TE Bvwg Beschluss 2021/9/14 W240 2240947-1

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Veröffentlicht am 14.09.2021
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Entscheidungsdatum

14.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch


W240 2240947-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Feichter als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.02.2021, Zl. 354421003-180655389:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG idgF behoben und die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) führt einen serbischen Reisepass, war zwischen 1988 und 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen und reiste zuletzt am 14.12.2020 in den Schengen-Raum (Ungarn) ein.

2.       Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .2010 wurde der BF gemäß §§ 146,
83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten rechtskräftig verurteilt, wobei ihm die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

3.       Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .2015 wurde der BF gemäß § 107 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB, §§ 105, 106 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, wobei ihm die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

4.       Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX .2019 wurde der BF gemäß § 15 StGB,
§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 StGB, §§ 107 Abs. 1, 107 Abs. 2 StGB, §§ 127, 129 Abs. 1 Z 3 StGB
§ 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt, wobei ihm 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden und über ihn die Bewährungshilfe angeordnet wurde.

5.       Der BF befand sich aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung vom 03.09.2019 im Zeitraum von 03.09.2019 bis 09.10.2019 in Strafhaft, wobei ihm die Vorhaft von 10.04.2019 bis 03.09.2019 auf das Strafausmaß von insgesamt sechs Monaten unbedingter Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Am 09.10.2019 wurde der BF aus dem Strafvollzug entlassen.

6.       Der BF war im Zeitraum von 17.10.2019 bis 03.03.2020 behördlich im Bundesgebiet gemeldet (Hauptwohnsitz).

7.       Mit einem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 13.02.2020 („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) sollte der BF darüber informiert werden, dass aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen und ihm eine Frist von zwei Wochen für eine schriftliche Stellungnahme gewährt werden. Dieses Schreiben konnte dem BF jedoch nicht zugestellt werden.

8.       Von 04.03.2020 bis 12.02.2021 verfügte der BF über keine aufrechte behördliche Meldung im Bundesgebiet.

9.       Am 29.05.2020 erließ das BFA gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG einen Festnahmeauftrag gegen den BF und begründete diesen damit, dass beabsichtigt sei, aufgrund der Verurteilungen des BF ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot gegen diesen zu erlassen.

10.      Seit 12.02.2021 ist der BF im Bundesgebiet behördlich gemeldet (Hauptwohnsitz).

11.      Am 23.02.2021 wurde der BF als Beifahrer im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle in XXXX Wien von der LPD Wien aufgegriffen, in weiterer Folge wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet (§ 120 Abs. 1a iVm §§ 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 FPG) angezeigt und aufgrund des Festnahmeauftrags des BFA vom 29.05.2020 ins Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel (in der Folge: PAZ) verbracht.

12.      Im Zuge seiner Einvernahme durch das BFA am 24.02.2021 zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot sowie zur Verhängung der Schubhaft brachte der BF zusammengefasst vor, dass er sich seit ca. zwei Wochen im Bundesgebiet aufhalte. Zuvor sei er bei seiner Frau in Ungarn gewesen, mit der er seit ca. einem Jahr verheiratet sei. Er arbeite auch in Ungarn und sei dort krankenversichert, einen ungarischen Aufenthaltstitel habe er nicht. Er habe sein halbes Leben in Österreich verbracht. Seit man ihm 2002 seinen Aufenthaltstitel entzogen habe, halte er sich jedoch nur noch sporadisch im Bundesgebiet auf. Derzeit sei er zu Besuch bei seiner Mutter in Österreich, die krank sei, und wohne auch bei dieser. Behördlich gemeldet sei er jedoch in Niederösterreich. Auch seine Schwester und seine fünf Kinder würden im Bundesgebiet leben. Drei seiner Kinder seien bereits erwachsen, zwei noch minderjährig, letztere würden bei seiner Ex-Gattin leben, zu der er keinen Kontakt habe. Zu seinen Kindern habe er gelegentlichen Kontakt. In Serbien habe er keine Familienangehörigen. Er plane, noch in derselben Woche nach Ungarn zurückzukehren.

