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41/03 PersonenstandsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GerichtsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Streichung des Namensbestandteils "von der" wegen Verwendung untersagter Adelszeichen; keine Prüfung des historischen Adelsbezugs bzw des Eindrucks bestehender Vorrechte auf Grund der Geburt oder des StandesSpruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 3.117,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die verheirateten Beschwerdeführer sind österreichische Staatsbürger. Als Familiennamen der Beschwerdeführer wurde im Zentralen Personenstandsregister vor und nach (Zweitbeschwerdeführer) bzw nach der Eheschließung (Erstbeschwerdeführerin) der Familienname "von der ***" eingetragen.
Mit Bescheid vom 23. November 2020 berichtigte der Verbandsobmann des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes *** die Eintragung der Eheschließung der Beschwerdeführer gemäß "§42 Abs2 PStG 2013, BGBl I Nr 16/2013 idF. BGBl I Nr 104/2018" dahingehend, dass der Familienname der Beschwerdeführer "***" zu lauten habe.
2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 22. April 2021 als unbegründet ab. Bei dem Namensbestandteil "von" handle es sich um ein verbotenes Adelszeichen. Da auch der Namensbestandteil "der" nach Wegfall des Adelsprädikates "von" nach außen den Eindruck von Vorrechten der Geburt oder des Standes erwecke, dürfe der Familienname der Beschwerdeführer weder den Namensbestandteil "von" noch den Namensbestandteil "der" beinhalten.
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art7 B-VG und auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art8 EMRK und nach Art7 GRC, und in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Rechtsvorschrift behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Der Familienname "von der ***" habe keinerlei Adelsbezug. Er gehe – auch für den durchschnittlichen Staatsbürger ohne Weiteres erkennbar – auf eine Flurbezeichnung zurück und vermittle daher auch keinen adeligen Anschein, sondern vielmehr den Eindruck eines bäuerlichen Ursprungs. Zudem stehe der Namensbestandteil "von" nicht alleine, was für das Hervorrufen eines "adeligen Eindrucks" begünstigend wirken würde, sondern bestehe nur im Zusammenhang mit dem Namensbestandteil "der", was den Flurbezeichnungscharakter des Familiennamens der Beschwerdeführer verstärke. Zudem habe das Landesverwaltungsgericht Tirol den Namensbestandteil "der" zu einem Annex des Adelszeichens "von" erklärt, ohne dies näher zu begründen und ohne Ermittlungen zu dieser Frage durchzuführen. Zudem habe das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht ermittelt, ob dadurch der Eindruck von Vorrechten entstehe.
4. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013), BGBl I 16/2013, idF BGBl I 104/2018 lauten auszugsweise:
"Personenstand und Personenstandsfall
§1. (1) Personenstand im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens.
(2) Personenstandsfälle sind Geburt, Eheschließung, Begründung einer eingetragenen Partnerschaft und Tod.
[…]
Berichtigung
§42. (1) Eine Eintragung ist zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.
(2) Die Berichtigung erfolgt durch jene Personenstandsbehörde, die die unrichtige Eintragung vorgenommen hat.
(3) Die Berichtigung kann unter Wahrung des rechtlichen Gehörs auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden.
(4) Offenkundige Schreibfehler kann jede Personenstandsbehörde auch ohne Einbindung des Betroffenen berichtigen.
(5) Jedwede Berichtigung ist dem Betroffenen mitzuteilen."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden (im Folgenden: AdelsaufhebungsG), StGBl. 211/1919, idF BGBl I 2/2008 lauten auszugsweise:
"§1.
Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger
werden aufgehoben.
§2.
Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.
[…]
§4.
Die Entscheidung darüber, welche Titel und Würden nach §1 als aufgehoben anzusehen sind, steht dem Staatssekretär für Inneres und Unterricht zu.
§5.
Die in Österreich bestehenden weltlichen Ritter- und Damenorden werden aufgehoben."
