TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/12 95/04/0024

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Veröffentlicht am 12.11.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4;
HKG 1946 §57g Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der X-Handelsges.m.b.H. in N, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W - vom 13. Juni 1994, Zl. Präs 242-6/94/Wa/SO, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland (Präsident) vom 18. Juni 1993 - in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 29. Juni 1993 - wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin "verpflichtet ist, für das Jahr 1993 auf Grund der §§ 3 Abs. 2, § 29 Abs. 3, § 57a HKG, in Verbindung mit den Beschlüssen der Kammervollversammlung vom 1.12.1992, des Fachgruppenausschusses der Fachgruppe (Gremium) des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften vom 24.9.1992 sowie der Fachgruppentagung der Fachgruppe (Gremium) des Radio- und Elektrohandels vom 15.9.1992, für die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Buch-, Kunst- und Musikalienhandels gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 6 GewO 1973, eingeschränkt auf den Kleinhandel, sowie des Handelsgewerbes gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Handel mit Bild-, Ton- und Bildtonträgern sowie Papier- und Schreibwaren, eingeschränkt auf den Kleinhandel," an den näher bezeichneten Standorten, "womit die Zugehörigkeit zum Fachverband (Bundesgremium) des Papierhandels (H12) zur Fachgruppe des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften (H13) und zur Fachgruppe (Gremium) des Radio und Elektrohandels (H20) begründet ist, Grundumlagen in der Höhe von S 50.100,-- ... an die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für das Burgenland zu bezahlen ...".

Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung entschied die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) mit Bescheid vom 14. Jänner 1994 u.a. wie folgt:

"1) Gemäß § 57a Abs. 6 letzter Satz HKG wird die Zahlungsverpflichtung in Höhe von S 16.800,-- für die verfahrensgegenständlichen Berechtigungen für den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 6 GewO 1973, eingeschränkt auf den Kleinhandel, auf Grund der rechtzeitigen Zurücklegung aller dieser Berechtigungen aufgehoben und mit

S 8.400,-- festgestellt.

2) Weiters wird festgestellt, daß sich insgesamt somit eine Zahlungsverpflichtung aus Grundumlage 1993 in Höhe von

S 41.700,-- für die gegenständlichen Berechtigungen ergibt.

3) Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und ..."

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, gemäß § 57a letzter Satz HKG sei die Grundumlage für das Kalenderjahr nur in halber Höhe zu entrichten, wenn die Mitgliedschaft zu einer Fachgruppe nicht länger als die Hälfte eines Kalenderjahres bestehe. Laut Mitteilung der "Kammer Burgenland" sei die Rücklegung der im Spruch genannten Berechtigungen für den Buchhandel mit 30.6.1993 erfolgt. Die Grundumlage sei somit für diese Berechtigungen pro Berechtigung nur in halber Höhe (sechs Berechtigungen a S 700,-- statt S 1.400,--, insgesamt S 8.400,-- inklusive Rechtsformstaffelung) festzustellen gewesen.

Mit Bescheid der Wirtschaftskammer Burgenland (Präsident)

vom 17. Mai 1994 wurde folgendes ausgesprochen:

"Gemäß § 57g Abs. 1 Handelskammergesetz (HKG)

BGBl. Nr. 182/1946 in der geltenden Fassung wird festgestellt, daß die X-Handelsges.m.b.H., N, verpflichtet ist, gemäß §§ 3 Abs. 2, 57a HKG in Verbindung mit den Beschlüssen der Kammervollversammlung vom 30.11.1993, des Fachgruppenausschusses des Gremiums des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften vom 24.9.1992 und 23.9.1993 (Delegierung durch die Fachgruppentagung je vom 21.3.1991) sowie der Fachgruppentagung des Gremiums des Radio- und Elektrohandels vom 21.9.1993 - verlautbart in den Mitteilungsblättern "hk - Die Zeitung für Burgenlands Wirtschaft" vom 2.5.1991, 7.1.1993 und 31.12.1993 - für die an den folgenden Standorten bestehenden Berechtigungen und den damit verbundenen Fachgruppen- bzw. Fachverbandsmitgliedschaften.