13.      Am selben Tag (24.02.2021) wurde der BF aus der Anhaltung entlassen und die Schubhaft nicht über ihn verhängt.

14.      Mit Bescheid vom 24.02.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und ihm gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

15.      Am 10.03.2021 reiste der BF nach Serbien aus.

16.      Mit Schriftsatz vom 24.03.2021 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin gegen den Bescheid des BFA vom 24.02.2021 fristgerecht vollumfänglich Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre.

Begründend wurde darin im Wesentlichen zunächst ausgeführt, dass der Bescheid an einem Begründungsmangel leide, weil die Behörde ihre Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, jedoch keine Feststellungen zur (Un-)Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF getroffen habe, sodass eine Überprüfung des Bescheides hinsichtlich seiner Rechtsrichtigkeit nicht möglich sei. Die belangte Behörde habe daher die Anforderungen an die Begründung eines Bescheides gemäß § 60 AVG nicht beachtet und den gegenständlichen Bescheid aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Weiters habe die belangte Behörde verkannt, dass der BF durch eine Rückkehrentscheidung in seinen Rechten nach Art. 8 EMRK verletzt werde. Sie habe eine mangelhafte Interessensabwägung vorgenommen und sei daher zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass die Verhängung einer Rückkehrentscheidung zulässig wäre, weshalb der angefochtene Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig sei.

Im Hinblick auf das erlassene Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass vom BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe. Die Behörde habe es verabsäumt, sich im Rahmen der zu treffenden Gefährlichkeitsprognose näher mit dem strafrechtlichen Fehlverhalten des BF auseinanderzusetzen und keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF vorgenommen. Es fänden sich im Bescheid weder Feststellungen zum Tathergang, zum konkreten Tatbeitrag und den Umständen der Tat, noch zu allfälligen Erschwernis- oder Milderungsgründen, die bei der Strafbemessung berücksichtigt wurden. Auch die Schritte des BF zur Resozialisierung seien, ebenso wie seine soziale Verankerung in Österreich, unberücksichtigt geblieben. Das Einreiseverbot sei aus diesen Gründen rechtswidrig erlassen worden und stelle darüber hinaus einen unverhältnismäßigen Eingriff in das gemäß
Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben des BF dar.

Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die ersatzlose Behebung des Einreiseverbotes, in eventu die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes, in eventu die Behebung und Zurückverweisung des Bescheides zur Verfahrensergänzung an die Behörde sowie weiters, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

17.      Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt, einlangend am 31.03.2021, vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

18.      Mit Schriftsatz vom 13.04.2021 legte der BF einen Kurzbericht seines Bewährungshelfers (Verein Neustart) vom 07.04.2021 vor.

19.      Mit Teilerkenntnis vom 06.04.2021 gab das BVwG der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. statt, behob diesen ersatzlos und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger und im Besitz eines gültigen serbischen Reisepasses; seine Identität steht fest. Er war von 1988 bis 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen (zuletzt besaß er eine „befristete Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger“ mit Gültigkeit bis zum 25.09.2002), verfügt jedoch seit 26.09.2002 über keinen gültigen Aufenthaltstitel in Österreich mehr. Seine Mutter ist österreichische Staatsangehörige und ebenso im Bundesgebiet aufhältig, wie seine drei minderjährigen und zwei erwachsenen Kinder. Der BF hat keine Familienangehörigen in Serbien. Seit XXXX .2020 ist er mit einer ungarischen Staatsangehörigen verheiratet.

Der BF reiste am 14.12.2020 in den Schengen-Raum (Ungarn) sowie Anfang Februar 2021 nach Österreich ein und am 10.03.2021 nach Serbien aus.

Der serbische Reisepass des BF wurde am 10.12.2020 von der Behörde „ XXXX “ mit Gültigkeit bis zum 10.12.2021 ausgestellt.