3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden (im Folgenden: Vollzugsanweisung), StGBl. 237/1919, idF StGBl. 484/1919 lauten auszugsweise:
"§1.
Die Aufhebung des Adels, seiner äußeren Ehrenvorzüge, weiters der bloß zur Auszeichnung verliehenen, mit einer amtlichen Stellung, dem Berufe oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und der damit verbundenen Ehrenvorzüge trifft alle österreichischen Staatsbürger, und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.
§2.
Durch §1 des Gesetzes vom 3. April 1919, St. G. Bl. Nr 211, sind aufgehoben:
1. das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von';
2. […]"
III. Erwägungen
Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.
2. Gemäß §1 des im Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz des Art7 Abs1 B-VG diesbezüglich ausführenden Adelsaufhebungsgesetz wird "[d]er Adel […] österreichischer Staatsbürger […] aufgehoben". §1 der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung präzisiert diese Bestimmung dahingehend, dass die Aufhebung des Adels alle österreichischen Staatsbürger, "und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt", trifft.
Näherhin bestimmt diese – im Verordnungsrang stehende (siehe VfSlg 20.344/2019) – Vollzugsanweisung in ihrem §2 Z1, dass durch §1 AdelsaufhebungsG das Recht zur Führung des Adelszeichens "von" untersagt ist.
3. In VfSlg 17.060/2003 hat der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die besondere Funktion des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit (vgl Kolonovits, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Vorbemerkungen zum AdelsaufhG, Rz 8) festgehalten, dass österreichische Staatsbürger nach diesem Verfassungsgesetz allgemein nicht berechtigt sind, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.
In VfSlg 19.891/2014 hat der Verfassungsgerichtshof an dieser Auffassung explizit festgehalten und ausgeführt, dass es die aus seinem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes ist, die in Art7 Abs1 Satz 2 B-VG festgeschriebene Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, dahingehend zu konkretisieren, dass der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge für österreichische Staatsbürger ausnahmslos aufgehoben werden (§1 AdelsaufhebungsG). Kein österreichischer Staatsbürger soll also einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) führen oder erwerben können, der im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes Adelsbezeichnungen enthält und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes.
Das Adelsaufhebungsgesetz schließt nach dieser Rechtsprechung also für österreichische Staatsbürger den Erwerb von Namensbestandteilen oder -zusätzen aus, die im Sinne des Adelsaufhebungsgesetzes und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen. Der Zusatz "von" stellt ein solches als Namensbestandteil unzulässiges Adelszeichen dar.
In VfSlg 20.234/2018 hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass im Hinblick auf die besondere Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit durch Abschaffung des Adels und auch seiner "äußeren Ehrenvorzüge" (§1 AdelsaufhebungsG) diese Verfassungsbestimmung und in der Folge in entsprechender Interpretation §2 Z1 der Vollzugsanweisung dahingehend zu verstehen sind, dass ein Verbot, das Wort "von" als Namensbestandteil zu führen, nicht nur für jene Familiennamen besteht, die tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweisen. Die aus dem historischen Entstehungszusammenhang begründete Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes geht nämlich in Konkretisierung der in Art7 Abs1 Satz 2 B-VG festgeschriebenen Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, auch dahin, einen Namen (Namensbestandteil oder -zusatz) zu verbieten, der den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes (siehe auch VfSlg 19.891/2014).
Bei dieser Beurteilung kommt es darauf an, ob der in Rede stehende Name (Namensbestandteil oder -zusatz) geeignet ist, in den Beziehungen der Menschen untereinander das Bestehen solcher Vorrechte zum Ausdruck zu bringen, wobei die objektive Wahrnehmung derjenigen, die das Diskriminierungsverbot des Art7 Abs1 Satz 2 B-VG vor einer Ungleichbehandlung auf Grund von Vorrechten der Geburt oder des Standes schützen will, maßgeblich ist (vgl auch EuGH 2.6.2016, Rs C-438/14, Bogendorff von Wolffersdorff, Rz 79: "[…] Adelsbezeichnungen oder -bestandteile, die glauben machen könnten, dass der Träger des Namens einen entsprechenden Rang inne habe […]"). In diesem Sinn ist das durch §2 Z1 der Vollzugsanweisung als Namensbestandteil verbotene Wort "von" grundsätzlich geeignet, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist (VfSlg 20.234/2018).
