Entscheidungsdatum
22.09.2021Norm
AVG §75Spruch
W136 2230228-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Marlies FOLGER, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 18.02.2020, Zl. Pers 9-St-69, betreffend Streichung aus der Sachverständigenliste zu Recht:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid insoweit abgeändert, als der Ausspruch, wonach XXXX der Behörde die mit EUR 27.558,00 bestimmten Auslagen zu ersetzen hat, ersatzlos behoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) ist seit 11.06.1991 in der Gerichtssachverständigenliste für die Fachgebiete 30.06 Feldbau, 30.04 Alpwirtschaft, Weidewirtschaft, 33.20 Jagd, 33021 Fischerei, Aquakultur, 94.01 Größere landwirtschaftliche Liegenschaften, 94.03 Kleinere landwirtschaftliche Liegenschaften, 94.05 Größere forstwirtschaftliche Liegenschaften, 94.07 Kleinere forstwirtschaftliche Liegenschaften und 94.75 Land- und forstwirtschaftliche Bauten eingetragen. Diese Eintragung wurde mit Bescheid vom Juni 2018 bis zum 13.06.2023 verlängert.
2. Mit einer an den Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, Landesverband für Steiermark und Kärnten gerichteten Eingabe des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung 13 - Umwelt und Raumordnung vom 07.06.2018 wurde zusammengefasst mitgeteilt, dass der BF in Bau- und Raumordnungsangelegenheiten einerseits gleichzeitig als Sachverständiger und entwerfender Projektant auftrete und andererseits bei der Gutachtenserstattung die erforderliche Sorgfalt nicht erfülle, weshalb im Zuge von Plausibilitätsprüfungen durch Amtssachverständige der Agrarbezirksbehörde die schlüssige Nachvollziehbarkeit der vom BF erstellten (Privat)Gutachten nicht bestätigt habe werden können. Die Tätigkeit des BF führe zu Rechtsunsicherheit in den von den Gemeinden zu führenden Bauverfahren, weshalb die Agrarbezirksbehörde zunehmend mit Plausibilitätsprüfungen beauftragt werden müsse. Diese Eingabe wurde der belangten Behörde als listenführenden Präsidenten weitergeleitet.
In seiner Stellungnahme wies der BF die erhobenen Vorwürfe als völlig unbegründet zurück. Er verfüge über die erforderliche Qualifikation und erstelle seine Gutachten mit größter Sorgfalt nach bestem Wissen und Gewissen. Lediglich ein kleiner Teil seines Tätigkeitsbereiches umfasse auch die Erfüllung von Anfragen raumordnerischer Belange, insbesondere jener, die sich mit der Errichtung von baulichen Anlagen im Freiland, im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft, befassen. Er halte sich genau an die Vorgaben des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes und trete nicht als Projektant und Prüfer eines Betriebskonzeptes gleichzeitig auf. Der BF werde im Sinne des von ihm von den Auftraggebern erteilten Auftrages unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes tätig. Die Arbeiten gründen jeweils auf den Angaben seiner Auftraggeber. Auf die Richtigkeit dieser Angaben habe er sich naturgemäß verlassen. Ob es folglich zur Umsetzung oder aber zur Änderung des Vorhabens der Auftraggeber komme, entziehe sich seinem Verantwortungsbereich. Wenn der namentlich genannte Amtssachverständige im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen andere Schlüsse ziehe, könne deshalb nicht der Schluss gezogen werden, dass die gutachtlichen Ausführungen des BF falsch wären.
3. Nach Einräumung von Parteiengehör wurde von der belangten Behörde ein Sachverständiger bestellt und dieser beauftragt, ein Gutachten dahingehend zu erstellen, ob die vom BF in sieben näher genannten Verfahren erstatteten Betriebskonzepte bzw Gutachten vertretbar waren oder nicht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bestellung eines Sachverständigen zur Verifizierung der Eingabe des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung notwendig sei, da dem BF seine Eigenschaft als gerichtlich beeideten Sachverständiger zu entziehen sei, wenn es ihm an Sachkunde und Vertrauenswürdigkeit mangle.
4. Mit dem bekämpften Bescheid wurde dem BF die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger gemäß § 10 Abs 1 SDG entzogen und er zum Ersatz der Auslagen der Behörde in Höhe von € 27.558,00 verpflichtet. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges wie folgt ausgeführt (auszugsweise, Anonymisierung durch das BVwG):
„[Der BF], der seit dem Jahr 1993 ein Zivilingenieur-Büro für Forst- und Holzwirtschaft führt, arbeitet in gerichtlichen Verfahren rasch, zuverlässig und fachlich einwandfrei.
In Angelegenheiten raumordnerischer Belange, insbesondere jener, die sich mit der Errichtung von baulichen Anlagen im Freiland, im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft befassen, weisen die Gutachten des Sachverständigen folgende Auffälligkeiten auf:
Vom Sachverständigen wird grundsätzlich kein Bewertungsstichtag angegeben, weshalb keine eindeutige zeitliche Eingrenzung der tatsächlichen Höhe der Werte und Prüfbarkeit der Richtigkeit der Wertansätze möglich ist. Bei den Wertansätzen fehlen häufig die Begründungen, aus denen die Angemessenheit erkennbar wäre. Die unvollständigen Quellangaben erschweren zusätzlich die Nachprüfbarkeit. Bei Deckungsbeitrags-kalkulationen werden die gesetzlichen Vorschriften betreffend Urproduktion oder die Einrechnung von Pachteinnahmen nicht eingehalten. Weiters werden vom Sachverständigen teilweise sehr niedrige und nicht plausibilisierte Kostenansätze angeführt, mit dem Ergebnis, dass am Ende höhere und somit für die Anbringen günstigere Deckungsbeiträge ausgewiesen werden.
In der Darstellung der Sachverhalte werden vom Sachverständigen in seinen Gutachten zeitliche Verhältnisse und sachliche Umstände teilweise nicht zutreffend dargestellt und daraus rechtlich relevante Verhältnisse konstruiert und argumentiert, auf Grund dessen für das vom Konsenswerber eingebrachte Anbringen eine positive Erledigung zu erwarten wäre.
[Der BF] stellt in seinen Gutachten im Hinblick auf die Anbringen der Konsenswerber oftmals günstigere Verhältnisse dar, als die Tatsächlichen, was sowohl für zeitliche, rechtliche als auch sachliche Ausgangsverhältnisse gilt, weshalb positive Erwartungen betreffend die Anbringen daran geknüpft werden. Aus diesem Grund halten die vorgelegten Gutachten der Prüfung durch die Amtssachverständigen nicht stand und die Erwartungen der Konsenswerber, die in den Gutachten des Sachverständigen eine Argumentationshilfe betreffend eine Baubewilligung sehen, werden nicht erfüllt.
Diese Vorgangsweise manifestiert sich insbesondere in folgenden Gutachten:
Beim Gutachten vom 31.10.2016 zum Freizeitzentrum XXXX konstruierte der Sachverständige aus Sportangelteichen in einer Freizeitanlage eine Teichwirtschaft samt landwirtschaftlichem Betrieb. Dies lediglich zum Zweck des Erreichens einer Baubewilligung im Freiland, obwohl es sich offensichtlich um eine angelfischereilich bewirtschaftete Anlage zwecks Sportangelei mit Sondernutzung handelt.
Das dem Gutachten vom 16.01.2015 betreffend die Errichtung einer neuen landwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Grundstück 527, KG XXXX , Gemeinde XXXX , Bauwerber L, zugrundeliegende Betriebskonzept wurde wenngleich nach den grundsätzlichen Vorgaben des Bauwerbers vo[m] [BF] erstellt. In dem von ihm in diesem Fall erstatteten Gutachten war er somit selbst Prüfer seines Betriebskonzeptes. Inwieweit er tatsächlich geprüft hat, ist im Gutachten nur rudimentär dokumentiert, wobei er sich auf eine einzige Proberechnung beschränkte und alle anderen Ergebnisse aus dem Betriebskonzept übernommen wurden und die Angaben als richtig beurteilt wurden. Eine Kontrollrechnung mit offiziellen Vergleichswerten hat ergeben, dass der Deckungsbeitrag im Betriebskonzept für die Biolegehennenhaltung überhöht ist bzw. fehlende Kostenansätze vom Sachverständigen nicht bemerkt wurden. Das gesamte Betriebskonzept wurde vom Sachverständigen, der von der Gemeinde als Sachverständiger bestellt wurde, positiv beurteilt ohne offenzulegen, dass er selbst Ersteller des Betriebskonzeptes war.
Grundsätzlich hält es [der BF] bei der Erstellung von Betriebskonzepten wie folgt:
Die Konsenswerber haben eine Vorstellung davon, was sie tun wollen und beauftragen ihn als Fachmann mit der Umsetzung bzw. Erstellung eines Betriebskonzeptes. Als Sachverständiger sieht er es als seine Aufgabe, diese Vorhaben anzunehmen und in einem Betriebskonzept niederzuschreiben, wobei er als Vertreter des Konsenswerbers aufscheint.
Insbesondere ist hervorzuheben, dass [der BF] beim Gutachten betreffend den Bauwerber L als von der Gemeinde bestellter Sachverständiger davon ausgeht, dass ein Gebäude das über keinerlei Sanitärräumlichkeiten verfügt und offensichtlich neben einem Teich als Badehaus errichtet wurde, als zu Wohnzwecken geeignete Hofstelle dienen soll.
Im Übrigen hat der weitere Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Dl XXXX vom 19. April 2019 als Bestandteil der Feststellungen zu gelten. Obige Feststellungen gründen auf den im vorhin genannten Gutachten gegen dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen. Der [BF] konnte auch in seinen - zum Teil polemisch gehaltenen - Stellungnahmen zum Gutachten keine Unrichtigkeiten aufzeigen, wobei er ausdrücklich auf eine mündliche Erörterung des Gutachtens verzichtet hat.
Was die übliche Vorgangsweise des Sachverständigen bei Erstellung von Betriebskonzepten anlangt folgt die Behörde seinen eigenen Ausführungen zum Betriebskonzept der Konsenswerber Dl A und Dr. M. Es ist daher davon auszugehen, dass der [BF] diese Vorgangsweise wählt, wenn er als sachverständiger Erstatter des Betriebskonzeptes und Vertreter der Konsenswerber aufscheinen soll. Im Fall L hat er jedoch nicht offengelegt, dass er Verfasser des Betriebskonzeptes ist um dem Konsenswerber offensichtlich eine günstigere Ausgangslage zu ermöglichen, weil er als Sachverständiger in seinem Gutachten ein „fremdes“ und nicht sein eigenes Betriebskonzept zu beurteilen hat. Im Übrigen ergeben sich die konkreten Feststellungen zur Teichanlage XXXX und zur Hofstelle L nicht nur aus dem Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Dl XXXX sondern auch bei Durchsicht der Gutachten des [BF].