Es kann nicht festgestellt werden, wann der BF vor dem 14.12.2020 zuletzt in den Schengen-Raum (bzw. nach Österreich) einreiste.

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Einreise des BF am 14.12.2020 in den Schengen-Raum, bzw. Anfang Februar 2021 ins österreichische Bundesgebiet, rechtmäßig erfolgte.

Es kann nicht festgestellt werden, ob der Aufenthalt des BF in Österreich von Anfang Februar 2021 bis 10.03.2021 (durchgehend) rechtmäßig war.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, in den Gerichtsakt sowie durch Einsichtnahme ins Zentrale Melderegister, ins Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und ins österreichische Strafregister

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF stützen sich ebenso wie jene zu seinen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet und seinen nicht vorhandenen familiären Anknüpfungspunkten im Heimatland auf die diesbezüglich unbestrittene Aktenlage. Dass der BF von 1988 bis 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, sein bis 25.09.2002 gültiger Aufenthaltstitel jedoch nicht verlängert wurde, ergibt sich ebenso aus der Aktenlage wie die Heirat des BF mit einer ungarischen Staatsangehörigen am XXXX .2020.

Dass der BF am 14.12.2020 in den Schengen-Raum (Ungarn) einreiste, ergibt sich aus der aktenkundigen Kopie des serbischen Reisepasses des BF, in dem ein Einreisestempel aufscheint. Die Feststellung, wonach der BF erst Anfang Februar 2021 ins österreichische Bundesgebiet eingereist ist, resultiert aus den Angaben des BF vor dem BFA am 24.02.2021 sowie im Beschwerdeschriftsatz. Die Ausreise des BF am 10.03.2021 nach Serbien ist aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich.

Gültigkeitszeitraum und ausstellende Behörde des serbischen Reisepasses des BF sind aus der aktenkundigen Kopie desselben ersichtlich.

Dass nicht festgestellt werden kann, wann der BF vor dem 14.12.2020 zuletzt in den Schengen-Raum (bzw. nach Österreich) eingereist ist, ist dem Umstand geschuldet, dass der Reisepass des BF erst vier Tage vor seiner Einreise ausgestellt wurde, das vorangegangene Reisedokument des BF (bzw. eine Kopie desselben) nicht Akteninhalt ist und sich diesbezüglich auch keine sonstigen Anhaltspunkte im Akt finden.

Dies wiederum hat zur Folge, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Einreise des BF am 14.12.2020 in den Schengen-Raum, bzw. Anfang Februar 2021 ins österreichische Bundesgebiet, rechtmäßig erfolgte, bzw. in weiterer Folge sein Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum von Anfang Februar 2021 bis 10.03.2021 (durchgehend) rechtmäßig war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Zurückverweisung der Rechtssache:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH vom 06.07.2016, Ra 2015/01/0123):

„In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 2. Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN).“

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer- Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band I2, E 84 zu § 39 AVG).

Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß
§ 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gestützt auf diese Bestimmung hat die Behörde dem BF in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ iSd § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn in Spruchpunkt II., gestützt auf den Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lautet:

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen hängt demnach maßgeblich von der Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet ab.

Drittstaatsangehöriger iSd FPG ist ein Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist (§ 2 Abs. 4 Z 10 FPG).

Fremder iSd FPG ist, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (§ 2 Abs. 4 Z 1 FPG).

Der BF ist Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG, da er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG, weil er serbischer Staatsangehöriger und damit kein EWR-Bürger ist.

Fremde halten sich gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG u.a. dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EU] 2018/1806 ABl. Nr. L 303 vom 14.11.2018) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Sie dürfen unter den Einreisevoraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 09.03.2016) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gem. Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen.

Die Behörde argumentierte im Rahmen der Entscheidungsbegründung, dass der BF sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, unterließ es jedoch – wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt – jedwede Feststellungen zur (Un-)Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes zu treffen.

