Index
L94059 Ärztekammer WienNorm
ÄrzteG 1998 §109Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der Dr. S S in G, vertreten durch Mag. Christoph Ulrich Kuhn, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/30a, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 24. Juli 2020, Zlen. 1. VGW-162/027/7195/2018-10 und 2. VGW-162/027/11931/2018, betreffend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds für die Jahre 2014 und 2017 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, vertreten durch die Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit am 12. September 2017 beschlossenem und mit 20. September 2017 datiertem Bescheid setzte die belangte Behörde den Beitrag der Revisionswerberin zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2014 gemäß Abschnitt I der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im Folgenden: Beitragsordnung) mit EUR 4.508,76 fest. Mit am 24. April 2018 beschlossenem und mit 7. Mai 2018 datiertem Bescheid setzte die belangte Behörde diesen Beitrag für das Jahr 2017 gemäß Abschnitt I der Beitragsordnung mit EUR 7.089,77 fest.
2 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Wien die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin sei im Jahr 2011 in die Ärzteliste eingetragen und in der R Privatklinik GmbH (in Wien) und beim Land Oberösterreich beschäftigt gewesen. Ihr Jahresbruttogehalt habe EUR 34.737,64, ihr Gewinn aus selbständiger Tätigkeit EUR 3.935,30 betragen. Abzüglich der anteiligen Werbungskosten und zuzüglich der Beitragszahlungen habe sich eine Bemessungsgrundlage in der Höhe von EUR 31.751,68 und somit ein Fondsbeitrag für das Jahr 2014 in der Höhe von EUR 4.508,76 ergeben.
4 Die Revisionswerberin sei auch im Jahr 2014 in die Ärzteliste eingetragen gewesen. In den ersten drei Monaten dieses Kalenderjahres sei sie in der genannten Privatklinik, ab April 2014 im Bundesdienst als Polizeiärztin beschäftigt gewesen. Ihr Jahresbruttogehalt habe EUR 60.951,35, ihr Verlust aus selbständiger Tätigkeit EUR 720,30 betragen. Abzüglich der anteiligen Werbungskosten und zuzüglich der Beitragszahlungen habe sich eine Bemessungsgrundlage in der Höhe von EUR 50.641,19 und somit ein Fondsbeitrag für das Jahr 2017 in der Höhe von EUR 7.089,77 ergeben.
5 Der Bescheid betreffend die Vorschreibung des Fondsbeitrages für das Jahr 2014 sei vor seiner Beschlussfassung am 12. September 2017 den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses bereits ab 5. September 2017 als Entwurf (samt Begründung) im Webportal zur Einsicht zur Verfügung gestanden. Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses seien davon mittels E-Mail informiert worden. Nach der erfolgten Beschlussfassung sei die interne Erledigung durch den Vorsitzenden elektronisch erfolgt.
6 Der Bescheid betreffend die Vorschreibung des Fondsbeitrages für das Jahr 2017 sei vor seiner Beschlussfassung am 24. April 2018 den Mitgliedern des Verwaltungsausschusses bereits ab 20. April 2018 als Entwurf (samt Begründung) im Webportal zur Einsicht zur Verfügung gestanden. Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses seien davon mittels E-Mail informiert worden. Nach der erfolgten Beschlussfassung sei die interne Erledigung durch den Vorsitzenden elektronisch erfolgt.
7 Die Höhe der Einnahmen der Revisionswerberin im Jahr 2011 (maßgeblich für den Fondsbeitrag 2014) und im Jahr 2014 (maßgeblich für den Fondsbeitrag 2017) stünden auf Grund der vorliegenden Einkommenssteuerbescheide und der Lohnunterlagen unbestritten fest. Auch die rechnerische Richtigkeit der Berechnung der Fondsbeiträge sei nicht bestritten worden. Strittig sei nur die „Einbeziehung des Einkommens“, welches die Revisionswerberin als Polizeiärztin im Jahr 2014 bezogen habe, „in die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zum Wohlfahrtsfonds“.
8 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die zeitgerechte Vorlage der Beschlussentwürfe samt Begründung an die Mitglieder des Verwaltungsausschusses ergebe sich aus dem von der Ärztekammer für Wien vorgelegten E-Mailverkehr, dem Auszug aus den Sitzungsprotokollen und den Anwesenheitslisten der Sitzungen vom 12. September 2017 und vom 24. April 2018.
9 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - nach Zitierung einschlägiger Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) - aus, der Verwaltungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass Amtsärzte, Polizeiärzte und Militärärzte, die auch eine freiberufliche Tätigkeit ausübten und daher ordentliche Kammerangehörige seien, die auf Grund des ÄrzteG 1998 anfallenden Beiträge (Kammerumlage und Beiträge zum Wohlfahrtsfonds) nach Maßgabe ihres gesamten aus ärztlicher Tätigkeit erzielten Einkommens zu entrichten hätten (Verweis auf VwGH 30.9.2011, 2009/11/0178). Aus § 41 Abs. 5 ÄrzteG 1998 könne für auch freiberuflich tätige und als solche der Ärztekammer angehörige Amtsärzte keine teilweise Standeszugehörigkeit und folglich auch keine teilweise Kammerangehörigkeit herausgelesen werden, die eine Beitragspflicht nur hinsichtlich der freiberuflich erzielten Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit rechtfertigen würde.
