TE Vwgh Beschluss 2021/11/17 Ra 2021/06/0088

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Veröffentlicht am 17.11.2021
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Index

L82007 Bauordnung Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §67 Abs1 litl
B-VG Art133 Abs4
VStG §44a Z1
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des P S in I, vertreten durch Dr. Gernot Gasser und Dr. Sonja Schneeberger, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Beda-Weber-Gasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13. April 2021, LVwG-2020/32/2642-7, LVwG-2020/32/2643-7, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ist der Revisionswerber Alleineigentümer eines näher bezeichneten geschlossenen Hofes in der KG I., mit welchem die T.-Alm in der KG I. untrennbar verbunden ist.

2        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Oktober 2020 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des § 67 Abs. 1 lit. l der Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) innerhalb eines näher bezeichneten Tatzeitraumes zur Last gelegt, weil er „das mit Baubescheid der Gemeinde I.[...] vom 4.01.1989 [...] bewilligte Gebäude zu einem anderen als dem bewilligten bzw. aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benützt bzw. zur Benützung überlassen“ habe, „indem das als kombiniertes Alpgebäude genehmigte Gebäude nunmehr als Ferienwohnungen zur touristischen Gästevermietung benützt wird bzw. den Gästen zur Benützung überlassen wurde“. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Stunden verhängt; weiters wurde er gemäß § 64 VStG zum Ersatz der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.

3        Im selben Straferkenntnis verhängte die belangte Behörde mit näherer Begründung eine Verwaltungsstrafe gemäß § 366 iVm § 111 Abs. 2 Z 4 der Gewerbeordnung 1994 über den Revisionswerber.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gegen die verhängte Verwaltungsstrafe nach der TBO 2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung teilweise Folge, setzte die verhängte Geldstrafe auf EUR 350,-- bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Stunden herab und passte den dem Revisionswerber auferlegten Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren an. Im Übrigen wies es die Beschwerde gegen die nach der TBO 2018 verhängte Strafe mit einer Präzisierung der Strafsanktionsnorm hinsichtlich deren anzuwendender Fassung und einer Konkretisierung des Tatvorwurfes in Bezug auf den angelasteten Tatzeitraum und Tatort als unbegründet ab (Spruchpunkte 5. bis 9.). Die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die nach der Gewerbeordnung 1994 verhängte Verwaltungsstrafe wurde ebenfalls unter Vornahme näherer Konkretisierungen als unbegründet abgewiesen und die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auf eine näher bezeichnete Höhe herabgesetzt (Spruchpunkte 1. bis 4.). Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das LVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5        Zur angelasteten Übertretung des § 67 Abs. 1 lit. l TBO 2018 führte das LVwG auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dem Bauakt, insbesondere der Baubeschreibung, den Bauplänen und dem Baubewilligungsbescheid, sei zu entnehmen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude auf der T.-Alm, die nur über einen Alpweg erschlossen sei, um ein kombiniertes Alpgebäude, bestehend aus einem Wirtschafts- und einem Wohnteil, handle. Diesen Unterlagen sei auch der Verwendungszweck des Gebäudes zu entnehmen; dieses diene alleine der Almwirtschaft, wobei der Wohnbereich dem Landwirt und allenfalls Familienmitgliedern die Möglichkeit einräume, während der Almsaison im Alpgebäude zu wohnen. Der Revisionswerber übernachte während der Alpzeit „immer wieder“ auf der T.-Alm, habe dort jedoch nicht seinen Hauptwohnsitz. Von 1. Juli 2020 bis 6. September 2020 habe der Revisionswerber die T.-Alm Gästen zur Übernachtung, vor allem zu touristischen Zwecken, überlassen; insgesamt seien in diesem Zeitraum 254 Gästeübernachtungen durch 32 Gäste erfolgt. Nähere Feststellungen traf das LVwG zudem zu den Bestandteilen des Wohn- und des Wirtschaftsteils des in Rede stehenden Gebäudes sowie der Ausgestaltung der Beherbergung. Die Änderung des Verwendungszweckes auf eine gastgewerbliche Nutzung sei aus raumordnungsrechtlichen aber auch aus „rein baurechtlichen“ Erwägungen bewilligungspflichtig (wird näher ausgeführt).

6        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom LVwG gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde. Im Hinblick auf die Spruchpunkte 1. bis 4. des angefochtenen Erkenntnisses (betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994) wurde die Revision zur hg. Zl. Ra 2021/04/0116 und im Hinblick auf die Spruchpunkte 5. bis 9. (betreffend Übertretung der TBO 2018) zur hg. Zl. Ra 2021/06/0088 protokolliert.