Gemäß § 10 Abs 1 Z 1 SDG ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger vom Präsidenten des Landesgerichtes (§ 3 SDG) durch Bescheid zu entziehen, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs 2 Z 2 SDG, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.
Gemäß § 2 Abs 2 Z 1 lit e SDG ist Voraussetzung für die Eintragung als Sachverständiger die Vertrauenswürdigkeit. Das bedeutet, dass das berufliche und außerberufliche Verhalten des Sachverständigen nach einem sehr strengen Maßstab geprüft werden muss, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Sachverständige ein überaus wichtiges Hilfsorgan des Richters ist und ihm eine überragende Bedeutung im Zivil- und Strafverfahren zukommt. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erfordert die Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen, dass dieser in einem solchen Maße vertrauenswürdig ist, wie es die Recht suchende Bevölkerung von Jemandem erwarten darf, der in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen ist. In Ansehung der bedeutsamen Funktion die dem Sachverständigen bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen und behördlichen Verfahren obliegt, darf daher nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewusstsein bestehen, wobei, wie bereits erwähnt, bei dieser Beurteilung ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler SDG - GebAG4, E 28 f zu § 10 SDG).
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist in der oben festgestellten Vorgangsweise des Sachverständigen ein Mangel an Vertrauenswürdigkeit, der die Streichung aus der Sachverständigenliste rechtfertigt, zu erblicken. Insbesondere die Tatsache, dass der Sachverständige in der Angelegenheit des Bauwerbers L ein Betriebskonzept erstellt hat, ohne dies offenzulegen und dieses Betriebskonzept dann in seinem Gutachten als plausibel erachtete, erweist sich als Mangel an Vertrauenswürdigkeit. Aber auch die übrigen Vorgangsweisen des Sachverständigen legen den Schluss nahe, dass es ihm an der erforderlichen Korrektheit insoweit mangelt, als er durchaus bereit ist Gefälligkeitsgutachten zu erstatten.
Dem [BF] war daher die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu entziehen.
Die Entscheidung über den Ersatz der Auslagen (Sachverständigengebühren) stützt sich auf § 76 Abs 2 zweiter Satz AVG. Bei den Sachverständigengebühren handelt es sich grundsätzlich um Auslagen nach der zitierten Gesetzesstelle (vgl. AVG, Hengstschläger/Leeb, § 76, Rz 2).
Wenngleich das vorliegende Verfahren von Amts wegen eingeleitet wurde - dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung kommt keine Antragslegitimation zu - ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass die Amtshandlung durch das Verschulden des [BF] insoweit herbeigeführt wurde, als er bei Erstellung von Gutachten die Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 2 Abs 2 Z 1 lit e SDG vermissen ließ.
Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Überprüfung der vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung erhobenen Vorwürfe war erforderlich, weil die begründete Stellungnahme der Kommission oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission nur im Entziehungsverfahren wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 2 Abs 2 Z 1 lit a und Z 1 a SDG eingeholt werden kann (§ 10 Abs 4 SDG).
Der Sachverständige Dl XXXX hat auch seiner Warnpflicht nach § 25 GebAG insoweit entsprochen, als er bereits Anfang Februar 2019 telefonisch auf die Tatsache, dass der Gutachtensauftrag sehr umfangreich ist und das Gutachten daher voraussichtlich Gebühren bis zu EUR 30.000,00 nach sich ziehen kann, hingewiesen hat.
Die Gebühren des Sachverständigen entsprechen in ihren Ansätzen dem GebAG und wurden mit Bescheid vom 18.02.2020 bestimmt.“
5. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wird zur Entziehung der Sachverständigeneigenschaft auf das wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass im Hinblick auf das beim Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen bestehende Statut wäre daher die belangte Behörde veranlasst gewesen, ein allfälliges Disziplinarverfahren beim Hauptverband abzuwarten, ehe ein Verfahren nach § 10 SDG gegen den Beschwerdeführer eingeleitet wird. Soweit die belangte Behörde bereits aufgrund der Mitteilung vom 07.06.2018 des Amts der Stmk. Landesregierung ein Verfahren gegen den BF nach § 10 SDG eingeleitet habe, ohne ein (allfälliges) Disziplinarverfahren gegen den BF abzuwarten, seien die Verfahrensvorschriften verletzt und leide daher schon aus diesem Grund der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid leide aber auch insofern an einer Rechtswidrigkeit, als der BF nicht persönlich zu den Vorwürfen befragt wurde. Wäre dies erfolgt, wäre es dem BF möglich gewesen, die Vorwürfe zu entkräften und aufgetretene Zweifel in seine Vertrauenswürdigkeit zu zerstreuen. Der BF sei seit knapp drei Jahrzehnten als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, dies zur vollsten Zufriedenheit der Auftraggeber bzw. der Beteiligten, tätig ist. Die Tätigkeit des BF hat dabei u. a. die Erstellung von Gerichtsgutachten, Privatgutachten und nicht amtlichen Gutachten für Behörden umfasst. Aus dem angefochtenen Bescheid ergäbe sich, dass der BF in gerichtlichen Verfahren rasch, zuverlässig und fachlich einwandfrei arbeite, dies bestätigte die Vertrauenswürdigkeit des BF.
Ein Teil der Tätigkeit des BF umfasse auch nicht gutachtliche Tätigkeit, nämlich das Erstellen von Betriebskonzepten, ausschließlich basierend auf An- und Vorgabe seiner Auftraggeber. Die Aufgabe des BF bestehe einzig darin, die Vorgaben und Angaben der Auftraggeber bezüglich ihres landwirtschaftlichen Betriebes zu erfassen und erstelle er daraus die notwendige Form des Betriebskonzeptes, zumal die jeweiligen Auftraggeber des BF als Laien hiezu fachlich nicht in der Lage wären. Derartige Betriebskonzepte seien für etwaige Bauverfahren im Rahmen des Stmk. Raumordnungsgesetzes für Bebauungen im Freiland erforderlich. Ein Betriebskonzept stelle jedoch kein Gutachten dar und sei daher das Erstellen eines Betriebskonzeptes, ausschließlich basierend auf den Vor- und Angaben der jeweiligen Auftraggeber, keine gutachterliche Tätigkeit. Der BF sei daher diesbezüglich nicht als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger tätig, sodass diese Tätigkeit auch nicht einer Überprüfung oder Beurteilung nach den Bestimmungen des SDG unterliege und daher auch nicht für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit maßgeblich sei. Zwar sei bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ein strenger Maßstab anzulegen, jedoch werde dem BF im Wesentlichen ein Vorfall zum Vorwurf gemacht und die darauf durch die Behörde gründende mangelnde Vertrauenswürdigkeit sei höchst unverhältnismäßig. Bei der Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter SV sei das gesamte Verhalten wie auch die gesamte Tätigkeit des betroffenen SV zu würdigen. Im Hinblick auf die bisherige jahrzehntelange einwandfreie Tätigkeit des BF und sein bisheriges tadelloses Verhalten sei seine Vertrauenswürdigkeit gegeben, zumal der BF bei Gericht wie bei privaten Auftraggebern wie auch bei Notaren höchste Reputation genieße. Nur der guten Ordnung halber sei festgehalten, dass entgegen den Ausführungen des Amtes der Stmk. Landesregierung nicht sämtliche Betriebskonzepte einer Plausibilitätsprüfung der Amtssachverständigen nicht standgehalten hätten.
Zum Kostenersatz wurde ausgeführt, dass es einer Einholung eines Gutachtens nicht bedurft hätte. Dem BF werde mangelnde Vertrauenswürdigkeit vorgeworfen. Zur Beurteilung, ob eine solche vorliege, bedürfe es keines Gutachtens. Die belangte Behörde wäre vielmehr angehalten gewesen, sich ein persönliches Bild vom BF zu machen, wie er dies mehrfach in seinen Stellungnahmen ersucht hat. Eine Notwendigkeit der Zuziehung eines SV habe nicht bestanden, was aber gemäß § 52 AVG Voraussetzung für die Überwälzbarkeit von SV-Kosten sei. Selbst für den Fall, dass die Einholung eines Gutachtens notwendig gewesen wäre, was bestritten werde, so seien die Bestimmungen des § 76 AVG maßgeblich. In gegenständlicher Angelegenheit richtet sich die Parteistellung nach dem SDG. Zweifelsohne kommt dem Beschwerdeführer gegenständlich die Parteistellung zu und ist dieser nicht bloß Beteiligter. Offenbar versuche die belangte Behörde den Kostenersatz auf die Bestimmung des § 76 Abs 2 AVG zu stützten, da diesbezüglich begründend ausgeführt wurde, dass durch das Verschulden des BF die Amtshandlung herbeigeführt worden sei. Der sei aber nicht Beteiligter, sondern Partei und kommt daher auf den BF die Bestimmung des § 76 Abs 2 AVG nicht zu Anwendung. Aber auch die Bestimmung des § 76 Abs 1 AVG treffe auf den BF nicht zu, da er nicht verfahrenseinleitende oder antragstellende Partei war, sodass auch aus diesem Grund eine Kostenersatzpflicht des BF nicht gegeben sei. Selbst für den Fall, dass dennoch eine Kostenersatzpflicht des BF bestehen sollte, so sei auch ihm gegenüber, als Partei, die Bestimmung des § 25 GebAG, insbesondere Abs 1a, mit der darin normierten Warnpflicht des SV maßgeblich, welcher dieser nicht nachgekommen sei. Der SV habe der Behörde telefonisch mitgeteilt habe, dass sich die Kosten der Gutachtenserstattung auf rund € 30.000,— belaufen werden und die belangte Behörde habe den SV den Auftrag erteilt, das Gutachten zu erstellen. Der BF sei davon nicht verständigt worden. Soweit aber keine Warnung auch gegenüber dem BF vorgenommen worden sei, gebühre dem SV, soweit ohnedies keine Kostenersatzpflicht besteht, höchstens ein Gebührenzuspruch nach § 25 GebAG. Der angefochtene Bescheid sei daher auch hinsichtlich der Kostenersatzpflicht rechtswidrig
6. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 31.03.2020 dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde samt den Verfahrensakten vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Zunächst sei zum besseren Verständnis des vorliegenden Sachverhaltes auf § 33 des Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010 (StROG) hingewiesen, der auszugsweise wie folgt lautet:
„Freiland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen gehören zum Freiland. Sofern im Freiland keine baulichen Nutzungen außerhalb der Land- und/oder Forstwirtschaft nach Maßgabe der Abs. 3, 5 und 6 zulässig sind, dienen die Flächen des Freilandes der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung oder stellen Ödland dar.
