TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/18 W208 2246177-1

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Veröffentlicht am 18.11.2021
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Entscheidungsdatum

18.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
HGG 2001 §31
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W208 2246177-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des HEERESPERSONALAMT vom 19.08.2021, XXXX , betreffend Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz (HGG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 31 HGG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP oder Antragsteller) beantragte mit dem mit 17.07.2021 datierten und ergänzten Fragebogen die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe für die im Spruch angeführte Wohnung. Entsprechende Beweismittel waren beigelegt (Beschreibung des Sachverhaltes, Untermietvertrag mit dem Vater vom 05.04.2021, Überweisungsbestätigungen für Kaution iHv € 1.260,-- und monatliche Untermietkosten iHv € 420,-- für April-Juni, Meldebestätigung des Vaters in DEUTSCHLAND ab 01.07.2021, Mietvertrag des Vaters mit seinem Vermieter in DEUTSCHLAND vom 24.06.2021). Von der bP wurde angegeben, seit April 2021 als Untermieter in dieser Wohnung zu wohnen und dafür seit April monatliche Wohnkosten in Höhe von € 480,-- an seinen seit 01.07.2021, in DEUTSCHLAND, XXXX , wohnhaften Vater Mag. XXXX zu bezahlen, der ihn höchstens ein- bis zweimal pro Monat in der Wohnung besuche und dann auch dort wohne. Dafür übernehme der Vater monatlich € 204,-- der Mietkosten. Seinem Vater sei es nicht möglich aufgrund der hohen Mietpreise in DEUTSCHLAND die vollständige Miete beider Wohnungen zu zahlen und wohne er (die bP) seit Mitte Juni 2021 alleine in der Wohnung, weil der vorher arbeitslose Vater nunmehr in DEUTSCHLAND Arbeit gefunden habe.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Heerespersonalamtes (belangte Behörde) vom 19.08.2021, wurde der Antrag der bP gemäß § 56 AVG iVm § 31 Abs 1 und 2 Heeresgebührengesetz 2001 (HGG) abgewiesen. Nach Darlegung der gesetzlichen Grundlagen und der Beweisergebnisse wurde das Folgende festgestellt:

„Hauptmieter der gegenständlichen Wohnung ist ihr Vater, Herr Mag. XXXX . Sie sind seit 9. Februar 2021 an der antragsgegenständlichen Adresse behördlich gemeldet. Ihr Vater ist ebenfalls an dieser Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet und zahlt einen Teil der Wohnkosten. Ihnen stehen lediglich ein Schlafzimmer und ein sonstiger Raum zur alleinigen Benützung zur Verfügung.

Für die Zusprechung von Wohnkostenbeilhilfe mangelt es in ihrem Fall an der eigenen Wohnung. Sie führen keinen selbstständigen Haushalt im Sinne des § 31 Abs 2 Z 1 HGG 2001. Für diesen ist es nämlich erforderlich, dass innerhalb der von Ihnen allein genutzten Räumlichkeiten zumindest die Benützung der Sanitäranlagen (Bad und WC) und zur Verpflegungszubereitung die Benützung der Küche möglich ist. Sie benützen jedoch die Küche, das Bad und das WC gemeinsam mit Ihrem Vater.

Aufgrund des § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001 kann Wohnkostenbeihilfe nur dann zugesprochen werden, wenn Sie diese Wohnung als Eigentümer, Miteigentümer oder Hauptmieter bewohnen, jede weitere Person jedoch diese Wohnung nur als Miteigentümer, Haupt- oder Untermieter benützt. Da ihr Vater als Hauptmieter und Untervermieter diese Wohnung mit Ihnen gemeinsam benützt fehlen Ihnen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe.“

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 30.08.2021) richtete sich die am selben Tag per E-Mail eingebrachte Beschwerde.

4. Mit Schreiben vom 07.09.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die bP erhielt am 30.06.2021 ihren Einberufungsbefehl für den Präsenzdienst, den sie am 05.07.2021 auch angetreten hat und wo sie € 340,-- Sold im Monat erhält.

Die bP wohnt seit 09.02.2021 in der verfahrensgegenständlichen Wohnung, die ihr Vater als Hauptmieter gemietet und seit 05.01.2015 bewohnt (Meldebestätigung). Davor hat die bP bei ihrer Mutter gelebt. Sie ist in die Wohnung des Vaters gezogen, weil dieser aufgrund von Arbeitslosigkeit nicht liquide war und ihn die bP durch erspartes Geld und Nebenjobs unterstützt hat, sodass er die Wohnung behalten konnte.

