TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/5 W156 2244217-1

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Veröffentlicht am 05.11.2021
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Entscheidungsdatum

05.11.2021

Norm

AuslBG §20e Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
NAG §41a

Spruch


W156 2244217-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Alexander Wirth als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , XXXX , gegen den Bescheid vom 22.04.2021 des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz, GZ: ABA-Nr: XXXX , vom 19.05.2021, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist zulässig.


Text


Begründung:

1. Verfahrensgang:

Im Zuge des Antrages des Beschwerdeführers (BF) an das Amt der Wiener Landesregierung auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus gemäß § 41a Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) wurde vom AMS Wien Esteplatz (belangte Behörde) mit angefochtenem Bescheid festgestellt, dass die Voraussetzungen gemäß § 20e Abs. 1 Z2 AuslBG nicht vorliegen. Begründend führte die belangte Behörde aus, nach den Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (HVB) sei der BF seit dem 01.07.2019 bis laufend bei der Firma „ XXXX “ angemeldet. Damit sei der BF in den letzten 24 Monaten keine 21 Monate bei der genannten Firma unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt gewesen. Die Voraussetzungen gemäß § 20 Abs 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) seien damit nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde mit dem Vorbringen, dass ihm die Rot-Weiß-Rot-Karte, gültig vom 11.01.2019 bis 11.01.2021, erst am 16.05.2019 ausgehändigt worden wäre. Daher wäre der Beschäftigungsbeginn unter Berücksichtigung der Vorlaufzeiten erst mit 01.07.2021 möglich gewesen.

Mit Schreiben vom 08.07.2021 wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Der BF erfüllte die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Schlüsselkraft gemäß § 12b AuslBG und wurde für ihn der Aufenthaltstitel mit der Geltungsdauer vom 11.01.2019 bis 11.01.2021 ausgestellt. Die Rot-Weiß-Rot-Karte stand dem BF am 16.05.2021 zur Abholung bereit.

Der BF stellte rechtzeitig einen Verlängerungsantrag gem § 24 NAG iVm einem Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ gemäß § 41 a Abs 1 NAG.

Gemäß den Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger war der BF seit dem 01.07.2019 bei der genannten Dienstgeberin als Arbeiter beschäftigt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt und ist nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Spruchpunkt I:

Besonders hochqualifizierte Schlüsselkräfte (§ 12), Fachkräfte in Mangelberufen (§ 12a), sonstige Schlüsselkräfte (§ 12b Z 1) und ausländische Studienabsolventen (§ 12b Z 2) erhalten zunächst eine auf zwei Jahre befristete Rot-Weiß-Rot-Karte, die sie zur Beschäftigung bei dem in der Karte angegebenen Arbeitgeber berechtigt.

Inhaber einer Rot-Weiß-Rot-Karte erhalten nach Ablauf eines Jahres eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus, wenn sie die sonstigen aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen (insb über ausreichende Existenzmittel für sich und ihre Familie verfügen) und innerhalb der letzten 24 Monate 21 Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen bei dem in der Karte angegebenen Arbeitgeber beschäftigt waren (§ 41a Abs 1 NAG iVm § 20e Abs 1 Z 2).

§ 20e Abs 1 Z 2 lautet:

Vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a Abs. 1, 2 und 7, § 47 Abs. 4, § 56 Abs. 3 NAG) hat im Falle der Z 1 die nach dem Wohnsitz des Ausländers oder der Ausländerin, im Falle der Z 2 oder 3 die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der nach dem NAG zuständigen Behörde zu bestätigen, dass der Ausländer oder die Ausländerin als InhaberIn einer „Rot-Weiß-Rot – Karte“ innerhalb der letzten 24 Monate 21 Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt war. .

Die regionale Geschäftsstelle überprüft das Vorliegen dieser Voraussetzungen anhand des Sozialversicherungsauszuges der Betroffenen und der darin ausgewiesenen Beitragsgrundlagen und teilt das Ergebnis ihrer Prüfung der NAG-Behörde schriftlich mit.

Das Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels in Form einer Rot-Weiß-Rot-Karte endet bei negativer Erledigung in Form eines bekämpfbaren Bescheides, und bei positiver Erledigung durch die Aushändigung der Karte, deren Form durch die NAG-DV festgelegt ist.

Daraus ergibt sich, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte einem positiven Bescheid gleichzuhalten ist, deren auf dieser Karte vermerktes Gültigkeitsdatum jenen Zeitraum bezeichnet, in dem dem Ausländer die Erlaubnis zur Niederlassung und Beschäftigung erteilt wurde. Damit aber sind jene Daten für die Gültigkeitsdauer und die daraus resultierenden Rechte des Ausländers relevant, die auf der Karte selbst vermerkt sind.

Angewendet auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:

Wie aus dem Gesetzeswortlaut des § 20e Abs.1 Z 2 AuslBG eindeutig hervorgeht, ist eine Voraussetzung für die Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, dass der Ausländer innerhalb der letzten 24 Monate 21 Monate unter den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen beschäftigt war.

Der BF wurde, wie dies auch ausdrücklich in der Beschwerde bestätigt wird, ab dem 01.07.2019 bei der Dienstgeberin beschäftigt. Sein letzter Aufenthaltstitel (Rot-Weiß-Rot-Karte) war vom 11.01.2019 bis zum 11.01.2021 gültig.

Ausgehend von den gesetzlichen Anforderungen in § 20e Abs.1 Z 2 AuslBG erfüllte der BF damit die Voraussetzung einer Beschäftigung über einen Zeitraum von 21 Monaten während der letzten 24 Monate nicht. Diese Voraussetzung wird auch nicht zum Zeitpunkt des Ablaufes des letzten Aufenthaltstitels am 11.01.2021 erfüllt. Ausgehend von der gesetzlichen Formulierung müssen die Voraussetzungen für die Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ jedoch eindeutig zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Eine andere Interpretation lässt das Gesetz gar nicht zu, da anderenfalls die regionale Geschäftsstelle des AMS, wie vom Gesetz gefordert, auch keine Bestätigung über eine Beschäftigung des Ausländers von 21 Monaten innerhalb der letzten 24 Monate ausstellen könnte.

Das Vorbringen in der Beschwerde, die gesetzlich vorgesehene Mindestdauer im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung erreicht zu haben, geht deshalb ins Leere, als das Gesetz eindeutige Formulierungen dahingehend trifft, dass die Anforderung der Beschäftigung von 21 Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung erfüllt sein muss und somit der zugrundegelegten Berechnungsmethode der belangten Behörde als Ausgangspunkt des Beobachtungszeitraumes der Antragszeitpunkt zu verstehen ist (vgl. VwGH vom 17.12.1998, Zl. 96/09/0360).

Da somit die Voraussetzung des § 20e Abs 1 Z 2 AuslBG im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Der Beschwerdeführer hat keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Die für die Entscheidung relevanten Sachverhaltselemente wie Dauer der Rot-Weiß-Rot-Karte und Dauer der Beschäftigung sind aktenkundig und unbestritten. Daher erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Inwieweit der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch die belangte Behörde mangelhaft erhoben worden sei, wurde in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht und konnte auch durch das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden.

Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.

3.3. Spruchpunkt II. Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob dem auf der Rot-Weiß-Rot-Karte ersichtlichen Gültigkeitsdatum oder dem Zeitpunkt der Aushändigung der Karte rechtliche Relevanz zukommt, nicht vorliegt.

Schlagworte

Beschäftigung Gültigkeitsdauer Revision zulässig Rot-Weiß-Rot-Karte plus Voraussetzungen Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W156.2244217.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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