(2) …...
(3)
(4) Im Rahmen der land- und/oder forstwirtschaftlichen Nutzung sind im Freiland zulässig:
1. Umbauten.
2. Neu- und Zubauten sowie Änderungen des Verwendungszweckes, die für einen land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich und in ihrer standörtlichen Zuordnung betriebstypisch sind. Insbesondere bei Neugründung eines Betriebes ist ein positiver Deckungsbeitrag mittels Betriebskonzept nachzuweisen. In die Kalkulation sind auch die Kosten von Investitionen mit einzubeziehen, die durch den Deckungsbeitrag zur Gänze abgedeckt werden müssen.
3. …..
4. Neu- und Zubauten im unmittelbaren Anschluss an die bestehenden Gebäude (Hoflage) für Zwecke der Privatzimmervermietung samt dazugehöriger infrastruktureller Einrichtungen im unbedingt erforderlichen Ausmaß, wenn ….
5. Änderungen des Verwendungszweckes
bei Gebäuden eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes in Hoflage für gewerbliche Tätigkeiten, wenn …..
(5) Außerhalb der land- und/oder forstwirtschaftlichen Nutzung dürfen im Freiland
1. Neu- und Zubauten errichtet werden,
…….
? (7) Vor Erlassung einer baurechtlichen Bewilligung ist zwingend ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen für
1. Neubauten gemäß Abs. 4 Z 2 und Z 3 lit. b, wenn die Größe der für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung geeigneten Flächen unter 5 ha liegt, hinsichtlich des Vorliegens eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes und der Erforderlichkeit des geplanten Bauvorhabens; bei Flächen ab 5 ha ist ein derartiges Gutachten dann einzuholen, wenn Zweifel bestehen, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt;
2. Zubauten gemäß Abs. 4 Z 2, wenn dadurch die bestehenden Bruttogeschoßflächen um mehr als 50 Prozent erweitert werden, hinsichtlich des Vorliegens eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes und der Erforderlichkeit des geplanten Bauvorhabens;
3. Neu- und Zubauten gemäß Abs. 4 Z 4 hinsichtlich des Vorliegens eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes und der Erforderlichkeit des geplanten Bauvorhabens unter den Voraussetzungen der Z 1 sowie hinsichtlich der Frage einer allfälligen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes. Das letztgenannte Gutachten ist von einem Sachverständigen auf dem Fachgebiet des Ortsbildschutzes zu erstellen;
4. Neu- und Zubauten gemäß Abs. 5 Z 1 auf Flächen gemäß Abs. 3 Z 1 hinsichtlich der Erforderlichkeit des geplanten Bauvorhabens;
5. Änderungen des Verwendungszweckes gemäß Abs. 4 Z 5 und Abs. 5 Z 3 und Z 4 im Sinne der jeweils genannten Erfordernisse“
Wie sich aus der vorzitierten Bestimmung ergibt, sind in der Steiermark Bauführungen im Freiland im Wesentlichen nur im Rahmen der land-und forstwirtschaftlichen Nutzung und auf der Grundlage eines (positiven) Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft zulässig. Entsprechend den Ausführungen der Abteilung 13, Umwelt und Raumordnung, der Steiermärkischen Landesregierung haben sich die Baubehörden bei der Gutachtenseinholung (vgl. § 33 Abs. 7 leg.cit) dabei grundsätzlich der Amtssachverständigen der Agrarbezirksbehörde zu bedienen.
1.2. Der Beschwerdeführer hat in der Vergangenheit wiederholt für Bauwerber, die eine Bauführung nach § 33 StROG anstreben, Betriebskonzepte nach § 33 Abs. 4 Z 2 leg.cit. oder Gutachten erstellt und als von der Baubehörde herangezogener Sachverständiger Gutachten betreffend die die Zulässigkeit des Bauvorhabens erstellt.
Im Falle einer Aufsichtsbeschwerde überprüft die Stmk Landesregierung den (positiven) Baubescheid des Bürgermeisters und hebt diesen gegebenenfalls auf. Im Zuge dieser Verfahren wurde in der Vergangenheit mehrfach die vom BF für die Bauwerber erstellten Gutachten einer „Plausibilitätsprüfung“ durch Amtssachverständige unterzogen und dabei erhebliche inhaltliche Mängel festgestellt.
Festgestellt wird, dass die vom BF erstatteten Gutachten inhaltliche Mängel, wie im bekämpften Bescheid auf Seite 3 bis 6 exemplarisch dargestellt, aufweisen.
