Entscheidungsdatum
15.11.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W133 2237417-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 10.11.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.10.2021 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin war seit 09.07.2018 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.). Die Ausstellung des Behindertenpasses erfolgte unter Zugrundelegung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 05.12.2018, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen vier Leidenspositionen („Arthralgie linker Ellbogen (unauffälliger MRT-Befund vorliegend), Wirbelsäulenabnützung, Gonarthrose links, Spreizfüsse mit Hallux valgus, Lumbalgie, Cervikalsyndrom, Karpaltunnelsyndrom links“ / „Asthma bronchiale“ / „Zustand nach Entfernung der Gebärmutter“ / „Hypothyreose“) zugeordnet wurden und ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt wurde. Zudem wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Aufgrund eines Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass erfolgte eine medizinische Neubegutachtung (allgemeinmedizinisches Gutachten vom 22.10.2019), in welcher drei Funktionseinschränkungen („Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat“ / „Asthma bronchiale“ / „Zustand nach Entfernung der Gebärmutter“) festgestellt wurden sowie der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als unzumutbar erachtet wurde. Eine Nachuntersuchung wurde für November 2020 empfohlen, da eine Neuevaluierung der Gehfähigkeit und Mobilität nach der geplanten Operation im Lendenwirbelbereich notwendig sei. Unter Zugrundlegung dieses Gutachtens wurde der Beschwerdeführerin ein bis 30.11.2020 befristeter Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ausgestellt.
Am 09.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin aufgrund des nahenden Ablaufes im November 2020 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf (Neu-)Ausstellung ihres Behindertenpasses. Dem Antrag legte sie einen Arztbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 18.02.2020 sowie einen MRT-Befund eines näher genannten Facharztes für Radiologie vom 04.06.2020 bei.
Dieser Antrag wurde vom Sozialministeriumservice gleichzeitig als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gewertet.
In der Folge holte das Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland (im Folgenden als „belangte Behörde“ bezeichnet) ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie sowie Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung ein. In diesem Gutachten vom 19.10.2020 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Aufbrauchzeichen im Bewegungs- und Stützapparat
Unterer Rahmensatz dieser Position, da Schmerzmedikamente nach WHO III notwendig sind, die Funktionalität ist höhergradig eingeschränkt
02.02.03
50
2
Asthma bronchiale
Oberer Rahmensatz dieser Position, da inhalative Therapie erforderlich ist
06.05.01
20
3
Zustand nach Entfernung der Gebärmutter
Fixer Rahmensatz dieser Position, da ein unkomplizierter Zustand nach Gebärmutterentfernung vorliegt.
08.03.02
10
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden wegen fehlender wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz nicht erhöht werde. Darüber hinaus liege keine behandlungsbedürftige Hypothyreose vor, weshalb die Gesundheitsschädigung nicht als eigenständiges Leiden anerkannt werde. Einschätzungsrelevante Ödeme würden zudem nicht bestehen. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, da das Erreichen, ein gesichertes Ein- und Aussteigen und ein gesicherter Transport möglich seien. Bei der Beschwerdeführerin würden weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bestehen, es liege auch kein neurologisches Defizit vor. Eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m sei, allenfalls unter Verwendung einer Gehhilfe, zumutbar und möglich, Niveauunterschiede könnten überwunden werden, es bestehe ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten und die Greifformen seien erhalten. Die gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten würden sich aus der zwischenzeitlich erfolgten Fusion im Bereich L5/S1 ergeben. Im Übrigen würden die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Die/Der Untersuchte ist Trägerin oder Träger von Osteosynthesematerial“ vorliegen.
Mit Schreiben vom 19.10.2020 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das Gutachten vom 19.10.2020 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt.
Mit E-Mail vom 04.11.2020 brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ein, in der sie ausführte, dass nach der Operation keine Besserung eingetreten sei, ihr Alltag sei sogar noch schwieriger geworden. Sie habe nach wie vor Schmerzen, sie könne sich nicht mehr alleine waschen und brauche beim Sitzen immer einen Polster. Der Stellungnahme legte sie ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine Stellungnahme jenes Facharztes für Unfallchirurgie sowie Arztes für Allgemeinmedizin, welcher das Gutachten vom 19.10.2020 erstellt hatte, vom 09.11.2020 ein. Darin führte der Gutachter aus, dass die vorgebrachte Argumentation nicht geeignet sei, die bereits vorhandene Leidensbeurteilung zu entkräften.
