TE Bvwg Beschluss 2021/11/5 W112 2225527-1

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Veröffentlicht am 05.11.2021
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Entscheidungsdatum

05.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch


W112 2225527-1/39E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA JORDANIEN, vertreten durch die DIAKONIE FLÜCHTLINGSHILFE gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2019, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft seit 06.11.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2019:

A)

I. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von € 1.659,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Schriftsatz vom 18.11.2019 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsberaterin als gewillkürte Vertreterin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Mandatsbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 06.11.2019, mit dem gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über sie verhängt wurde, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 06.11.2019; die Beschwerdeführerin beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Bescheides und den Ausspruch, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, den Ausspruch im Rahmen einer „Habeas Corpus Prüfung“, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung der Beschwerdeführerin nicht vorliegen und den Ersatz der Aufwendungen der Beschwerdeführerin gemäß der VwG-Aufwandersatzverordung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die die Beschwerdeführerin aufzukommen habe.

Das Bundesamt legte den Verwaltungsakt vor und erstattete am 19.11.2019 eine Stellungnahme, in der es beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abweisen; es beantragte den Zuspruch von Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand.

2. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.11.2019 von 10:00 Uhr bis 12:15 Uhr eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des im Spruch genannten Dolmetschers für die Sprache ARABISCH durch, da die Beschwerdeführerin der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war.

Mit dem am 22.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und erklärte die Anhaltung in Schubhaft von 06.11.2019 bis 22.11.2019 für rechtswidrig (Spruchpunkt I.). Es stellte gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorlagen (Spruchpunkt II.). Der Abspruch über den Barauslagenersatz und über die Anträge auf Kostenersatz wurde einer separaten Entscheidung vorbehalten.

Keine der Parteien beantragte die schriftliche Ausfertigung des am 22.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses. Das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 17.09.2020 gekürzt aus.

3. Der Dolmetscher legte mit Schriftsatz vom 22.11.2019, der fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € 257,80. Mit Schriftsatz vom 06.10.2020 räumte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin Parteiengehör zur Kostennote des Dolmetschers ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

Mit Beschluss vom 08.03.2021 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche des Dolmetschers nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 257,80. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 08.04.2020 an.

Mit Beschluss vom 24.03.2021 erlegte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin den Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ARABISCH in der Verhandlung am 22.11.2019 iHv € 257,80 gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG auf und trug der Beschwerdeführerin auf, den Betrag von € 257,80 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts zu überweisen.

Mit Begleitschreiben vom selben Tag forderte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Antrages, ihr gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 1 VwGVG die Kosten im Umfang der Barauslagen, für die sie aufzukommen habe, insbesondere die Gebühren für Dolmetscher und Sachverständige, die diese für ihre Aufwendungen im gegenständlichen Verfahren geltend machen, auf, den Beleg über die Begleichung dieser Barauslagen dem Gericht innerhalb eines Monats vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin legte keinen Beleg über die Begleichung der Barauslagen nicht. Sie bezahlte den Barauslagenersatz nicht. Die Forderung wurde am 14.10.2021 wegen Uneinbringlichkeit abgeschrieben.

4. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.

II. Erwägungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Anträge auf Kostenersatz

1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. § 47 Abs. 5 VwGG ist gemäß Abs. 3a sinngemäß anzuwenden. Nach Abs. 4 gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Der Beschwerdeführerin gebührt als obsiegende Partei daher Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdestattgabe unterlegene Partei und hat keinen Anspruch auf Kostenersatz.

3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Beschwerde den Ersatz des Schriftsatz- und Verhandlungsaufwandes gemäß der VwG-Aufwandersatzverordnung.

§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei mit € 737,60 und die Höhe des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei € 922,00.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Beschwerde zwar auch den Ersatz der Barauslagen, doch sie bezahlte die ihr durch Beschluss vom 24.03.2021 auferlegten Barauslagen nicht, die Forderung wurde abgeschrieben. Daher steht ihr auch kein Kostenersatz in diesem Umfang zu.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin sohin Kosten iHv € 1.659,60 zu ersetzen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtslage zu § 35 VwGVG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG ist auf Grund des Erkenntnisses VwGH 11.05.2017, RA 2016/21/0144, geklärt.

Schlagworte

Kostenersatz Obsiegen Schubhaftbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2225527.1.02

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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