Entscheidungsdatum
29.09.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L527 2197226-1/28E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.04.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
C) Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung gab er an, im Iran könne man sich die Religion nicht aussuchen. Sein Vater habe gewollt, dass er ein Moslem werde. Er habe viele Freunde, die Christen seien. Er habe auch Interesse, ein Christ zu werden. „Sie“ hätten ihm gesagt, dass an einer Sitzung teilnehmen solle, was er dann auch getan habe. Er habe sich entschlossen, seine Religion zu wechseln, was jedoch verboten sei. Einer der Teilnehmer sei von der Polizei verhaftet worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin mit seiner Familie gesprochen und sei dann geflüchtet. Zwei Personen hätten „sie“ schon hingerichtet. Im Falle der Rückkehr in den Iran fürchte er um sein Leben; er würde hingerichtet werden.
In seiner Einvernahme am 04.04.2018 begründete der Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) die Ausreise aus dem Iran und die Asylantragstellung – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt: Er habe als freier Mensch leben wollen und für sich selbst entscheiden, was im Iran jedoch nicht möglich gewesen sei, weil die Schiiten strenggläubig seien. Er habe für sich selbst eine Religion finden wollen, was ihm jedoch vor seinem Militärdienst nicht gelungen sei. Nach seinem Militärdienst habe der Beschwerdeführer gesehen, dass es im Iran immer Trauerfeierlichkeiten gebe und Verstöße gegen die Islamvorschriften streng bestraft würden. Es habe ihn gestört, wenn Prediger nur für Muslime gebetet hätten, und nicht für die gesamte Menschheit. Als er in einer Firma zu arbeiten begonnen habe, habe er nach einiger Zeit erfahren, dass nicht alle seiner Kollegen Moslems seien. Er habe nicht gewusst, welche Religion diese gehabt hätten, jedoch seien sie sehr freundlich und anziehend gewesen. Nachdem er ihr Vertrauen gewonnen habe, hätten sie ihm erzählt, dass sie ihren Glauben gewechselt hätten und nun Christen seien. Sie hätten dem Beschwerdeführer über das Christentum erzählt und ihn später mit ihrem Pfarrer bekannt gemacht. Er sei daraufhin gemeinsam mit drei Arbeitskollegen in einem Zeitraum von weniger als einem Jahr ein- oder zweimal in der Woche zu dem Pfarrer gegangen. Er habe immer mehr Interesse am Christentum bekommen und mehr lernen wollen. Einen Monat vor seiner Ausreise sei ein „christlicher Neuling“ gehängt worden, woraufhin der Priester ein Treffen organisiert und ihnen mitgeteilt habe, dass keine Messe mehr abgehalten werde. Drei Wochen vor seiner Ausreise seien dann zwei seiner Kollegen festgenommen worden. Der Beschwerdeführer sei daraufhin nicht mehr zur Arbeit gegangen und habe seiner Mutter schließlich alles erzählt. Sein Vater habe ihm geraten, in ein anderes Bundesland zu gehen, weshalb er zu seinem Onkel mütterlicherseits gegangen sei. Am vierten Tag habe ihn dann seine Mutter angerufen und erzählt, es seien zwei Zivilbeamte des Geheimdiensts bei ihnen gewesen. Diese hätten seinem Vater Bilder vom Beschwerdeführer auf dem Weg zur Hauskirche gezeigt und gesagt, es werde ein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer erlassen, wenn sich dieser nicht binnen 24 Stunden stellen würde. Ein Freund habe dem Beschwerdeführer empfohlen, das Land zu verlassen. Der Vater des Beschwerdeführers habe daraufhin einen Schlepper gesucht und gefunden. So sei der Beschwerdeführer nach Österreich gekommen. Bei einer Rückkehr würde er wegen seiner Religionszugehörigkeit festgenommen werden.
Im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.04.2018 brachte der Beschwerdeführer unter anderem seine iranische Geburtsurkunde und seinen iranischen Führerschein jeweils im Original, zwei Deutschkursbesuchsbestätigungen, mehrere Teilnahmebestätigungen betreffend „Info-Modulen für Flüchtlinge“ der Stadt XXXX , ein Schreiben Glaubensgemeinde „Kirche der Apostelgeschichte - Church of Acts“ im Rahmen der Vereinigten Pfingstkirche Österreichs und eine Taufurkunde in Vorlage.
Die belangte Behörde erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen für nicht glaubhaft. Es sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bereits im Iran Interesse am Christentum gehabt und eine Hauskirche besucht habe. Es sei auch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Fotos, auf denen man sehen würde, wie er mit Freunden zu einer Hauskirche gehen würde, von Geheimdienstleuten gesucht worden wäre. Ebenso wenig glaubhaft sei, dass sich der Beschwerdeführer aus tiefster, innerer Überzeugung dem christlichen Glauben zugewandt habe bzw. sich nunmehr zuwende. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für 17.04.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. Mit der Ladung übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran und forderte ihn zur näher bezeichneten Mitwirkung am Verfahren auf. Der Beschwerdeführer ließ die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme und Vorlage von Bescheinigungsmitteln ungenützt verstreichen. Aufgrund der COVID-19-Situation verlegte das Bundesverwaltungsgericht die Verhandlung auf den 15.05.2020.