Mit Schreiben vom 10.11.2020 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“ würden vorliegen. Der Behindertenpass in Scheckkartenformat, welcher unbefristet ausgestellt werde, werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Das Gutachten vom 19.10.2020 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 09.11.2020 wurde der Beschwerdeführerin unter einem übermittelt.
Mit Bescheid vom 10.11.2020, OB: 81033356200063, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 09.07.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen seien zudem nicht geeignet, die Beweiskraft des ärztlichen Sachverständigengutachtens zu entkräften. Die ergänzende Stellungnahme vom 09.11.2020 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zum Bescheid übermittelt.
Mit Begleitschreiben samt Rechtsmittelbelehrung vom 17.11.2020, OB: 81033356200051, übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den unbefristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und dem Zusatzeintrag „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“. Diesem Behindertenpass kommt ebenfalls Bescheidcharakter zu.
Mit E-Mail vom 24.11.2020 führte die Beschwerdeführerin unter dem Betreff „OB: 81033356200051“ aus, dass sie zur Stellungnahme vom 09.11.2020 Einspruch erheben möchte, da keine Besserung eingetreten sei.
Am 02.12.2020 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht dieses Schreiben sowie den Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom 10.12.2020 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verbesserungsauftrag an die Beschwerdeführerin. Darin wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die mangelnde Bescheid- und Behördenbezeichnung, die mangelnden Beschwerdegründe und ein Beschwerdebegehren zu verbessern.
Mit Schreiben vom 15.12.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 21.12.2020, führte die Beschwerdeführerin schließlich aus, mit der Stellungnahme vom 10.11.2020, OB: 81033356200051, nicht einverstanden zu sein. Sie könne keine weiten Strecken zurücklegen und brauche Hilfe beim Anziehen und im Haushalt. Sie habe ständig Schmerzen in den Beinen, Händen und dem Rücken, die Beine und Hände würden auch fast immer einschlafen, weshalb sie mit Stecken gehe. Zudem könne sie nicht lange sitzen und brauche einen Polster, um sich zurücklehnen zu können. Aus diesen Gründen benötige sie einen Parkausweis.
Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vom 30.05.2021 eingeholt. In diesem Gutachten wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, PLIF L5/S1, mittelgradige funktionelle Einschränkung ohne sensomotorisches Defizit
2
Abnützungserscheinungen linker Ellbogen mit geringgradigem Funktionsdefizit
3
Abnützungserscheinungen linkes Kniegelenk mit geringgradiger funktioneller Einschränkung
4
Asthma bronchiale
5
Zustand nach Entfernung der Gebärmutter
festgestellt. Zudem führte die beigezogene Gutachterin mit eingehender Begründung aus, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Es würden weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vorliegen. Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m, das Überwinden von Niveauunterschieden und das sichere Bewegen sowie das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln seien möglich. Zudem würden sich keine Hinweise auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten, ergeben. Auch sei eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden nicht gegeben, da von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten sei. In Bezug auf die Beschwerdeeinwendungen der Beschwerdeführerin führte die Gutachterin aus, dass zwar eine Einschränkung der Beweglichkeit vorliege, eine höhergradige Einschränkung der Mobilität allerdings nicht ausreichend begründbar sei. Eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei aus den vorgelegten Dokumenten und der durchgeführten Untersuchung insgesamt nicht ableitbar. Insbesondere ergebe sich im Vergleich zum Vorgutachten vom 22.10.2019 eine maßgebliche Besserung der Gesamtmobilität. Bezüglich der im Rahmen der Begutachtung nachgereichten Befunde führte die Gutachterin aus, dass keine maßgebliche Verschlimmerung im Bereich der Wirbelsäule dokumentiert sei. Das leichtgradige Carpaltunnelsyndrom rechts und das leichtgradige Sulcus nervi ulnaris Syndrom rechts führe zudem zu keiner erheblichen funktionellen Einschränkung hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung.
Mit Schreiben vom 24.06.2021 räumte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien rechtliches Gehör zu diesem neuen Gutachten ein.
