Gbk 2021/3/23 GBK I/872/19

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Veröffentlicht am 23.03.2021
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 23. März 2021 über den am 17. Jänner 2019 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG iVm § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF) durch die Z GmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/872/19, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch die Z GmbH diskriminiert worden.

2.   Der Antrag, ob A gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG durch die Z GmbH diskriminiert wurde, konnte von Senat I der GBK nicht behandelt werden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag vom 17. Jänner 2019 wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Wie schon 2017 habe die Antragstellerin auch 2018 bei der Antragsgegnerin als „Zimmermädchen“ gearbeitet. Das Beschäftigungsverhältnis sei von 10. Juni 2018 bis 4. November 2018 vereinbart worden.

Mit ihrer Arbeitskollegin Y habe sich das Arbeitsklima von Anfang an schwierig gestaltet. Y habe die Antragstellerin vor Gästen kritisiert und gemeint, dass sie alle terrorisieren würde. Auch wenn die Arbeit gut gelaufen sei, sei es seitens Y laufend zu Kritik wegen Kleinigkeiten gegenüber der Antragstellerin gekommen.

So habe Y die Deutschkenntnisse der Antragstellerin missbilligt und habe wiederholt ihre sprachlichen Formulierungen ausgebessert. Darüber hinaus habe sie immer wieder Fragen zum Privatleben der Antragstellerin gestellt, obwohl diese ihr deutlich zu verstehen gegeben habe, darüber mit ihr nicht sprechen zu wollen.

Es sei wiederholt zu körperlichen Übergriffen durch Y gekommen. So habe Y sie immer wieder am Arm gestreichelt und am Körper der Antragstellerin demonstriert, wo sie Schmerzen habe. Einmal sei Y mit ihren Händen ganz nahe an den Hals der Antragstellerin gekommen und habe Gesten gemacht, wie wenn sie die Antragstellerin habe würgen wollen.

Y habe die Frage der Antragstellerin, ob diese lesbisch sei, verneint. Obwohl die Antragstellerin zu verstehen gegeben habe, dass sie nicht berührt werden wolle, habe sich dieses Veralten wiederholt, insbesondere das am Arm streicheln.

Als für die Antragstellerin das für sie durch das Verhalten Y demütigende Arbeitsumfeld zu viel geworden sei, habe sie sich zur Beratung an die Arbeiterkammer gewandt. Die Arbeiterkammer habe ein Schreiben verfasst, in dem auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hingewiesen worden sei. Dieses Schreiben habe die Antragstellerin der Antragsgegnerin postalisch übermittelt. Am 18. August 2018 habe die Antragstellerin die Kündigung durch die Antragsgegnerin erhalten.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 8. Februar 2019 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Kündigung sei auf Basis von sachlichen und inhaltlichen Gründen erfolgt, die mit dem Aufforderungsschreiben der Antragstellerin nichts zu tun gehabt hätten. Die Kündigungsgründe seien konkret folgende gewesen:

1.  Die Antragstellerin habe wiederholt Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen mit Kolleginnen und Kollegen gehabt; sie habe sich auch immer wieder negativ über Kolleginnen und Kollegen geäußert.

2.  Kolleginnen und Kollegen haben nicht mehr mit der Antragstellerin arbeiten wollen.

3.  Die Antragstellerin habe sich nicht an vorgegebene Einteilungen und an die Etagenstandards gehalten. Insbesondere habe sie das 2018 neu eingeführte System, nämlich, dass immer zwei Damen in einem Zimmer arbeiten sollten (statt alleine) nicht akzeptieren können. Die Behauptung der Antragstellerin, darüber nicht informiert worden zu sein, sei unwahr und nicht nachvollziehbar, da sich dieses System aus dem Dienstplan ergebe, der allen MitarbeiterInnen bekannt sei.

4.  Nachlassende Auslastung zum Saisonende.

Die Antragsgegnerin halte fest, dass bei der Antragstellerin weder mangelnde Leistungsbereitschaft noch schlechte Arbeitsleistung ein Problem bzw. ein Kündigungsgrund gewesen sei.

Es stelle daher auch keinen Widerspruch zum zuvor Geschilderten dar, dass in dem im Antrag erwähnten E-Mail der „tollen Einsatz“ der Antragstellerin gelobt worden sei oder es auch positive Rückmeldungen von Gästen gegeben habe.

Äußerst problematisch sei jedoch die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen gewesen, wo es immer wieder Konflikte gegeben habe. Die Antragsgegnerin habe nichts von MitarbeiterInnen, die qualitativ einwandfreie Arbeit machen würden, wenn sie – wie die Antragstellerin – hinsichtlich Teamfähigkeit und Kollegialität erhebliche Defizite hätten.