Obige Feststellungen wurden aufgrund der Ausführungen des Amtes der Stmk Landesregierung vom 07.06.2018, GZ ABT 13-10.00-91/2018-2, im Zusammenhalt mit dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten des DI XXXX der insgesamt acht Gutachten/Betriebskonzepte des BF geprüft hat. Der BF ist dem von der Behörde eingeholten Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat dessen Richtigkeit grundsätzlich bestritten und im Wesentlichen auf seine langjährige Expertise als Gerichtssachverständiger verweisen.
1.3. Im Verfahren der Marktgemeinde XXXX , GZ R44/2011, betreffend ein Ansuchen des Dr. XXXX nach § 33 StROG hat der BF im Auftrag der Marktgemeinde ein Gutachten nach § 33 Abs. 7 leg.cit erstellt, das inhaltliche Mängel aufweist. Ein wesentlicher Mangel des Gutachtens besteht darin, dass es nicht auf einem vom Bauwerber vorzulegenden Betriebskonzept nach § 33 Abs. 4 Z 2 StROG basiert, sondern dieses Betriebskonzept erst im Gutachten selbst entworfen wird.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, GZ LVwG 50.24-4175/2014-16 vom 07.08.2017, insbesondere Punkt II.13. und III.18.
1.4. Im Verfahren GZ Ba 14/2014-1012014 der Gemeinde XXXX hat der BF im Auftrag der Gemeinde ein Gutachten betreffend das vom Bauwerber eingebrachte Betriebskonzept zu erstatten. Der BF hat gegenüber der Gemeinde nicht offengelegt, dass er selbst, wenngleich nach den Vorgaben des Bauwerbers, das Betriebskonzept erstellt hat. Die gutachterliche Prüfung erfolgte dementsprechend mangelhaft.
Diese Feststellung wurde aufgrund der diesbezüglich Ausführungen des im Verfahren bestellten Gutachters, der unter anderem auch das vom BF im genannten Verfahren erstellte Gutachten überprüfte, getroffen werden. Dieser führt aus (Gutachten vom 19.04.2019, Seite 34), dass das der vom BF geprüfte „Betriebsplan“ hinsichtlich Layout, Aufbau und Text eine sehr hohe Ähnlichkeit mit anderen vom BF erstellten „Betriebsplänen“ oder Betriebskonzepten aufweist. Der BF hat dazu schließlich mit Eingaben vom 05.08.2019 angegeben, dass er dem Bauwerber lediglich eine Hilfestellung bei der Verschriftlichung seines Betriebskonzeptes gegeben habe. Im Hinblick darauf, dass der Bauwerber gegenüber der belangten Behörde telefonisch dazu befragt, angegeben hat (siehe OZ 48 des Behördenaktes), dass der BF das Betriebskonzept nachdem er Notizen über seine Vorstellungen gemacht habe, erstellt habe, ist der BF als Ersteller des Betriebskonzeptes anzusehen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Aus § 11 SDG ergibt sich die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für die Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Graz. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung im SDG besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden. Der BF hat zwar die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, jedoch erscheint der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und diese auch nicht unter dem Blickwinkel auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC notwendig ist.
Zu A)
3. Zur Entziehung der Eigenschaft
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG), BGBl. Nr. 137/1975, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2020 lauten auszugsweise wie folgt:
„Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher
„§ 2. (1) Die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sind von den Präsidenten der Landesgerichte (§ 3) als Zertifizierungsstellen in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifzierten Sachverständigen und Dolmetscher (Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste) einzutragen.
(2) Für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
1. in der Person des Bewerbers
a) Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens,
……
e) Vertrauenswürdigkeit,
……“
Entziehung der Eigenschaft
§ 10. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist vom Präsidenten des Landesgerichts (§ 3) durch Bescheid zu entziehen,
1. wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind,
…….
(2) Ergibt sich in einem bestimmten Verfahren der Verdacht, daß einer der im Abs. 1 genannten Entziehungstatbestände gegeben ist, so hat das Gericht oder die staatsanwaltschaftliche Behörde hiervon dem zur Entziehung berufenen Präsidenten Mitteilung zu machen.
(3) Der § 9 Abs. 2 gilt für die Fälle der Entziehung sinngemäß.
(4) Im Entziehungsverfahren wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstabe a und Z 1a kann der Präsident auch eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen; § 4a Abs. 2 letzter Satz findet insofern keine Anwendung.
3.2. Der Beschwerde kommt, soweit sie sich gegen die Entziehung der Sachverständigeneigenschaft richtet, keine Berechtigung zu.
Die belangte Behörde hat, wie sich aus der Begründung des bekämpften Bescheides ergibt, dem BF die Eigenschaft als Sachverständiger wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit entzogen, weil er als Sachverständiger im Auftrag einer Behörde im Verfahren nach § 33 StROG ein Gutachten zu einem Betriebskonzept eines Bauwerbers erstattet hat, ohne gegenüber der Behörde offen zu legen, dass er der Ersteller des Betriebskonzeptes ist.
Auf die Beschwerdeausführungen zur fachlichen Qualifikation des BF als Gutachter braucht daher nicht näher eingegangen werden, weil diese letztlich nicht von der belangten Behörde bezweifelt wurde.