Mit Schreiben vom 12.07.2021 nahm die Beschwerdeführerin zum gegenständlichen Gutachten Stellung und führt darin im Wesentlichen aus, dass das Gutachten in einigen Punkten nicht korrekt bzw. unvollständig sei. Entgegen den Ausführungen im Gutachten sei sie Linkshänderin. Sie könne außerdem ihre rechte Schulter nicht ganz in die Höhe strecken, ihre linke Hand und ihren verkürzten linken Fuß nicht ganz ausstrecken, sie könne nicht gleichzeitig auf Zehen und Fersen stehen und sie habe Schmerzen und Krämpfe in beiden Händen. Ihre Füße und Hände würden hin und wieder einschlafen und an manchen Tagen schnüre es ihr die Luft ab und sie brauche ihren Spray öfters als sonst. Sie könne sich auch nicht alleine an- und ausziehen, habe schmerzende Phlebödeme in beiden Beinen und könne sich nicht zurücklehnen. Die Schmerztabletten habe sie abgesetzt, da diese „Suchtmittel“ ihre Schmerzen nicht gelindert hätten.
Am 22.10.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein der Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie, die das Gutachten vom 30.05.2021 erstattet hatte, und der Beschwerdeführerin statt. Im Zuge der Verhandlung wurde das aktuelle Gutachten erörtert, die Gutachterin legte eine ergänzende Stellungnahme vor bzw. nahm zum Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung Stellung und die Beschwerdeführerin erhielt Gelegenheit, Fragen an die Sachverständige zu richten und zum Sachverhalt persönlich ausführlich Stellung zu nehmen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin einen Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 22.09.2021, mit welchem der Beschwerdeführerin das Pflegegeld der Stufe 2 zuerkannt wurde, sowie aktuelle Befunde vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin war Inhaberin eines bis 30.11.2020 befristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Die Beschwerdeführerin war zudem von Oktober 2019 bis November 2020 Inhaberin eines befristeten Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (Parkausweis für Menschen mit Behinderung).
Am 09.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin aufgrund des nahenden Ablaufes ihres befristeten Behindertenpasses einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses. Dieser Antrag wurde vom Sozialministeriumservice gleichzeitig als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gewertet.
Mit Bescheid vom 10.11.2020, OB: 81033356200063, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 09.07.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab.
Mit Begleitschreiben vom 17.11.2020, OB: 81033356200051, übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den nunmehr unbefristet ausgestellten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und dem Zusatzeintrag „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“. Diesem Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Mit der gegenständlichen Beschwerde richtet sich die Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, PLIF L5/S1, mittelgradige funktionelle Einschränkung ohne sensomotorisches Defizit;
2. Abnützungserscheinungen linker Ellbogen mit geringgradigem Funktionsdefizit;
3. Abnützungserscheinungen linkes Kniegelenk mit geringgradiger funktioneller Einschränkung;
4. Asthma bronchiale;
5. Zustand nach Entfernung der Gebärmutter.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung bezüglich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegen zum Entscheidungszeitpunkt nicht vor.
Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2019 ist aufgrund der zwischenzeitlich durchgeführten operativen Maßnahme, eine Fusion im Bereich L5/S1, eine entscheidungsmaßgebliche Besserung der Gesamtmobilität eingetreten.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten. Insbesondere konnte im Bereich der Hüftgelenke, der Kniegelenke, der Sprunggelenke und der Füße keine maßgebliche Funktionseinschränkung festgestellt werden. In Bezug auf den Zustand nach Teilversteifung der Lendenwirbelsäule L5/S1 konnte ein radikuläres Defizit nicht eindeutig objektiviert werden, eine Vorfußheberschwäche oder Vorfußsenkerschwäche konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. Auch liegen keine erheblichen Komorbiditäten der oberen Extremitäten vor, die geringgradige Funktionseinschränkung im Bereich des linken Ellbogens verunmöglicht nicht das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist unbeschränkt möglich, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich der gesamten oberen Extremitäten beidseits vorliegt.
Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektivierbar. Insbesondere liegt ein pulmologisch stabiler, kompensierter und therapeutisch gut eingestellter Zustand vor und es bestehen keine gehäuften Exazerbationen bei bekanntem Asthma bronchiale.
Es liegen weiters keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor. Insbesondere ist kein neurologisches Defizit feststellbar. Bei der Untersuchung des Gangbildes war zwar eine deutliche Verlangsamung festzustellen, eine maßgebliche Verschmächtigung der Bemuskelung bzw. muskuläre Seitendifferenz, die eine relevante Funktionseinschränkung untermauern würde, liegt jedoch nicht vor. Zudem ist mehrfach ein sensomotorisch unauffälliger Status dokumentiert.
