TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/12 95/19/1487

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Veröffentlicht am 12.11.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §63 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1995, Zl. 303.241/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Mai 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Nach dem Inhalt des Rückscheines wurde dieser Bescheid der Beschwerdeführerin nach einem Zustellversuch am 1. Juni 1995 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt. Die Verständigung über die Hinterlegung wurde nach der Beurkundung des Zustellers in das Hausbrieffach eingelegt. Beginn der Abholfrist war der 2. Juni 1995.

Am 7. Juli 1995 erhielt die Beschwerdeführerin bei der erstinstanzlichen Behörde den angefochtenen Bescheid in Kopie ausgefolgt.

Mit einer mit 20. Juli 1995 datierten Eingabe, welche am 21. Juli 1995 beim Landeshauptmann von Wien einlangte, erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit dem Bescheid vom 25. September 1995 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ohne weiteres Verfahren zurück. Begründend führte sie aus, Berufungen seien gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach Zustellung einzubringen. Da die Zustellung rechtswirksam am 2. Juni 1995 erfolgt sei, erweise sich die am 20. Juli 1995 eingebrachte Berufung als verspätet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Behörde hat die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist dem Rechtsmittelwerber zur Stellungnahme vorzuhalten. Unterläßt sie dies, trägt sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1988, Zl. 88/08/0182). Der Beschwerdeführer ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verhalten, die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen, indem er darlegt, was er vor der belangten Behörde vorgebracht hätte, wäre ihm die Annahme der verspäteten Berufungserhebung vorgehalten worden.

Indem die Beschwerdeführerin vorbringt, die beurkundete Zustellung durch Hinterlegung sei nicht rechtswirksam erfolgt, und sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, sie habe die nach dem Inhalt des Rückscheines in die Hausbrieffachanlage eingelegte Hinterlegungsanzeige nicht vorgefunden, zeigt sie die Relevanz des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal nicht auszuschließen ist, daß diese bei Durchführung der aufgrund eines solchen Vorbringens im Verwaltungsverfahren gebotenen Erhebungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Dies wäre dann der Fall, wenn sich herausstellen sollte, daß die Anzeige entgegen der auf dem Rückschein erfolgten Beurkundung nicht in das Hausbrieffach eingelegt worden wäre.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Rechtsmittelverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191487.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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