In der Verhandlung am 15.05.2020 vernahm das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer, der mit einem Vertreter der seinerzeitig bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erschien, ein. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter zur Verhandlung. Der Beschwerdeführer brachte im Zuge der Verhandlung im Übrigen eine Teilnahmebestätigung eines Alphabetisierungskurses, ein Zeugnis über die positive Absolvierung der Integrationsprüfung A1 und mehrere medizinische Unterlagen in Vorlage.
Die seinerzeitig bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation legte ihre Vollmacht mit Ende 2020 zurück.
Mit Schreiben vom 08.03.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer das aktualisierte Länderinformationsblatt für den Iran und wies ihn auf die Möglichkeit hin, innerhalb bestimmter Frist allfällige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekanntzugeben bzw. Bescheinigungsmittel vorzulegen. Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin mit 30.03.2021 eine Stellungnahme und gab dem Bundesverwaltungsgericht die der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH erteilte Vollmacht bekannt.
Mit Eingabe vom 16.03.2021 erging seitens der Volksanwaltschaft eine Anfrage an das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Dauer des Beschwerdeverfahrens.
Mit Schreiben vom 16.07.2021 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die (zwischenzeitlich) aktualisierte Fassung des Länderinformationsblatts für den Iran. Ferner wies das Bundesverwaltungsgericht auf die Mitwirkungspflicht bzw. -obliegenheit, die Verfahrensförderungspflicht und die Möglichkeit hin, innerhalb bestimmter Frist allfällige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekanntzugeben bzw. Bescheinigungsmittel vorzulegen. Weiters brachte das Bundesverwaltungsgericht der belangten Behörde die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30.03.2021 zur Kenntnis. Weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer erstatteten (fristgerecht) eine Eingabe.
Der Beschwerdeführer legte mit ERV-Eingabe vom 09.08.2021 dem Bundesverwaltungsgericht Bescheinigungsmittel vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: iranischer Staatsangehöriger. Er ist ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Farsi (Muttersprache) und hat außerdem geringe Deutschkenntnisse (siehe unten). Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Perser an und wurde als Moslem (Schiit) geboren; mittlerweile bezeichnet er sich als Christ, Protestant. Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren oder gar lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung; er befindet sich weder in ärztlicher Behandlung noch in einer Therapie und bedarf auch keiner Medikamente.
Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und wuchs dort auch auf. Er lebte mit seinen Eltern und seiner Schwester zusammen. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat über zehn Jahr die Schule, erlangte die Matura und leistete danach den Militärdienst. Anschließend führte er ein Lebensmittelgeschäft, später eine Boutique und im letzten Jahr vor seiner Ausreise arbeitete er als Vorarbeiter/Polier in der Baubranche. Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat Angehörige/Verwandte, namentlich seine Eltern und drei Schwestern sowie Onkel und Tanten. Der Bruder des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Die Eltern des Beschwerdeführers leben gemeinsam mit seiner älteren Schwester in XXXX . Die beiden anderen Schwestern leben in XXXX und XXXX . Der Beschwerdeführer hat sowohl mit seinen Eltern als auch mit seinen Schwestern laufend Kontakt.
Der Beschwerdeführer verließ den Iran Anfang 2016 - das genaue Datum kann nicht festgestellt werden - illegal und reiste Anfang Februar 2016 illegal nach Österreich ein, wo er am 10.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer bezieht seit Anfang Februar 2016 laufend Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Er wohnte seit Ende Mai 2020 in einer organisierten Unterkunft der Caritas der Erzdiözese XXXX und bewohnt seit Ende August 2021 eine von einem Verein geführte organisierte Unterkunft. Die Betreiberin der früheren Unterkunft attestiert dem Beschwerdeführer, dass er hilfsbereit, offen und kontaktfreudig sei; er habe von Anfang an einen guten Kontakt zum Team der Betreuerinnen gehabt. Nach kurzer Zeit habe er angeboten, einen der internen Putzjobs im Quartier zu übernehmen. Aufgrund seiner Kochkünste sei er auch immer wieder eingesetzt worden, um bei hausinternen Veranstaltungen Speisen zuzubereiten. Der Beschwerdeführer habe von Anfang an große Lernbereitschaft und ein großes Interesse an der österreichischen Kultur gezeigt.
Der Beschwerdeführer war und ist in Österreich nicht (legal) erwerbstätig.
Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihm erlaubten, die in der Verhandlung am 15.05.2020 in deutscher Sprache gestellten (einfachen) Fragen auf einfache Weise zu beantworten. Er hat in Österreich zwei Deutschkurse besucht: „Deutsch A1 – Teil 3 und 4“ von September 2016 bis November 2016, sowie „Deutsch A2 – Teil 1 und 2“ von November 2016 bis Februar 2017. Der Beschwerdeführer hat zudem im Jahr 2017 an mehreren jeweils eintägigen Info-Modulen (Bildung, Arbeitsmarktintegration, Wohnen, Soziales) des XXXX XXXX und am 27.09.2017 an einem eintägigen Modul „Polizei & Sicherheit“ der Polizei Kriminalprävention sowie von Jänner 2019 bis März 2019 an einem Alphabetisierungskurs im Rahmen des Projekts „ XXXX XXXX Flüchtlinge – Integration ab Tag 1“ teilgenommen. Am 19.06.2019 hat er die Integrationsprüfung des Österreichischen Integrationsfonds auf dem Niveau A1 positiv absolviert. Weiter(gehend)e Deutschprüfungen, etwa die Prüfung auf dem Niveau A2, hat der Beschwerdeführer nicht absolviert.
Von Anfang 2018 bis Ende 2019 nahm der Beschwerdeführer an Aktivitäten der „ XXXX “, einem Projekt bzw. einer Kunstplattform der Caritas der Erzdiözese XXXX , teil. Konkret nahm er unter anderem am Projekt „ XXXX “, an Theaterworkshops, Konzerten und Festen teil bzw. wirkte er daran mit.
Der Beschwerdeführer wurde Mitglied der Glaubensgemeinde „Kirche der Apostelgeschichte - Church of Acts“ und nahm zeitweise an deren Gemeinschaftsleben teil. Von Anfang Dezember 2019 bis zum Beginn der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie in Österreich im Frühjahr 2020 besuchte der Beschwerdeführer einen Bibelkurs in der Evangelikale Gemeinde XXXX .
Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; er ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich und auch nicht ehrenamtlich/gemeinnützig tätig.
Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich und lebt hier in keiner Lebensgemeinschaft. Er verfügt hier über einen kleinen Freundes- und Bekanntenkreis, dem wenige österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Konkret ist der Beschwerdeführer mit einem österreichischen Ehepaar befreundet sowie mit der österreichischen Freundin seines iranischen besten Freundes. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Bekannten/Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung.
Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf. Der Beschwerdeführer wurde wegen Diebstahls angezeigt und gestand diesen Diebstahl vor der belangten Behörde auch ein; das Strafverfahren wurde diversionell in Form von Sozialstunden erledigt.
Dem Beschwerdeführer fehlt es an persönlicher Glaubwürdigkeit und Aufrichtigkeit.
1.2. Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt. Dazu sei hervorgehoben:
1.2.1. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:
1.2.1.1. Der Beschwerdeführer ist aus seinem Herkunftsstaat nicht geflohen, er wurde dort nicht verfolgt und nicht bedroht. Namentlich wurde er nie von Behörden in seinem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden. Der Beschwerdeführer war im Iran nie in Haft, wurde nie strafrechtlich verurteilt und es besteht auch kein Haftbefehl gegen ihn. Die iranischen Behörden such(t)en nicht bzw. der iranische Staat sucht(e) nicht nach dem Beschwerdeführer.
Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus Gründen der Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Er hatte weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner politischen Gesinnung Probleme. Er hat seinen Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich mit einer behaupteten Bedrohung und/ oder Verfolgung wegen seines angeblichen Interesses für das Christentum und seiner (angeblichen) Konversion begründet.
Von etwaigen oberflächlichen Informationen, wie sie allenfalls durch Schulbildung und allgemeinen, das heißt nicht spezifisch auf christliche Inhalte ausgerichteten, Medienkonsum erlangt werden können, abgesehen, hatte der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat keine Kenntnisse über das Christentum. Der Beschwerdeführer hatte sich vor seiner Ausreise aus dem Iran nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt, ihn nicht praktiziert und auch nicht beschlossen, Christ zu werden. Im Iran hatte er keine Bibel und er besuchte auch keine Hauskirche oder anderweitige christliche Treffen. Dergleichen und ein Abfall vom Islam wurden und werden dem Beschwerdeführer auch nicht unterstellt.
1.2.1.2. Nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet besuchte der Beschwerdeführer zunächst eine – nach eigenen Angaben – iranische evangelisch-protestantische Glaubensgemeinde in XXXX . Dort wurde ihm mitgeteilt, dass er nicht sofort getauft werden könne. Er müsste längere Zeit die Kirche besuchen und dann würde entschieden, ob er getauft werde oder nicht. Aus diesem Grund verließ der Beschwerdeführer die Glaubensgemeinde und wechselte zur Gemeinde „Kirche der Apostelgeschichte - Church of Acts“ im Rahmen der Vereinigten Pfingstkirche Österreich. Bei der Vereinigten Pfingstkirche Österreichs handelt es sich um eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft gemäß § 2 Abs 1 BekGG 1998 (Bescheid vom 17.04.2018, BKA-KA12.056/0005-Kultusamt/2017). Am 13.08.2017 wurde der Beschwerdeführer – ohne eine vorangegangene Vorbereitung – durch die „Kirche der Apostelgeschichte - Church of Acts“ getauft und Mitglied der Glaubensgemeinde. Jedenfalls bis Anfang April 2018 besuchte der Beschwerdeführer dort mit einer Anwesenheitsquote von 72 % Gottesdienste, die in den Sprachen Deutsch, Englisch und Farsi abgehalten wurden. Der Beschwerdeführer nahm ferner an einem „Jüngerschafts-Kurs“ teil und wurde mittels Bibelstunden in der christlichen Lehre unterrichtet. In der Folge reduzierte sich die Teilnahme des Beschwerdeführers an den Gottesdiensten in einem Ausmaß, dass ihm die Glaubensgemeinde bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Bestätigung mehr ausstellte. Auch in weiterer Folge bestätigte die Glaubensgemeinde nicht mehr, dass der Beschwerdeführer an Gottesdiensten oder am übrigen Gemeinschaftsleben teilnehme. Von Anfang Dezember 2019 bis zum Beginn der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie in Österreich im Frühjahr 2020 besuchte der Beschwerdeführer einen Bibelkurs in der Evangelikale Gemeinde XXXX . Diese ist Mitglied des Bundes Evangelikaler Gemeinden in Österreich, welcher wiederum im Rahmen der „Freikirchen in Österreich“ als Kirche (Religionsgesellschaft) anerkannt ist (BGBl II 250/2013). Der Beschwerdeführer hatte und hat in keiner Glaubensgemeinde eine besondere Funktion inne und übernimmt und übernahm dort auch keine Aufgaben.
