TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/18 W136 2245720-1

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Veröffentlicht am 18.11.2021
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Entscheidungsdatum

18.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
ZDG §1
ZDG §5a Abs3 Z4
ZDG §5a Abs4

Spruch


W136 2245720-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 22.07.2021, GZ. 515211/1/ZD/21, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5a Abs. 3 Z. 4 und 4 ZDG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss der Stellungskommission beim Militärkommando Oberösterreich vom 14.08.2019 für „Tauglich“ befunden. Am 10.06.2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Einberufungsbefehl zum Antritt des Grundwehrdienstes am 06.09.2021 zugestellt.

2. Mit Schreiben vom 12.07.2021 brachte der Beschwerdeführer eine Zivildiensterklärung gemäß § 1 Abs. 1 ZDG beim Militärkommando Oberösterreich und wies in einem Begleitschreiben darauf hin, dass es bei der Zivildiensterklärung am 29.10.2029 offensichtlich Probleme mit der Postzustellung gegeben habe.

3. Die belangte Behörde erließ in weitere Folge den nunmehr bekämpften Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautete:

„Gem. § 5a Abs. 4 in Verbindung mit § 5a Abs. 3 Z. 4 ZDG, BGBl. Nr. 679/1986 idgF. wird festgestellt: Das Recht zur Abgabe Ihrer Zivildiensterklärung vom 12.07.2021 war zu diesem Zeitpunkt gemäß § 5a Abs.1 Z. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 2, 2. Satz ZDG infolge Ruhens dieses Rechts ausgeschlossen. Ihre Zivildiensterklärung hat daher Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen.“

In der Begründung wurde nach Wiedergabe der Rechtslage ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer am 10.06.2021 ein Einberufungsbefehl zugestellt wurde, er jedoch erst am 12.07.2021 die Zivildiensterklärung eingebracht habe.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass er bereits am 29.10.2019 eine Zivildiensterklärung eingeschrieben eingebracht habe, die auf dem Postweg offenbar verloren gegangen sei. Der Postsendeabschnitt des Einschreibbriefs sei von ihm an die Hauptpost nach Wien per Scan gemailt worden, die Post habe jedoch aufgrund der langen Zeit den Verbleib des Briefes nicht mehr ausfindig machen können. Der Beschwerdeführer sei schon lange in Kontakt mit der Lebenshilfe in XXXX , wo er seinen Dienst leisten wolle, man möge ihn nicht gegen seinen Willen zum Militärdienst zwingen.

5. Mit Note vom 24.08.2021 legte die Zivildienstserviceagentur die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgereicht vor.

6. Mit Mail vom 07.09.2021 übermittelte das Bundesministerium für Landesverteidigung einen Bescheid vom 06.09.2021, mit dem der Beschwerdeführer mit Ablauf des Tages der Zustellung dieses Bescheides vorzeitig aus dem Grundwehrdienst entlassen wird und aus militärischen Rücksichten befristet bis 05.03.2022 von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes befreit wird.

7. Am 22.10.2022 leitete der Verfassungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht eine Eingabe des Beschwerdeführers im Gegenstand weiter, die dieser irrtümlich beim Verfassungsgerichtshof eingebracht hatte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt) und Beweiswürdigung:

Der oben dargestellte Verfahrensgang konnte, insbesondere was den Zeitpunkt des Tauglichkeitsbeschlusses, die Zustellung eines Einberufungsbefehls, den Antritt des Grundwehrdienstes, die vorzeitige Entlassung aus diesem, sowie die Abgabe einer Zivildiensterklärung am 12.07.2021 betrifft, auf Grund der unstrittigen Aktenlage im Zusammenhalt mit dem Parteienvorbringen getroffen werden.

Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer bereits am 29.10.2019 eine mängelfreie Zivildiensterklärung eingebracht hat, weil es dafür, außer der bloßen Behauptung des Beschwerdeführers, keinen Hinweis gibt.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Die §§ 1 und 5a des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. Nr. 679/1986, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 169/2021, lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 1. (Verfassungsbestimmung) (1) Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 2001 ~ WG 2001, BGBl. I Nr. 146, die zum Wehrdienst tauglich befunden wurden, können erklären (Zivildiensterklärung),

1. die Wehrpflicht nicht erfüllen zu können, weil sie es ~ von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen ~ aus Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden, und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würden und

2. deshalb Zivildienst leisten zu wollen.

(2) Die Ausübung dieses Rechtes ist dem Wehrpflichtigen mindestens sechs Monate nach Abschluß jenes Stellungsverfahrens, bei dem er erstmals für den Wehrdienst tauglich befunden wurde, gewährleistet, es sei denn, der Wehrpflichtige hätte darauf ausdrücklich und schriftlich verzichtet. Das Recht ruht vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem oder bis zur Behebung des Einberufungsbefehls. Wird nach der Einberufung zum Grundwehrdienst dieser vollständig geleistet, ruht das Recht darüber hinaus drei Jahre, gerechnet vom Tage, für den der Wehrpflichtige einberufen war.