Der Vater der bP ist seit 01.07.2021 in DEUTSCHLAND (Meldedatum in einer Wohnung in XXXX 08.07.2021), wo er auch arbeitet und gut bezahlt wird. Der Vater zahlt für seine Mietwohnung in DEUTSCHLAND € 738,-- Miete.

Seit diesem Zeitpunkt lebt die bP (bis auf ein bis zwei Wochenenden pro Monat, wo der Vater zu Besuch kommt) alleine in der Wohnung und führt seit diesem Zeitpunkt auch einen eigenen Haushalt.

Die bP zahlt seit 01.04.2021 aufgrund eines Untermietvertrages mit dem Vater € 420,-- Untermiete. Der Vater übernimmt für den Aufenthalt von ein- bis zwei Wochenenden in dieser Wohnung Mietkosten von € 204,--.

Im Untermietvertrag vom 05.04.2021 ist als Mietgegenstand „ein Zimmer mit der Größe von ca 17,50 m2“ genannt, sowie ist dem Mieter „die Nutzung des Wohnzimmers, der Küche, des Badezimmers und der Toilette sowie des Kellerabteils gestattet“.

Der Mietvertrag wurde für die Dauer von drei Jahren zwischen 01.04.2021 bis 31.03.2024 mit einem dreimonatigen Kündigungsrecht geschlossen. Wenn der Mieter mit seinen Hauptleistungspflichten 2 Monate im Rückstand gerät, hat der Vermieter das Recht das Mietverhältnis aufzukündigen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage und der Angaben der bP erfolgen und sind unbestritten.

Dafür, dass sich der Vater der bP die Miete für die gegenständliche Wohnung nicht mehr leisten könnte, wenn die bP ihre Untermiete iHv € 420,-- nicht überweist – wie von ihr behauptet –, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die bP hat keinen Einkommensnachweis des Vaters vorgelegt. Der Mietvertrag des Vaters mit dem Eigentümer und die Bedingungen unter denen dieser gekündigt werden könnte wurde ebenfalls nicht offen gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im HGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das BVwG jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages – der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art 6 EMRK kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden). Ein Bezugspunkt zum Unionsrecht und damit zur GRC ist nicht ersichtlich.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal auch keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vorliegt.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die für die Zuerkennung der Wohnkostenbeihilfe einschlägigen Bestimmungen des HGG 2001 idF BGBl. I Nr. 102/2019 lauten (Auszug; Hervorhebungen durch das BVwG):

„Wohnkostenbeihilfe

Anspruch

§ 31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.

 

2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.

 

3. Hat der Anspruchsberechtigte nach dem Zeitpunkt nach Z 1 eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z 2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.

 

4. Ein Anspruch besteht auch dann, wenn das Nutzungsrecht des Anspruchsberechtigten an der Wohnung erst nach dem Zeitpunkt nach Z 1 durch Eintritt in den Mietvertrag nach § 14 Abs. 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, oder sonstigen Übergang von Todes wegen oder auf Grund einer Ehescheidung oder Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft entstanden ist.

(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten,

1. die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt oder

2. die der Anspruchsberechtigte als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter bewohnt, jeweils mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, oder

3. die der Anspruchsberechtigte als Heimplatz zum Zweck der Absolvierung einer Ausbildung benötigt und deren Nutzung er für die Dauer seiner Anspruchsberechtigung nicht ruhend stellen kann.
(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 MRG auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,

.

2. allfällige zusätzliche Leistungen (Pauschale) für die als Bestandteil des jeweiligen Rechtsverhältnisses mit dem Recht zur Wohnungsbenützung verbundene Berechtigung zur Inanspruchnahme von Gemeinschaftseinrichtungen,

.

3. Rückzahlungen von Verbindlichkeiten, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes eingegangen wurden und

.

4.ein Grundgebührenpauschbetrag in der Höhe von 0,7 vH des Bezugsansatzes.