10 Da die Revisionswerberin im Jahr 2014 „auch freiberuflich tätig war“, sei das gesamte im Jahr 2014 aus ärztlicher Tätigkeit erzielte Einkommen der Revisionswerberin „in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Fondsbeitrages 2017“ einzubeziehen. Auf eine Unterscheidung zwischen kurativer und sachverständiger Tätigkeit komme es nach dieser Rechtsprechung nicht an.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestünden keine Bedenken gegen eine „summarische“ Beschlussfassung, wenn die Entwürfe der beabsichtigten Erledigungen bei der Beschlussfassung des Kollegialorgans bereits vorlägen und diese Erledigungsentwürfe als Teil des Beschlussprotokolls diesem angeschlossen seien, weil die wesentlichen Teile der Erledigung als dem Kollegialorgan bekannt und von der Willensbildung getragen anzusehen seien (Verweis auf VwGH 3.11.2017, Ra 2017/11/0246). Da die Ärztekammer habe nachweisen können, dass auch in den vorliegenden Fällen die Beschlussfassung in dieser Weise erfolgt sei, werde als erwiesen angenommen, dass die Festsetzung der Fondsbeiträge in beiden Fällen rechtmäßig erfolgt sei.
12 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Verfahrensakten vorlegte. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
14 2.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob und wie von der belangten Behörde der Zugang von per E-Mail versendeten Nachrichten an Mitglieder der belangten Behörde nachzuweisen sei, und ob bei summarischer Beschlussfassung über Erledigungsentwürfe, die den Mitgliedern der belangten Behörde „nicht körperlich vorliegen“, die Erledigungsentwürfe als Teil des Beschlussprotokolls diesem „körperlich angeschlossen“ werden müssten. Ebenso fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Polizeiärzte, die „neben ihrer Tätigkeit als Polizeiärzte“ keine dem ÄrzteG 1998 unterliegende (freiberufliche ärztliche) Tätigkeit ausübten, verpflichtet seien, Fondsbeiträge zum Wohlfahrtsfonds der jeweiligen Ärztekammer zu leisten. Das Erkenntnis sei auch mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet, weil das Verwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen habe, ob die Revisionswerberin im Jahr 2017 eine die Beitragspflicht nach dem ÄrzteG 1998 begründende Tätigkeit ausgeübt habe, was aber Voraussetzung für die Beitragspflicht für dieses Jahr sei.
15 2.2. Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage in Bezug auf das Bestehen und das Ausmaß der Beitragspflicht von Polizeiärzten zum Wohlfahrtsfonds zulässig, und zwar sowohl hinsichtlich der Beitragsvorschreibung für das Jahr 2014 als auch jener für das Jahr 2017.
16 3.1. Die für das Beitragsjahr 2017 maßgeblichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 lauten auszugsweise (die für das Beitragsjahr 2014 maßgeblichen Bestimmungen entsprechen diesen Bestimmungen in den relevanten Punkten):
„Amtsärzte, Polizeiärzte, Militärärzte
§ 41. (1) Amtsärzte sind die bei den Sanitätsbehörden tätigen Ärzte, die behördliche Aufgaben zu vollziehen haben. Als Amtsärzte gelten auch die Arbeitsinspektionsärzte gemäß § 17 Abs. 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 27.
(2) Polizeiärzte sind Amtsärzte, die für eine Landespolizeidirektion oder das Bundesministerium für Inneres auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung oder eines öffentlichen rechtlichen Dienstverhältnisses tätig werden.
(3) Militärärzte sind die als Offiziere des militärmedizinischen Dienstes sowie die auf Grund eines Vertrages oder auf Grund einer Einberufung zum Präsenz- oder Ausbildungsdienst beim Bundesheer tätigen Ärzte.
(4) Dieses Bundesgesetz ist auf Amtsärzte hinsichtlich ihrer amtsärztlichen Tätigkeit nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für Polizeiärzte in Ausübung kurativer Tätigkeiten für die Dienstbehörde.
(5) Übt ein Amtsarzt neben seinem amtsärztlichen Beruf eine ärztliche Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin, approbierter Arzt oder Facharzt aus, so unterliegt er hinsichtlich dieser Tätigkeit diesem Bundesgesetz.
(6) Die Dienstbehörde ist verpflichtet, die Namen sämtlicher in ihrem Bereich tätigen Amtsärzte sowie auch jede nicht nur vorübergehende Änderung des Dienstortes von Amtsärzten der Ärztekammer mitzuteilen.
(7) Militärärzte sind hinsichtlich der Anwendung dieses Bundesgesetzes den Amtsärzten insoweit gleichgestellt, als sie als Amtssachverständige der Militärbehörden tätig sind; Abs. 6 ist jedoch auf Militärärzte im Falle eines Einsatzes des Bundesheeres gemäß § 2 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305, nicht anzuwenden.
(...)
Kammerangehörige
§ 68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der
1. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß § 4 eingetragen worden ist und
2. seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und
3. keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht. Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sind ordentliche Kammerangehörige, wenn sie auf Grund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten.
(...)
(4) Die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt, wenn der Arzt
1. seinen Berufssitz (seine Berufssitze), seinen Dienstort (seine Dienstorte) oder, sofern es sich um einen Wohnsitzarzt handelt, seinen Wohnsitz (§ 47) in den Bereich einer anderen Ärztekammer verlegt hat oder
2. von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 59 aus der Ärzteliste gestrichen worden ist. (...)
(5) Ärzte, die nicht die Erfordernisse der Abs. 1 oder 2 erfüllen, sowie Amtsärzte können sich bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen.
Pflichten und Rechte der Kammerangehörigen
§ 69. (1) Alle Kammerangehörigen sind verpflichtet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises gefaßten Beschlüsse zu befolgen sowie die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.
