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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BStMG 2002 §20 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bürgermeisters der Stadt Villach, vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Sterneckerstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 27. April 2021, KLVwG-265/9/2021, betreffend Bestrafung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (mitbeteiligte Partei: A A in K, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisters der Stadt Villach (Revisionswerber, Behörde), mit dem über den Mitbeteiligten gemäß § 20 Abs. 3 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt worden war, weil er am 21. September 2019 ein näher bezeichnetes Fahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz ohne fristgerechten Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse gelenkt hatte, Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren ein; eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
Begründend führte das LVwG - nach Durchführung einer Verhandlung - im Wesentlichen aus, am 21. September 2019 habe der Mitbeteiligte mit einem näher bezeichneten Fahrzeug die Tauernautobahn befahren, jedoch innerhalb der seitens der ASFINAG gesetzten Frist (bis 19. Oktober 2019) keinen Nachweis hinsichtlich der EURO-Emissionsklasse nachgereicht. Dieser Nachweis sei erst während des behördlichen Verfahrens mit Stellungnahme vom 11. Dezember 2020 erbracht worden. Mit Hinweis auf § 20 Abs. 3 BStMG führte das LVwG aus, im gegenständlichen Fall habe sich zwar erst im Strafverfahren herausgestellt, dass die Einstufung bei der GO-Vertriebsstelle mit der tatsächlichen Emissionsklasse VI übereinstimme und die abgebuchte Maut daher in der richtigen Höhe geleistet worden sei. Der Vorwurf der Mautprellerei sei somit nicht verwirklicht worden.
2 Dagegen erhob die Behörde Amtsrevision.
3 Der Mitbeteiligte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4 Der Revisionswerber rügt in seiner Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 2.11.2016, Ra 2016/06/0046).
5 Die Revision ist angesichts dieses Vorbringens zulässig, sie ist auch begründet.
6 § 20 Bundesstraßen-Mautgesetz (BStMG), BGBl. I Nr. 109/2002 idF BGBl. I Nr. 45/2019, lautet auszugsweise:
„Mautprellerei
§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.
(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.
(3) Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis 3 000 € zu bestrafen.
(4) ...
(5) Taten gemäß Abs. 1 bis 3 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.
(6) ...“
7 Zu § 20 Abs. 3 BStMG führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss VwGH 29.6.2021, Ra 2021/06/0068, Rn. 7 und 8, mit Hinweis auf das vom Revisionswerber zitierte hg. Erkenntnis Ra 2016/06/0046 aus, „der Straftatbestand des § 20 Abs. 3 BStMG werde durch das Unterlassen der fristgerechten Übermittlung des Nachweises über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse in Zusammenhang mit einer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung einer Mautstrecke erfüllt. Anknüpfungspunkt für diesen Straftatbestand sei somit das Unterlassen des Nachweises. [...] Durch das Unterlassen des fristgerechten Nachweises erlosch die vorläufige Zuordnung zur erklärten (günstigeren) Tarifklasse gemäß § 9 Abs. 11 BStMG rückwirkend und das Fahrzeug wurde automatisch der höchsten Tarifklasse zugeordnet. Damit ist der Tatbestand der Mautprellerei gemäß § 20 Abs. 3 BStMG verwirklicht. Ein Entfall der Strafbarkeit für den Fall, dass nach Ablauf der Einmeldefrist der Nachweis erbracht wird, dass die vorläufig hinterlegte Tarifklasse der tatsächlichen Emissionsklasse entspricht, ist dem BStMG nicht zu entnehmen.“
8 Dem gegenständlichen Verfahren liegt in Bezug auf die relevante Rechtsfrage ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde; gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Begründung des Beschlusses Ra 2021/06/0068 verwiesen.
9 Da das LVwG in seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwich, was das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
10 Der Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 17. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060111.L00Im RIS seit
09.12.2021Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021