3.3. Der Verwaltungsgerichthof hat zu der von einem Gerichtssachverständigen zu erfüllenden Vertrauenswürdigkeit Folgendes ausgesprochen:
„Die Frage der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen iSd SDG 1975 betrifft seine persönlichen Eigenschaften. Es kommt darauf an, ob jemand in einem solchen Maße vertrauenswürdig ist, wie es die rechtssuchende Bevölkerung von jemandem erwarten darf, der in die Liste der Sachverständigen eingetragen ist. In Ansehung der bedeutsamen Funktion, die dem Sachverständigen bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen und behördlichen Verfahren obliegt, darf daher nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewusstsein bestehen; bei dieser Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen; auch ein einmaliges - gravierendes - Fehlverhalten kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (VwGH vom 03.06.2019, Ra 2019/03/0060, mwH).
Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit des Sachverständigen gelegen sind, weil es nur darauf ankommt, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Sachverständigen überhaupt zukommt oder nicht. Es kann daher auch ein Verhalten, das nicht im Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit steht, den Entziehungsgrund der mangelnden Vertrauenswürdigkeit begründen (VwGH vom 02.09.2019, Ra 2019/03/0105, mwH)
Auch ein Verhalten, das nicht im Zusammenhang mit der Sachverständigentätigkeit steht, kann Vertrauensunwürdigkeit des Sachverständigen begründen Umso mehr können Berufspflichtverletzungen eines Sachverständigen Zweifel an seiner verlässlichen Berufsausübung und damit seiner Vertrauenswürdigkeit begründen (VwGH vom 28.02.2020, Ra 2020/03/0012, mwH).
3.4. Mit Erkenntnis vom 20.09.2018, Ra 2018/11/0077, hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem vergleichbaren Sachverhalt folgendes ausgesprochen:
„Das Tätigwerden eines Sachverständigen auf Seiten der Mitbeteiligten, der bereits vor seiner Bestellung zum gerichtlichen Sachverständigen in seiner im Auftrag der Mitbeteiligten erstatteten gutachterlichen Stellungnahme zum Schluss gekommen ist, dass dem Betriebskonzept entgegen der Annahme der Grundverkehrs-Landeskommission realistische Werte zu Grunde lägen, die von der Mitbeteiligten als "werdende" Landwirtin auch nachhaltig erreicht werden könnten, ist geeignet, seine Unparteilichkeit und Objektivität hinsichtlich der Begutachtung jenes Betriebskonzepts, dem seine eigene fachliche Expertise zu Grunde liegt, in Frage zu stellen (vgl. VwGH 17.12.2015, 2012/07/0137).[…]
3.5. Gemäß Punkt 1.1 der Standesregeln des Hauptverbandes der beeideten (vgl. § 5 Abs. 1 SDG) und zertifizierten Gerichtssachverständigen ist der gerichtliche Sachverständige ein unabhängiges, zur Objektivität und Unparteilichkeit [Hervorhebung durch das BVwG] verpflichtetes Hilfsorgan des Gerichtes und der Staatsanwaltschaft (Verwaltungsbehörde) und als solches Teil der Rechtspflege. Er hat sich sowohl bei seiner Tätigkeit als Sachverständiger im Auftrag eines Gerichtes, der Staatsanwaltschaft oder einer Verwaltungsbehörde als auch in seinem Beruf und außerhalb seiner Berufsarbeit vorwurfsfrei zu verhalten und alles zu unterlassen, was das Vertrauen und die Achtung der Parteien und der Öffentlichkeit seiner Sachverständigenfunktion gegenüber schmälern könnte. Er hat die Ehre und das Ansehen seines Standes zu wahren.
3.6. Wenn ein Gerichtssachverständiger, wie oben unter Punkt II.1.4. festgestellt, im Auftrag einer Verwaltungsbehörde ein Gutachten erstattet, mit dem ua ein vom Mitbeteiligten des Verfahrens vorgelegtes Betriebskonzept zu prüfen ist, ohne gegenüber der Behörde offenzulegen, dass er selbst für den Mitbeteiligten das Betriebskonzept erstellt hat, verstößt er damit gegen die wesentlich(st)en Grundsätze der objektiven und unparteiischen Amtsführung. Ein derartiges Verhalten ist ohne Zweifel geeignet, erhebliche Zweifel an seiner Korrektheit und seinem Pflichtbewusstsein als Sachverständiger aufkommen zu lassen und deshalb den Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger hervorzurufen.
Dem Beschwerdeeinwand, wonach bei der Beurteilung der Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger das gesamte Verhalten wie auch die gesamte Tätigkeit des Betroffenen zu würdigen sei, ist das vorzitierte Erkenntnis des VwGH entgegenzuhalten, wonach auch ein einmaliges - gravierendes - Fehlverhalten Vertrauensunwürdigkeit begründen kann. Ein derartiges Fehlverhalten liegt gegenständlich auch nach Ansicht des erkennenden Gerichts vor.
Dem Beschwerdeeinwand betreffend behaupteter Verfahrensmängel kommt ebenfalls keine Berechtigung zu. Weder war die belangte Behörde gehalten, ein allfälliges Disziplinarverfahren den BF betreffend „abzuwarten“, noch ist ihr sonst ein Verfahrensfehler anzulasten. In dem von der Behörde geführte schriftliche Ermittlungsverfahren wurde dem BF hinsichtlich jedes Verfahrensschrittes volles Parteiengehör gewährt und ist nicht zu erkennen, inwiefern eine vom BF im Verfahren vor der belangten Behörde ohnehin nicht beantragte mündliche Erörterung geeignet gewesen wäre, einen anderen Verfahrensausgang herbeizuführen.