(2) Ist ein Amtsarzt ordentlicher Angehöriger einer Ärztekammer, kann er nur insoweit verhalten werden, Anordnungen und Weisungen der Kammer und ihrer Organe Folge zu leisten, als solche Anordnungen oder Weisungen nicht im Widerspruch mit seinen Pflichten als Amtsarzt oder den ihm von seiner vorgesetzten Dienstbehörde erteilten Anordnungen und Weisungen stehen.
(...)
Beiträge zum Wohlfahrtsfonds
§ 108a. (1) Für die finanzielle Sicherstellung der Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds sind unter Berücksichtigung seiner Erfordernisse, seines dauernden Bestandes und seiner Leistungsfähigkeit Wohlfahrtsfondsbeiträge einzuheben.
(...)
§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. (...)
(2) Bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge ist auf die 1. Leistungsansprüche, 2. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen (Umsätze) und/oder Einkünfte sowie 3. Art der Berufsausübung der beitragspflichtigen Kammerangehörigen Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Beiträge kann betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden. Bei Beteiligung eines Arztes oder Zahnarztes an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn - unabhängig von dessen Ausschüttung - berücksichtigt werden. Näheres ist in der Beitragsordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Beiträge durch Kammerangehörige kann die Beitragsordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen.
(3) Die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds darf 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen nicht übersteigen.
(...)
(5) Die gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen haben die Wohlfahrtsfondsbeiträge, die in der jeweiligen Beitragsordnung als Eurobeträge oder Prozentsätze ausgewiesen sind, bei den Honorarabrechnungen einzubehalten und sie personenbezogen längstens bis zum 15. Tag nach Fälligkeit der Honorarzahlung an die zuständige Ärztekammer abzuführen, sofern dies in der Beitragsordnung vorgesehen ist. Die Beitragsordnung hat nähere Bestimmungen, insbesondere über die Festsetzung und Entrichtung der Wohlfahrtsfondsbeiträge und der monatlichen oder vierteljährlichen Vorauszahlungen sowie über die Einbehalte der Wohlfahrtsfondsbeiträge und Vorauszahlungen vom Kassenhonorar durch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen bei Vertragsärzten oder Vertragszahnärzten, vorzusehen. Die gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeeinrichtungen haben den Ärztekammern über deren Verlangen zur Überprüfung der Berechnung der Wohlfahrtsfondsbeiträge im Einzelfall das arzt- oder zahnarztbezogene Kassenhonorar, die arzt- oder zahnarztbezogenen Fallzahlen sowie eine Aufschlüsselung des Bruttoumsatzes eines Arztes oder Zahnarztes nach den jeweiligen Einzelleistungen zu übermitteln. Eine Übermittlung dieser Daten durch die Ärztekammern an Dritte ist unzulässig. Die Beitragsordnung kann nähere Bestimmungen vorsehen, dass die Kammerangehörigen verpflichtet sind, alljährlich bis zu einem in der Beitragsordnung zu bestimmenden Zeitpunkt schriftlich alle für die Errechnung der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds erforderlichen Angaben zu machen und auf Verlangen die geforderten Nachweise über die Richtigkeit dieser Erklärung vorzulegen.
(6) Bei der Festsetzung des Wohlfahrtsfondsbeitrages für Kammerangehörige, die den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf in einem Dienstverhältnis ausüben, dient als Bemessungsgrundlage jedenfalls der monatliche Bruttogrundgehalt. Zu diesem gehören nicht die Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 68 EStG 1988 und die sonstigen Bezüge nach § 67 EStG 1988.
(7) Die Beiträge nach Abs. 6 sind vom Dienstgeber einzubehalten und spätestens bis zum 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats an die zuständige Ärztekammer abzuführen. Über Verlangen der Ärztekammer sind vom Dienstgeber die zur Feststellung der Bemessungsgrundlage des Wohlfahrtsfondsbeitrages erforderlichen Daten zu übermitteln. Eine Weitergabe dieser Daten durch die Ärztekammer an Dritte ist unzulässig.
(...)
§ 110. (1) Personen gemäß § 68 Abs. 5 dieses Bundesgesetzes sowie gemäß § 10 Abs. 2 des Zahnärztekammergesetzes (ZÄKG), BGBl. I Nr. 154/2005, können vom Verwaltungsausschuss über Antrag als außerordentliche Wohlfahrtsfondsmitglieder aufgenommen werden.
(2) Die Wohlfahrtsfondsbeiträge für die in Abs. 1 angeführten Personen sind in der Wohlfahrtsfondsbeitragsordnung festzusetzen.
(...)“
17 3.2. Die für das Beitragsjahr 2017 maßgeblichen Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lauten auszugsweise(die für das Beitragsjahr 2014 maßgeblichen Bestimmungen entsprechen diesen Bestimmungen in den relevanten Punkten):
„Geschäftsführung
§ 44
(1) Die administrativen Arbeiten des Wohlfahrtsfonds obliegen dem Kammeramt, das aber berechtigt ist, diese von dritten Personen besorgen zu lassen, die aber nur über ausdrückliche Anordnung und Weisung des Verwaltungsausschusses tätig werden dürfen.
(2) Geschäftsstücke des Wohlfahrtsfonds, insbesondere Bescheide des Verwaltungsausschusses, sind vom Vorsitzenden oder im Wege der Amtssignatur zu unterzeichnen.
(2a) Ausfertigungen des Verwaltungsausschusses, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch das jeweilige Organ genehmigt, von dem die Ausfertigung stammt (§ 230 Abs. 7 ÄG).
(3) Über die Einnahmen und Ausgaben des Wohlfahrtsfonds ist unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der doppelten Buchhaltung, getrennt nach den einzelnen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen, Buch zu führen.
(4) Das Geschäftsjahr fällt mit dem Kalenderjahr zusammen.
(5) Die mit dem Betrieb des Wohlfahrtsfonds verbundenen Verwaltungskosten sind aus dessen Mitteln zu tragen.“
18 3.3. Die für das Beitragsjahr 2017 maßgeblichen Bestimmungen der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lauten auszugsweise (die für das Beitragsjahr 2014 maßgeblichen Bestimmungen entsprechen diesen Bestimmungen in den relevanten Punkten):
„I. Fondsbeitrag
(1) Der Fondsbeitrag beträgt, soweit in dieser Beitragsordnung nicht anders festgelegt ist, ab dem Beitragsjahr 2015 14 v.H. der Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 2 bis 4, wobei jedenfalls das gesamte in Österreich aus ärztlicher Tätigkeit erzielte Einkommen maßgeblich ist.
(2) Bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben, besteht die jährliche Bemessungsgrundlage aus der Summe der monatlichen Bruttogrundgehältern abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. (...)
(3) Bei jenen Fondsmitgliedern, die ihren Beruf als niedergelassener Arzt oder als Wohnsitzarzt ausüben, ist die Bemessungsgrundlage der Gewinn berechnet aus dem Einnahmen-Ausgaben-Überschuss der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. (...)
(...)
(4) Wird der ärztliche Beruf gleichzeitig in verschiedenen Rechtsformen ausgeübt, so sind die Bemessungsgrundlagen gemäß Abs. 2 bis 3a zusammenzurechnen.
(...)
IV. Verfahren
(...)
(5) Zum Zwecke der endgültigen Festsetzung des Fondsbeitrages sind die ordentlichen Fondsmitglieder verpflichtet, falls nicht Abs. 8a zur Anwendung kommt, die von der Kammer zugesandte Beitragserklärung über die Bemessungsgrundlage gem. Abschnitt I Abs. 2-4 und 7 vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen. Die Zusendung der Unterlagen an das Fondsmitglied hat bis spätestens 31. März des laufenden Kalenderjahres zu erfolgen, die Vorlage der Unterlagen durch das Fondsmitglied hat bis spätestens 15. Juni des laufenden Kalenderjahres zu erfolgen. Als Bemessungsgrundlage wird das Einkommen des dem laufenden Jahr drittvorangegangenen Kalenderjahres herangezogen, die Zahlen des drittvorangegangenen Kalenderjahres sind in der Erklärung anzugeben.
Der Erklärung sind, soweit zutreffend, der (die) Lohnzettel und der Einkommensteuerbescheid, jeweils des drittvorangegangenen Jahres, in Ablichtung beizuschließen. Fondsmitglieder, die Gesellschafter einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sind, haben darüber hinaus den Jahresabschluß der Gesellschaft des drittvorangegangen Jahres sowie jene Firmenbuchauszüge und sonstigen Belege vorzulegen, aus denen die Geschäfts- und Gewinnanteile ersichtlich sind. Erforderlichenfalls kann die Ärztekammer die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen.
(...)
(10) Wenn die Fondsmitgliedschaft nicht das ganze Jahr hindurch besteht, ist der Fondsbeitrag entsprechend der tatsächlichen Dauer der Mitgliedschaft zu aliquotieren, wobei Teile von Monaten als volle Monate zu rechnen sind. Der Beitrag zur Krankenunterstützung wird nicht aliquotiert.
(...)“
19 4.1.1. In den Revisionsgründen wird unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht, den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, ob die Mitglieder der belangten Behörde vor den beiden Sitzungen, in denen die bekämpften Erledigungen beschlossen worden seien, nachweislich davon in Kenntnis gesetzt worden wären, dass ihnen die Erledigungsentwürfe im Webportal zur Einsicht zur Verfügung stünden.
20 4.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 27. April 2015, 2012/11/0082, betont, dass sich eine Entscheidung des Verwaltungsausschusses über die Festsetzung des vom Kammermitglied zu leistenden Fondsbeitrags nicht in der Willensbildung über den vorgeschriebenen Betrag erschöpft, sondern auch eine Willensbildung hinsichtlich des angenommenen Sachverhaltes sowie der tragenden Gründe der Entscheidung mit einschließt, andernfalls wären schon die Grenzen der Rechtskraft einer solchen Entscheidung nicht erkennbar. Zu diesen unabdingbaren Bestandteilen gehören jedenfalls die Sachverhaltsmomente, aus denen sich die Bemessungsgrundlage ergibt, aus welcher sich je nach den Umständen des Einzelfalls der vorzuschreibende Fondsbeitrag ergibt.
21 Im Erkenntnis 2012/11/0082 hatte der Verwaltungsgerichtshof eine Konstellation zu beurteilen, in der die an das Mitglied des Wohlfahrtsfonds ergangene Erledigung des Verwaltungsausschusses eine Begründung enthielt, die zahlreiche Sachverhaltsmomente umfasste (z.B. das Jahresbruttogrundgehalt, anteilige Werbungskosten, den Gewinn, erfolgte Beitragszahlungen), aus denen die Bemessungsgrundlage ermittelt wurde, von welcher ausgehend ein bestimmter Prozentsatz als zu leistender Fondsbeitrag ausgewiesen wurde, in der aber nicht ersichtlich war, dass diese Begründung von der Willensbildung des Verwaltungsausschusses umfasst gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies rechtlich dahin beurteilt, dass abgesehen vom ziffernmäßig bestimmten Fondsbeitrag für alles Weitere eine Willensbildung des Verwaltungsausschusses fehle, weshalb die vom Verwaltungsausschuss eingehaltene Vorgangsweise es mit sich gebracht habe, dass die an das Mitglied des Wohlfahrtsfonds ergangene Erledigung nicht von einer entsprechenden Willensbildung des allein dafür zuständigen Organs, nämlich des Verwaltungsausschusses, getragen gewesen sei. Die Bescheidqualität dieser Erledigung sei folglich zu verneinen gewesen.