Der Beschwerdeführer hat geringe Kenntnisse vom Christentum und von den Grundlagen des protestantischen Glaubens.
Der Beschwerdeführer hat sich nicht tatsächlich, und schon gar nicht aus Überzeugung, vom islamischen Glauben abgewandt. In den vergangenen Jahren hat er allenfalls ein geringes Interesse am Christentum entwickelt und sich damit befasst, er ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Seine Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Der Beschwerdeführer missioniert nicht und würde in seinem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.
Jene Personen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, die von seiner – nicht aus innerer Überzeugung geschehenen – Hinwendung zum Christentum wissen, namentlich die unter 1.1. genannten Angehörigen, haben damit kein Problem und der Beschwerdeführer hätte von ihnen im Falle der Rückkehr nichts zu befürchten.
Die Behörden im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers haben von der – nicht aus innerer Überzeugung geschehenen – Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie von der Taufe des Beschwerdeführers und der sonstigen christlichen Betätigung im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden.
Selbst für den Fall, dass (weitere) Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von der Taufe und den weiteren religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.
1.2.2. Zur allgemeinen Lage im Iran und der allgemeinen Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:
1.2.2.1. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände, namentlich auch der COVID-19-Pandemie, und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts.
Die vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr fußen in erster Linie auf der – nicht zutreffenden – Prämisse einer echten, inneren Konversion zum Christentum (AS 65 ff, insbesondere 79, 181 ff; OZ 12, S 25, OZ 21). Auch ansonsten hat der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde.
1.2.2.2. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.
Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Der Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Der Beschwerdeführer stammt außerdem nicht aus einer Minderheitenregion, wie dem Nordwesten des Iran oder der Region um den Persischen Golf, sondern, wie bereits festgestellt, aus XXXX , wo seine Eltern und eine seiner Schwestern nach wie vor ohne Probleme leben.
1.2.2.3. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht. Zudem dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden in der Regel gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.
1.2.2.4. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen sowie weitere Angebote. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend; laut World Health Organization haben 98 % aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht gleichzusetzen mit europäischem Standard. Wenngleich es im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen Iran zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen ist, gibt es im Allgemeinen keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem.
Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers (insbesondere Schulbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Anknüpfungspunkte) ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Er wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers feststellbar.
1.2.2.5. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. So wurden 2020 mindestens 160 Personen zu Peitschen- bzw. Stockhieben verurteilt sowohl wegen Diebstahls oder Überfällen als auch wegen Handlungen, die laut Völkerrecht nicht strafbar sind, wie z. B. Beteiligung an friedlichen Protesten, außereheliche oder einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen sowie Teilnahme an Feiern, bei denen sowohl Männer als auch Frauen anwesend waren. In vielen Fällen wurden die Auspeitschungen vollstreckt, z. B. wegen des Besitzes von Alkohol, außerehelichen Geschlechtsverkehrs, Teilnahme an gemischt-geschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikten und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit.
Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.
Im Hinblick auf sein Vorleben im Iran und in Österreich besteht jedoch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:
2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.
Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.
Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mit weiteren Nachweisen (mwN) Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).
Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.
2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.
Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. jeweils mwN z. B. VwGH 22.06.2020, Ra 2020/19/0151, VwGH 09.12.2020, Ra 2020/19/0295.
In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhalts, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen; vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538.
2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.
2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.
2.2. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach eingehend über seine Pflicht bzw. Obliegenheit zur (initiativen) Mitwirkung im Verfahren belehrt (vgl. insbesondere AS 3 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], 59 ff, OZ 7, OZ 12, S 4 f, OZ 19 [Hinweis darauf, innerhalb bestimmter Frist allfällige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekanntzugeben bzw. Bescheinigungsmittel vorzulegen], OZ 22 [Hinweise auf Mitwirkungspflicht bzw. –obliegenheit, Verfahrensförderungspflicht und die Möglichkeit, innerhalb zweiwöchiger Frist allfällige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekanntzugeben bzw. Bescheinigungsmittel vorzulegen]). Der Beschwerdeführer war zunächst durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe (AS 222) und ist mittlerweile durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (OZ 21), somit rechtskundig (vgl. VwGH 17.03.2021, Ra 2021/14/0054), vertreten. Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer über das bisher erstattete Vorbringen und die bislang vorgelegten Bescheinigungsmittel hinaus (vgl. zuletzt OZ 23) kein weiteres Vorbringen mehr zu erstatten sowie keine weiteren Bescheinigungsmittel mehr vorzulegen hat und dass somit in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zwischenzeitlich keine Änderung eingetreten ist. Wäre eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zwischenzeitlich eingetreten, hätte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Pflicht bzw. Obliegenheit und schon im eigenen Interesse diese Umstände dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände des Beschwerdeführers, die dieser der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10, 16 (Stand 1.4.2021, rdb.at).