Es bestehen auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Zum Ausmaß der Auswirkungen der festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes festgestellt:
Der Beschwerdeführerin ist das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m möglich, da keine maßgebliche Funktionseinschränkung, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke erheblich erschweren könnte, objektivierbar ist. Zwar werden Wanderstöcke verwendet, das behinderungsbedingte Erfordernis der ständigen Verwendung derselben ist jedoch medizinisch nicht ausreichend begründbar. Bei Zustand nach Bandscheibenoperation und dadurch erzielter Verbesserung ohne Nachweis eines neurologischen Defizits liegen auch keine erheblichen Funktionseinschränkungen im Bereich der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor. Das gewählte Gangtempo (deutlich verlangsamt) und die leichte Innenrotation der Füße ist durch dokumentierte Leiden außerdem nicht ausreichend begründbar.
Auch das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Beschwerdeführerin möglich, da weder eine relevante Einschränkung des Bewegungsumfangs der Gelenke der unteren Extremitäten festgestellt werden konnte, noch ein höhergradiges neurologisches Defizit, welches zu einer erheblichen Schwäche führen könnte, dokumentiert oder anhand der aktuellen Begutachtung objektivierbar ist.
Zudem ist der Beschwerdeführerin das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Es konnte von der Gutachterin diesbezüglich weder eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit festgestellt werden, noch ist das Anhalten mangels feststellbarer relevanter Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten (insbesondere der Hände) erheblich erschwert.
Zu allfälligen Schmerzzuständen (Art und Ausmaß), die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, wird festgestellt:
Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, konnten nur indirekt erfasst werden.
Anhand des beobachteten Gangbildes – ohne Hilfsmittel deutlich verlangsamt, insgesamt sicher – des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Kraft und Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und des derzeitigen Therapieerfordernisses (Xefo, Metagelan, Miranax - jeweils WHO Stufenschema I) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten.
Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist ebenfalls nicht gegeben, da von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten ist.
Das aktuelle Fachgutachten deckt sich im Wesentlichen mit der Beurteilung im Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 19.10.2020 (samt ergänzender Stellungnahme vom 09.11.2020), welches die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt hatte. Beide Gutachter kommen zur Beurteilung, dass aufgrund der durchgeführten operativen Maßnahme eine entscheidungsmaßgebliche Besserung der Gesamtmobilität der Beschwerdeführerin eingetreten ist.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 30.05.2021 sowie den Gutachtensergänzungen vom 22.10.2021 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Die Beschwerdeführerin erhob in ihrer Stellungnahme zum Parteiengehör bzw. in der Beschwerde keine substantiierten Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten bzw. die das Gutachten ergänzende Stellungnahme, welche geeignet wären, diese zu entkräften oder in Frage zu stellen; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen. Eine vom Gutachten bzw. der Stellungnahme abweichende Beurteilung erweist sich zum Entscheidungszeitpunkt als nicht möglich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen betreffend die Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses und eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (Parkausweis für Menschen mit Behinderung), das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neuausstellung des Behindertenpasses, den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.11.2020 sowie die nunmehrige Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 30.05.2021 sowie die Gutachtensergänzungen vom 22.10.2021. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel der Beschwerdeführerin aktuell zumutbar ist. Es wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden bzw. den Einwendungen der Beschwerdeführerin auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen umfassenden Befund und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Die Feststellungen und die getroffene medizinische Beurteilung zu den Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel decken sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung und mit den vorliegenden Befunden.
Im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2021 wurde folgender klinischer Status erhoben:
„STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.
Größe 150 cm, Gewicht 61 kg, Alter: 49a
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Schultergelenke bds: unauffällig
Ellbogengelenks links: äußerlich unauffällig, nicht verplumpt, im Seitenvergleich diskrete Umfangsvermehrung, endlagige Bewegungsschmerzen in der Beugung und Streckung, Rotation nicht schmerzhaft.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke rechts 0/0/140, links 0/20/110, Unterarmdrehung frei, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind,uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist angedeutet möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im gesamten linken Bein als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Hüftgelenk beidseits: unauffällig
Kniegelenk beidseits: rechts unauffällig, links äußerlich unauffällig, keine Überwärmung, keine Umfangsvermehrung, Patella verbacken, Bewegungsschmerzen.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie rechts 0/0/130, links 0/10/90 (aktiv), Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann, Druckschmerz über der unteren BWS und gesamten LWS und ISG beidseits, Narbe LWS median 8 cm.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich
BWS/LWS: FBA: aktiv 10 cm überden Kniegelenken, Rotation und Seitneigen deutlich eingeschränkt
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Kraft proximal und distal beidseits KG 5
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Wanderstöcken, das Gangbild ohne Wanderstöcke im Untersuchungszimmer ist deutlich verlangsamt, hinkfrei, leichte Innenrotation der Füße, gutes Abrollen, sicher.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt, Unterschenkel- Kompressionsstrumpf bds, können nicht selber hinaufgezogen werden.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.“
Der von der Sachverständigen erhobene klinische Status deckt sich auch mit den vorgelegten Befunden.