(3) Die Zivildiensterklärung darf nicht an Vorbehalte und Bedingungen gebunden werden; ihr sind Angaben zum Lebenslauf (Schul- und Berufsausbildung sowie beruflicher Werdegang) anzuschließen. Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, kann ausgeschlossen sein. Die näheren Bestimmungen trifft dieses Bundesgesetz.

(4) Mit Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung wird der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig; er hat nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Zivildienst zu leisten. Bei Wehrpflichtigen, die den Grundwehrdienst bereits vollständig geleistet haben, tritt diese Wirkung erst nach Ablauf eines Jahres ein; der Ablauf dieser Frist wird durch die Einberufung zum Einsatzpräsenzdienst (§ 24 Abs. 3 WG 2001) oder zu außerordentlichen Übungen (§ 24 Abs. 4 WG 2001) bis zur Entlassung des Wehrpflichtigen gehemmt.

……

§ 5a (1) Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ist ausgeschlossen,

1. wenn der Wehrpflichtige wegen einer mit Vorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, bei der Waffengewalt gegen Menschen angewendet oder angedroht wurde oder die im Zusammenhang mit Waffen oder Sprengstoff begangen wurde, zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt wurde, es sei denn, daß die Verurteilung getilgt ist oder der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt. Eine Anwendung oder Androhung von Waffengewalt nach dieser Bestimmung liegt vor, wenn dabei eine Waffe im Sinne des § 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, oder ein anderes gleichwertiges Mittel verwendet wurde, oder

2. wenn der Wehrpflichtige einem Wachkörper (Art. 78d B-VG) angehört, oder

3. während es gemäß § 1 Abs. 2, § 6 Abs. 6 oder § 76a ruht.

(2) Ist der Zivildienstwerber nicht ausschließlich wegen einer der im Abs. 1 Z 1 genannten strafbaren Handlungen verurteilt worden, so hat das ordentliche Gericht auf Antrag der Zivildienstserviceagentur mit Beschluß festzustellen, ob auf eine solche strafbare Handlung eine mehr als sechsmonatige Freiheitsstrafe entfallen ist. Gegen diesen Beschluß steht dem Zivildienstwerber und dem Staatsanwalt die binnen zwei Wochen einzubringende Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu.

(3) Eine Zivildiensterklärung ist mangelhaft, wenn

1. feststeht, daß der Wehrpflichtige für den Wehrdienst nicht tauglich ist (§ 1 Abs. 1), oder

2. die Zivildiensterklärung unvollständig ist (§ 1 Abs. 1 und 3), oder

3. die Zivildiensterklärung unter Vorbehalten oder Bedingungen abgegeben wird (§ 1 Abs. 3), oder

4. ein Ausschlußgrund nach Abs. 1 vorliegt.

(4) Weist eine Zivildiensterklärung Mängel auf, ist mit Bescheid festzustellen (§ 5 Abs. 4), daß die Zivildienstpflicht nicht eingetreten ist. Für unvollständige Zivildiensterklärungen (Abs. 3 Z 2) gilt dies nur, wenn der Wehrpflichtige sie nicht innerhalb einer von der Behörde bestimmten Frist vervollständigt hat.“

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer seine Zivildiensterklärung erst mehr als ein Monat nach der Zustellung des Einberufungsbefehls abgegeben. Angesichts der klaren gesetzlichen Bestimmung des § 1 Abs. 2, 2. Satz ZDG ist es evident, dass das Recht des Beschwerdeführers zur Abgabe einer Zivildiensterklärung zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Zivildiensterklärung geruht hat.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er bereits im Jahr 2019 eine mängelfreie Zivildiensterklärung eingebracht habe, ist zu bemerken, dass es dafür, wie oben ausgeführt keinen Hinweis gibt. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich trotz Beschwerde und einer weiteren (unrichtig eingebrachten Eingabe) kein diesbezügliches Bescheinigungsmittel vorgelegt.

Der Beschwerdeführer wird jedoch im Sinne einer Manuduktion ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gemäß § 1 Abs. 2 zweiter Satz ZDG das Recht zur Abgabe einer Zivildiensterklärung vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem oder bis zur Behebung des Einberufungsbefehls ruht. Dies bedeutet für den Beschwerdeführer, dass derzeit sein Recht zur Abgabe einer Zivildiensterklärung nicht ruht und die nunmehrige/neuerliche Einbringung einer Zivildiensterklärung für den Fall, dass der Beschwerdeführer weiterhin Zivildienst leisten möchte, erforderlich ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie oben dargestellt ist, angesichts der völlig klaren Rechts- und Sachlage die hier maßgebliche Frage des Ruhens des Rechts zur Abgabe einer Zivildiensterklärung, als geklärt zu betrachten.

Schlagworte

Einberufungsbefehl ordentlicher Zivildienst Tauglichkeit Zeitpunkt Zivildiensterklärung Zivildienstpflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2245720.1.00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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