In den Fällen des Abs. 2 Z 2 sind die Kosten nur anteilig abzugelten gemessen am Eigentumsanteil des Anspruchsberechtigten oder an der Anzahl der weiteren Mieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen. Allfällige Mieteinnahmen des Anspruchsberechtigten sind entsprechend abzuziehen.“

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob das Tatbestandsmerkmal der „entgeltlichen eigenen Wohnung“ iSd § 31 Abs 2 Z 1 oder Z 2 HGG vorliegt, weil die bP die Wohnung seit 01.04.2021 als Untermieter eines Zimmers (mit Mitbenutzungsrecht für weitere Räume) bewohnt und seit 01.07.2021 einen „eigenen selbstständigen Haushalt“ führt, da sein Vater (als Hauptmieter) zu diesem Zeitpunkt nach Deutschland gezogen ist und der BF die Wohnung faktisch alleine nutzt. Unstrittig leistet die bP seit dem 01.04.2021 bis dato für diese Nutzung ein Entgelt iHv € 420,-- an ihren Vater, aufgrund eines Untermietvertrages.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seiner Rechtsprechung zu § 31 Abs 1 Z 1 HGG das Folgende ausgeführt (Hervorhebungen durch BVwG):

Der Zweck der Wohnkostenbeihilfe liegt darin, dem Präsenzdiener bzw. Zivildiener die Beibehaltung seiner Wohnung während der Dauer des Dienstes zu sichern, ihn also davor zu bewahren, dass er seiner Wohnung deshalb verlustig geht, weil er mangels eines Einkommens während der Leistung des betreffenden Dienstes das für die Wohnung zu entrichtende Entgelt nicht aufbringen kann. Ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe steht nicht zu, wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein Verlust der Wohnmöglichkeit nicht zu erwarten ist (VwGH 27.10.1987, 87/11/0080; 26.6.1990, 89/11/0295; 04.06.1991, 91/11/0009; 14.11.1995, 93/11/0216).

Ausgehend von § 20 Abs 1 des WehrG 2001 entspricht es dem Regelfall, dass Wehrpflichtige ihren Grundwehrdienst in einem Zeitraum leisten, in dem sie noch vor ihrem Berufsleben oder an dessen Anfang stehen, sodass ein eigenes Einkommen aus beruflicher Tätigkeit von ihnen oft noch nicht erzielt wird. Es kann daher nicht als ungewöhnlich angesehen werden, wenn der Betreffende etwa von seinen Eltern finanziell unterstützt wird. Leisten nun Dritte, etwa die Eltern (Unterhalts-)zahlungen unmittelbar an den Wehrpflichtigen und finanziert dieser davon die Mietzinszahlungen für eine von ihm gemietete Wohnung, wäre dies offenbar auch nach der Rechtsauffassung der Behörde unbedenklich für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe. Übernehmen Dritte aber die Direktzahlung des Mietzinses an den Vermieter, wird wirtschaftlich das gleiche Ergebnis erzielt wie im erstgenannten Fall; jenen, was den Anspruch auf Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe anlangt, anders beurteilen zu wollen, hieße, diesen Anspruch von Zufälligkeiten (insbesondere der Abwicklung der Zahlungen) abhängig zu machen. Ein derartiges Ergebnis kann dem Gesetzgeber, der - explizit - ausgeführt hat, den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe erweitern zu wollen und im Übrigen eine „Klarstellung" entsprechend der üblichen Verwaltungspraxis vorgenommen zu haben, nicht zugesonnen werden (siehe die Materialien zum HGG 2001, RV, 357 BlgNR 21. GP; VwGH 19.10.2010, 2007/11/0011).

Unter einer „eigenen Wohnung" im Sinne des HGG 2001 können nur solche Räumlichkeiten angesehen werden, die der Wehrpflichtige auf Grund eines ihm zustehenden (dinglichen oder schuldrechtlichen) Rechtes benützen kann. Steht dieses Recht zur Benützung einer Wohnung einer anderen Person als dem Wehrpflichtigen zu, liegt keine „eigene Wohnung" des Wehrpflichtigen vor, auch wenn es sich bei dem Nutzungsberechtigten um einen nahen Angehörigen des Wehrpflichtigen handelt. Dies gilt auch dann, wenn der Wehrpflichtige zu den vom Nutzungsberechtigten zu bezahlenden Kosten Beiträge leistet oder sie zur Gänze ersetzt (VwGH 19.05.1998, 98/11/0101; 23.01.2001, 2001/11/0002).

Voraussetzung für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nach § 31 HGG 2001 ist, dass dem Zivildienstpflichtigen, der bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides (§ 34 Abs 2 Z 3 ZDG 1986 iVm § 31 Abs 1 Z 1 HGG 2001) in seiner Wohnung gegen Entgelt gewohnt hat, für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung während des Wehrdienstes Kosten entstehen. Im Fall des Abschlusses eines Mietvertrags ist es der Mieter, der zur Zahlung von Mietzins verpflichtet ist und dem daher Kosten im Sinne des § 31 Abs 1 HGG 2001 entstehen. Auch ein mündlich vereinbarter Mietvertrag kann Grundlage für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bilden (vgl. betreffend Wehrdienstpflichtige das E vom 19. Oktober 2010, 2007/11/0011, mwN), dies gilt sowohl für Haupt- als auch für Untermietverträge (Hinweis E vom 26. Jänner 2010, 2009/11/0271, und daran anknüpfend das E vom 23. September 2014, 2012/11/0150; VwGH 09.02.2015, 2013/11/0096).

