TE Bvwg Beschluss 2021/11/4 W228 2246371-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.11.2021

Norm

AlVG §24
AlVG §25
AlVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W228 2246371-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Kurt Schebesta sowie Philipp KUHLMANN als Beisitzer über die Beschwerde von Mag. XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai vom 30.08.2021 in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Hietzinger Kai (im Folgenden: AMS) vom 21.07.2021 wurde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum 01.01.2019 bis 31.01.2019 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und wurde Mag. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 283,96 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den angeführten Zeitraum zu Unrecht bezogen habe, da sie im gesamten Jahr 2019 selbständig erwerbstätig gewesen sei und ihr Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe. Im Jahr 2019 liege daher keine Arbeitslosigkeit vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 12.08.2021 fristgerecht Beschwerde. Darin führte sie aus, dass – hätte sie die Notstandshilfe z.B. von April bis November 2018 bezogen – die Pflichtversicherung der SVS nicht zur Beurteilung herangezogen worden wäre. Hier liege eine eklatante Ungleichbehandlung vor. Nur deshalb, weil das letzte Monat des Notstandshilfebezugs in ein neues Kalenderjahr falle, könne nicht das Einkommen danach zur Beurteilung des Anspruches herangezogen werden. Wäre das letzte Monat des Notstandshilfebezuges in den Dezember 2018 gefallen, wäre das Einkommen von 2019 ohne Relevanz gewesen.

Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 30.08.2021 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin aus selbständiger Tätigkeit im verfahrensrelevanten Zeitraum die damals gültige Geringfügigkeitsgrenze überstiegen habe. Die Notstandshilfe sei daher zu widerrufen und verschuldensunabhängig zurückzufordern.

Mit Schreiben vom 13.09.2021 stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin führte sie aus, dass sie es als verfassungswidrig erachte, dass bei der Beurteilung des Anspruchs auf Notstandshilfe das Einkommen des gesamten Kalenderjahres herangezogen werde. Ein Leistungsempfänger, der die Notstandshilfe im selben Ausmaß in der Zeit von April bis Dezember beziehe, dürfe im folgenden Kalenderjahr ohne Grenzen verdienen. Weiters sei bei der Beurteilung nicht berücksichtigt worden, dass die Beschwerdeführerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von € 1.780,59 zu entrichten gehabt habe, die im Einkommenssteuerbescheid noch nicht berücksichtigt werden konnten und ergebe sich somit ein anderes Bild des monatlichen Einkommens. Die bisherige Berechnung des Einkommens entspreche somit nicht den objektiven Tatsachen.

Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 14.09.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 29.09.2021 der Beschwerdeführerin das Beschwerdevorlageschreiben des AMS übermittelt. Überdies wurden Ausführungen zur Sach- und Rechtslage getätigt und wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schreiben vom 24.10.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2021, teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die Beschwerde zurückziehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin zog mit Eingabe vom 24.10.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2021, die Beschwerde zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem Inhalt der schriftlichen Eingabe vom 24.10.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 29.10.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche Erklärung lag im gegenständlichen Fall vor, da die Beschwerdeführerin die Zurückziehung schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Es war daher mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2246371.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten