TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/12 95/19/1195

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Veröffentlicht am 12.11.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. August 1995, Zl. 302.773/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. August 1995 wurde der am 1. März 1995 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad eingebrachte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe zwar den Antrag am 1. März 1995 im Ausland eingebracht, sie sei jedoch seit 26. Juli 1994 in Wien polizeilich gemeldet und habe daher ihren Antrag nicht vor der Einreise, mit der ihr derzeitiger Aufenthalt begonnen habe, gestellt. In ihrem Reisedokument sei weder ein Einreise-, noch ein Ausreisevermerk für den Zeitraum der Antragstellung ersichtlich. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat erstmals den Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG gebraucht. Ändert die Behörde gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund, so ist sie verpflichtet, dies dem Beschwerdeführer vorzuhalten (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 336, wiedergegebene Judikatur). Eigene Angaben müssen der Partei demgegenüber nicht vorgehalten werden.

Im Gegensatz zu den Darlegungen im angefochtenen Bescheid ist aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren (vgl. Seite 2 und 3 verso des Verwaltungsaktes) nicht ersichtlich, daß sie sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in Belgrad in Österreich aufgehalten habe. Auch eine Anwesenheit der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet am 7. Juni 1995 kann aus ihren Angaben in der Berufung nicht abgeleitet werden, zumal sie zwar dort als ihre Adresse eine solche in Wien angibt, jedoch im folgenden ausführt, sie befinde sich zur Zeit in einem Teil Restjugoslawiens (vgl. Seite 29 des Verwaltungsaktes).

Damit unterliegt ihr Beschwerdevorbringen, sie habe sich vor ihrer Antragstellung aufgrund von Touristensichtvermerken zeitweise im Inland aufgehalten, den gegenständlichen Antrag während eines Aufenthaltes im Ausland gestellt und in der Folge einen ihr für den Zeitraum vom 23. Mai 1995 bis 31. Mai 1995 ausgestellten Touristensichtvermerk ausgenützt, ohne in Österreich dauernd Aufenthalt zu nehmen, nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Bei dieser Konstellation wäre aber der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG aus den im hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 95/19/1898, dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, Genüge getan.

Da das Vorhandensein von Einreise- und Ausreisevermerken im Reisedokument der Beschwerdeführerin im Zeitraum der Antragstellung nur dann von Bedeutung wäre, wenn sich diese unmittelbar vor Antragstellung im Inland aufgehalten hätte, hat sie mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels dargelegt.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung wäre die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung ausreichend gewesen. Für die vorgelegte Ausfertigung des Bescheides wären lediglich S 30,-- an Stempelgebühren beizubringen gewesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191195.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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