TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/7 L525 2221828-1

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Veröffentlicht am 07.08.2019
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Entscheidungsdatum

07.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
BFA-VG §21 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


L525 2221828-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1.7.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) In Stattgebung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG ist dem Beschwerdeführer die Wiedereinreise zu gestatten.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer – ein pakistanischer Staatsangehöriger – stellte am 27.8.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 4.12.2012, Zl. E13 429.357-1/2012-10E rechtskräftig abgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 4.8.2015 über einen asylrechtlichen Aufenthaltstitel in Italien, nämlich eine sog. "Permesso di Soggiorno Motivi Humanitare".

Der Beschwerdeführer wurde am 22.8.2017 abermals im Bundesgebiet aufgegriffen und gab der Beschwerdeführer damals an, er wolle am 23.8.2017 ausreisen. Der Beschwerdeführer übernahm am 30.1.2018 die Verständigung, dass er das Bundesgebiet zu verlassen habe und werde eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Am 2.2.2018 wurde der Beschwerdeführer abermals einvernommen und wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben nach Italien auszureisen. Dieser Verpflichtung sei der Beschwerdeführer am 8.2.2018 nachgekommen.

Der Beschwerdeführer wurde am 27.6.2019 durch Beamte der LPD Wien in einem Lokal kontrolliert. Dabei wies der Beschwerdeführer ein Flugticket vor, wonach er am 25.3.2019 nach Österreich eingereist sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 28.6.2019 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab dort – soweit für das Verfahren von Bedeutung – an, er sei nach Österreich, weil hier Freunde von ihm seien. Er sei in Österreich nicht gemeldet und würde bei Freunden wohnen. Er habe ca. € 200,- Bargeld bei sich. Er sei zuletzt im Dezember 2018 in Pakistan gewesen, er habe dort seine Familie besucht. Er arbeite in Italien als Reinigungskraft. Er verfüge über einen Reisepass, einen Personalausweis, eine italienische Identitätskarte und eine Aufenthaltsbewilligung. Er habe noch Kleidungsstücke und persönliche Sachen in der Wohnung, in der er sich während seines Aufenthaltes aufgehalten habe.

Mit Bescheid vom 28.6.2019 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 AVG angeordnet. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (hg. GZ W117 2220756-1).

Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid des BFA vom 1.7.2019 ertielte das BFA keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.) und wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein zweijähriges Einreiseverbot erlassen.

Begründend führte das BFA aus, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Er sei pakistanischer Staatsbürger und volljährig. Er spreche Urdu, Punjabi und etwas Deutsch. Er sei verheiratet und habe zwei Kinder. Seine Familie lebe in Pakistan. Der Beschwerdeführer sei laut vorgezeigtem Ticket am 25.3.2019 in das Bundesgebiet eingereist. Er sei durchgehend im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Sein Aufenthalt sei bis zum 22.6.2019 rechtmäßig gewesen. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Aufenthaltsberechtigung und keine Niederlassungsbewilligung und sei auch nicht im Besitz eines Visums. Er sei behördlich gemeldet, wohne aber an einer anderen Adresse. Es liege der Verdacht nahe, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt im Verborgenen verbringen wolle. Er verfüge nur über geringe Barmittel und sei nicht in der Lage seinen Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. Er müsse daher als mittelloser Fremder angesehen werden. Der Beschwerdeführer habe massiv die Bestimmungen des FPG übertreten, da er beim illegalen Aufenthalt betreten worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine nennenswerten Beziehungen zu Österreich. Zum Einreiseverbot führte das BFA an, der Beschwerdeführer gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und sei nicht in der Lage selbst für seinen Unterhalt aufzukommen. Er habe durch sein persönliches Verhalten die Bestimmungen des FPG übertreten und stelle dies eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Es sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer zur Finanzierung seines Aufenthaltes entsprechenden Handlungen setzen werde, welche nicht den bestehenden österreichischen Rechtsvorschriften entsprechen würden. Der Beschwerdeführer sei mittellos und sei dies als schwerwiegende Übertretung des FPG zu werten, weiters habe er sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten und verfüge über keinen ordentlichen Wohnsitz.

Der Beschwerdeführer wurde am 5.7.2019 um 18:54 via Schwechat aus dem Bundesgebiet nach Pakistan abgeschoben.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und wurde mit Mail vom 31.7.2019 darüber informiert, dass die Beschwerde am 30.7.2019 eingelangt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, verfügt in Italien einen Aufenthaltstitel, welcher bis 19.12.2019 gültig ist (Permesso di Soggiorno Motivi umanitari). Der Beschwerdeführer reiste am 25.3.2019 in das Bundesgebiet ein. Der gegenständliche Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 1.7.2019 zugestellt. Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 28.6.2019 in Schubhaft genommen und am 5.7.2019 nach Pakistan abgeschoben. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 6 FPG aufgefordert wurde das Bundesgebiet zu verlassen. Der Beschwerdeführer verfügte bei seiner Anhaltung am 27.6.2019 über € 200,-. Der Beschwerdeführer war in Österreich an der Adresse Zwölfergasse 9/6, 1150 Wien vom 30.11.2017 bis zum 29.7.2019 gemeldet. Der Beschwerdeführer war während seines Aufenthaltes in Österreich nicht dort aufhältig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt des Aufgriff am 27.6.2019 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Protokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8.7.2019 zur hg GZ W117 2220756-1/33Z. Dass der Beschwerdeführer in Italien über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügt ergibt sich eindeutig aus dem Verwaltungsakt ebenso wie die restlichen Feststellungen. Dass der Beschwerdeführer aus am 5.7.2019 aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde, ergibt sich aus dem seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten Protokoll vom 8.7.2019 zur hg GZ W117 2220756-1/33Z. Dass der Beschwerdeführer am 27.6.2019 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer – unbestritten – am 25.3.2019 in das Bundesgebiet eingereist ist um daher sein 90-tägiger sichtvermerksfreier Aufenthalt am 22.6.2019 endete. Dies wird nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF lautet auszugsweise:

"Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt. Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken.

