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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASchG 1972 §27 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Ing. Mag. Hans K in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1993, Zl. 313.740/2-III/3/92, betreffend Verfahren gemäß § 79 GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist (als Nachfolger des Nikolaus K) seit 1. Jänner 1964 Inhaber der Betriebsanlage zur Ausübung des "Tischlergewerbes" im Standort Wien XVI, F-Gasse 4.
Mit Bescheid des "Magistratischen Bezirksamtes für den
16. Bezirk im staatlichen Wirkungsbereich" vom 31. Oktober 1950 wurde für die Betriebsanlage des Beschwerdeführers die gewerbebehördliche Genehmigung unter Vorschreibung zahlreicher Betriebsbedingungen erteilt. Die Betriebsbedingung 42. (des genannten Bescheides) lautet:
"Alle stauberzeugenden Maschinen sind so auszustatten, daß der Staub an der Entstehungsstelle wirksam abgesaugt wird. Die Staubleitungen und die Staubbehälter sind vollkommen dicht zu halten."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 17. Jänner 1990 wurden "auf Grund des § 79 GewO 1973 sowie des § 27 Abs. 5 des Arbeitnehmerschutzgesetzes" für die Betriebsanlage des Beschwerdeführers folgende zusätzliche Auflagen und Bedingungen vorgeschrieben:
"1) Bei sämtlichen staub- und spänerzeugenden Maschinen (auch bei handgeführten) sind die entstehenden Stäube und Späne an den Entstehungsstellen zu erfassen, abzusaugen und belästigungsfrei in geeignete Behältnisse abzuführen, wobei die dazu notwendige Transportluft nicht mehr in die Arbeitsräume zurückgeführt werden darf, sondern direkt ins Freie abzuleiten ist. Dabei ist zu gewährleisten, daß die maximale Arbeitsplatzkonzentration 2 mg Holzstaub pro m3 bzw. den jeweils gültigen TRK-Wert zu keinem Zeitpunkt überschreitet.
2) Den Arbeitsräumen ist jeweils eine, der durch die Späne- und Staubabsauganlagen abgesaugten Luftmenge, entsprechende Luftmenge mechanisch direkt aus dem Freien zuzuführen. Die Zuluftanlage ist mit einer Vorrichtung zu versehen, die ein Vorwärmen der zugeführten Frischluft ermöglicht.
3) Die Wirksamkeit der Absauganlagen bezüglich Holzstaub und gesundheitsschädlicher Dämpfe ist durch Meß-Gutachten von staatlich autorisierten Stellen oder befugten Sachverständigen nachzuweisen."
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. September 1990 wurde der genannte erstinstanzliche Bescheid wie folgt geändert:
"I) Die Auflage in Punkte 1 wird durch folgende Vorschreibung ersetzt:
1.) Bei sämtlichen staub- oder späneerzeugenden Maschinen (auch bei handgeführten) sind die entstehenden Stäube und Späne an den Entstehungsstellen zu erfassen, abzusaugen und in geeignete Behältnisse abzuführen. Dabei ist zu gewährleisten, daß die maximale Arbeitsplatzkonzentration zu keinem Zeitpunkt 10 mg/m3 (Gesamtstaub) überschreitet.
II. Die Auflage in Punkte 2 wird behoben.
III. Zusätzlich wird angeordnet:
a) Der Anteil an Buchen- und Eichenhölzern, bezogen auf die jährliche Fertigungsmenge, muß 10 % unterschreiten. Dies ist durch entsprechende Nachweise, wie Bestellscheine und Auftragsscheine zu belegen. Diese Nachweise sind im Betrieb zur Einsichtnahme durch behördliche Organe bereitzuhalten.
IV. Die Auflage in Punkte 3 wird bestätigt und diesbezüglich die Berufung abgewiesen."
Über die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 23. Februar 1993 wie folgt abgesprochen:
"Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die Auflage unter Punkt 3. des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den
16. Bezirk vom 17.1.1990, Zl. MBA 16-Ba 9.871/1/89, behoben wird.
Die Auflage unter Punkt 1. des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 16. Bezirk vom 17.1.1990 in der Fassung des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 17.9.1990 erhält nunmehr folgenden Wortlaut:
1. Bei sämtlichen staub- und späneerzeugenden Maschinen sowie bei den stauberzeugenden handgeführten Maschinen sind die entstehenden Stäube und Späne an der Entstehungsstelle zu erfassen, abzusaugen und in geeigneten Behältnissen abzuführen. Dabei ist zu gewährleisten, daß die maximale Arbeitsplatzkonzentration zu keinem Zeitpunkt 10 mg/m3 (Gesamtstaub) überschreitet."
Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, Grundlage des Verfahrens sei einerseits § 79 GewO 1973 andererseits § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz. Die Betriebsanlage des Beschwerdeführers sei für Kunden nicht zugänglich. Ein Schutz der Kunden komme daher nicht zum Tragen. Der Gewerbetreibende (im vorliegenden Fall eine physische Person) sei genauso zu schützen wie seine Arbeitnehmer. Auslösend für das vorliegende Verfahren seien Erkenntnisse gewesen, daß Buchen- und Eichenholzstaub ein krebserregendes Potential darstelle. Die Diskussion habe sich dahingehend erweitert, daß auch andere Holzarten in Verdacht gerieten, Krebs zu erzeugen. Diese neuen Erkenntnisse seien Grundlage des Verfahrens. Der Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Zentralarbeitsinspektorat, habe (in der Verhandlung am 15. November 1991) festgestellt, daß die neu formulierte Auflage nach Punkt 1. zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer vertretbar sei. Die Auflage nach Punkt 3. des erstinstanzlichen Bescheides habe der Beschwerdeführer zwischenzeitig erfüllt. Die zusätzlich vorgeschriebene Auflage sei aufgrund der Stellungnahmen des gewerbetechnischen Sachverständigen und des Vertreters des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Zentralinspektorat, beizubehalten gewesen. Durch diese Auflage sei der Beschwerdeführer in keiner Weise belastet, da er nach seinen eigenen Angaben diese Auflage jederzeit erfülle. Bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen "Auflagen (Absaugung bei den staub- und späneerzeugenden Maschinen, Einhaltung der maximalen Arbeitsplatzkonzentration von 10 mg/m3, Einhaltung des Anteiles an Buchen- und Eichenhölzern von weniger als 10 %)" seien aber die im Beschwerdefall gemäß § 74 Abs. 2 zu schützenden Interessen (hier: die Person des Gewerbetreibenden) und jene der Arbeitnehmer nicht hinreichend gewahrt. Die "Auflagen" seien daher zum Schutz des Lebens und der Gesundheit vorzuschreiben gewesen. Dem Antrag des Berufungswerbers auf konkrete Feststellung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und auf Durchführung eines Augenscheines mit einem gewerbetechnischen und einem ärztlichen Sachverständigen "wurde vollinhaltlich entsprochen, wenn auch kein Raum für die Erstellung eines ärztlichen Gutachten verblieben ist". Da die österreichische Staub- und Silikosebekämpfungsstelle bereits konkrete Staubimmissionsmessungen vorgenommen habe, seien solche Messungen "durch die belangte Behörde" nicht mehr erforderlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 18. August 1994, B 1050/93-15, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.
Der Beschwerdeführer hat diese Beschwerde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 26. September 1994 (eingelangt am 5. Oktober 1994) ergänzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- in eventu abzuweisen. In dieser Gegenschrift bezweifelte die belangte Behörde unter anderem die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers mit der Begründung, daß nach der Aktenlage ein "Mag. Ing. Hans K" unbekannt sei.
Der Beschwerdeführer erstattete darauf am 21. April 1995 eine Replik und legte mit dieser seine von der Universitätsdirektion der Universität Wien beglaubigte Diplom-Abschrift vom 12. Juli 1994 vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem Recht verletzt, "daß mir keine Auflagen wie unter Punkt 1. des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 16. Bezirk in Wien vom 17.1.1990 idF des angefochtenen Bescheides erteilt werden". Zusätzlich erachtet er sich auch in dem Recht auf "Freiheit von behördlichen Anweisungen, wie sie im zusätzlichen Hinweis des Spruches des angefochtenen Bescheides enthalten sind" verletzt.
In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er geltend, die Auflagenvorschreibung sei (von den Behörden erster und zweiter Instanz) mit dem Ergebnis einer gewerbetechnischen Überprüfung vom 19. Oktober 1989 begründet worden. Dabei sei jedoch übersehen worden, daß diese Überprüfung einzig und allein ergeben habe, daß die in den rechtskräftigen Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen erfüllt werden. Davon, daß die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der in den rechtskräftigen Genehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt wären, sei nirgends die Rede. Zur Begründung der Vorschreibung neuer Auflagen seien der Behörde aber nur Gutachten vorgelegen, die ergeben hätten, daß die bereits vorschriebenen Auflagen erfüllt werden. Das Verfahren sei auch mangelhaft geblieben, da kein "ärztliches" (gemeint: medizinisches) Gutachten eingeholt worden sei. Ein medizinisches Gutachten hätte aber ergeben, daß die mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen überflüssig und "ärztlicherseits nicht notwendig" seien. Die Voraussetzungen des § 79 GewO 1973 seien somit nicht gegeben.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Zunächst ist auszuführen, daß nach dem Inhalt der vorgelegten Diplom-Abschrift vom 12. Juli 1994 an der Parteistellung (und Identität) des Beschwerdeführers in Ansehung des der Beschwerde zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens kein Zweifel besteht.
Nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 (zufolge der zeitlichen Verfahrensdaten in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992) dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Z. 1 bis 5 angeführten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.
Gemäß § 79 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde (§§ 333, 334, 335), wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen oder sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
Die im Beschwerdefall noch anzuwendende Bestimmung des § 27 Abs. 5 Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG) lautet:
"(5) Zeigt sich in einem Betrieb nach rechtskräftig erteilter Betriebsbewilligung, daß den Erfordernissen des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer unter den vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen nicht in ausreichendem Maße entsprochen wird, so sind die hiezu unbedingt notwendigen Maßnahmen von der Behörde aufzutragen. Dies gilt sinngemäß auch für Betriebe, für die eine Bewilligung nach einer anderen bundesgesetzlichen Vorschrift vorliegt, soweit diese Rechtsvorschrift eine entsprechende Regelung nicht enthält."
§ 79 GewO 1973 und § 27 Abs. 5 ANSchG erweisen sich ihrem normativen Gehalt nach als Regelungen, durch die die Behörde ermächtigt wird, rechtskräftige Bescheide betreffend die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen aus anderen als den im § 68 Abs. 3 AVG genannten Gründen durch Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen bzw. anderer Maßnahmen - unter Wahrung der in den §§ 79 und 27 Abs. 5 leg. cit. angeführten Einschränkungen - abzuändern (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1993, Zl. 90/04/0271, und vom 26. September 1995, Zl. 93/04/0252).
Unter Bedachtnahme auf diese Rechtslage war die belangte Behörde aber nur dazu ermächtigt, einerseits "unbedingt notwendige Maßnahmen" (zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern) aufzutragen bzw. andererseits solche Auflagen (zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 wahrzunehmenden Interessen) vorzuschreiben, die trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen nicht hinreichend geschützt sind. Diese Ermächtigung hängt also zunächst davon ab, daß die Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen einen hinreichenden Schutz der in den genannten gesetzlichen Bestimmungen umschriebenen Interessen nicht gewährleisten, wobei die Beurteilung sowohl im Verfahren nach § 79 GewO 1973 als auch dem nach § 27 Abs. 5 ANSchG in dieser Hinsicht keinen anderen Voraussetzungen unterliegt, als im Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage.
Im Beschwerdefall wurde jedoch nicht festgestellt, daß trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen dem genannten Schutz nicht entsprochen werde bzw. daß die in Rede stehenden Interessen nicht hinreichend geschützt seien. Denn im angefochtenen Bescheid wurde ausdrücklich festgestellt, daß der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde (noch) aufrecht erhaltene Auflage ohnedies erfüllt. Die Auflagenvorschreibung wurde danach von der belangten Behörde nur damit begründet, daß "bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Auflagen" die vorliegendenfalls zu schützenden Interessen nicht hinreichend gewahrt wären. Solcherart hat die belangte Behörde jedoch nicht nachvollziehbar (schlüssig) dargelegt, daß bzw. aus welchem rechtlich zulässigen Grund die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebene Auflage notwendig ist. Die belangte Behörde hat daher verkannt, daß schon aus diesem Grund die Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne der §§ 79 GewO 1973 und 27 Abs. 5 ANSchG nicht vorliegen.
Im angefochtenen Bescheid wurde aber auch nicht festgestellt, daß von der Betriebsanlage des Beschwerdeführers überhaupt eine konkrete Gesundheitsgefährdung ausgeht. Eine bloß abstrakte Eignung einer gewerblichen Betriebsanlage, Gefährdungen hervorzurufen, würde aber eine Vorschreibung von Auflagen noch nicht rechtfertigen, weil hiefür eine konkrete Eignung Voraussetzung ist (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/04/0120 und die daran angeführte hg. Vorjudikatur).
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten ist dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten der österreichischen Staub- und Silikosebekämpfungsstelle aber zu entnehmen, daß die hinsichtlich von Holzstaub gemessenen Immissionen lediglich Werte von 1,1 mg/m3 bis maximal 3,2 mg pro m3 erreichen. Eine nachvollziehbare Begründung dafür, warum angesichts dieses, dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Ermittlungsergebnisses dennoch ein von diesen tatsächlichen Immissionen erheblich abweichender Grenzwert (von 10 mg pro m3) für die Betriebsanlage des Beschwerdeführers vorgeschrieben werden mußte, wurde von der belangten Behörde jedoch nicht dargelegt. Andere Ermittlungsergebnisse, die eine derartige Auflagenvorschreibung rechtfertigen hätten können, lagen der belangten Behörde nach der Aktenlage jedoch nicht vor. Denn die belangte Behörde hat im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten (weitere) konkrete Staubimmissionsmessungen für entbehrlich gehalten.
Die belangte Behörde vertrat im angefochtenen Bescheid aber auch die Auffassung, daß "kein Raum für die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens verblieben ist". Mit dieser Begründung wird aus der Sicht des Beschwerdefalles letztlich aber nur zum Ausdruck gebracht, daß gewerbetechnische Grundlagen (Staubimmissionen) für eine medizinische Begutachtung fehlen.
Solcherart wurde aber die Rechtsfrage über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die im angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene Auflagenvorschreibung von der belangten Behörde (auch) auf nur unvollständigen Sachverhaltsgrundlagen beantwortet. Die Beurteilung des Sachverhaltes daraufhin, ob die für die Auflagenvorschreibung als maßgebend erachtete Gesundheitsgefährdung vorliegt, hätte jedoch erfordert, daß die belangte Behörde zunächst die von der Betriebsanlage des Beschwerdeführers ausgehenden Staubimmissionen vollständig ermittelt. Erst danach hätte untersucht werden können, welche Einwirkungen diese allfälligen Staubimmissionen auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen. Die Feststellung der genannten tatsächlichen Voraussetzungen ist Gegenstand des Beweises auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (vgl. insoweit etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/04/0009, u.a.).
Die insoweit bisher aufgenommenen Beweise lassen nach ihrem Inhalt jedoch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid in rechtlicher Hinsicht gezogenen Schlußfolgerungen nicht zu. So ist der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 15. November 1991 zwar zu entnehmen, daß bei dieser Verhandlung ein ärztlicher Amtssachverständiger "gegenwärtig" war, es fehlt aber ein von diesem Sachverständigen erstattetes medizinisches Gutachten. Der beigezogene gewerbetechnische Sachverständige äußerte sich zwar in allgemeiner Form zur Rechtslage des Arbeitnehmerschutzes und zu der hypothetischen Fragestellung der Verwendung eines mehr als 10 %-igen Anteiles von Buchen- und Eichenholz, zu den von der Betriebsanlage des Beschwerdeführers tatsächlich ausgehenden Staubimmissionen bzw. den in dieser Betriebsanlage tatsächlich verwendeten Arbeitsstoffen oder Arbeitsmethoden hat dieser Sachverständige jedoch keine verwertbaren Ausführungen gemacht. Insoweit dieser Sachverständige danach auf die Ausführungen des Vertreters des Zentral-Arbeitsinspektorates verwiesen hat und dieser Vertreter ausführte, es sei (aufgrund nicht näher dargestellter Umstände) erforderlich, den gesamten, im Betrieb anfallenden Holzstaub abzusaugen, hat die belangte Behörde jedoch letztlich verkannt, daß diese Forderung bloß der schon mit dem Genehmigungsbescheid vom 31. Oktober 1950 vorgeschriebenen Betriebsbedingung 42.) entspricht.
Die Beurteilung des Sachverhaltes daraufhin, ob eine Gesundheitsgefährdung des im Beschwerdefall in Frage kommenden Personenkreises als erwiesen angesehen werden muß, hätte die belangte Behörde im Hinblick auf das dafür notwendige medizinische Fachwissen keinesfalls ohne Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens in rechtlicher Hinsicht beantworten dürfen. Denn dem genannten Sachverständigen obliegt bei der Feststellung des in dieser Hinsicht entscheidungserheblichen Sachverhaltes die Aufgabe, Tatsachen zu erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen aufgrund seines besonderen medizinischen Fachwissens Schlußfolgerungen (Gutachten) zu ziehen, die geeignet sein müssen, allfällige Ursachen oder Wirkungen auf den menschlichen Organismus festzustellen. Im Interesse der Wahrheitsfindung kann dabei jedoch nur eine dem Stand der medizinischen Wissenschaften entsprechende Begründung, die das Niveau einer medizinisch-wissenschaftlichen Darstellung nicht unterschreitet, als ausreichend (schlüssig) anerkannt werden (vgl. insoweit etwa bereits das hg. Erkenntnisse vom 2. Dezember 1955, Slg. NF. Nr. 3906/A, u.a.; sowie Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 6. Auflage (1995), Rz 358 ff).
Da die belangte Behörde somit aus den dargelegten Gründen die Rechtslage verkannte (und aufgrund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht zudem den maßgeblichen Sachverhalt unvollständig ermittelte und feststellte), belastete sie den angefochenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete GewerberechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994040174.X00Im RIS seit
01.06.2001