In seiner Entscheidung vom 2.3.2020, E4590/2019, hat der Verfassungsgerichtshof festgehalten, dass §2 Z1 der Vollzugsanweisung die Untersagung der Führung des Adelszeichens "von" nicht ausdrücklich auch auf vergleichbare deutschsprachige Namenszusätze erstreckt (zu Namensbestandteilen und -zusätzen ausländischen Ursprungs siehe VfSlg 20.368/2020). Das bedeutet aber nicht, dass deutschsprachige Namenszusätze mit vergleichbarer Bedeutung wie "von" vom Verbot des §1 AdelsaufhebungsG iVm §1 und §2 Z1 der Vollzugsanweisung keinesfalls erfasst sind. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Adelsaufhebungsgesetzes und der Vollzugsanweisung (siehe VfSlg 19.891/2014) können insbesondere Namenszusätze wie etwa "von und zu" zur Gänze erfasst sein. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein bestimmter Namenszusatz mit vergleichbarer Bedeutung wie "von" entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist oder ob der deutschsprachige Namenszusatz auch ohne historischen Adelsbezug der konkreten Namens- oder Familiengeschichte (VfSlg 20.234/2018) den Eindruck erweckt, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes (VfSlg 19.891/2014). In diesen Fällen ist die Führung des Namenszusatzes nach den genannten (verfassungs-)gesetzlichen Vorgaben untersagt.
4. Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht im Wesentlichen mit folgender Begründung davon aus, dass es sich bei dem Namensbestandteil "von der" im Familiennamen der Beschwerdeführer um einen auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes und der Vollzugsanweisung unzulässigen Namensbestandteil handle:
"I[m] gegenständliche[n] Fall beinhaltet der Familienname des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin den Namensbestandteil 'von'. Ob vom Bestandteil des Namens auf eine adelige Herkunft der Beschwerdeführer rückgeschlossen werden kann, ist nicht relevant. Ausschlaggebend ist – entsprechend der zuvor angeführten einheitlichen und klaren höchstgerichtlichen Rechtsprechung –, ob der Namenszusatz dem äußeren Anschein nach ein Adelsprädikat sein könnte. Es reicht aus, dass mit dem Namensbestandteil oder Namenszusatz der Eindruck erweckt werden könnte, dass für seinen Träger oder seine Trägerin Vorrechte der Geburt oder des Standes bestehen könnten.
Die Beschwerdeführer verkennen in ihren Ausführungen, dass es nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer zu irgendeinem Zeitpunkt Vorrechte des Adels genossen habe und der Familienname zu keinem Zeitpunkt ein Adelsprädikat darstelle, sondern ein vielmehr historisch gewachsener, bürgerlicher Name sei. Ausschlaggeben[d] ist, dass der Namensbestandteil bereits den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechend auch Vorrechte hervorrufen könne. Zu der Ansicht, dass das Adelszeichen 'von' Bestandteil eines bürgerlichen Namens geworden ist, stellte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.03.2016, Ra 2014/01/0045, klar, dass dies nichts an dem Umstand ändert, dass es [s]ich um ein (ehemaliges) Adelsprädikat handelt, dessen Führung nach der österreichischen Rechtslage – seien diese Prädikate österreichischen oder ausländischen Ursprungs – auf Grund des Adelsaufhebungsgesetzes und der betreffenden Vollzugsanweisung verboten sind.
