TE Vfgh Erkenntnis 1994/12/7 B331/94

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Veröffentlicht am 07.12.1994
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Frastanz vom 18.05.78
Vlbg RaumplanungsG §19 Abs1

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Zustandekommens eines Flächenwidmungsplanes; Unbeachtlichkeit kleinerer Verstöße gegen Formvorschriften im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Frastanz vom 26. August 1993 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf der GP 4583/5 KG Frastanz II und III abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 11. Oktober 1993 abgewiesen.

Die aufgrund der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung, LGBl. 70/1985, zur Entscheidung im Namen der Landesregierung ermächtigte Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gab der gegen den letztinstanzlichen Gemeindebescheid erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 28. Jänner 1994 ebenfalls keine Folge.

2. In der gegen diesen Vorstellungsbescheid erhobenen Beschwerde gemäß Art144 B-VG wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Frastanz, behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt. Obwohl §19 Abs1 des Vorarlberger Gesetzes über die Raumplanung, LGBl. 15/1973 (in der Folge zitiert als: RPG), ausdrücklich eine Kundmachung der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg vorsehe, sei eine solche hier unterblieben, weshalb der Entwurf mit einem Kundmachungsmangel behaftet sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt und die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes verteidigt. Dem Bauakt der Marktgemeinde Frastanz könne entnommen werden, daß die Auflage des Entwurfs des Flächenwidmungsplanes im Gemeindeblatt vom 13. August 1977, 77. Jahrgang, kundgemacht wurde. Es sei "auch anzunehmen, daß er in den Vorarlberger Tageszeitungen und im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg kundgemacht wurde".

4. Mit Schreiben vom 10. August 1994 ersuchte der Verfassungsgerichtshof die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sowie die Vorarlberger Landesregierung, binnen vier Wochen zur Frage Stellung zu nehmen, ob, wie in der Beschwerde behauptet, die Kundmachung der Auflage des Planentwurfes im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg und in den (allen ?) Vorarlberger Tageszeitungen tatsächlich unterblieben sei; ferner wurde um Übermittlung allfälliger Belegexemplare ersucht.

Daraufhin teilte die Vorarlberger Landesregierung mit Schreiben vom 15. September 1994 mit, daß die Auflage des von der Gemeindevertretung Frastanz beschlossenen Entwurfes für den Flächenwidmungsplan seinerzeit in den Vorarlberger Nachrichten, in der Neuen Vorarlberger Tageszeitung, im Gemeindeblatt und im Vorarlberger Volksboten kundgemacht worden sei; der Vorarlberger Volksbote sei im Zeitpunkt der Kundmachung der Auflage auch Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg gewesen. Dem Schreiben angeschlossen waren entsprechende Belegexemplare (allerdings nur) der betreffenden Kundmachungen in den Tageszeitungen. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch sah von der Erstattung einer Stellungnahme ab.

Zu diesem Schreiben der Vorarlberger Landesregierung erstattete die Beschwerdeführerin eine Äußerung, in der sie dem Vorbringen der Vorarlberger Landesregierung, der Vorarlberger Volksbote sei im hier maßgeblichen Zeitpunkt auch Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg gewesen, entgegentrat. Die Landwirtschaftskammer Vorarlberg habe ihre Mitteilungen als Beilage im Vorarlberger Volksboten veröffentlicht; in diesen Mitteilungen sei keine Kundmachung der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes enthalten gewesen. Unter einem legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg vom 26. Februar 1993 vor, in welchem bestätigt wird, daß in den Mitteilungen der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg im Jahre 1977 keine derartige Kundmachung der Gemeinde Frastanz enthalten ist.

Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch und die (mitbeteiligte Partei) Marktgemeinde Frastanz haben sich zum Inhalt dieses Schreibens, das ihnen zur Kenntnisnahme übermittelt wurde, nicht geäußert.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §19 Abs1 zweiter Satz RPG ist die Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes ortsüblich sowie in den Vorarlberger Tageszeitungen und im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg kundzumachen. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut von §19 Abs1 RPG kommt eine Auslegung dieser Bestimmung dahingehend, daß es sich bei der Verpflichtung zur Kundmachung der Auflegung im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift handelt, nicht in Betracht (vgl. VfSlg. 7524/1975, insb. S 249 f).

2. Aus einem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Exemplar des Vorarlberger Volksboten vom 13. August 1977 samt Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer für Vorarlberg ist zu ersehen, daß sich das Mitteilungsblatt mitten im Vorarlberger Volksboten (zwischen den Seiten 10 und 15) befindet und denselben Druck, dieselbe Größe der Seiten sowie insgesamt dasselbe Erscheinungsbild wie der (übrige) Vorarlberger Volksbote aufweist. Der Sache nach ist das Mitteilungsblatt also in den Vorarlberger Volksboten integriert. Das Mitteilungsblatt enthält keineswegs nur amtliche Mitteilungen (s. zB die Artikel "Verunreinigt Düngung das Trinkwasser", "Futtermittel - worauf es ankommt", "Unfallversicherungsschutz bei Bauarbeiten"). Der Inhalt des Mitteilungsblattes ist somit ebenso wie der des gesamten Vorarlberger Volksboten von der zufälligen redaktionellen Gestaltung abhängig und bietet auch deshalb dem Leser ein einheitliches Bild.

3. Aus diesen Feststellungen ergibt sich folgende rechtliche Schlußfolgerung:

Die Kundmachung der Auflage des Entwurfes im Vorarlberger Volksboten erfolgte zwar nicht direkt im Mitteilungsblatt der Landwirtschaftskammer, doch ist davon auszugehen, daß der Durchschnittsleser im allgemeinen nicht nur den - von den übrigen Teilen des Vorarlberger Volksboten kaum unterscheidbaren - Mitteilungen der Landwirtschaftskammer, sondern der gesamten Zeitung seine Aufmerksamkeit zuwenden wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach ausgesprochen, daß (kleinere) Verstöße gegen Formvorschriften bei Auflage von Entwürfen von Flächenwidmungsplänen und der Verständigung darüber dann (noch) keine Gesetzwidrigkeit des Zustandekommens des Planes bewirken, wenn dadurch die Unterrichtung der betroffenen Gemeindebürger über die beabsichtigten Planungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt wird (s. hiezu VfSlg. 8463/1978 S 497, 9150/1981 S 528f, 10208/1984 S 383 sowie 12785/1991 S 983).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Der Verfassungsgerichtshof kann aufgrund der oben angestellten Erwägungen die in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Zustandekommens des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Frastanz vom 18. Mai 1978 nicht teilen.

4. Da im Verfahren auch nicht hervorgekommen ist, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde, wird die Beschwerde abgewiesen.

Die antragsgemäße Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stützt sich auf Art144 Abs3 B-VG.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B331.1994

Dokumentnummer

JFT_10058793_94B00331_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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