Die Beschwerdeführerin erhob in ihrer Beschwerde bzw. in ihrer Stellungnahme zum Parteiengehör keine konkreten und substantiierten Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten, welche geeignet wären, dieses zu entkräften:
Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Sachverständige setzte sich in ihrem Gutachten vom 30.05.2021 auch schlüssig mit den von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. im verbesserten Beschwerdeschriftsatz vorgebrachten Einwendungen (es sei keine Besserung eingetreten, sie könne keine weiten Strecken zurücklegen, sie benötige immer Hilfe beim Anziehen und im Haushalt, sie habe ständig Schmerzen in Beinen, Händen und Rücken, die Beine und die Hände würden immer wieder einschlafen, sie könne sich nicht länger hinsetzen und brauche zum Zurücklehnen immer einen Polster) auseinander und führte diesbezüglich nachvollziehbar aus, dass bei einer Teilversteifung der Lendenwirbelsäule zwar eine Einschränkung der Beweglichkeit vorliege, jedoch bei unauffälliger Implantatlage und ohne Hinweis für maßgebliche Anschlussdegenerationen eine höhergradige Einschränkung der Mobilität nicht ausreichend begründbar sei. Die angegebenen Schmerzen würden mit NSAR (WHO Stufenschema I) behandelt werden, wobei eine Intensivierung der analgetischen Therapie möglich sei. In den im Akt aufliegenden Befunden sei mehrfach dokumentiert, dass kein sensomotorisches Defizit vorliege und auch bei der aktuellen Untersuchung habe kein Hinweis auf eine Lähmung festgestellt werden können. Insgesamt sei die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus den vorgelegten Dokumenten und der durchgeführten Untersuchung daher nicht ableitbar. Mit Blick auf die nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen der beigezogenen Gutachterin waren die Beschwerdeeinwendungen der Beschwerdeführerin daher insgesamt nicht dazu geeignet, das gegenständliche Gutachten zu entkräften.
Auch die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Stellungnahme vom 12.07.2021 vorgebrachten, subjektiv empfundenen Funktionseinschränkungen und Leidenszustände (Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter, der linken Hand und des linken Fußes, Schmerzen und Krämpfe in beiden Händen, das Einschlafen der Füße und Hände, das Abschnüren der Luft an manchen Tagen, die schmerzenden Phlebödeme in beiden Beinen sowie die Einwendungen, dass sie nicht gleichzeitig auf Zehen und Fersen stehen, sie sich nicht alleine an- und ausziehen und sie sich nicht zurücklehnen könne) konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.02.2021 nicht bzw. nicht in einem solchen Ausmaß objektiviert werden, dass der Beschwerdeführerin deshalb die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre. Auch die beigezogene Gutachterin führte in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 22.10.2021 nachvollziehbar aus, dass ein ausführlicher orthopädischer Status im Gutachten vom 30.05.2021 erhoben worden sei und unter Beachtung der festgestellten Funktionsdefizite, der erforderlichen Therapie und der vorgelegten Befunde die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nicht vorliegen würden. Die vorgebrachten Argumente würden keine neuen Erkenntnisse beinhalten, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten. Die Beschwerdeführerin legte diesbezüglich auch keine neuen Befunde vor, die eine maßgebliche Verschlechterung der bestehenden Leidenszustände belegen würden.
Schließlich führte die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, dass sie aufgrund von Schmerzen ständig die Position wechseln müsse und sie die im Zuge der Begutachtung angegebenen Schmerzmittel etwa für Kopfschmerzen oder Zahnschmerzen einnehme, für die Wirbelsäulenschmerzen hingegen keine Schmerzmittel mehr nehme, da das Morphium nicht gewirkt und sie es deshalb abgesetzt habe. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls auf die Ausführungen der beigezogenen Gutachterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verweisen, die nachvollziehbar angab, dass für die Beurteilung der Gesamtmobilität der Bewegungsumfang der Beschwerdeführerin maßgeblich sei, wobei auch die erforderlichen Behandlungen zu berücksichtigen seien. In den vorgelegten Befunden sei nach erfolgter Operation vermerkt, dass keine Schmerzmittel eingenommen werden würden und dass kein neurologisches Defizit feststellbar sei. Die Schmerzen würden daher offensichtlich nur in einem solchen Ausmaß bestehen, dass mehrmals vermerkt sei, dass keine Schmerzmittel eingenommen werden würden. Im Rahmen der Begutachtung habe die Beschwerdeführerin schließlich angeführt, Schmerzmittel der Stufe 1 einzunehmen. Die erforderliche Schmerztherapie sei allerdings zur Einschätzung des Ausmaßes der Schmerzen wesentlich, weshalb mit Blick auf die vorgebrachten Beschwerden jedenfalls Therapieoptionen offen seien.