22 Im erwähnten Erkenntnis 2012/11/0082 wurde freilich ausdrücklich hervorgehoben, dass der Verwaltungsausschuss bekanntermaßen eine große Zahl von Fondsbeitragsfestsetzungen vorzunehmen habe. Lägen bei der Beschlussfassung des Kollegialorgans bereits die (etwa von einem Dienstleistungsunternehmen oder dem Kammeramt erstellten) Entwürfe der beabsichtigten Erledigungen vor (und wären diese Erledigungsentwürfe als Teil des Beschlussprotokolls diesem angeschlossen), so bestünden aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken gegen eine „summarische“ Beschlussfassung, weil die wesentlichen Bestandteile der Erledigungen als dem Kollegialorgan bekannt und von der Willensbildung getragen anzusehen wären.
23 4.1.3. Die Revision bestreitet nicht, dass bei der Beschlussfassung der belangten Behörde in den Sitzungen am 12. September 2017 und am 24. April 2018 die jeweiligen Erledigungsentwürfe vorgelegen seien. Sie behauptet auch nicht, dass die Willensbildung in diesen Sitzungen aus anderen Gründen fehlerhaft gewesen sei, sondern zieht lediglich in Zweifel, dass die Mitglieder des Kollegialorgans im Vorfeld per E-Mail davon informiert worden seien, dass ihnen die Bescheidentwürfe bereits (vor der jeweiligen Sitzung) im Webportal zugänglich wären, weil die belangte Behörde nicht nachweisen könne, dass diese E-Mails den Mitgliedern des Kollegialorgans tatsächlich zugegangen seien.
24 Es besteht keine Rechtsvorschrift (und wird von der Revision auch keine genannt), nach welcher eine Vorabinformation der Mitglieder der belangten Behörde von der Zugänglichkeit von Bescheidentwürfen vor einer Sitzung, in welcher ein Bescheid beschlossen wird, geboten wäre oder nach welcher beschlossene Bescheidentwürfe dem Beschlussprotokoll in physischer (und nicht elektronischer) Form angeschlossen werden müssten. Auch dem zitierten hg. Erkenntnis 2012/11/0082 sind solche Anforderungen nicht zu entnehmen.
25 Selbst wenn daher jene E-Mails, mit welchen die Mitglieder der belangten Behörde im Vorfeld der beiden Sitzungen jeweils von der Verfügbarkeit der Bescheidentwürfe im Webportal informiert worden sein sollen, diesen Mitgliedern nicht tatsächlich zugegangen sein sollten, würde dieser Umstand allein nicht zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Beschlussfassung führen. Andere Gründe, aus denen die Bescheidqualität der beiden von der Revisionswerberin bekämpften Erledigungen der belangten Behörde in Frage stehen sollte, werden von der Revision nicht genannt und sind für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar.
26 4.2.1. In den Revisionsgründen wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe die Frage der Beitragspflicht mit jener der Bemessungsgrundlage vermengt. Überdies fehlten Feststellungen über die eine Beitragspflicht begründende ärztliche Tätigkeit für das Beitragsjahr 2017.
27 Mit diesem Vorbringen ist die Revision im Recht:
28 4.2.2.1. Gemäß § 109 Abs. 1 ÄrzteG sind die Kammerangehörigen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen Beruf aufgenommen haben.
29 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgeführt, dass mit dem Entstehen/Erlöschen der Mitgliedschaft zu einer Ärztekammer auch die Mitgliedschaft zu deren Wohlfahrtseinrichtung entsteht/erlischt (vgl. VwGH 29.9.1999, 98/11/0169, mwN; 27.4.2021, Ra 2019/11/0009).
30 Gemäß § 68 Abs. 1 ÄrzteG 1998 gehört einer Ärztekammer als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der u.a. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführten Ärzteliste eingetragen ist (Z 1) und seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt (Z 2). Aus § 68 Abs. 4 ÄrzteG 1998 ergibt sich, unter welchen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt. Ob ein Arzt Mitglied einer Ärztekammer bzw. des Wohlfahrtsfonds einer solchen ist, ist als Vorfrage nicht nur dann zu beantworten, wenn ein Arzt Rechte in Anspruch nimmt, die nur Kammerangehörigen zustehen (zB Wahlrechte), sondern auch dann, wenn ihm Verpflichtungen auferlegt werden, die nur für Kammerangehörige bestehen, so z.B. bei der Vorschreibung von Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträgen. Werden einem Arzt Wohlfahrtsfondsbeiträge vorgeschrieben, obwohl er nicht Mitglied der entsprechenden Ärztekammer ist, hat er die Möglichkeit, die Vorschreibung dieser Beiträge - letztlich durch Revision bzw. Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - zu bekämpfen und dabei eine unzutreffende Beantwortung der Vorfrage seiner Mitgliedschaft zur Ärztekammer bzw. seiner Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen an einen Wohlfahrtsfonds zu rügen (vgl. VwGH 18.3.2003, 2002/11/0095).