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in seinem Erkenntnis vom 16.06.1997, B 3503/96, VfSlg. 14.853 ausgesprochen, dass dann, wenn eine sogenannte „Wohngemeinschaft“ besteht, wenn also mehrere Personen in einer Wohnung Unterkunft nehmen und jede Person nur über einen Wohn-Schlafraum verfügt, während Küche, Bad und WC gemeinsam benützt werden, diese Personen keinen „selbständigen Haushalt“ führen und daher über keine „eigene Wohnung“ verfügten, zumindest vertretbar ist.

Der Gesetzgeber wollte mit einer Gesetzesnovelle auch Bewohner von Wohngemeinschaften unter bestimmten Voraussetzungen in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufnehmen und hat mit BGBl I Nr 102/2019 die Ziffer 2 in § 31 Abs 2 HGG eingefügt. Zu § 31 Abs 2 Z 2 HGG liegt noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor, da diese Ziffer erst mit 01.12.2019 in Kraft getreten ist. Derzeit ist zu dieser Bestimmung ein Antrag auf Gesetzesprüfung beim VfGH anhängig, weil das BVwG die Einschränkung der Anspruchsberechtigung auf Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter (und damit den Ausschluss von Untermietern), für verfassungswidrig (gleichheitswidrig) hält (G 201/2021 bzw W208 22422536-1 und G 333/2021 bzw W208 2243953-1).

3.3.2. Angewendet auf den konkreten Fall bedeutet dies:

Die bP hat zwar aus seinem Untermietvertrag – der vor der Zustellung des Einberufungsbefehls geschlossen wurde – ein schuldrechtliches Nutzungsrecht, allerdings nur an ihrem Zimmer und Teilen der restlichen Wohnung. Das schuldrechtliche Nutzungsrecht an der gesamten Wohnung (mit Ausnahme des an die bP vermieteten Zimmers) lag – und liegt – unstrittig beim Vater der bP. Ein „eigener selbständiger Haushalt“ wurde faktisch erst nach Zustellung des Einberufungsbefehls gegründet, als der Vater sich in Deutschland eine Wohnung gesucht und dort hingezogen ist.

Die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 Z 1 HGG liegen daher nicht vor.

Die Voraussetzungen des § 31 Abs 2 Z 2 HGG liegen ebenfalls nicht vor, weil die bP unstrittig zum Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbefehls nicht Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter war. Dass aus finanziellen Gründen kein Hauptmietvertrag abgeschlossen wurde, ändert daran nichts. Die oben genannten verfassungsrechtlichen Bedenken zu dieser Norm, spielen im konkreten Fall ebenfalls keine ausschlaggebende Rolle, weil das BVwG aufgrund der vorliegenden Beweise überzeugt ist, dass die bP die Wohnung nicht verlieren wird, sodass von einer Vorlage auch dieses Falls an den VfGH abgesehen werden konnte.

Im konkreten Fall wurde die Wohnung vom Vater dem Sohn untervermietet und hat die bP nicht behauptet und auch keine Beweise vorgelegt, dass sie die Wohnung verlieren würde, weil der eigene Vater, der nun in Deutschland arbeitet und „gut bezahlt“ wird, den Untermietvertrag kündigen würde, wenn sie aufgrund des Grundwehrdienstes für 6 Monate nicht in der Lage ist die vollen Mietkosten iHv € 420,-- zu bezahlen. Im Gegenteil hat die bP ausgeführt, dass sie selbst im Februar 2021 in die Wohnung zum Vater gezogen ist, weil dieser damals arbeitslos und nicht liquide gewesen wäre und die bP ihn, durch bei Nebenjobs am Wochenende verdientes Geld, unterstützt hat, sodass dieser bei ihr in der Schuld steht. Eine Kündigung der bP würde dem Vater kurzfristig auch nichts bringen, weil er dadurch trotz des geringen Solds der bP von € 340,-- allenfalls durch diesen mögliche niedrigere Zahlungen verlieren würde und er seinerseits Kündigungsfristen bei seinem Vermieter in Österreich einzuhalten haben wird.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

eigene Wohnung Einberufungsbefehl Mietvertrag Präsenzdienst selbstständige Haushaltsführung Untermiete Wohnkostenbeihilfe Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W208.2246177.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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