Im Hinblick darauf ist nochmals festzuhalten, dass eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden nicht gegeben ist, da von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten ist. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen Untersuchung, auch ohne Einnahme von Schmerzmitteln gegen die Wirbelsäulenschmerzen, ein lediglich deutlich verlangsamtes, aber dennoch hinkfreies und sicheres Gangbild festgestellt werden konnte.
Aus den im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nachgereichten Befunde ergeben sich ebenfalls keine wesentlichen Neuerungen, welche eine Änderung der Beurteilung im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nach sich ziehen würden. Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Sachverständige setzte sich in ihrem Gutachten vom 30.05.2021 mit den im Rahmen der durchgeführten Begutachtung nachgereichten Befunden nachvollziehbar auseinander. Diesbezüglich führte sie aus, dass in den nachgereichten Befunden zwar Anschlussdegenerationen im Bereich der Versteifung der Lendenwirbelsäule dokumentiert seien, jedoch ohne neu aufgetretenes sensomotorisches Defizit der unteren Extremitäten. Die Veränderungen der bildgebenden Diagnostik seien geringgradig ausgeprägt. Insgesamt sei jedoch keine maßgebliche Verschlimmerung im Bereich der Wirbelsäule dokumentiert. Auch das in den Befunden beschriebene leichtgradige Carpaltunnelsyndrom rechts und das leichtgradige Sulcus nervi ulnaris-Syndrom rechts führe zu keiner erheblichen funktionellen Einschränkung hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung, da das Festhalten ausreichend sicher möglich sei. Ebenso wurden die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht neu vorgelegten Befunde in Bezug auf das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Sturzereignis einer ergänzenden Begutachtung durch die beigezogene Sachverständige unterzogen, die diesbezüglich ebenfalls nachvollziehbar ausführte, dass aus den vorliegenden Befunden kein Sturzereignis bzw. keine Verletzungsfolgen eines Sturzes ableitbar seien. Die im gesamten Verfahren vorgelegten Befunde würden zudem kein neurologisches Defizit nahelegen, weshalb auch aus den im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nachgereichten Befunden keine wesentlichen Neuerungen in Bezug auf die bisherige Beurteilung der Gutachterin ableitbar waren.
Es liegen somit bei der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt zusammengefasst keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen vor, welche die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung rechtfertigen würden.
Zusammenfassend liegen die vollständigen und schlüssigen Ergebnisse eines äußerst umfangreichen Ermittlungsverfahrens vor und wurden die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin in dem zugrunde gelegten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 30.05.2021 sowie den Gutachtensergänzungen vom 22.10.2021 umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern berücksichtigt. Dass die beigezogene Gutachterin die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorliegenden Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse – wie bereits dargelegt – nicht erkannt werden. Sowohl der von der belangten Behörde beigezogene Facharzt für Unfallchirurgie sowie Arzt für Allgemeinmedizin als auch die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie kamen zur Beurteilung, dass bei der Beschwerdeführerin durch die operative Maßnahme eine entscheidungsmaßgebliche Besserung der Gesamtmobilität eingetreten ist. Beide Sachverständigen stützen sich auf die nunmehrigen Untersuchungsergebnisse im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2019 und auf die vorliegenden Befunde des näher genannten behandelnden Krankenhauses.
Die Ergebnisse der Verhandlung und der persönliche Eindruck, den die Beschwerdeführerin in der Verhandlung hinterließ, bestätigen ebenfalls die gutachterliche Beurteilung.
Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin mit der Zusatzqualifikation Orthopädie vom 30.05.2021 sowie der Gutachtensergänzungen vom 22.10.2021. Diese werden wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
…
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
„§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…
…
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)..."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren. Aus diesem Grund sind die Umstände betreffend die mangelnde Infrastruktur oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und können daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) – (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
…
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
…
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Re