31 4.2.2.2. § 41 ÄrzteG 1998 enthält Regelungen über die Anwendung dieses Bundesgesetzes auf Amtsärzte, Polizeiärzte und Militärärzte. Polizeiärzte sind Amtsärzte, die für eine Landespolizeidirektion oder das Bundesministerium für Inneres tätig werden (Abs. 2 leg. cit.). Amtsärzte sind die bei den Sanitätsbehörden tätigen Ärzte, die behördliche Aufgaben zu vollziehen haben (Abs. 1 leg. cit.). Das ÄrzteG 1998 ist auf Amtsärzte hinsichtlich ihrer amtsärztlichen Tätigkeit nicht anzuwenden. Dies gilt allerdings nicht für Polizeiärzte in Ausübung ihrer kurativen Tätigkeiten für die Dienstbehörde (Abs. 4 leg. cit.). Übt ein Amtsarzt neben seinem amtsärztlichen Beruf eine ärztliche Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin, approbierter Arzt oder Facharzt aus, so unterliegt er hinsichtlich dieser Tätigkeit dem ÄrzteG 1998 (Abs. 5 leg. cit.).
32 4.2.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat zum Verhältnis von § 42 Abs. 4 und 5 Ärztegesetz, der Vorgängerbestimmung des § 41 Abs. 4 und 5 ÄrzteG 1998, zur Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds und der dafür zu bildenden Bemessungsgrundlage in seinem Erkenntnis VfSlg. 6947/1972 Folgendes ausgeführt:
„(...) Der Verfassungsgerichtshof ist der Meinung, daß die derzeit durch § 42 Abs. 4 ÄrzteG verfügte Ausnehmung der Amtsärzte von ‚den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes‘ in Wahrheit nichts anderes, vor allem aber nicht mehr zum Inhalt hat als die schon seit eh und je bestehende Ausnehmung dieser Ärztegruppe von der Kammerangehörigkeit und daß folgerichtig auch Umfang und Tragweite der durch die Abs. 4 und 5 im § 42 leg. cit. verfügten Beschränkung dieser Ausnehmung nicht ohne Berücksichtigung des Motivs dieser Regelung bestimmt werden können.
Maßgeblich für die Ausnehmung der Amtsärzte von der Kammerangehörigkeit war nach dem Vorgesagten nicht etwa die Auffassung, daß diese nicht dem Ärztestand angehören, sondern vielmehr die Überlegung, daß die sich im Normalfall aus der Standeszugehörigkeit ergebende Kammerangehörigkeit hier zu Pflichtenkollisionen führen könnte (...). Bei Amtsärzten aber, die (daneben) auch eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit ausüben, besteht kein Anlaß, ihrer durch die Berechtigung zur Ausübung der Heilkunde (§ 1 Abs. 1 ÄrzteG) vermittelten Standeszugehörigkeit nicht zumindest in dem Maße Rechnung zu tragen, in dem das mit ihrer behördlichen Funktion vereinbar ist. Daraus folgt, daß eine Regelung, wonach die ausschließlich als Amtsärzte tätigen Standesangehörigen von der ordentlichen Kammerangehörigkeit - und damit auch von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds - ausgenommen (vgl. § 44a Abs. 1 ÄrzteG), dagegen die (auch) freiberuflich tätigen Amtsärzte in die ordentliche Kammerangehörigkeit einbezogen und damit zur Leistung von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds verpflichtet werden, sachlich gerechtfertigt ist. Diese Überlegungen sind aber gleichermaßen von Bedeutung für die Frage, ob ein (auch) eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit ausübender Amtsarzt Beiträge zum Wohlfahrtsfonds auf der Grundlage seiner nur aus dieser freiberuflichen Tätigkeit erzielten Einnahmen oder auf der Grundlage seiner gesamten aus ärztlicher Tätigkeit erzielten Einnahmen zu entrichten hat. Der Umstand, daß die Ausnehmung der Amtsärzte von der ordentlichen Kammerangehörigkeit vornehmlich durch das Bestreben nach Vermeidung von Pflichtkollisionen motiviert ist, jedenfalls aber die Standeszugehörigkeit unangetastet läßt, zwingt nämlich zu einer restriktiven Interpretation der Bestimmung des § 42 Abs. 5 ÄrzteG, derzufolge der (auch) eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit ausübende Amtsarzt nur ‚hinsichtlich dieser (sc. der freiberuflichen) Tätigkeit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes‘ unterliegt. Aus ihr kann daher insbesondere keine bloß teilweise Standeszugehörigkeit - und folglich auch keine bloß teilweise Kammerangehörigkeit - herausgelesen werden, die ihrerseits wieder die Auffassung zu rechtfertigen vermöchte, daß diese Ärztegruppe Beiträge zum Wohlfahrtsfonds nur nach Maßgabe ihrer aus freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit erzielten Einnahmen zu entrichten hätte. Eine ausdrückliche Vorschrift dieser Art aber enthält das Ärztegesetz nicht.“
33 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen und in einem Fall, in dem ein Beschwerdeführer neben seiner Tätigkeit als Amtsarzt auch als praktischer Arzt tätig war, und in einem anderen Fall, in dem ein Beschwerdeführer neben seiner Tätigkeit als Militärarzt auch als niedergelassener Facharzt tätig war, eine Einbeziehung auch des Gehalts aus der amtsärztlichen bzw. militärärztlichen Tätigkeit in die Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag für rechtens erkannt (vgl. zu einem Amtsarzt VwGH 19.2.1986, 85/09/0257; zu einem Militärarzt VwGH 30.9.2011, 2009/11/0178). Diese Entscheidungen betrafen also Beitragsvorschreibungen in Fällen, in denen neben der amtsärztlichen bzw. militärärztlichen Tätigkeit (gleichzeitig) auch eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit ausgeübt wurde.