Standort                 Berechtigung        Fachgruppen-/Fach-

                                             verbandsmitglied-

                                             schaft

---------------------------------------------------------------

1) A                     Handelsgewerbe gem. a) Fachverband des

                         § 103 Abs. 1 lit. b Papierhandels

                         Z. 25 GewO 1973,    b) Fachgruppe des

                         eingeschränkt auf   Handels mit

                         den Kleinhandel     Büchern, Kunst-

                                             blättern, Musika-

                                             lien, Zeitungen

                                             und Zeitschriften

                                             c) Fachgruppe des

                                             Radio- und Elek-

                                             trohandels

---------------------------------------------------------------

2) B                     wie 1               wie    1    a,b,c

---------------------------------------------------------------

3) C                     wie 1               wie    1    a,b,c

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4) D                     wie 1               wie    1    a,b,c

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5) E                     wie 1               wie    1    a,b,c

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6) F                     wie 1               wie    1    a,b,c

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für das Jahr 1993 eine Grundumlage in der Höhe von S 8.400,-- und für das Jahr 1994 eine Grundumlage in der Höhe von S 50.100,-- somit insgesamt S 58.500,-- an die Wirtschaftskammer Burgenland zu bezahlen."

Über eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung entschied die Wirtschaftskammer Österreich (Präsident) mit Bescheid vom 13. Juni 1994 wie folgt:

"Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Burgenland vom 17.5.1994 mit der Ergänzung bestätigt, daß er sich hinsichtlich der festgestellten Zahlungsverpflichtung auch auf den gemäß § 57a Abs. 4 HKG gefaßen Beschluß vom 29. November 1990 der Vollversammlung der Kammer Burgenland, verlautbart in ihrem Mitteilungsblatt vom 9.1.1991 stützt".

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach der Bescheid hinsichtlich der Grundumlage 1993 wegen rechtskräftig entschiedener Sache rechtswidrig sei, da die Grundumlagepflicht für die Zugehörigkeit zur Fachgruppe für den Handel mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften im Jahre 1993 bereits festgestellt worden sei, gehe mangels eines Hinweises auf eine konkrete Berechtigung, die in dem genannten Verfahren Gegenstand gewesen sein soll, rechtlich ins Leere. Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, daß die "gegenständlichen Berechtigungen für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 eingeschränkt auf den Kleinhandel", für welche eine Mitgliedschaft für das Jahr 1993 bei der Fachgruppe für den Handel mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften angenommen worden sei, nicht Gegenstand des von der Beschwerdeführerin erwähnten Verfahrens gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "insofern in ihren Rechten verletzt als

-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichts gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;

-

für das Jahr 1993 eine Zahlungsverpflichtung festgestellt wird, obwohl über die Grundumlagepflicht aufgrund derselben Berechtigungen und der daraus abgeleiteten Zugehörigkeit zu den selben Fachgruppen bereits ein rechtskräftiger Bescheid vorlag;

-

kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde".

In Ausführung dazu bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Feststellungsbescheiden über die Grundumlagepflicht sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgeblichen Umstände in den normativen Spruchinhalt aufzunehmen seien, was insbesondere für die danach maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien gelte; Begründungsdarlegungen dürften nicht zur Ergänzung eines normativen Spruches herangezogen werden. In nicht eindeutigen Fällen wie dem gegenständlichen Fall seien auch die auf die einzelnen Fachgruppenmitgliedschaften entfallenden Beträge gegliedert auszuweisen (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0132, und vom 13. Oktober 1994, Zl. 93/09/0134). Der bekämpfte Bescheid entspreche dem Erfordernis keineswegs, da nach dem Spruchinhalt nicht erkennbar sei, aus welcher Berechtigung und welcher daraus abgeleiteten Fachgruppenzugehörigkeit die Zahlungsverpflichtung in der Höhe von S 8.400,-- für das Jahr 1993 abgeleitet werde. Diese Umstände ließen sich lediglich der Begründung entnehmen. Es lasse sich auch lediglich der Begründung entnehmen, daß die festgestellte Zahlungsverpflichtung von S 8.400,-- entgegen dem Wortlaut des Spruches nicht "für das Jahr 1993" festgesetllt werden solle, sondern für das zweite Halbjahr 1993. Gerade der gegenständliche Fall belege, daß der in ständiger Rechtsprechung geforderte exakte Bescheidinhalt nach dem allein rechtskraftfähigen Bescheidspruch keineswegs übertriebener Formalismus sei, sondern erforderlich, um etwa die Rechtskraftwirkungen zweier Bescheide und eine allfällige Rechtswidrigkeit wegen res iudicata beurteilen zu können.

Gemäß § 57a Abs. 1 HKG - in der hier anzuwendenden Fassung der 8. Handelskammergesetznovelle - ist die Grundumlage für jede Berechtigung, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe (eines Fachverbandes) fällt, zu entrichten. Dies gilt auch, wenn die Mitgliedschaft zu mehreren Fachgruppen (Fachverbänden) durch nur eine Berechtigung begründet ist. Die Beschlußfassung über die Grundumlagepflicht beim Gemischtwarenhandel obliegt der Landeskammer nach Anhörung der Sektion Handel. Bei verpachteten Berechtigungen ist die Grundumlage sowohl vom Verpächter als auch vom Pächter zu entrichten. Die Grundumlage ist unbeschadet der Bestimmung des letzten Satzes des Abs. 6 eine unteilbare Jahresumlage; sie ist auch für das Kalenderjahr zu entrichten, in dem die Berechtigung erworben wird oder erlischt.

Gemäß § 57a Abs. 6 letzter Satz HKG ist, wenn die Mitgliedschaft zu einer Fachgruppe nicht länger als die Hälfte eines Kalenderjahres besteht, die Grundumlage für dieses Kalenderjahr nur in halber Höhe zu entrichten.

Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über Art und Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann gegen den Bescheid nach Abs. 1, sofern er betreffend die Vorschreibung einer Eintragungsgebühr von der Fachgruppe erlassen wird, binnen zwei Wochen ab Zustellung Berufung an die Landeskammer erhoben werden. Gegen den Bescheid der Landeskammer (Sektion Handel) nach Abs. 1 steht binnen zwei Wochen die Berufung an die Bundeskammer offen, gegen deren Entscheidung kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig ist. Die Berufung ist jeweils bei der Stelle einzubringen, die den Bescheid erlassen hat. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind auf das Verfahren nach Abs. 1 und Abs. 2 die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 sinngemäß anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin ist schon insoweit im Recht, als sie sich auf die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0132, und vom 13. Oktober 1994, Zl. 93/09/0134, beruft. Auch im vorliegenden Beschwerdefall enthält der

-

insoweit durch den angefochtenen Bescheid rezipierte -

erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keine Gliederung der auf die einzelnen Fachgruppenmitgliedschaften entfallenden Beträge, sondern nur einen Gesamtbetrag. Die Beschwerderüge, daß in nicht eindeutigen Fällen wie dem gegenständlichen Fall auch die auf die einzelnen Fachgruppenmitgliedschaften entfallenden Beträge gegliedert auszuweisen seien, ist daher zutreffend. Läßt sich doch aus dem Bescheidspruch die sich aus der dargestellten "Berechtigung" (auch für das Jahr 1993) eine Zugehörigkeit zu allen drei dort genannten Gremien ableiten. Wie aus einer solchen Zugehörigkeit zu allen drei Gremien (lediglich) eine Grundumlage in der Höhe von S 8.400,-- resultieren soll, ist nicht nachvollziehbar. Auch läßt sich aus der Bescheidbegründung (jedenfalls mittelbar) ableiten, daß

-

entgegen der Spruchfassung - für die gegenständlichen

Berechtigungen nur eine Mitgliedschaft für das Jahr 1993 bei der Fachgruppe für den Handel mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften angenommen worden sei.

Da es sich bei dem aufgezeigten Mangel des Spruches nach ständiger Rechtsprechung um eine inhaltliche Rechtswidrigkeit handelt, war der angefochtene Bescheid - und zwar mangels Trennbarkeit im gesamten - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995040024.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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