2.3. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Wie das Bundesverwaltungsgericht noch näher ausführen wird, fehlt es dem Beschwerdeführer an persönlicher Glaubwürdigkeit und er hat vielfach unglaubhafte Angaben gemacht. In umfassender Würdigung waren dennoch einzelne Angaben des Beschwerdeführers den Feststellungen zugrunde zu legen.
Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht (insbesondere AS 1, 23 ff; OZ 12, S 7). Der Beschwerdeführer legte im verwaltungsbehördlichen Verfahren eine iranische Geburtsurkunde und einen iranischen Führerschein jeweils im Original vor (AS 29 ff [Kopien]). Die Behörde erachtete es sichtlich nicht für erforderlich, die Dokumente einer Überprüfung zu unterziehen, und führte im angefochtenen Bescheid aus, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe (AS 117, 150). Bei der von der Landespolizeidirektion XXXX durchgeführten Untersuchung des Führerscheins konnten keine Merkmale einer Fälschung oder Verfälschung festgestellt werden (OZ 10). Die weiteren Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Lebensverhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich waren großteils auf Grundlage der im Wesentlichen stringenten und insoweit glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde (insbesondere AS 1 f, 23 ff, 61 ff) und dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 12, S 7 ff), von vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungsmitteln (z. B. AS 37 ff; OZ 12 Beilage A, OZ 23) sowie der vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften Unterlagen (z. B. OZ 26 [Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister]) zu treffen. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht in der Folge noch näher ein:
Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten: In der behördlichen Einvernahme am 04.04.2018 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme (AS 59). In der Verhandlung am 15.05.2020 danach befragt, ob er psychisch und physisch dazu in der Lage sei, der Verhandlung zu folgen, ob irgendwelche Gründe vorlägen, die dagegensprächen bzw. ob er (chronische) Krankheiten und/oder Leiden habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass es ihm gesundheitlich gut gehe. Er habe keine Probleme. Er denke, es sei normal, dass man nervös sei. Er könne am Tag der Verhandlung („heute“) Fragen beantworten. (OZ 12, S 3) Unter den in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungsmitteln befanden sich medizinische Unterlagen aus dem Jahr 2019 (OZ 12, Beilage A). Unter Bezugnahme darauf vom Richter nach Beschwerden befragt, äußerte der Beschwerdeführer, dass er trainiert habe. Er habe Knieschmerzen und geschwollene Füße bekommen. Der konsultierte Arzt habe ihm erklärt, dass er die Füße nicht belasten dürfe. Das bedeute, dass er keinen Sport machen dürfe. Wenn er längere Zeit zu Fuß unterwegs sei, bekomme er auch Beschwerden. Anfang 2019 habe er Medikamente genommen. Jetzt, also zum Zeitpunkt der Verhandlung, nehme er keine Medikamente und er sei auch nicht in Therapie. Der Arzt habe ihm erklärt, dass er sein Knie nicht belasten dürfe und vorsichtig sein müsse. Es gebe laut Arzt keine Behandlung. (OZ 12, S 7) In weiterer Folge befragte der Richter den Beschwerdeführer (noch einmal) näher zu dessen Gesundheitszustand. Der Beschwerdeführer verwies auf die geäußerten Probleme mit seinen Knien und Füßen und bestätigte, dass er keine Medikamente nehme und keine Therapie besuche; er sei ansonsten gesund. (OZ 12, S 9) Der vorgelegten Ambulanzkarte vom 12.02.2019 ist zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer eine Bursitis praepatellaris links (Schleimbeutelentzündung am linken Knie) festgestellt worden sei, der mit der Einnahme von Medikamenten im Zeitraum von einer Woche, Schonung, Entlastung und lokaler Kühlung begegnet werden sollte. Wenn Besserung eintrete, sei keine Kontrolle in der Krankenanstalt erforderlich, sondern eine Kontrolle beim Hausarzt. Eine Röntgenuntersuchung am 29.04.2019 ergab keine Verschlechterung des Gesundheitszustands, im Gegenteil: weitgehender Verlust des Valgus (Fehl-/Schiefstellung) beiderseits, geringe Dichtezunahme der medialen Gelenkskörper mit Reorientierung der trabekulären Strukturen im medialen Femurkondylus; die festgestellte Form der Knieschiebe weist ebenso wenig auf eine schwere oder gar lebensbedrohliche physische Erkrankung hin (vgl. https://befunddolmetscher.de/patella-typ-2 [22.09.2021]). Weder in noch nach der Verhandlung legte der Beschwerdeführer weitere medizinische Unterlagen vor. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass beim Beschwerdeführer keine Verschlechterung des Gesundheitszustands eingetreten ist und dass er keiner Behandlung, Therapie, Medikamente oder dergleichen bedarf. Ungeachtet der unter 2.1.4. skizzierten rechtlichen Vorgaben wäre jedenfalls davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der an einer schweren oder gar lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung leidet und/oder ernsthaft befürchtet, im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat – bewusst nicht-juristisch formuliert – gravierenden Problemen infolge seines Gesundheitszustands bzw. des Fehlens unabdingbarer medizinischer Versorgung ausgesetzt zu sein, schon in seinem eigenen Interesse von sich aus ein entsprechendes substantiiertes Vorbringen erstattet und mit – in Österreich im Falle der Inanspruchnahme medizinischer Behandlung verfügbaren – Bescheinigungsmitteln untermauert. Der Beschwerdeführer, der im Rahmen der Grundversorgung auch krankenversichert ist (OZ 26) und fraglos bei Bedarf medizinische Leistungen in Anspruch nehmen kann, erstattete kein derartiges Vorbringen und legte auch keine aktuellen Bescheinigungsmittel betreffend seinen Gesundheitszustand vor. Somit gibt es auch weiterhin nicht einmal Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer an einer schweren oder gar lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung leiden könnte oder dass er nicht arbeitsfähig sein könnte. Bestätigt wird diese Schlussfolgerung von den Ausführungen im Empfehlungsschreiben, das die Betreiberin der ehemaligen Unterkunft, in der der Beschwerdeführer von Ende Mai 2020 bis Ende August 2021 wohnte (vgl. OZ 26), verfasst hat (OZ 23). Denn demnach habe der Beschwerdeführer bereits nach kurzer Zeit in der Unterkunft angeboten, einen der internen Putzjobs zu übernehmen. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die Übernahme eines Putzjobs in der Unterkunft nicht mit einer Vollzeiterwerbstätigkeit als Reinigungskraft gleichzusetzen ist. Dennoch gilt es grundsätzlich zu bedenken, dass Reinigungstätigkeit eine (schwere) körperliche Arbeit ist (vgl. z. B. https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Zentrale_Dokumente/Arbeitsstaetten-_-plaetze/Arbeitsplaetze/leitfaden_reinigungsgewerbe_2011(1).pdf [22.09.2021]).
Wann der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 1 ff) und unstrittig. Dass er illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, steht außer Frage, zumal er bei seiner Einreise kein (gültiges) Einreisedokument vorlegen konnte (vgl. auch AS 5). Bei einer Antragstellung am 10.02.2016 ist es plausibel, dass der Beschwerdeführer kurz davor, also Anfang Februar 2016 in das Bundesgebiet einreiste (vgl. AS 7 [Angaben zur Reiseroute], AS 63 [Aussage des Beschwerdeführers, wonach er nach seiner Einreise 10 Tage mit der Antragstellung gewartet habe]). Wann genau der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat verließ, kann das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers nicht feststellen. Der Beschwerdeführer nannte vor der Behörde den 05. oder 06. Jänner 2016 als seinen letzten Tag im Iran (AS 61). In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete der Beschwerdeführer, einen Monat vor dem Erhalt der weißen Karte in Österreich aus dem Iran ausgereist zu sein (OZ 12, S 11). Angesichts einer in der Erstbefragung mit ungefähr 25 Tagen angegebenen Dauer der Reise und der Einreise nach Österreich Anfang Februar 2016 ist eine Ausreise aus dem Iran Anfang Jänner 2016 durchaus glaubhaft.
Dass der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig war und ist sowie seit Anfang Februar 2016 Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ist einem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (OZ 26) zu entnehmen und deckt sich mit seinen Angaben im Verfahren (OZ 12, S 10).
Für die Feststellung zu den Deutschkenntnissen waren nicht nur die unbedenklichen im Akt enthaltenen Unterlagen maßgeblich (AS 49 f; OZ 12, Beilage A), sondern das Bundesverwaltungsgericht konnte sich davon in der Verhandlung auch selbst ein Bild machen (OZ 12, S 9). Dass der Beschwerdeführer seit der mündlichen Verhandlung seine Deutschkenntnisse wesentlich erweitert oder verbessert hätte, ist nicht ersichtlich. Zum einen brachte er – in Kenntnis seiner Mitwirkungspflicht bzw. –obliegenheit (vgl. oben unter 2.2.) – weder den Erwerb weiterer Deutschkenntnisse vor noch bescheinigte er dergleichen. Zum anderen ist dem am 28.07.2021 von der Betreiberin der vom Beschwerdeführer bis vor Kurzem bewohnten Unterkunft ausgestellten Empfehlungsschreiben zweifelsfrei zu entnehmen, dass die A2-Prüfung noch ausständig sei (OZ 23).
Die Teilnahme des Beschwerdeführers an Aktivitäten der „ XXXX “ waren aufgrund des von der Leiterin des Projekts ausgestellten unbedenklichen Bestätigungsschreiben festzustellen. (OZ 23).
Zu den Feststellungen betreffend die Mitgliedschaft in der Glaubensgemeinde „Kirche der Apostelgeschichte - Church of Acts“, zeitweise Teilnahme an deren Gemeinschaftsleben und den Besuch eines Bibelkurses in der Evangelikale Gemeinde XXXX verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die Erwägungen unten unter 2.4.3.3.