34 4.2.2.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann die Rechtslage wie folgt zusammengefasst werden: Amtsärzte, die ausschließlich eine amtsärztliche Tätigkeit ausüben, sind zwar Standesangehörige, zufolge § 41 Abs. 4 erster Satz ÄrzteG 1998 aber keine Kammerangehörigen und folglich auch nicht zu einem Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig. Gemäß § 68 Abs. 5 ÄrzteG 1998 können sie sich jedoch bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen. Als außerordentliche Kammerangehörige können sie gemäß § 110 Abs. 1 ÄrzteG 1998 über Antrag in den Wohlfahrtsfonds aufgenommen werden und sind in der Folge beitragspflichtig.
35 Üben Amtsärzte hingegen neben ihrem amtsärztlichen Beruf auch eine sonstige, insbesondere freiberufliche ärztliche Tätigkeit aus, sind sie auf Grund dieser Tätigkeit gemäß § 68 Abs. 1 ÄrzteG 1998 ordentliche Kammerangehörige (vgl. bei Pflichtenkollisionen in einem solchen Fall § 69 Abs. 2 ÄrzteG 1998) und als solche zum jeweiligen Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig.
36 4.2.2.5. Diese Rechtslage gilt grundsätzlich auch für Polizeiärzte, weil diese von Gesetzes wegen Amtsärzte sind (vgl. § 41 Abs. 2 ÄrzteG 1998). Durch die Novelle BGBl. I Nr. 61/2010 wurde allerdings dem § 41 Abs. 4 ÄrzteG 1998, wonach dieses Bundesgesetz auf Amtsärzte hinsichtlich ihrer amtsärztlichen Tätigkeit nicht anzuwenden ist, ein zweiter Satz angefügt, demzufolge dies nicht für Polizeiärzte in Ausübung kurativer Tätigkeiten für die Dienstbehörde gilt.
37 In den Gesetzesmaterialien wird zu dieser Novellierung Folgendes ausgeführt (vgl. RV 779 BlgNR XXIV. GP, 19):
„Zu Z 5 (§ 41 Abs. 4):
§ 41 Abs. 2 Ärztegesetz 1998 stellt Polizeiärzte den Amtsärzten gleich, nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist daher auch das Ärztegesetz 1998 auf Polizeiärzte hinsichtlich ihrer amtsärztlichen Tätigkeit nicht anzuwenden. Da Polizeiärzte im Rahmen ihrer amtsärztlichen Tätigkeit auch (z.B. an in Polizeigewahrsam stehenden Personen) kurative Tätigkeiten erbringen, ergibt sich die Notwendigkeit, in dieser Hinsicht doch das Ärztegesetz 1998 auch auf Polizeiärzte Anwendung finden zu lassen, sodass etwa die dokumentationsrechtlichen Vorgaben des Ärztegesetzes 1998 diesbezüglich Geltung finden.
Daraus ergab sich das dringende Anliegen des Bundesministeriums für Inneres, die für Amtsärzte geltende Ausnahme vom Anwendungsbereich des ÄrzteG 1998 für Polizeiärzte hinsichtlich der Ausübung kurativer Tätigkeiten für die Dienstbehörde aufzuheben. Dadurch soll insbesondere vor dem Hintergrund des Datenschutzrechts die gewünschte Klarstellung und Absicherung der kurativen polizeiärztlichen Dokumentation erreicht werden.“
38 Motiv für die Aufnahme dieser Bestimmung ins ÄrzteG 1998 waren, wie sich aus den wiedergegeben Erläuterungen ergibt, nicht etwa umlagen- oder beitragsrechtliche Erwägungen. Vielmehr sollte eine Klarstellung erfolgen, dass jene Regelungen des ÄrzteG 1998, welche die Ausübung der (kurativen) ärztlichen Tätigkeit betreffen, auch für Polizeiärzte gelten, wenn diese im Rahmen ihres amtsärztlichen Berufs (kurativ) ärztlich tätig werden (vgl. etwa die in den zitierten Erläuterungen erwähnten Dokumentationspflichten gemäß § 51 ÄrzteG 1998). Eine Kammerangehörigkeit von Polizeiärzten in toto oder bloß insoweit, als sie im Rahmen ihrer amtsärztlichen Tätigkeit kurativ tätig sind, sollte dadurch nicht begründet werden.
39 Daraus folgt, dass Polizeiärzte, die ausschließlich ihren amtsärztlichen Beruf und nicht auch eine sonstige, insbesondere freiberufliche ärztliche Tätigkeit ausüben, auch insoweit, als sie im Rahmen ihres amtsärztlichen Berufes kurative ärztliche Tätigkeiten ausüben, keine (ordentlichen) Kammerangehörigen und folglich auch nicht zu einem Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig sind. Übt ein Polizeiarzt hingegen neben seinem amtsärztlichen Beruf auch eine sonstige, insbesondere freiberufliche ärztliche Tätigkeit aus, welche seine (ordentliche) Kammerangehörigkeit begründet, besteht insoweit auch eine Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der zuständigen Ärztekammer.
40 4.2.2.6. Maßgeblich für die Frage der Beitragspflicht für ein bestimmtes Beitragsjahr ist gemäß § 109 Abs. 1 ÄrzteG 1998, ob ein Arzt in diesem Kalenderjahr - nach den für dieses Jahr geltenden Rechtsvorschriften (vgl. VwGH 27.4.2021, Ra 2019/11/0009, Rn. 12, mwN) - Kammerangehöriger war. Besteht die - sich aus der Kammerangehörigkeit ergebende - Fondsmitgliedschaft allerdings nicht das ganze Beitragsjahr hindurch, ist (für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien) gemäß Pkt. IV. Abs. 10 der Beitragsordnung der Fondsbeitrag entsprechend der tatsächlichen Dauer der Mitgliedschaft im Beitragsjahr zu aliquotieren, wobei Teile von Monaten als volle Monate zu rechnen sind. Die zuletzt genannte Bestimmung geht davon aus, dass die Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds einer bestimmten Ärztekammer auch nur für Teile eines Beitrags-(Kalender-)jahres bestehen kann, was sich schon daraus ergibt, dass die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer, die gemäß § 109 Abs. 1 ÄrzteG 1998 Voraussetzung für die Beitragspflicht ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 68 Abs. 4 ÄrzteG 1998 auch während eines Kalenderjahres enden kann.
