eigengebrauch, jedenfalls bereits ein strafrechtlich relevantes Delikt gem. §27 SMG darstellt. Es wird fallgegenständlich zudem auch nicht verkannt, dass der BF als Mittäter bereits wegen eines Verbrechens und mehrerer Vergehen (versuchter schwerer Körperverletzung, Nötigung versuchter Diebstahl, Körperverletzung) verurteilt wurde und dieses Verhalten des BF jedenfalls indiziert, dass dieser nicht gewillt ist, die österreichische Rechtsordnung zu akzeptieren.

Der Umstand jedoch, dass der BF in der Vergangenheit Drogen konsumiert und der BF auch diesbezüglich auch mehrmals angezeigt, jedoch sämtliche sich hierauf beziehende Verfahren letztlich eingestellt wurden. Wird im angefochtenen Bescheid als Versagungsgrund auf mehrere Anzeigen nach dem SMG verwiesen, so wird konkret nicht dargelegt aus welchem Grund sich daraus bereits ein wie unter der Ziffer 3 genannter Missbrauchsverdacht des Konventionsreisepasses mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ergeben soll, wird jedoch ausreichend begründet nicht dargelegt. Alleine ein solcher Verweis reicht in casu jedoch nicht aus, um hieraus gem. §92 Abs. 1 Z3 abzuleiten, dass der BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das beantragte Reisedokument benutzen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetztes zu verstoßen.

Aus sämtlichen sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ableitbaren Informationen ergeben sich keine belastbaren Indizien darauf, dass der BF das beantragte Reisedokument tatsächlich indiziert, zukünftig dafür benutzten will, um insbesondere wie ausgeführt in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit im Rahmen einer kriminellen Vereinigung bzw. Organisation Suchtmittel einzuführen und dem BF hierauf bezogen die Ausstellung eines Reisedokumentes zu versagen.

Es ist dem BF aufgrund des in der Vergangenheit gesetzten strafrechtswidrigen Verhaltens auch nicht bereits pauschal zu unterstellen, dass er hinkünftig insbesondere ein Reisedokument benützen würde, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Auch hat der BF bereits in einer schriftlichen Stellungnahme ausgeführt, dass dieser im Jahr 2020 einer Tätigkeit nachging und dabei ein Nettoeinkommen von etwa 1.600,- Euro erwirtschaftete, weshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der BF auf Einkünfte aus Drogengeschäften angewiesen wäre.

Die sich hierauf beziehenden Ausführungen des BFA hinsichtlich einer anzunehmenden missbräuchlichen Verwendung des Passes, um gegen Bestimmungen des SMG zu verstoßen sind somit im Wesentlichen ausreichend begründet nicht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt erschließlich, sondern beruhen im Wesentlichen auf Spekulationen.

Zur Ausführung der belangten Behörde, dass die Gefahr, bestehen würde, dass der BF erneut straffällig werde, als hoch einzuschätzen sei, ist festzuhalten, dass der von der belangten Behörde im gleichen Zuge angesprochene Präventionsgedanke der Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG nicht im Sinne einer Generalprävention zu verstehen ist.

Schon aus dem Wortlaut der Bestimmung, die darauf abstellt, dass "der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen" ergibt sich, dass es auf ein -aufgrund des konkreten bisherigen Verhaltens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit indiziertes - künftig zu erwartenden Verhalten des konkreten Fremden ankommt. Im Übrigen manifestieren sich auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 92 FPG keine generalpräventiven Überlegungen, sondern verlangt dieser stets eine aufgrund des konkret gezeigten Verhaltens, bzw. auch sich etwa auf konkrete Verurteilungen des BF stützende Prognose im Hinblick auf das individuelle künftig zu erwartende Verhalten.

Der BF führt in einer schriftlichen Stellungnahme vom 22.01.2021zudem auch aus, dass dieser die in der Vergangenheit gegangenen Straftaten bereue, dieser nach Begehung der Straftaten auch hierfür eine Strafe erhalten habe, die ihn dazu angeregt habe, von weiteren Straftaten abzusehen, bzw. führt der BF auch aus, dass dieser nach der Begehung der Straftaten geheiratet habe und sich nun geändert habe.

Dem vorliegenden Verwaltungsakt kann nicht entnommen werden, dass das BFA die sich aus dieser Stellungnahme ergebenden Informationen in einer gesamtheitlichen Würdigung betreffend der Beurteilung einer Zukunftsprognose ausreichend berücksichtigt hätte, bzw. dass es sich etwa auch einen umfassenderen persönlichen Eindruck hinsichtlich der Gefährlichkeit des BF etwa im Zuge einer Einvernahme vor dem BFA verschafft hat.

Dass das BFA abgesehen von der Einholung von Informationen betreffend der abgeschlossenen Strafverfahren und einer Aufforderung an den BF zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme, der der BF nachweislich nachgekommen ist und im Zuge dieser verfahrenswesentliche Ausführungen erstattet hat, weitere Nachforschungen im Hinblick auf die Erstellung einer validen Zukunftsprognose aktualisiert auf den gegenwärtige Situation des BF, bzw. insgesamt konkret bezogen auf den BF vorgenommen hat, ist dem vorliegenden Verwaltungsakt insgesamt nicht zu entnehmen.

Durch die Unterlassung der Vornahme von diesbezüglich verfahrenswesentlich ausreichenden Abklärungen liegt im Ergebnis auch kein zur Beurteilung des gegenständlichen Verfahrens ausreichend verwertbares Ermittlungsergebnis vor, da es das Bundesamt letztlich im Wesentlichen verabsäumt hat, die oben angeführten notwendigen Ermittlungen vorzunehmen. Das BFA hat den gegenständlichen Bescheid somit im Wesentlichen ohne auf konkrete Fakten beruhende Ermittlungen erlassen. Bereits unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter besonders gravierenden Ermittlungsmängeln.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass BFA als Spezialbehörde für die Sammlung relevanter Tatsachen zuständig ist, sowie eine fallbezogen konkrete bzw. aktualisierte Prüfung eines Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Das BFA wird hinsichtlich der Erstellung einer validen Gefährdungseinschätzung bzw. Zukunftsprognose weitere geeignete Abklärungen vorzunehmen haben, diese etwa zunächst etwa auch durch die Gewährung einer persönlichen Einvernahme mit dem BF, bei dem sich das BFA einen konkreten Eindruck vom BF verschaffen kann.

Erst auf Basis von diesbezüglich konkret auf den BF bezogenen, aktualisierten und gesamtheitlichen Abklärungen und unter Berücksichtigung das dem gegenwärtigen Verfahren aktuell konkret zugrundeliegenden Sachverhaltes, kann eine valide Basis zur Erstellung einer ausreichend validen Zukunftsprognose gewonnen werden und kann erst hierauf aufbauend eine aktualisierten Gefährdungseinschätzung des BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorgenommen werden und der gegenständliche Antrag entschieden werden.

Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid des BFA zu beheben und das Verfahren zur Vornahme von verfahrensnotwenigen weiteren Ermittlungen bzw. zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren gegeben.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetztes 2005 (FPG) lauten auszugsweise wie folgt:

Konventionsreisepässe

§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.

(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie

auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.

(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.

(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.“

Nach § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ist die Ausstellung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen.

Gemäß § 92 Abs. 3 FPG ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wenn den Tatsachen, die in unter anderem § 92 Abs. 1 Z 3 FPG angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde liegen.

Zu A) Zurückverweisung der Beschwerde

1.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0168).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten insbesondere ausgeführt: "Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommenden Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH vom 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in nunmehr ständiger Rechtsprechung (vgl. Erkenntnis vom 24.02.2009, Zl. U 179/08-14 u.a.) ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit dem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts (vgl. VfSlg.15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m.w.N., 14.421/1996, 15.743/2000).

2. In seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063-4 hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in Hinblick auf die nach § 28 Abs. 3 VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit ausgesprochen, dass prinzipiell eine meritorische Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte bestehe und von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen beziehungsweise besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden könne. Diesbezüglich führte er aus, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht komme, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

3. Die belangte Behörde hat die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderten Maßstäbe eines umfassend ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens in den gegenständlichen Verfahren missachtet. In den gegenständlichen Verfahren wurde ebenso gegen die in § 18 AsylG 2005 determinierten Ermittlungspflichten verstoßen. Der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 18 AsylG 2005 bestimmt nämlich, dass das Bundesamt in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken hat, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt werden, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt oder überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 iVm. § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde darstellt, den maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen, hat die belangte Behörde in diesem Verfahren jedoch missachtet.

Das Bundesamt hat wie bereits oben aufgezeigt betreffend mehrerer wesentlicher Verfahrensfragen den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht, bzw. grundlegend nicht ausreichend, nicht konkret auf den BF bezogen, sowie nicht ausreichend aktualisiert ermittelt, hat verfahrenswesentliche Feststellungen nicht getroffen und diese dem gegenständlichen Bescheid ausreichend begründet und konkretisiert nicht zu Grunde gelegt.

Es ist jedenfalls die Vornahme von konkreten Ermittlungen hinsichtlich der Abklärung der konkreten Sachlage insbesondere im Hinblick auf die Erstellung einer Gefährdungsprognose notwendig, um im gegenständlichen Verfahren zu einer ausreichend konkret begründeten Entscheidung gelangen zu können.

Insgesamt ist festzuhalten, dass das BFA insgesamt keine, bzw. jedenfalls keine ausreichenden Ermittlungen, insbesondere auch keine Einvernahme mit dem BF durchgeführt hat, um eine valide Abklärung des Sachverhaltes vorzunehmen, bzw. eine begründete Einschätzung einer dem BF betreffenden Zukunftsprognose zu erstellen.