Dass der Beschwerdeführer abseits der festgestellten Aktivitäten nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv oder Mitglied ist, folgt (im Umkehrschluss) aus den Angaben des Beschwerdeführers (OZ 12, S 10, OZ 21, 23) und den vorgelegten Bescheinigungsmitteln.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat und sich nicht in einer Lebensgemeinschaft befindet, war aufgrund seiner eigenen glaubhaften Aussagen festzustellen (AS 63; OZ 12, S 10). Die Feststellungen zum Freundes- und Bekanntenkreis des Beschwerdeführers waren ebenfalls auf Grundlage der insofern glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers (OZ 12, S 10) zu treffen. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insgesamt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer private Kontakte zu wenigen österreichischen Staatsbürgern bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen unterhält. Im Hinblick auf die im (gerichtlichen) Verfahren vom Beschwerdeführer genannten Aktivitäten (vgl. insbesondere OZ 12, S 10: z. B. gemeinsame Spaziergänge, gemeinsames Essen, gemeinsames Hören von Musik) kann jedoch keinesfalls ein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden. Ein Empfehlungsschreiben wurde dem Beschwerdeführer von keinem seiner Freunde ausgestellt bzw. wurde ein solches vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Auch das von der Betreiberin der vom Beschwerdeführer von Ende Mai 2020 bis Ende August 2021 bewohnten Unterkunft am 28.07.2021 ausgestellte Empfehlungsschreiben enthält keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Beziehungen zu österreichischen Staatsbürgern bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen unterhalten oder überhaupt eine ausgeprägte Bindung an Österreich und die hiesige Gesellschaft aufweisen würde (OZ 23). Die Darstellung, wonach der Beschwerdeführer von Anfang an große Lernbereitschaft und ein großes Interesse an der österreichischen Kultur gezeigt habe, erscheint beschönigend. Das Bundesverwaltungsgericht erinnert daran, dass das höchste Niveau, auf dem der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von über fünf Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet eine Deutschprüfung abgelegt hat, das Niveau A1 ist. Soweit die Betreiberin weiters ausführt, dass sie den Beschwerdeführe als „würdig und berechtigt des Bleibens in Österreich“ ansieht, ist festzuhalten, dass es sich hierbei um eine Meinungsäußerung, und nicht um eine – ohnedies staatlichen Behörden und Gerichten vorbehaltene – Beurteilung aufgrund des geltenden Rechts (vgl. unten unter 3.4.) handelt.
Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 26). Dass der Beschwerdeführer wegen Diebstahls angezeigt wurde, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde (AS 65) und wurde in der mündlichen Verhandlung bestätigt (OZ 12, S 11).
2.4. Zur Feststellung „Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt.“:
2.4.1. Soweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz das von der belangten Behörde geführte Ermittlungsverfahren bemängelt (AS 183 ff), hat er ein weitgehend verfehltes Vorbringen erstattet, was seine Glaubwürdigkeit schmälert:
Der Beschwerdeführer hatte in der behördlichen Einvernahme am 04.04.2018 zunächst die Gelegenheit, in freier Erzählung zu schildern, weshalb er einen Asylantrag in Österreich stelle (AS 65 ff) Nachdem sich der Beschwerdeführer in freier Erzählung geäußert hatte, stellte ihm der Leiter der Einvernahme zahlreiche konkrete Fragen (AS 69 ff). Die Fragen bezogen sich zum einen auf das bis dahin vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen und dienten zum anderen der Ermittlung der aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung. Am Ende der Einvernahme fragte der Leiter den Beschwerdeführer, ob dieser alle Fluchtgründe vorgebracht habe; was der Beschwerdeführer bejahte (AS 79).
Damit kam die belangte Behörde ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nach; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Namentlich wirkte die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hin, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat; vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202. Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen; vgl. VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143. Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten.
Auf die ebenfalls unzutreffende Behauptung der Mangelhaftigkeit der Länderfeststellungen (AS 185 ff) wird das Bundesverwaltungsgericht unter 2.4.5. noch eingehen.
2.4.2. Ergänzend zu den Ausführungen unter 2.2. hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht (vgl. insbesondere § 15 AsylG 2005 sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10, 16 [Stand 1.4.2021, rdb.at]) nicht (ausreichend) nachkam.
In der Ladung zur mündlichen Verhandlung forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf dessen Verfahrensförderungs- und Mitwirkungspflichten auf, dem Bundesverwaltungsgericht alle bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen (insbesondere betreffend seine Glaubensaktivitäten und Lebenssituation in Österreich) sowie allfällige sonstige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekannt geben und alle Beweismittel vorlegen. Innerhalb der gesetzten Frist erstattete der Beschwerdeführer weder eine Stellungnahme noch legte er Beweismittel vor. Erst in der mündlichen Verhandlung am 15.05.2020 legte er dann mehrere medizinische Unterlagen, ein Zeugnis zur Integrationsprüfung A1 sowie ein Zertifikat eines Alphabetisierungskurses vor. Obwohl alle diese Beweismittel aus dem Jahr 2019 stammen und somit dem Beschwerdeführer bereits zur Verfügung standen, vermochte er es nicht, sie dem Bundesverwaltungsgericht der Aufforderung entsprechend vorzulegen.