41 Als Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag wird hingegen (für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien) gemäß Pkt. IV. Abs. 5 der Beitragsordnung, von im Revisionsfall nicht relevanten Ausnahmen abgesehen, das Einkommen des dem laufenden Kalenderjahr drittvorangegangenen Kalenderjahres herangezogen. Wie sich aus den Bestimmungen des ÄrzteG 1998 (vgl. etwa § 109 Abs. 3, der von „jährlichen Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit“ spricht) und der Beitragsordnung (vgl. etwa Pkt. I. Abs. 1, der auf das gesamte in Österreich aus ärztlicher Tätigkeit erzielte Einkommen abstellt, sowie Pkt. I. Abs. 4) ergibt und durch die oben genannte Rechtsprechung bestätigt wird, ist dabei das gesamte in einem Kalenderjahr in Österreich erzielte Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, und zwar unabhängig davon, ob es auf Grund einer amtsärztlichen oder einer sonstigen ärztlichen Tätigkeit und in welchem Bundesland es erzielt wurde, und unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten während des Kalenderjahres gleichzeitig oder nacheinander ausgeübt wurden.
42 4.2.2.7. Für den Revisionsfall ergibt sich aus dieser Rechtslage Folgendes:
43 Das Verwaltungsgericht ist erkennbar davon ausgegangen, dass sich nicht nur die Höhe der Bemessungsgrundlage, sondern auch die Frage der Beitragspflicht der Revisionswerberin nach Art und Ausmaß ihrer ärztlichen Tätigkeit im drittvorangegangenen Kalenderjahr und nicht nach der ärztlichen Tätigkeit im Beitragsjahr richtet. Damit hat es die zuvor dargestellte Rechtslage verkannt.
44 Im Beitragsjahr 2014 war die Revisionswerberin in den Monaten Jänner bis März in der R Privatklinik in Wien tätig und für diesen Zeitraum unstrittig zur Leistung von Wohlfahrtsfondsbeiträgen verpflichtet. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war die Revisionswerberin in den übrigen Monaten dieses Kalenderjahres - also in drei Vierteln dieses Jahres - im Bundesdienst als Polizeiärztin tätig; eine sonstige (nicht amts-)ärztliche Tätigkeit in diesem Zeitraum hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Ausgehend von diesen unbekämpft gebliebenen Feststellungen bestand für die Revisionswerberin in den erwähnten übrigen Monaten daher keine ordentliche Kammerangehörigkeit, sodass sie auch nicht zur Leistung von Wohlfahrtsfondsbeiträgen verpflichtet war. Der Fondsbeitrag für das Kalenderjahr 2014 war daher - auf der Basis der unbestrittenen Feststellungen - entsprechend der Dauer der Fondsmitgliedschaft in diesem Kalenderjahr zu aliquotieren, betrug somit nur ein Viertel des (für das gesamte Jahr errechneten) Beitrages, und als Bemessungsgrundlage war das gesamte in Österreich erzielte Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit des (drittvorangegangenen) Kalenderjahres 2011 heranzuziehen, also sowohl jenes aus der ärztlichen Tätigkeit der Revisionswerberin bei der R Privatklinik GmbH in Wien als auch das aus der Beschäftigung beim Land Oberösterreich.
45 Die mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Festsetzung des Wohlfahrtsfondsbeitrags für das Jahr 2014 erweist sich folglich als rechtswidrig.
46 Für das Beitragsjahr 2017 hat es das Verwaltungsgericht unterlassen, Feststellungen über die Zugehörigkeit der Revisionswerberin zur Ärztekammer für Wien zu treffen, was aber notwendige Voraussetzung für die Beurteilung der Beitragspflicht in diesem Kalenderjahr gewesen wäre.
47 Auch die mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Festsetzung des Wohlfahrtsfondsbeitrags für das Jahr 2017 erweist sich demnach als rechtswidrig.
48 Sollte für die Revisionswerberin - auf Grund der Ausübung einer sonstigen (nicht amts-)ärztlichen Tätigkeit - für das Beitragsjahr 2017 eine Beitragspflicht bestehen, wird das Verwaltungsgericht im fortzusetzenden Verfahren zu beachten haben, dass die Revisionswerberin in diesem Fall Beiträge nach Maßgabe ihrer gesamten im (drittvorangegangenen) Kalenderjahr 2014 erzielten Einkünfte zu leisten hätte, mit anderen Worten wären sowohl die - in dem einen Teil des Kalenderjahres 2014 - aus einer freiberuflichen Tätigkeit (nach den Feststellungen: in der R Privatklinik GmbH in Wien) erzielten Einkünfte als auch die - im übrigen Kalenderjahr 2014 - aus ihrer polizeiärztlichen Tätigkeit erzielten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag 2017 einzubeziehen.
49 4.3. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen vorrangig wahrzunehmender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
50 4.4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 12. Oktober 2021
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020110189.L00Im RIS seit
08.12.2021Zuletzt aktualisiert am
20.12.2021