Mit den schriftlichen Ausführungen des BF, wonach dieser nunmehr einer geregelten Arbeit nachgehen würde und seit längerer Zeit kein strafrechtlich relevantes deliktisches Verhalten gesetzt habe, bzw. die Taten bereue, sich nunmehr seine familiären Verhältnisse geändert hätten und auch ein solches Verhalten nicht mehr setzen wolle, hat sich die Behörde nicht im ausreichenden Umfang auseinandergesetzt, bzw. hat sich hierzu keinen persönlichen Eindruck etwa im Zuge einer Einvernahme verschaffen können.

Das BFA stützt sich zur Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes ausschließlich auf eine schriftliche Stellungnahme des BF, geht jedoch insgesamt im ausreichenden Umfang auf die hierauf durch den BF erstatteten Ausführungen nicht ein, bzw. führt das BFA sich nicht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ableitbare Gründe für die Versagung des beantragten Konventionspasses aus.

Das BFA als Spezialbehörde im Fremden und Asylbereich hat primär sämtliche zur abschließenden Beurteilung eines Sachverhaltes notwendigen Ermittlungen im erforderlichen Umfang durchzuführen und hat seine Entscheidung auf ausreichend aktualisierte und konkret auf den Einzelfall bezogene Ermittlungen zu stützen. Von diesem Maßstab ist das BFA im gegenständlichen Verfahren abgewichen.

Aufgrund des Inhaltes des vorliegenden Verwaltungsaktes, dies auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerdeschrift, kann eine valide und abschließende Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes durch das BVwG in casu nicht vorgenommen werden.

Eine gänzlich erstmalige Durchführung von ausreichenden bzw. erforderlichen Ermittlungen, sowie eine erstmalige Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Abklärung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes im Beschwerdeverfahren durch das BVwG als Berufungsgericht ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Das Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Konventionspasses wurde somit in casu gänzlich ohne fallbezogen ausreichend aktualisierte und konkrete, bzw. insgesamt ausreichende Ermittlungen und Abklärungen, insbesondere auch hinsichtlich der durch das BFA angeführten Versagungsgründe gem. §92 Abs. 1, insb. Z 3, oder auch hinsichtlich des Vorliegens einer in casu mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen negativen Zukunftsprognose vorgenommen.

Ebenso wurde insgesamt ausreichend nicht ermittelt, sowie ausreichend fallbezogen konkretisiert nicht aufgezeigt, dass und welche konkreten Versagungsgründe in casu gegenwärtig mit verfahrensmaßgeblicher Wahrscheinlichkeit vorliegen.

Das BFA wird somit diese Ermittlungen allfällig auch im Zuge einer ergänzenden Befragung nachzuholen und in Folge im Verfahren entsprechend zu würdigen haben.

Die Vornahme solcherart verfahrenswesentlicher Abklärungen kann nicht gänzlich zur erstmaligen bzw. vollständigen Ermittlung im Beschwerdeverfahren an das BVwG delegiert werden. Eine solcherart gänzliche erstmalige Vornahme eines in den angeführten Punkten verfahrenswesentlich durchzuführenden Ermittlungsverfahrens, als auch eine solcherart darauf aufbauende erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann jedenfalls nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dies insbesondere auch unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und eine sämtliche verfahrensrelevanten Aspekte abdeckende Prüfung des Antrages nicht erst beim BVwG beginnen und zugleich enden soll.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist – auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteiverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes- nicht ersichtlich.

Da der maßgebliche Sachverhalt in den gegenständlichen Verfahren somit nach wie vor in verfahrensrelevant wesentlichen Punkten nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen den Anträgen der Beschwerdeführer die angefochtenen Bescheide zu beheben und an das BFA zurückzuverweisen stattzugeben.

Auf Grundlage der neuen Ermittlungsergebnisse wird das BFA nach Vornahme von entsprechenden Abklärungen und unter Zugrundelegung von aktuellen, die oben angeführten Punkte abklärenden Länderfeststellungen, neue Bescheide zu erlassen haben.

Betreffend der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. § 21 Abs. 7 erster Satz BFA-VG entspricht zur Gänze dem Wortlaut der Bestimmung des durch das Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (FNG) BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehobenen § 41 Abs. 7 erster Satz AsylG 2005. In der Regierungsvorlage (2144 BlgNR XXIV. GP) wurde zu § 21 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 64/2013 ausgeführt: "§ 21 entspricht dem geltenden § 41 AsylG 2005 und legt Sondernormen für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen des Bundesamtes fest." Zu § 21 Abs. 7 hält die RV fest: "Abs. 7 stellt klar, dass eine mündliche Verhandlung auch dann unterbleiben kann, wenn sich aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht. Neben dieser Bestimmung ist § 24 VwGVG anzuwenden."
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte im gegenständlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da bereits auf Grund des vorliegenden Akteninhalts in Verbindung mit den Ausführungen der Beschwerdeschrift die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren für die Entscheidung wesentlichen Grundlagen erschlossen werden konnten bzw. spruchgemäß der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid im angefochtenen Umfang zur Vornahme von verfahrenswesentlichen Ermittlungen an das BFA zurückzuverweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation Konventionsreisepass mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W168.2240660.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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