Dem angefochtenen Bescheid fehlt es daher an Nachvollziehbarkeit dahingehend, weshalb die Behörde einen Anwendungsfall des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG als vorliegend erachtet, welcher die Voraussetzungen für die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gegen im Bundesgebiet unrechtmäßig aufhältige Fremde normiert.

Eine Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des BF lässt sich aus der angefochtenen Entscheidung sowie dem sonstigen Akteninhalt, wie bereits beweiswürdigend dargelegt, jedoch gerade nicht nachvollziehbar entnehmen.

Die Behörde hätte daher zunächst offenlegen müssen, vor welchem Hintergrund sie eine Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des BF und sohin einen Anwendungsfall des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG als gegeben erachtet. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hätte die Behörde in einem weiteren Schritt die Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach Maßgabe des § 52 Abs. 4 FPG prüfen müssen, der die Voraussetzungen für die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gegen im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältige Fremde normiert.

Die Behörde hat demnach notwendige Schritte zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts unterlassen und dabei auch das Vorbringen des BF in seiner Einvernahme am 24.02.2021 ignoriert, in der dieser angab, erst seit zwei Wochen im Bundesgebiet aufhältig zu sein, womit zumindest (ebenso wie durch die offenkundige Einreise in den Schengen-Raum am 14.12.2020) ein Indiz für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet vorliegt, da alleine hierdurch zumindest der Zeitraum von 90 Tagen noch nicht überschritten wurde.

Es liegt gegenständlich auch ein willkürliches Vorgehen der Behörde im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs vor, da die Behörde den Bescheid hinsichtlich der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet mit Ausführungen begründet hat, denen jeglicher Begründungswert fehlt.

Die Erlassung einer auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützten Rückkehrentscheidung stellt sich daher auf Grundlage der von der Behörde getroffenen Feststellungen als nicht zulässig dar.

Da – wie bereits ausgeführt – auch die Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG das Vorliegen eines unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet voraussetzt, erweist sich auch Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig.

Im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung erweisen sich des Weiteren die damit zusammenhängenden Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat (Spruchpunkt III.) und über die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV.) ebenso als rechtswidrig.

Letztlich erweist sich auch das in Spruchpunkt VI. erlassene Einreiseverbot (in der Dauer von zwei Jahren) als rechtswidrig, und zwar schon allein deshalb, weil sich die gleichzeitig erlassene Rückkehrentscheidung als rechtswidrig erwiesen hat und ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur im Zusammenhalt mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden kann.

Auf der Grundlage des bisherigen Beweisverfahrens ist die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht möglich; dieser ist vielmehr in wesentlichen Teilen ergänzungsbedürftig.

Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung durch das Gericht liegen in einer Gesamtschau somit nicht vor, weil es weder zu einer Kostenersparnis noch zu einer Verfahrensbeschleunigung führt, wenn das erkennende Gericht die notwendigen Erhebungen selbst vornimmt. Es liegt auch nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesverwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Sachverhaltes soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und – bis auf die eingeschränkte Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts – zugleich enden.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG tatsächlich erfüllt sind, bzw., sofern es dies verneint, in weiterer Folge das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 4 FPG zu prüfen haben, andernfalls die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF aktuell nicht zulässig und das gegenwärtige Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung einzustellen wäre.

Auch werden von der Behörde im Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF im Hinblick auf die gemäß § 9 BFA-VG gebotene Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK nähere Feststellungen zu seinen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet (wie Alter und Staatsangehörigkeit der Kinder, allfällige Sorgepflichten sowie Kontakt zu diesen, Gesundheitszustand der Mutter im Hinblick auf die Beurteilung eines allfälligen Abhängigkeitsverhältnisses, etc.) zu treffen sein.

Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, dass der BF ausgehend von der Angehörigeneigenschaft zu seiner ungarischen Ehegattin als begünstigter Drittstaatsangehöriger zu qualifizieren ist, so wird eine Aufenthaltsbeendigung auf Grundlage der §§ 66, 67 FPG zu beurteilen sein.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der gegenständliche Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rückkehrentscheidung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W240.2240947.1.01

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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