2.4.3. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:
2.4.3.1. In der behördlichen Einvernahme am 04.04.2018 gab der Beschwerdeführer unmissverständlich an, dass er im Iran nie festgenommen worden und auch nie in Haft gewesen sei. Von der iranischen Regierung sei er nie ausdrücklich mit dem Tod oder mit Verfolgung bedroht worden. Er verneinte auch die Fragen, ob er im Iran behördlich gesucht werde oder ob ein Haftbefehl gegen ihn bestehe. Befragt, ob er aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen in seinem Land Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten habe, antwortete er: „Wegen meiner Religion ist mein Leben in Gefahr.“ (AS 77 ff). Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass er jedenfalls keine Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und politischen Gesinnung hatte. Auch gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht verneinte der Beschwerdeführer Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und politischen Gesinnung (OZ 12, S 13). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Angaben nicht stimmen sollten. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sie daher ohne Weiteres den Feststellungen zugrunde legen.
Schon mangels gegenteiligen Vorbringens steht jedenfalls außer Frage, dass der Beschwerdeführer keinen Übergriffen und Misshandlungen durch Vertreter von Behörden ausgesetzt war sowie dass er auch nie strafrechtlich verurteilt wurde (vgl. insbesondere OZ 12, S 13).
Das Fluchtvorbringen beruht auf der behaupteten Abwendung vom Islam, Hinwendung zum Christentum und angeblich daraus resultierenden Verfolgung (AS 9; 65 ff, 181 ff; OZ 12, S 12 ff). Dieses Vorbringen ist nicht glaubhaft.
2.4.3.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren zu den Gründen, aus denen er seinen Herkunftsstaat verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, folgt zwar in groben Zügen demselben Handlungsablauf, es war jedoch in wesentlichen Punkten widersprüchlich, implausibel, nicht stringent und somit nicht glaubhaft. Es stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer nicht tatsächlich Erlebtes, sondern eine konstruierte Fluchtgeschichte berichtete, und dabei nicht in der Lage war, sie durchgehend schlüssig und widerspruchsfrei wiederzugeben.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung, die sich nach § 19 Abs 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, bestehen; vgl. etwa VfGH 20.02.2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017. Im gegenständlichen Fall kann jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass zwischen der zum Fluchtgrund in der Erstbefragung protokollierten Aussage des Beschwerdeführers (AS 9) und den in weiterer Folge gegenüber der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben beträchtliche Diskrepanzen bestehen. Vgl. zur Zulässigkeit der vom Bundesverwaltungsgericht angestellten Erwägungen bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Verschaffung eines persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer VwGH 24.03.2015, Ra 2014/19/0143, siehe auch mwN VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0455, und zur Maßgeblichkeit der aufgezeigten Widersprüche VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168.
In der Erstbefragung behauptete der Beschwerdeführer, „einer der Teilnehmer“ (damit gemeint: einer der Teilnehmer angeblicher christlicher Sitzungen bzw. der angeblichen Hauskirche) sei von der Polizei verhaftet worden, woraufhin er dann mit seiner Familie gesprochen habe und geflüchtet sei (AS 9). Im weiteren Verfahren gab der Beschwerdeführer jedoch an, es seien zwei Personen festgenommen worden. In weiterer Folge seien Zivilbeamte des Geheimdienstes zu ihm nachhause gekommen, hätten sein Zimmer durchsucht und ihn mitnehmen wollen. Die Beamten hätten seinem Vater mitgeteilt, dass sie einen Haftbefehl erlassen würden, sollte sich der Beschwerdeführer nicht innerhalb von 24 Stunden stellen. (AS 65 ff; vgl. auch OZ 12, S 13, 17 f) Gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens sprechen zunächst die widersprüchlichen Angaben zur Anzahl jener angeblichen Teilnehmer der angeblichen Hauskirche, die verhaftet worden seien, zumal die Divergenzen nicht damit zu erklären sind, dass sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die beiden Personen miteinander verwandt seien (Cousins) und befreundete Arbeitskollegen des Beschwerdeführers gewesen seien, durch die dieser überhaupt erstmals mit dem Christentum in Berührung gekommen sei (AS 67, 69; OZ 12, S 14, 18). Vor diesem Hintergrund wäre der Beschwerdeführer gewiss in der Lage gewesen, die Anzahl der angeblich festgenommenen Personen gleichbleibend anzugeben, handelte es sich bei seinem Vorbringen nicht generell um ein gedankliches Konstrukt. Entspräche das Vorbringen den Tatsachen, wäre es unter den konkreten Umständen ferner zumutbar und zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung zumindest anspricht, dass Zivilbeamte des Geheimdienstes zu ihm nachhause gekommen seien, sein Zimmer durchsucht und beabsichtigt hätten, ihn mitzunehmen. Dass er dies unterlassen hat, lässt nur den Schluss zu, dass das - später erstattete - Vorbringen „nachgeschoben“ wurde und nicht den Tatsachen entspricht. Selbst wenn die Erstbefragung keine detaillierte Aufnahme des Ausreisegrundes umfasst, wäre dennoch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts zu erwarten, dass die den Asylwerber selbst betreffenden ausreisekausalen Erlebnisse zuvorderst und in den Grobzügen gleichbleibend bei