Nachdem eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides hinsichtlich der Entziehung der Sachverständigeneigenschaft nicht gegeben ist, war die Beschwerde dahingehend abzuweisen.
4. Zum Kostenbescheid
4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 (WV), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018 lauten auszugsweise wie folgt:
„Kosten der Behörden
§ 75. (1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.
(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.
[…]
§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.
(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.
(4) Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
[…]“
4.2. Die belangte Behörde hat dem BF die Tragung der Gebühren für den Sachverständigen gemäß § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG vorgeschrieben, weil die Auslage durch den Beschwerdeführer verschuldet worden sei.
Zwar ist dem Beschwerdevorbringen, wonach den BF keine Kostenersatzpflicht nach § 76 Abs. 2 AVG träfe, weil er Partei und nicht Beteiligter im behördlichen Verfahren sei, nicht zu folgen, weil nach herrschender Meinung der Begriff des Beteiligten iSd Legaldefinition des § 8 AVG auszulegen ist und somit sowohl Parteien als auch Beteiligte umfasst (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG §76 RZ 45), dennoch kommt der Beschwerde gegen den Kostenbescheid Berechtigung zu.
4.3. Wenn nämlich die belangte Behörde darauf verweist, dass die Beiziehung eines Sachverständigen zur Überprüfung der vom Amt der Stmk Landesregierung erhobenen Vorwürfe wäre erforderlich gewesen sei, weil eine begründete Stellungnahme der Kommission oder Äußerung eines qualifizierten Mitglieds im Entziehungsverfahren nur wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z1 lit. a und Z 1a SDG eingeholt werden kann, so ist darauf zu verweisen, dass die vom Amt der Stmk Landesregierung erhobenen Vorwürfe eben jene in § 2 Abs. 2 Z1 lit. a SDG genannte Voraussetzung („Sachkunde und Kenntnisse über […] den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens“) betreffen (siehe oben Punkt I.2.). Die belangte Behörde hat im diesen Sinne auch den Sachverständigen beauftragt, ein „Gutachten dahingehend zu erstatten, wieweit die in [näher genannten] Verfahren erstatteten Betriebskonzepte bzw. Gutachten [des BF] vertretbar waren oder nicht“ und auch im Bestellungsbescheid auf § 2 Abs. 2 Z1 lit. a SDG hingewiesen (vgl. OZ 34 Behördenakt). Die belangte Behörde hätte daher im Entziehungsverfahren im Hinblick auf die entstandenen Zweifel die Sachkunde des BF betreffend durchaus eine begründete Stellungnahme der Kommission oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission gemäß § 10 Abs. 4 SDG einholen können.
4.4. Im Rahmen der Überprüfung der Gutachten und Betriebskonzepte des BF durch den Sachverständigen DI XXXX hat sich der oben unter Punkt II.1.4. dargestellte Sachverhalt, der nunmehr die Vertrauensunwürdigkeit des BF als Gerichtssachverständiger bedingt, gleichsam als „Nebenprodukt“ ergeben. Zwar hat bereits das Amt der Stmk. Landesregierung in seinem Schreiben vom Juni 2018 darauf hingewiesen hat, dass der BF in Bau- und Raumordnungsangelegenheiten gleichzeitig als Sachverständiger und entwerfender Projektant auftrete, dass der BF aber in einem Verfahren als von der Behörde bestellter Gutachter das von ihm erstellte Betriebskonzept beurteilt, war nicht bekannt.
Im vorliegenden Fall kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Amtshandlung (Auslage) durch den BF verschuldet wurde. Denn § 76 Abs. 2 AVG stellt darauf ab, dass die mit Kosten verbundene Amtshandlung durch das Verschulden eines Beteiligten verursacht bzw. herbeigeführt wurde, dass das Verschulden für die Vornahme der Amtshandlung also kausal war. Der Verwaltungsgerichtshof hebt in seiner Judikatur in diesem Zusammenhang gesondert hervor (zB VwGH vom 17.10.2007, Zl. 2006/07/0163), dass die Verfahrenshandlung, welche die Kosten verursacht hat, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts erforderlich war (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG §76 RZ 46). Eine derartige Kausalität bzw Verschulden des BF an der gegenständlichen Amtshandlung ergibt sich aus dem oben (Punkt 4.4.) dargestellten Sachverhalt jedoch nicht.
Nachdem die Kosten der Behörde gemäß § 75 Abs. 1 AVG grundsätzlich von Amts wegen zu tragen sind und im gegenständlichen Fall eine der in §§ 76 bis 78 leg. cit. vorgesehenen Ausnahme für die Heranziehung eines Beteiligten nicht gegeben ist, war der Kostenausspruch, der den BF verpflichtet die Kosten des Sachverständigen zu tragen, ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auf die unter A) angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
ersatzlose Teilbehebung Kostenersatz Objektivität Parteilichkeit Sachkunde Sachverständigengutachten Sachverständigenliste Streichung von der Liste Vertrauensverlust VertrauenswürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2230228.1.00Im RIS seit
09.12.2021Zuletzt aktualisiert am
09.12.2021