7        Mit der gegenständlichen Entscheidung wird über die Revision, soweit sie sich gegen die Bestrafung nach der TBO 2018 wendet, abgesprochen; soweit sie die Bestrafung wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 betrifft, bleibt die Entscheidung dem hierfür nach der hg. Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorbehalten.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Revision vermischt in ihren Zulässigkeitsgründen Vorbringen zur Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 einerseits und zu jener nach der TBO 2018 andererseits und unterlässt es mit diesen undifferenzierten Ausführungen schon, bezogen auf die jeweiligen Absprüche des LVwG, konkret darzulegen, inwieweit das Schicksal der Revision hinsichtlich welcher der erfolgten Bestrafungen von einer Entscheidung der angesprochenen Fragen abhängen sollte (vgl. etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/05/0117, 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028 oder auch 30.1.2019, Ra 2018/06/0322, jeweils mwN).

12       Abgesehen davon behauptet die Revision zu ihrer Zulässigkeit bloß allgemein ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und stellt dazu allgemeine Fragen, wie jene, ob der Tatvorwurf ausreichend konkretisiert sei oder ob gegenständlich eine Änderung des Verwendungszweckes angenommen werden dürfe.

13       Den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen wird dann nicht entsprochen, wenn der Revisionswerber bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 28.6.2021, Ra 2021/06/0087, mwN).

14       Den dargestellten Anforderungen wird die vorliegende Revision, die lediglich ein Abweichen „von den höchstgerichtlichen Judikaturlinien“ rügt, ohne jedoch eine konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu nennen, von der das LVwG ihrer Ansicht nach abgewichen wäre, nicht gerecht, weshalb sich die Revision auch insofern nicht als gesetzmäßig ausgeführt erweist (vgl. etwa VwGH 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, mwN).

15       Im Übrigen ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die maßgeblichen Gesichtspunkte bei der Konkretisierung der Tat die Wahrung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und die Vermeidung der Gefahr einer Doppelbestrafung sind. § 44a Z 1 VStG ist - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn im Spruch des Strafbescheides dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Ausgehend von dieser Zielrichtung des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z 1 VStG sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse von Delikt zu Delikt und nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen, wobei eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung im Regelfall nicht revisibel ist (vgl. zum Ganzen VwGH 26.2.2020, Ra 2019/05/0305, mwN).

16       Die Revision legt mit ihren allgemeinen Fragestellungen nicht dar, dass die Tatumschreibung derart unkonkret wäre, dass der Revisionswerber nicht in der Lage wäre, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen. Ebenfalls ist nicht zu sehen, dass der Revisionswerber der Gefahr ausgesetzt wäre, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das LVwG hat im angefochtenen Erkenntnis sowohl zum angelasteten Tatzeitraum als auch zur Konkretisierung des Tatortes auf den „Wohnbereich“ des in Rede stehenden Alpgebäudes nähere - in der Revision unwidersprochen gebliebene - Feststellungen getroffen, letztere unter Hinweis auf die bezughabende Baubewilligung aus dem Jahr 1989 samt Einreichunterlagen. Die von der Revision diesbezüglich ohne nähere Begründung in den Raum gestellte Unverständlichkeit ist daher nicht ersichtlich.

17       Zur Frage, ob gegenständlich eine Änderung des Verwendungszweckes überhaupt angenommen werden dürfe, ist schließlich auf die Feststellung im angefochtenen Erkenntnis (S. 18/19) zu verweisen, wonach die Baubewilligung für das in Rede stehende Gebäude im Jahr 1989 allein zwecks Nutzung des Gebäudes zur Bewirtschaftung der Alm erteilt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betrifft die Auslegung eines Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (vgl. etwa VwGH 6.4.2020, Ra 2020/06/0078, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung ist im Revisionsfall nicht ersichtlich und wird vom Revisionswerber auch nicht aufgezeigt. Der Hinweis in den Zulässigkeitsgründen, wonach zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gemäß § 15 Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 die Errichtung von Wohnräumen für die Vermietung von höchstens 10 Fremdenbetten je land- und forstwirtschaftlichem Betrieb zulässig gewesen wäre, geht ins Leere. Dass nach der genannten Gesetzesbestimmung eine Bewilligung zulässig gewesen wäre, besagt nicht, dass eine solche vorläge und sich der Revisionswerber darauf berufen könnte. Auch der Revisionswerber selbst behauptet das nicht.

18       In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060088.L00

Im RIS seit

09.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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