Der Verfassungsgerichthof judiziert in ständiger Rechtsprechung (Vf[G]H 10.03.2020, E4591/2019 mwN), dass der Zusatz 'von' ein gemäß §2 Z1 der Vollzugsanweisung aufgehobenes und damit durch das Adelsaufhebungsgesetz als Namensbestandteil unzulässiges Adelszeichen darstellt und dass das Wort 'von' als Namensbestandteil grundsätzlich geeignet ist, den Anschein einer adeligen Herkunft hervorzurufen. Es kommt daher nicht darauf an, ob die konkrete Namens- und/oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist.
[…]
Die Erst- und der Zweitbeschwerdeführer tragen in ihrem Familiennamen nicht bloß das Adelsprädikat 'von'. Diesem verbotenen Namensbestandteil ist nämlich der Artikel 'der' angehängt. Der nachgestellte Artikel ist aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol als Annex zum Adelszeichen 'von' anzusehen und daher vom Verbot der Führung von Adelszeichen mitumfasst. Der Namensbestandteil 'der' vermag auch nach dem Wegfall des Adelsprädikates 'von' nach außen weiterhin den Eindruck von Vorrechten der Geburt oder des Standes der Beschwerdeführer erwecken, weshalb der Familienname der Beschwerdeführer weder den Namensbestandteil 'von' noch den Namenbestandteil 'der' zu beinhalten hat."
4.1. Es ist im Verfahren unbestritten, dass die Beschwerdeführer als österreichische Staatsbürger nur einen Namen bzw Namensbestandteil oder -zusatz führen dürfen, der im Einklang mit den Vorgaben des Adelsaufhebungsgesetzes und der Vollzugsanweisung steht (VfSlg 17.060/2003, 19.891/2014).
4.2. Das Landesverwaltungsgericht Tirol führt zunächst zutreffend aus, dass der Namenszusatz "von" grundsätzlich geeignet ist, den Anschein einer adeligen Herkunft und damit entsprechender Vorrechte hervorzurufen, ohne dass es darauf ankommt, ob die konkrete Namens- oder Familiengeschichte tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt auch, dass die Beschwerdeführer in ihrem Familiennamen nicht alleine den Namenszusatz "von" führen, sondern dass diesem der Namenszusatz "der" angehängt ist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol übersieht aber, dass bei deutschsprachigen Namenszusätzen mit vergleichbarer Bedeutung wie "von" – so etwa "von und zu" (VfGH 2.3.2020, E4590/2019) oder im vorliegenden Fall "von der" – im Einzelfall zu prüfen ist, ob dieser Namenszusatz entweder tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist oder ob der deutschsprachige Namenszusatz auch ohne historischen Adelsbezug der konkreten Namens- oder Familiengeschichte (VfSlg 20.234/2018) den Eindruck erweckt, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes (VfSlg 19.891/2014). Das Landesverwaltungsgericht Tirol geht aber ohne nähere Ermittlungen und ohne nähere Begründung davon aus, dass auch für den Namensbestandteil "von der" diese Voraussetzungen vorliegen würden. Für den Verfassungsgerichtshof ist nicht erkennbar, auf welche Erwägungen und Ermittlungsergebnisse das Landesverwaltungsgericht Tirol diese Aussage stützt, insbesondere aus welchen Gründen dem Namenszusatz "von der" im maßgeblichen Kontext (vgl VfSlg 20.234/2018) eine vergleichbare Bedeutung wie dem Adelszeichen "von" zukommt (vgl VfGH 2.3.2020, E4590/2019).
Ob es sich im konkreten Fall beim Namen der Beschwerdeführer um eine Adelsbezeichnung handelt, die tatsächlich einen historischen Adelsbezug aufweist, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, nicht geprüft. Dies wird im fortgesetzten Verfahren allenfalls nachzuholen sein (auch dazu vgl VfGH 2.3.2020, E4590/2019).
5. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat daher in entscheidungswesentlichen Punkten jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und damit sein Erkenntnis mit Willkür belastet.
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 479,60, ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 218,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
Schlagworte
Adel, Namensrecht, Personenstandswesen, Ermittlungsverfahren, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E2110.2021Zuletzt aktualisiert am
09.12.2021