(2a) Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG).

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

...

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Die Beschwerde bringt zunächst vor, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 52 Abs. 6 FPG zur sofortigen Ausreise verpflichtet werden müssen. Da dies nicht geschehen sei müsse davon ausgegangen werden, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ansehe. Dies sei verfehlt, der Beschwerdeführer habe bereits in der Einvernahme erklärt, er sei ausreisewillig. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer schon im Jahr 2018 aufgefordert worden aus dem Bundesgebiet auszureisen und sei dieser seiner Ausreiseverpflichtung auch nachgekommen. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung stelle der Beschwerdeführer nicht dar.

Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.

§ 52 Abs. 6 FrPolG 2005 ist vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der "Verpflichtung" ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen (vgl. VwGH vom 21.12.2017, Zl. Ra 2017/21/0234, mwN). Im Kontext des § 52 Abs. 6 FPG kommt es nicht schlichtweg auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an, sondern darauf, ob angesichts einer solchen Gefährdung die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet erforderlich ist (vgl. den Beschluss des VwGH vom 3.7.2018, Zl. Ro 2017/21/0007).

Fallbezogen argumentiert die belangte Behörde zum einen mit dem rechtswidrigen Aufenthalt des Beschwerdeführers, andererseits mit der festgestellten Mittellosigkeit und der Annahme, dass der Beschwerdeführer angesichts dieser Mittellosigkeit wohl rechtswidriges Verhalten an den Tag legen würde. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer nicht ordentlich gemeldet gewesen.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Feststellung, der Beschwerdeführer werde aufgrund seiner Mittellosigkeit in Österreich wohl zur Finanzierung seines Aufenthaltes entsprechende Handlungen setzen, spekulativ ist und seitens der belangten Behörde keine Umstände aufgezeigt wurden, die derartige Rückschlüsse zulassen würden. Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten und geht nach eigenen Angaben in Italien einer Beschäftigung als Reinigungskraft nach. Ebenso würdigte die belangte Behörde – wie die Beschwerde richtig aufzeigt – in keiner Weise den Umstand, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 nachweislich nach Aufforderung wieder nach Italien gereist ist und auch in der niederschriftlichen Einvernahme am 28.6.2019 eindeutig angegeben hat, dass er ausreisewillig wäre. Warum dies nicht zutreffen sollte oder nicht glaubhaft sei, führte die belangte Behörde indes nicht aus. Ebenso verfügte der Beschwerdeführer zumindest über so viel Bargeld, dass er – nach allgemeiner Lebenserfahrung – nach Italien hätte zurückreisen können. Soweit die belangte Behörde den Umstand des illegalen Aufenthalts in Österreich heranzieht um von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auszugehen, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei einer derart kurzen Überschreitung des legalen Aufenthaltes § 52 Abs. 6 FPG ja offensichtlich anordnet, dass sich der Drittstaatsangehörige wieder in das Land, in welchem er einen Aufenthaltstitel hat, zurückzubegeben hat. Dies ergibt sich schon aus der oben angeführten Rechtsprechung, wonach ein nicht rechtmäßig aufhältiger Fremder im Anwendungsbereich des § 52 Abs. 6 FPG zunächst zur Ausreise in den Mitgliedstaat zu verhalten ist, in welchem er über ein Aufenthaltsrecht verfügt. Das erkennende Gericht übersieht dabei nicht, dass illegale Aufenthalte in Österreich regelmäßig eine massive Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Allerdings können derart kurze illegale Aufenthalte (gegenständlich: ganze fünf Tage!) im Rahmen des § 52 Abs. 6 FPG regelmäßig nicht dazu führen, dass von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden kann, sondern löst dies ja erst das Vorgehen nach § 52 Abs. 6 FPG und der Aufforderung an den Drittstaatsangehörigen das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen aus. In derartigen Konstellationen kann wohl nicht von der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise zur Wahrung öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen werden. Auf jeden Fall unterließ die belangte Behörde derartige Umstände, die eine sofortige Ausreise und daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung notwendig gemacht hätten, aufzuzeigen. Da aber eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und einer sofortigen Ausreise nicht aufgezeigt wurden hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 6 FPG zunächst zur unverzüglichen Ausreise auffordern müssen, weswegen die gegenständliche Rückkehrentscheidung und die damit zusammenhängenden anderen Spruchpunkte ersatzlos zu beheben waren. Auf § 21 Abs. 5 BFA-VG wird hingewiesen.

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde nicht in Beschwerde gezogen.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Da aufgrund der Aktenlage bereits klar war, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war, konnte von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit Einreiseverbot aufgehoben Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung behoben Wiedereinreise zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2221828.1.00

Im RIS seit

07.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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