Das Verhalten der Antragstellerin (wohlgemerkt schon einige Wochen bevor der Antragsgegnerin die behaupteten Vorfälle mit Y zur Kenntnis gekommen seien) habe Unfrieden ins Team gebracht, der sich zunehmend negativ auf den Betrieb ausgewirkt habe, somit sei die Antragsgegnerin gezwungen gewesen zu handeln.

Die Behauptung der Antragstellerin, dass sie von der Eigentümerfamilie über Kolleginnen ausgefragt worden sei, sei schlichtweg falsch und würde diese in aller Deutlichkeit zurückgewiesen. Die Behauptung, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin sei nach Erhalt ihres Schreibens nicht mehr „nett“ gewesen, sondern hätte nur mehr „Hallo“ gesagt, sei unwahr. Abgesehen davon könne dies wohl nicht ernsthaft als Beweis oder auch nur Argument für eine angebliche Diskriminierung gelten.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von X (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 9. Februar 2021. Als weitere Auskunftspersonen wurden W am 9. Februar 2021 sowie V und Y am 23. März 2021 befragt.

BEGRÜNDUNG

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht […]

7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“

„§ 6. (2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und […]

         2. der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 3 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.2 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin sei aufgrund ihrer schriftlichen Beschwerde an die Arbeitgeberin, wonach ihre Arbeit durch die Beleidigungen und Beschimpfungen sowie körperlichen Übergriffe seitens einer Kollegin erschwert werde, gekündigt worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin arbeitete in den Saisonen 2017 und 2018 als Zimmermädchen bei der Antragsgegnerin. Das gegenständliche Dienstverhältnis war für den Zeitraum vom 10. Juni bis 4. November 2018 vereinbart worden.

Die Antragstellerin war als Zimmermädchen der „Zweiten Gouvernante“ in Person der Y unterstellt und weisungsgebunden, welche unter anderem für die Einhaltung der betriebsinternen Standards verantwortlich zeichnet.

Y kritisierte die Antragstellerin im Laufe der Zeit mehrmals persönlich wegen der Nichteinhaltung der betriebsinternen Standards sowie ihrer generellen Einstellung hinsichtlich der ihr aufgetragenen Arbeitsanweisungen. Darüber informierte Y auch die Geschäftsführung.

Am 13. August 2018 übermittelte die Antragstellerin der Dienstgeberin ein von der Arbeiterkammer Bundesland 1 verfasstes Schreiben, in dem sie auf tägliche Beleidigungen und Beschimpfungen sowie körperliche Übergriffe durch Y hinwies und im Rahmen der Fürsorgepflicht der Dienstgeberin forderte, dem Wirken der Y Einhalt zu bieten.

Mit 18. August 2018 erfolgte die Kündigung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch die Antragsgegnerin vor.

Der Antragstellerin gelang es durch ihre Ausführungen im Antrag nur aufgrund einer weiten Auslegung der Erfordernisse den Anschein einer Diskriminierung darzulegen. So ließ sich der geschilderte Zusammenhang der Kündigung durch die Dienstgeberin aufgrund des Geschlechts nur in einem interpretativen Weg herstellen.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.

Durch die Stellungnahme der Antragsgegnerin einerseits und die Aussagen der Auskunftspersonen X, W, V und Y andererseits, konnte ganz klar dargelegt werden, dass die Kündigung der Antragstellerin ausschließlich aufgrund ihrer mangelnden Teamfähigkeit bzw. ihrer Unwilligkeit Arbeitsanweisungen zu befolgen, ausgesprochen wurde. Dadurch konnte jeglicher Verdacht auf eine diskriminierende Kündigung aufgrund des Geschlechts ausgeräumt werden.

Ob die Kündigung der Antragstellerin mit dem Schreiben vom 18. August 2018 in Zusammenhang steht oder nicht, ist vom Prüfauftrag des Senates mangels gesetzlicher Voraussetzungen nicht umfasst.

Zum weiteren Vorbringen, wonach die Antragstellerin die Diskriminierung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch in einem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG erachtet, hält der Senat folgendes fest:

Gemäß § 6 Abs. 2 Z 2 GlGB liegt sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kollegen/Kolleginnen zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Weiterbeschäftigung gemacht wird.

§ 6 Abs. 2 beinhaltet lediglich eine Begriffsdefinition der sexuellen Belästigung, die sich auf eine Diskriminierung nach § 6 Abs. 1 GlBG – deren Überprüfung in diesem Fall jedoch nicht beantragt war – bezieht. Deshalb unterbleibt eine Überprüfung der Kündigung unter dem Aspekt des § 6 Abs. 2 Z 2 GlBG.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin gelungen ist, zu beweisen, dass die Kündigung der Antragstellerin in keinem Zusammenhang mit ihrem Geschlecht gestanden ist.

Wien, 23. März 2021

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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