TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/12 95/19/0983

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.1996
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin V, diese vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Juli 1995, Zl. 302.217/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Landeshauptmann von Wien hat mit Bescheid vom 13. März 1995 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. Juli 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück, weil die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 5. April 1995 rechtswirksam erfolgt sei, die Berufung aber erst am 21. April 1995, daher verspätet, eingebracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß die Zustellung über die österreichische Botschaft in Laibach erfolgt sei. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien sei der Minderjährigen am 7. April 1995 ausgefolgt worden. Dies sei anläßlich der Vorsprache der gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin, V, in der Kanzlei des Vertreters der Beschwerdeführerin Dr. S in einem Aktenvermerk festgehalten worden. Dementsprechend sei die Rechtsmittelfrist ab dem 7. April 1995 vorgemerkt und die Berufung am 21. April 1995 ausgeführt worden. Bei der Zustellung im Wege einer Botschaft habe diese nicht die Funktion der Post, wo "bei Einlangen des Bescheides der Behörde" eine Hinterlegung vorliege, sondern es sei die tatsächliche Übernahme des Bescheides maßgeblich. Die Beschwerdeführerin legte der Beschwerde den bekämpften Bescheid erster Instanz samt undatiertem Vermerk und Unterschrift der V bei. Die Beschwerdeführerin rügt, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, ihr in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Der Beschwerde ist aufgrund folgender Umstände der Erfolg zu versagen:

Die in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten enthaltene Übernahmsbestätigung weist folgenden Text -

"Ich, V (Erziehungsber.) bestätige die Übernahme des Bescheides des Amtes der Wiener Landesregierung vom 17.3.95 Zl. MA62 - 9/2075866-02. f S.

L, am 5. Apr. 95" -

sowie die - aus einem Vergleich mit der im zuvor zitierten Aktenvermerk und einem Zustellschein (Akt Blatt 26) aufscheinenden Unterschriften eindeutig erkennbar - eigenhändige Unterschrift der gesetzlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin, V, auf.

Auf diesbezüglichen Vorhalt durch den Verwaltungsgerichtshof antwortete die Beschwerdeführerin:

"Die Beschwerdeführerin war der festen Überzeugung, daß sie den gegenständlichen Bescheid am 7.4.1995 übernommen hat und dieses Datum und diese Überzeugung auch dem ausgewiesenen Beschwerdeverfasser bekannt gegeben hat.

Sie befand sich daher in einem entschuldbaren Irrtum."

Gemäß der hg. Judikatur trägt die Berufungsbehörde wohl das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel, wenn sie dem Berufungswerber die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist nicht zur Stellungnahme vorhält (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 519 f, zitierte Judikatur). Die Aufhebung eines Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kommt aber nur dann in Betracht, wenn es sich um wesentliche Verfahrensmängel handelt, wobei deren Wesentlichkeit in der Beschwerde darzutun ist (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 591 angeführte Judikatur). Im Lichte dieser Judikatur erweist sich die ursprüngliche, nach dem Inhalt der Äußerung vom 26. September 1996 auf einem Irrtum ihrerseits zurückzuführende, Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe den erstinstanzlichen Bescheid erst am 7. April 1995 übernommen, angesichts des Vorhandenseins der die Übernahme am 5. April 1995 bestätigenden eigenhändigen Unterschrift ihrer gesetzlichen Vertreterin auf der in den Verwaltungsakten enthaltenen Übernahmsbestätigung als nicht geeignet, davon ausgehen zu können, die belangte Behörde hätte bei Unterlassung des ihr vorgeworfenen, in der Verletzung des Parteiengehörs erblickten Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid gelangen können. Denn ein "entschuldbarer Irrtum" über das Datum der Zustellung bewirkt nicht die Ungültigkeit des Zustellvorganges und ist daher für die Berechnung der Rechtsmittelfrist ohne Bedeutung.

Die Berufung wurde gemäß den eigenen Angaben iVm dem Poststempel erst am 21. April 1995, also nach Ablauf der Berufungsfrist zur Post gegeben.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör RechtsmittelverfahrenInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190983.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten